Unkündbarkeit: Ab wann man unkündbar ist
Manche Beschäftigte gelten als unkündbar. Das kann mit ihrem Alter zusammenhängen oder mit einem anderen persönlichen Merkmal. Was genau bedeutet Unkündbarkeit – ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber wirklich in jedem Fall ausgeschlossen? Und wer ist überhaupt gesondert vor einer arbeitgeberseitigen Kündigung geschützt? Darum geht es in diesem Artikel.
Was bedeutet Unkündbarkeit?
Der Begriff Unkündbarkeit ist eigentlich ziemlich eindeutig: Einem unkündbaren Mitarbeiter kann der Arbeitgeber nicht kündigen. So einfach ist es allerdings nicht, denn Unkündbarkeit heißt nicht automatisch, dass eine Kündigung durch den Arbeitgeber in jedem Fall ausgeschlossen wäre. Meist ist nur gemeint, dass eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Eine außerordentliche, auch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist damit nicht zwingend ausgeschlossen. Eine solche Kündigung ist allerdings für Arbeitgeber mit wesentlich höheren Hürden verbunden, weshalb das Risiko einer Kündigung für betroffene Beschäftigte deutlich überschaubarer ist. Wer unkündbar ist, ist also in jedem Fall besonders vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt.
Unkündbarkeit bezieht sich meist auf den Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber kann ihm nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen kündigen, während umgekehrt eine arbeitnehmerseitige Kündigung in der Regel kein Problem ist. Manchmal gilt die Unkündbarkeit aber auch für beide Seiten, etwa bei befristeten Verträgen – mehr dazu erfahren Sie weiter unten.
Wen betrifft Unkündbarkeit im Job? Ab welchem Alter ist man unkündbar oder durch welche Umstände? Eine Unkündbarkeit entsteht nicht willkürlich, sondern bemisst sich an bestimmten persönlichen Merkmalen der Betroffenen. Die Grundlage für die Unkündbarkeit eines Beschäftigten können gesetzliche Bestimmungen sein, ein Tarifvertrag oder auch eine Betriebsvereinbarung. In seltenen Fällen ergibt sich die Unkündbarkeit von Mitarbeitern auch aus den Regelungen des Arbeitsvertrags. Einem Mitarbeiter nicht oder nur schwer kündigen zu können ist allerdings ein nicht unerheblicher Nachteil für Arbeitgeber, weshalb die wenigsten Arbeitgeber eine solche Regelung freiwillig in den Arbeitsvertrag aufnehmen.
Wer genau unkündbar ist beziehungsweise einen Sonderkündigungsschutz genießt, erfahren Sie in den nächsten Abschnitten – von Beschäftigten im Mutterschutz über Betriebsräte bis zur Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst.
Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst: So ist sie geregelt
Wenn Arbeitnehmer unkündbar sind, ist das oft das Resultat von geltenden Tarifverträgen. So sieht auch der TVöD Unkündbarkeit in bestimmten Fällen vor. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bemisst Unkündbarkeit am Alter von Beschäftigten, aber auch an der Dauer ihrer Tätigkeit für die Behörde, bei der sie arbeiten.
Unkündbarkeit ist im TVöD in § 34 Abs. 2 Satz 1 geregelt. Demnach ist im öffentlichen Dienst unkündbar, wer das 40. Lebensjahr vollendet hat, wenn für ihn die Regelungen des Tarifgebiets West gelten. Sofern diese Mitarbeiter schon mehr als 15 Jahre für den Arbeitgeber tätig sind, kann er ihnen nicht ordentlich kündigen. Eine außerordentliche Kündigung solcher Mitarbeiter aus wichtigem Grund gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch ist aber weiterhin möglich.
Befristete Arbeitsverträge: Ordentlich unkündbar
Normalerweise kann jedes Arbeitsverhältnis zumindest grundsätzlich mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beendet werden. Ein Sonderfall betrifft befristete Arbeitsverträge. Wenn ein Vertrag zeitlich oder sachlich befristet ist, ist eine ordentliche Kündigung im Normalfall ausgeschlossen. Das gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Eine außerordentliche Kündigung von befristeten Arbeitsverträgen aus wichtigem Grund ist damit nichtsdestotrotz denkbar, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Außerdem kann es sein, dass der Arbeitsvertrag eine Passage enthält, die eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der Befristung ermöglicht. Bei vielen befristeten Arbeitsverträgen ist das der Fall. Ebenso kann es in einem Tarifvertrag entsprechende Regelungen geben.
So ist der Sonderkündigungsschutz bei bestimmten Beschäftigten geregelt
Viele Beschäftigte genießen wegen bestimmter persönlicher Merkmale einen Sonderkündigungsschutz. Hier erfahren Sie mehr darüber, was für Frauen im Mutterschutz gilt, für Beschäftigte in Pflegezeit oder andere Personengruppen, die gesondert vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt sind.
Kündigungsschutz von Beschäftigten im Mutterschutz
Für Beschäftigte im Mutterschutz gelten Vorschriften zum Sonderkündigungsschutz, die sich aus dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) ergeben. § 9 MuSchG legt fest, dass Arbeitgeber schwangeren Mitarbeiterinnen nicht kündigen dürfen, egal ob ordentlich oder außerordentlich. Das gilt vom ersten Moment der Schwangerschaft an, setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber weiß, dass die Beschäftigte ein Kind erwartet. Schwangere Beschäftigte, die eine Kündigung vom Arbeitgeber erhalten, können den Arbeitgeber binnen zwei Wochen über ihre Schwangerschaft in Kenntnis setzen. Die Kündigung wird dann unwirksam.
Das besondere Kündigungsverbot im Mutterschutz erstreckt sich auch auf die Geburt des Kindes und die vier Monate nach der Entbindung. Absolut geschützt vor Kündigungen sind Frauen im Mutterschutz allerdings nicht: Mit der Zustimmung der zuständigen Arbeitsschutzbehörde ist eine Kündigung im Mutterschutz in Ausnahmefällen denkbar. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3 MuSchG. Befristete Arbeitsverträge enden grundsätzlich ungeachtet einer möglichen Schwangerschaft oder Entbindung zum geplanten Zeitpunkt und verlängern sich somit nicht durch den Mutterschutz.
Kündigungsschutz während der Elternzeit
Auch für Beschäftigte in Elternzeit gilt ein Sonderkündigungsschutz, der sich durch die Regelungen des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) ergibt. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt auch für Azubis und in Heimarbeit Beschäftigte, und zwar vom Zeitpunkt an, an dem die Elternzeit beantragt wird (jedoch frühestens acht Wochen vor dem geplanten Beginn der Elternzeit). In Ausnahmefällen kommt eine Kündigung von Mitarbeitern in Elternzeit allerdings trotz dieser Regelung infrage. Dazu braucht der Arbeitgeber die Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.
So sind Mitglieder des Betriebsrats vor Kündigungen geschützt
Mitglieder des Betriebsrats gelten ebenfalls als unkündbar. Ihr Sonderkündigungsschutz ergibt sich aus § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Er gilt von dem Zeitpunkt an, an dem der Betriebsrat sein Amt aufnimmt, und endet nach dessen Amtszeit samt einem Nachwirkungszeitraum von einem Jahr. Eine ordentliche Kündigung ist in diesem Zeitraum ausgeschlossen. Möchte der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied außerordentlich kündigen, ist das theoretisch denkbar, setzt aber die Zustimmung des Betriebsrats voraus.
Kündigung von Mitarbeitern mit Schwerbehinderung
Auch Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung sind besonders vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Hier ist eine ordentliche Kündigung allerdings grundsätzlich möglich. Dazu muss der Arbeitgeber im Vorfeld die Schwerbehindertenvertretung angehört haben, außerdem braucht er das Okay vom Integrationsamt.
Erschwerte Kündigung von Auszubildenden
In Ausbildungsverhältnissen greift ebenfalls ein Sonderkündigungsschutz. Dieser gilt in der Probezeit, die bis zu vier Monate dauern kann, noch nicht. Während der Probezeit ist eine Kündigung für beide Seiten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Im Anschluss ist eine ordentliche Kündigung nicht mehr möglich, sondern nur noch eine Kündigung aus wichtigem Grund. Für den Azubi kann sie etwa infrage kommen, wenn er seine Ausbildung aufgeben oder in einen ganz anderen Bereich wechseln möchte.
Kündigungsschutz in einer Pflegezeit
Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) ermöglicht es Arbeitnehmern, ihre Arbeitszeit bis zu 24 Monate lange zu reduzieren, um Angehörige zu pflegen. Während einer solchen Pflegezeit gilt ein Sonderkündigungsschutz. Nur in Ausnahmefällen kann eine Kündigung von Mitarbeitern in Pflegezeit erlaubt sein. Darüber entscheidet die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde.
Sonderkündigungsschutz von gewählten Vertretern und Beauftragten
Auch bestimmte Beauftragte und gewählte Vertreter in Betrieben sind durch gesetzliche Bestimmungen gesondert vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. So kann der Arbeitgeber einem internen Datenschutzbeauftragten etwa nur aus wichtigem Grund kündigen, eine ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Auch Frauenbeauftragte genießen einen Sonderkündigungsschutz, dasselbe gilt für Umweltschutzbeauftragte und Immissionsschutzbeauftragte. Andere Beauftragte wie etwa Gefahrgutbeauftragte oder Gewässerschutzbeauftragte sind hingegen nicht gesondert vor Kündigungen geschützt.
Trotz Unkündbarkeit gekündigt: Was Betroffene tun können
Manche Arbeitnehmer denken, sie seien unkündbar – entsprechend groß ist der Schock, wenn der Arbeitgeber die Kündigung überreicht. Was kann man in solchen Fällen als Betroffener tun? Zunächst einmal sollten Sie prüfen, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber (mutmaßlich) rechtens ist oder nicht. Informieren Sie sich darüber, wie der Sonderkündigungsschutz in Ihrem Fall geregelt ist. Sie können sich auch an den Betriebsrat wenden, um offene Fragen zu klären. Möglicherweise haben Sie fälschlicherweise geglaubt, Sie seien unkündbar, zum Beispiel, weil man unkündbar ab 58 Jahren sei. Das ist nicht generell der Fall. In anderen Fällen bestand tatsächlich ein Sonderkündigungsschutz.
Ist die Kündigung rechtmäßig, können Sie zwar trotzdem Kündigungsschutzklage erheben, es ist aber fraglich, ob das lohnenswert ist. Haben Sie hingegen Zweifel daran, dass der Arbeitgeber Ihnen kündigen durfte, wenden Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er kann Ihre spezifische Situation einschätzen und Sie bei weiteren Schritten beraten und unterstützen.
Kündigungsschutzklagen sind bei Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz oder Unkündbarkeit oft aussichtsreich. Zu einer Verhandlung kommt es oft gar nicht; häufig einigen sich Arbeitgeber und Betroffene schon beim Gütetermin darauf, das Arbeitsverhältnis zu beenden, wenn der Arbeitgeber im Gegenzug eine Abfindung zahlt. Aus diesem Grund kann eine Klage eine gute Idee sein, wobei Sie dabei in jedem Fall einen Anwalt an Ihrer Seite haben sollten. Er kann das beste Ergebnis für Sie herausholen.
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