Dauerhaft arbeitsunfähig wegen Depressionen: Das gilt es zu beachten
Depressionen sind eine schwerwiegende Krankheit, bei denen die Betroffenen vieles im Alltag nicht mehr bewältigen können. Dazu kann auch die Arbeit gehören. Oft fallen Beschäftigte mit Depressionen für lange Zeit im Job aus. Geht es überhaupt, sich dauerhaft wegen Depressionen krankschreiben zu lassen? Droht gar die Kündigung, wenn man zu lange fehlt? Was Betroffene beachten sollten und was Sie wissen müssen, erfahren Sie hier.
Depressionen: Ein häufiger Grund für Arbeitsunfähigkeit
Depressionen sind eine schwerwiegende seelische Erkrankung, die oft lange anhält. Die Krankheit ist geprägt durch tiefe Traurigkeitsgefühle, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit. Die Betroffenen haben typischerweise keine Energie, verlieren ihre Interessen und haben oft Probleme, sich zu konzentrieren. Das schränkt den Alltag naturgemäß stark ein; selbst alltägliche Dinge können zu viel werden. Manchmal stehen die Betroffenen kaum noch aus dem Bett auf. An Arbeit – und den Druck und die Erwartungen, die damit verbunden sind – ist unter diesen Umständen für viele gar nicht zu denken. Die Folge ist dann häufig eine oft Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen, aus der schnell ein Dauerzustand werden kann.
Die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark angestiegen. In manchen Fällen können die Betroffenen bei leichten Depressionen schon nach einigen Wochen wieder arbeiten. Bei schweren Depressionen ist das aber häufig für lange Zeit nicht möglich: Die Betroffenen fehlen dauerhaft im Job oder sind zwischenzeitlich immer wieder krankgeschrieben.
Die Zahl der Fehltage wegen psychischer Erkrankungen in Deutschland war zuletzt auf einem Höchststand, wobei der Trend weiter nach oben geht. Die meisten Fehlzeiten davon hängen mit Depressionen zusammen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Das muss nicht zwingend bedeuten, dass Frauen tatsächlich öfter an Depressionen erkranken als Männer, sondern könnte auch damit zusammenhängen, dass sie möglicherweise eher zum Arzt gehen und sich wegen Depressionen krankschreiben lassen. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen lag im Jahr 2021 bei 39,2 Tagen pro Fall.
Krankschreibung bei Depressionen: Das sollten Sie beachten
Besonders bei schweren Depressionen ist Arbeit oft kaum noch möglich für die Betroffenen. Wenn Sie depressiv sind und sich nicht in der Lage dazu fühlen, zur Arbeit zu gehen, können Sie sich krankschreiben lassen. Wie immer gilt: Melden Sie sich rechtzeitig bei Ihrem Arbeitgeber, damit er umplanen kann. Diese Benachrichtigung sollte vor dem Arbeitsbeginn erfolgen. Außerdem ist wichtig, dass Sie rechtzeitig eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen. Oft wird diese nach drei Fehltagen fällig, manchmal aber auch schon am ersten Krankheitstag. Schauen Sie im Zweifel in Ihrem Arbeitsvertrag nach. Wenn Sie über den Zeitraum der ersten Krankschreibung hinaus nicht arbeiten können, brauchen Sie eine lückenlose Folgebescheinigung.
Dabei muss der Arbeitgeber anhand der Krankschreibung nicht erfahren, warum Sie nicht zur Arbeit kommen können. Wenn zum Beispiel ein Psychologe oder Psychiater die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt, können Sie sich damit auch ein Attest für denselben Zeitraum von Ihrem Hausarzt holen. Falls Sie in einer Klinik behandelt werden, kann Ihnen dort eine neutrale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden. Ob Sie dem Arbeitgeber sagen, dass Sie depressiv sind, ist allein Ihre Entscheidung. Dabei kommt es auf Ihr Vertrauensverhältnis zu Ihrem Vorgesetzten an – und darauf, ob Sie glauben, dass man Ihnen Verständnis entgegenbringen wird. Das sollte zwar eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider immer noch nicht überall.
Bei welchem Arzt kann man sich wegen Depressionen krankschreiben lassen?
Prinzipiell können Sie sich bei verschiedenen Ärzten wegen Depressionen krankschreiben lassen, zum Beispiel bei Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt. Das setzt voraus, dass bei Ihnen eine Depression diagnostiziert worden ist. Sicherlich wird Sie Ihr Hausarzt zunächst krankschreiben, wenn Sie ihm darlegen, dass Sie sich psychisch nicht in der Lage dazu sehen, zur Arbeit zu gehen. Dauerhaft deshalb krankschreiben lassen können Sie sich aber nicht – dazu braucht es einen Befund vom Facharzt oder einem behandelnden Psychotherapeuten.
Wenn Sie sich an einen Therapeuten oder Psychiater wenden, wird dieser Sie eingehend untersuchen und befragen. Anhand Ihrer Schilderungen ist eine Einstufung möglich, ob Sie depressiv sind und wenn ja, wie schwerwiegend Ihre Depressionen sind.
Dauerhaft arbeitsunfähig wegen Depressionen: So wirkt es sich auf Ihre Einkünfte aus
Eine für viele Betroffene drängende Frage bei einer länger anhaltenden Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen betrifft das Finanzielle. Wie lange gibt es noch das reguläre Gehalt – und was kommt danach? In den ersten sechs Wochen bei einer Krankschreibung wegen Depressionen (oder anderen Erkrankungen) haben Sie Anspruch auf die übliche Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Danach zahlt die Krankenkasse Krankengeld, zumindest, wenn Sie grundsätzlich Anspruch darauf haben.
Krankengeld ist in § 47 Absatz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Die Höhe des Krankengelds beträgt üblicherweise 70 Prozent des regulären Bruttogehalts, wobei sie nicht mehr als 90 Prozent des Nettoentgelts ausmachen darf. Neben dem Gehalt können auch Sonderzahlungen bei der Berechnung des Krankengelds berücksichtigt werden. Krankengeld kann für längere Zeit gezahlt werden, allerdings nicht unbegrenzt: Längstens zahlt die Krankenkassen Krankengeld 78 Wochen lang in einem Zeitraum von drei Jahren für dieselbe Erkrankung.
Krankengeld müssen Sie nicht selbst beantragen, wenn Sie wegen einer Depression Krankschreibungen über einen längeren Zeitraum haben. Wenn die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber endet, informiert dieser die Krankenkasse. Die Krankenkasse sendet dem Versicherten daraufhin einen Fragebogen zu. Läuft auch das Krankengeld aus und ist eine Arbeitsfähigkeit wegen anhaltender Depressionen immer noch nicht gegeben, kann gegebenenfalls eine Erwerbsminderungsrente infrage kommen. Allzu hoch ist dieser Betrag allerdings in den meisten Fällen nicht: Im Schnitt lag die Höhe der Erwerbsminderungsrente im Jahr 2021 bei knapp 877 Euro im Monat.
Kann man sich dauerhaft wegen Depressionen krankschreiben lassen?
Grundsätzlich können Sie sich so lange wegen Depressionen eine Krankschreibung holen, wie Ihre Beschwerden anhalten. Niemand kann Sie dazu zwingen, nach einem Zeitraum X wieder zur Arbeit zu gehen, obwohl Sie sich nicht besser fühlen. Praktisch ist der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen jedoch in vielen Fällen durch die finanziellen Auswirkungen der Arbeitsunfähigkeit begrenzt. Wie schon erwähnt können Betroffene Krankengeld höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren erhalten. Eine Dauerlösung ist es deshalb für die meisten Betroffenen nicht, sich über Jahre immer wieder wegen ihrer Depressionen krankschreiben zu lassen.
Gegebenenfalls erfüllen Betroffene die Voraussetzungen für eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente. Diese Form der staatlichen Unterstützung reicht aber häufig nicht aus, um die eigenen Ausgaben zu decken. Wenn es keinen gutverdienenden Partner oder Rücklagen gibt, stehen die Betroffenen schnell vor finanziellen Problemen. Es kann sich deshalb lohnen, frühzeitig mit einer privaten Zusatzversicherung vorzusorgen.
Für ältere Betroffene kann es eine Überlegung wert sein, frühzeitig in Rente zu gehen. Das sollten Sie aber gut überlegen, denn die Einbußen, die ein vorzeitiger Renteneintritt mit sich bringt, wirken sich dauerhaft auf Ihren Rentenanspruch aus. Rechnen Sie genau durch, welche Option sich in Ihrem Fall am ehesten Sinn macht.
Depression und Krankschreibung: Wie häufig muss man sich ein neues Attest vom Arzt holen?
Wenn Sie dauerhaft arbeitsunfähig wegen Depressionen sind, müssen Sie sich immer wieder eine neue Krankschreibung von Ihrem Arzt holen. Für Betroffene wäre es natürlich schön, sie müssten nicht ständig wegen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Arzt. Wie lange kann man sich am Stück krankschreiben lassen? Dazu gibt es keine pauschalen Regelungen; eine allgemeine Obergrenze für die maximale Dauer einer Krankschreibung gibt es nicht.
Allerdings sollte eine Krankschreibung sich im Regelfall auf nicht mehr als zwei Wochen erstrecken. In Ausnahmefällen können Ärzte Patienten auch für einen Zeitraum von einem Monat krankschreiben. Es liegt also im Ermessen des Arztes, wie lange er Sie krankschreibt. Selbst wenn Sie schon viele Monate nicht gearbeitet haben, kann es gut sein, dass Sie alle zwei Wochen ein neues Attest abholen müssen.
Dauerhaft krankgeschrieben bei Depressionen: Droht die Kündigung?
Viele Betroffene, die wegen Depressionen lange krankgeschrieben sind, machen sich Sorgen: Droht ihnen die Kündigung, weil sie dauerhaft arbeitsunfähig sind? Es kommt darauf an. Es ist für Arbeitgeber natürlich ärgerlich, wenn ein Mitarbeiter längere Zeit ausfällt. Zwar müssen Unternehmen nach sechs Wochen nicht mehr das Gehalt weiterzahlen, aber ihnen fehlt ein Mitarbeiter – die Arbeit bleibt liegen oder muss von den übrigen Mitarbeitern abgefangen werden. Ein Dauerzustand ist das meist nicht, weshalb Firmen in der Regel früher oder später neue Mitarbeiter einstellen, damit die Betriebsabläufe wieder reibungslos vonstatten gehen können.
Eine krankheitsbedingte Kündigung für Mitarbeiter, die dauerhaft arbeitsunfähig sind, ist nicht ausgeschlossen, allerdings müssen Arbeitgeber dafür hohe Hürden überwinden. So wird zum Beispiel eine Negativprognose vorausgesetzt: Es darf nicht damit zu rechnen sein, dass der Mitarbeiter in absehbarer Zeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Außerdem muss der Arbeitgeber vor einer Kündigung seine Interessen gegen die des Mitarbeiters abwägen.
Es kommt dabei zum Beispiel darauf an, wie stark der Betriebsablauf durch die Fehlzeiten des Mitarbeiters gestört ist und welche finanziellen Nachteile das für die Firma hat. Ebenso spielt eine Rolle, inwieweit die Krankheit möglicherweise mit dem Job zu tun hat. Weitere Faktoren, die bei einer Interessenabwägung berücksichtigt werden müssen, sind auch das Alter des Mitarbeiters, sein Familienstand, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und eine mögliche Schwerbehinderung.
Schlechtes Gewissen wegen Krankschreibung bei Depressionen: Lieber doch arbeiten?
Viele Beschäftigte melden sich erst krank, wenn es nicht mehr anders geht. Das gilt oft besonders, wenn psychische Probleme die Ursache für die Arbeitsunfähigkeit sind. Viele scheuen sich davor, den Arbeitgeber „im Stich zu lassen“ – vor allem, weil meist nicht ein Tag wie der andere ist. Wenn es den Betroffenen zwischendurch – stundenweise, tageweise – etwas besser geht, stellt sich oft ein schlechtes Gewissen wegen der Krankschreibung bei Depressionen ein.
Das müssen Sie aber nicht haben. Depressionen sind eine schwerwiegende Erkrankung, durch die die Arbeit häufig zurecht zweitrangig wird. Entscheidend ist, dass es Ihnen besser geht. Nehmen Sie Ihre Gesundheit wichtig, anstatt sich auf die Arbeit zu quälen, weil es vermeintlich ohne Sie nicht geht. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie sich für Ihren Arbeitgeber aufopfern, aber immer tiefer in die Depression rutschen.
Wenn Sie trotz der Depressionen zur Arbeit gehen, kann sich das auch negativ auf Ihre Leistungen auswirken. Womöglich haben Sie Probleme, sich zu konzentrieren, machen eher Fehler oder sind langsamer. Der Arbeitgeber kennt den Kontext wahrscheinlich nicht und könnte annehmen, dass Sie einfach so einen weniger guten Job machen würden. Schlimmstenfalls riskieren Sie dadurch früher oder später eine Kündigung.
Machen Sie sich klar, dass eine psychische Erkrankung ein valider Grund dafür ist, bei der Arbeit eine Pause einzulegen. Deshalb brauchen Sie kein schlechtes Gewissen zu haben. So lange es Ihnen nicht besser geht, fokussieren Sie sich auf sich.
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