Krankheitsbedingte Kündigung: Tipps & Infos
Erkrankt ein Mitarbeiter über längere Zeit oder fällt er häufig krankheitsbedingt aus, ist das aus Sicht eines Arbeitgebers ärgerlich. Nicht nur muss er dem betreffenden Angestellten den Lohn weiterzahlen, er muss unter Umständen auch für Ersatz für den erkrankten Angestellten sorgen. Die Kosten, die Unternehmen durch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall entstehen, steigen seit Jahren. Laut Statistischem Bundesamt haben deutsche Firmen im Jahr 2010 zusammengerechnet 29,7 Milliarden Euro hierfür ausgegeben.
Viele Arbeitnehmer sind der Meinung, ein erkrankter Mitarbeiter sei unkündbar. Das stimmt so nicht. Stattdessen kommt es auf die Umstände im Einzelfall an – in bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber einem erkrankten Mitarbeiter durchaus kündigen.
Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist in der Kategorie der personenbedingten Kündigungen der häufigste Kündigungsgrund. Eine längere oder häufige Krankheit sorgt dann dafür, dass der Arbeitgeber sich von seinem Angestellten trennt.
Zwar muss der Arbeitgeber grundsätzlich einen triftigen Grund angeben, damit eine Kündigung wirksam ist. Außerdem muss er versuchen, das Beschäftigungsverhältnis durch veränderte Umstände aufrechtzuerhalten. Dazu kann es zum Beispiel notwendig sein, Strukturen anzupassen oder Mitarbeiter anders einzusetzen. Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, ist eine krankheitsbedingte Kündigung jedoch denkbar.
In diesen Fällen droht eine krankheitsbedingte Kündigung
Wirksam ist eine Kündigung wegen Krankheit nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der Mitarbeiter auf Dauer nicht mehr arbeitsfähig ist und auch nicht alternativ an anderer Stelle im Betrieb eingesetzt werden kann.
Grundsätzlich möglich sind krankheitsbedingte Kündigungen bei physischen, aber auch psychischen Erkrankungen. Auch Suchterkrankungen, etwa Alkoholabhängigkeit, können ein Kündigungsgrund sein.
Entscheidend sind vor allem die gesundheitliche Prognose, bereits entstandene Fehlzeiten und die mit der Erkrankung verbundene finanzielle Belastung des Arbeitgebers. Auch betriebliche Störungen, die mit der Erkrankung des Angestellten verbunden sind, entscheiden darüber, ob eine krankheitsbedingte Kündigung gerechtfertigt ist.
Häufige Kurzerkrankungen
Aus betrieblicher Sicht ist es besonders unvorteilhaft, wenn ein Mitarbeiter häufig über einen kurzen Zeitraum krankheitsbedingt ausfällt. Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich die sporadischen Ausfälle über einen längeren Zeitraum fortsetzen. Zur Abwägung spielen mögliche negative wirtschaftliche Folgen durch die Erkrankung und der Grund für die Ausfälle eine Rolle.
Zwar gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben, wie häufig ein Mitarbeiter fehlen muss, damit ihm deshalb gekündigt werden kann. Üblicherweise gilt jedoch eine Fehlquote von mehr als 30 Prozent als risikoreich aus Sicht des Arbeitnehmers. Die Wahrscheinlichkeit, das eine Kündigung rechtens ist, ist dann relativ hoch.
Langandauernde Krankheit
Bei einer langandauernden Krankheit ist der Arbeitnehmer über lange Zeit arbeitsunfähig. In diese Kategorie fallen insbesondere Erkrankungen, bei denen der Mitarbeiter zwar länger ausfällt, wo gleichzeitig aber auf absehbare Zeit eine volle Genesung wahrscheinlich ist.
Üblicherweise bestehen langandauernde Krankheiten über mehr als sechs Wochen. Wenn der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter in diesem Fall kündigt, muss dieser zum Zeitpunkt der Kündigung noch arbeitsunfähig sein. Entscheidend sind außerdem die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und die Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die sich durch den Ausfall des Mitarbeiters ergeben.
Das Risiko, aufgrund einer langandauernden Krankheit gekündigt zu werden, ist vergleichsweise gering. Eine wirksame Kündigung setzt einen langen Ausfall und eine ungünstige gesundheitliche Prognose voraus. Ist der Mitarbeiter bereits wieder arbeitsfähig, kann ihm nicht mehr gekündigt werden – es sei denn, die rechtmäßige Kündigung wurde vorher ausgesprochen.
Dauernde Arbeitsunfähigkeit
Wenn es wenig oder nicht wahrscheinlich ist, dass der Arbeitnehmer auf absehbare Zeit wieder voll einsatzfähig in seinem Arbeitsgebiet ist, kann er als dauerhaft arbeitsunfähig eingestuft werden. Das Risiko einer Kündigung ist groß, wenn eine vollständige Genesung nicht wahrscheinlich ist und dem Angestellten kein anderer Arbeitsplatz angeboten werden kann.
Krankheitsbedingte Leistungsminderung
Wer zwar nicht arbeitsunfähig ist, aber keine volle Leistung am Arbeitsplatz erbringen kann, dem droht unter Umständen ebenfalls eine Kündigung. Dies kann sich sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Leistungsminderung beziehen. Konkrete gesetzliche Vorgaben gibt es nicht, jedoch steigt das Risiko für Arbeitnehmer ab einer Leistungsminderung von rund einem Drittel in der Praxis. Ein altersbedingter Leistungsabfall ist hingegen kein Grund für eine entsprechende Kündigung.
Ablauf einer krankheitsbedingten Kündigung
Damit eine krankheitsbedingte Kündigung rechtmäßig ist, muss der Arbeitgeber zuvor einige Schritte durchlaufen haben. Dabei wird geklärt, ob eine Kündigung tatsächlich unumgänglich ist. Eine willkürliche Kündigung ist nicht möglich.
Konkret muss der Arbeitgeber vor einer krankheitsbedingten Kündigung
- eine Gesundheitsprognose des Mitarbeiters erstellen,
- einen Nachweis über die erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen erbringen sowie
- eine Interessenabwägung vornehmen.
Gesundheitsprognose
Zwangsläufig muss ein Arbeitgeber vor einer krankheitsbedingten Kündigung eine Gesundheitsprognose erstellen. Dabei geht es um die Frage, wie sich der gesundheitliche Zustand des Mitarbeiters auf absehbare Zeit mutmaßlich entwickeln wird. Könnte dieser bald wieder voll leistungsfähig sein – oder ist abzusehen, dass er noch für längere oder unbestimmte Zeit ausfallen wird?
Eine sichere Prognose ist häufig schwierig und stark vom Ist-Zustand abhängig. Vor Gericht Bestand haben krankheitsbedingte Kündigungen eher, wenn der betroffene Mitarbeiter bereits seit langer Zeit – etwa mehr als anderthalb Jahre – krankheitsbedingt ausfällt. Auch häufige Kurzerkrankungen können eine Kündigung rechtfertigen.
Kommt es zu einer Kündigungsschutzklage, muss der Gekündigte versuchen, eine negative Gesundheitsprognose zu widerlegen. Dafür kann es sinnvoll sein, einen Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.
Nachweis erheblicher Beeinträchtigungen
Ist die Gesundheitsprognose des erkrankten Mitarbeiters negativ, stellt sich im zweiten Schritt die Frage, inwieweit die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers durch die Krankheit des Angestellten in Gefahr sind. Dies kann sowohl bei Störungen im Betriebsablauf der Fall sein als auch dann, wenn die dadurch resultierende finanzielle Belastung hoch ist – zum Beispiel durch Lohnfortzahlung bei häufigen kurzen Erkrankungen.
Zur Abwägung spielen unter anderem die Position des Mitarbeiters und seine Krankheit eine Rolle. Auch die Dauer des Ausfalls, die Größe der Firma und die Möglichkeit, andere Mitarbeiter vorübergehend statt des Angestellten einzusetzen, sind entscheidend.
Interessenabwägung
Bevor eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann, muss der Arbeitgeber auch seine eigenen und die Interessen des Mitarbeiters gegeneinander abwiegen. Es reicht nicht aus, wenn die Gesundheitsprognose negativ ausfällt und das Unternehmen dadurch erheblich beeinträchtigt ist.
Vielmehr stellt sich unter diesen Umständen die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden kann. Das kann bedeuten, dass diesem eine neue Stelle im Unternehmen angeboten wird. Einen Anspruch darauf, dass diese mindestens auf demselben Rang liegt, hat der Angestellte allerdings nicht. Er muss im Zweifel hinnehmen, wenn die neue Position einen Abstieg auf der Karriereleiter – oder schlicht finanzielle Einbußen – bedeutet.
Ist kein anderer Arbeitsplatz denkbar, muss der Arbeitgeber dies nachweisen können. Auch der betreffende Mitarbeiter selbst kann andere Einsatzmöglichkeiten vorschlagen, um eine Kündigung abzuwenden.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Erkrankt ein Arbeitnehmer in einem Jahr mehr als sechs Wochen am Stück oder zusammengerechnet, muss der Arbeitgeber ihm ein betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten. Hierbei überlegen beide Seiten gemeinsam, wie die Situation derart verbessert werden kann – etwa durch bestimmte Hilfen –, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin bestehen kann.
Krankheitsbedingte Kündigung in der Probezeit
Wer in der Probezeit erkrankt und daraufhin vom Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen bekommt, kann dagegen nicht viel unternehmen. Das liegt daran, dass der gesetzliche Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit greift. Vorher muss der Arbeitgeber keinen triftigen Grund für eine Kündigung haben; es ist vielmehr überhaupt keine Begründung erforderlich.
Wann eine krankheitsbedingte Kündigung nicht rechtens ist
Es gibt viele Fälle, in denen eine krankheitsbedingte Kündigung nicht rechtens ist. Das gilt etwa, wenn der betroffene Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Kündigung nicht länger arbeitsunfähig ist und etwa seine Arbeit schon wieder aufgenommen hat. Auch müssen alle Optionen ausgeschöpft und eine Beschäftigung an anderer Stelle im Unternehmen nicht möglich sein.
Auch muss der Betriebsrat einer krankheitsbedingten Kündigung zugestimmt haben, damit diese vor Gericht Bestand hat. Bei Personen, die als besonders schutzwürdig gelten, bestehen zudem hohe Hürden für eine Kündigung. Das ist etwa bei Menschen mit Behinderung, Müttern oder schwangeren Frauen der Fall. Hier kann es für Arbeitgeber schwierig werden, eine krankheitsbedingte Kündigung durchzusetzen.
Das können gekündigte Arbeitnehmer bei einer krankheitsbedingten Entlassung tun
Wer wegen einer Erkrankung eine Kündigung erhalten hat, kann innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage gegen seinen Arbeitgeber einreichen. Die Chancen stehen aus Arbeitnehmersicht oftmals gut, besonders für besonders schutzwürdige Personengruppen, bei älteren Arbeitnehmern oder wenn die Erkrankung in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Dies gilt auch, wenn eine Krankheit dem Arbeitgeber von Anfang an bekannt war.
Um die Chancen auf einen positiven Entscheid des Gerichts zu verbessern, sollte der Arbeitnehmer nach Möglichkeit zeigen können, dass der Arbeitgeber mit seiner Kündigung im Unrecht war. Es kann sinnvoll sein, einen Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden, um zu beweisen, dass man nicht auf längere Sicht arbeitsunfähig sein wird.
Die Beweislast liegt, wie bei allen ordentlichen Kündigungen, beim Arbeitgeber. Nichtsdestotrotz obliegt es dem Arbeitnehmer, zu zeigen, dass eine Gesundheitsprognose nicht korrekt war.
Was ist das Ziel einer Kündigungsschutzklage?
Arbeitnehmer sollten sich im Vorfeld überlegen, was sie mit einer Kündigungsschutzklage bezwecken möchten. Möchten sie ihren Job zurück – oder zielen sie vielmehr auf eine Abfindung ab? Letztere kann zwar über eine Klage nicht unmittelbar erreicht werden. Häufig ist jedoch eine Klage erforderlich, damit der Arbeitgeber bereit ist, sich mit seinem Mitarbeiter auf einen Aufhebungsvertrag und die damit meist verbundene Abfindung zu einigen.