Emotionale Intelligenz im Beruf: Dann kann sie nützlich sein
Intelligenz hat viele Facetten. Eine davon ist die emotionale Intelligenz eines Menschen. Sie zeigt sich weniger in Fähigkeiten wie Logik oder einer schnellen Auffassungsgabe, sondern wirkt sich auf den zwischenmenschlichen Bereich und die Fähigkeit zur Selbststeuerung aus. Welche Merkmale emotionale Intelligenz haben kann, warum ein hoher „EQ“ für die Karriere essenziell ist und wie man emotionale Intelligenz fördern kann – hier erfahren Sie mehr.
Emotionale Intelligenz: Definition
Jeder kennt den Begriff Intelligenz: Er steht laut Duden für die „Fähigkeit, abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“. Das Wort Intelligenz leitet sich vom lateinischen Verb „intellegere“ ab, was so viel bedeutet wie „wahrnehmen“, „begreifen“ oder „erkennen“. Ein intelligenter Mensch ist dazu in der Lage, logisch zu denken, er erkennt Zusammenhänge und tut sich mit kognitiven Aufgaben leicht.
Intelligenz kann jedoch mehr Facetten haben als „nur“ die kognitive Auffassungsgabe. Sie kann sich auch auf die emotionale Ebene erstrecken. Dann spricht man von emotionaler Intelligenz. Der US-amerikanische Journalist David Goleman hat den Begriff der emotionalen Intelligenz in den 1990er Jahren durch die Veröffentlichung eines Artikels und eines Buchs geprägt. Seine Überlegungen gingen auf die Vorarbeit der Psychologen Peter Salovey und John Mayer zurück.
Die beiden hatten den Begriff der sozialen Intelligenz, ursprünglich geprägt vom Psychologen Edward Thorndike, weiterentwickelt. Analog zum IQ, dem Intelligenzquotienten, der das Maß an Intelligenz angibt, ist auch vom EQ, also dem emotionalen Intelligenzquotienten, die Rede. Was zeichnet einen Menschen mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz aus?
Die emotionale Intelligenz eines Menschen umfasst verschiedene persönliche und soziale Merkmale, die sich auf das eigene Verhalten und den Umgang mit anderen Menschen auswirken. Ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz ermöglicht es, die eigenen Gedanken und Gefühle klarer zu erkennen und mit Bedacht damit umzugehen. Ebenso sind Menschen mit einem hohen EQ gut darin, Emotionen und Beweggründe bei anderen Personen zu erkennen.
Darauf stellen sie sich in ihrem Handeln ein. Tendenziell sind Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz flexibel in ihrem Denken und Handeln, anpassungsfähig, offen und empathisch. Sie können sich gut kontrollieren und sind oft diszipliniert, wenn es darum geht, bestimmte Ziele zu erreichen.
Komponenten und Merkmale von emotionaler Intelligenz
Nach Goleman, der den Begriff der emotionalen Intelligenz geprägt hat, hat emotionale Intelligenz fünf Komponenten: Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung, Selbstmotivation, Empathie und soziale Fähigkeiten.
Selbstwahrnehmung bedeutet, sich über die eigenen Gedanken und Gefühle im Klaren zu sein und sich selbst möglichst treffend einschätzen zu können. So kann ein Mensch mit einem hohen Maß an emotionaler Intelligenz zum Beispiel relativ objektiv beurteilen, wo seine Stärken und Schwächen liegen. Die Fähigkeit zur Selbstregulierung hängt eng damit zusammen. Menschen mit hohem EQ haben sich unter Kontrolle und neigen nicht zu impulsiven Handlungen, die sie später bereuen. Stattdessen überlegen sie in den meisten Situationen gut, was sie sagen und tun.
Ihre Impulskontrolle ist typischerweise gut und ihre Frustrationstoleranz hoch. Wer emotional intelligent ist, ist außerdem häufig belastbar. Nach Golemans Auffassung sind emotional intelligente Menschen gut dazu in der Lage, sich zu motivieren. Goleman ging von einem inneren Antrieb und Ehrgeiz aus, durch die die Selbstmotivation der Betroffenen geprägt ist.
Emotionale Intelligenz wirkt sich auf den Umgang mit sich selbst aus, und auf den Umgang mit anderen Menschen. Auf dieser Ebene ist Empathie ein typisches Merkmal von emotional intelligenten Menschen: Sie können sich gut in andere hineinversetzen und sind meist gute Zuhörer. Ebenso fällt es ihnen leicht, sich auf andere Menschen einzustellen, auch wenn diese ihnen gar nicht ähnlich sind oder einen ganz anderen Hintergrund haben.
Die sozialen Fähigkeiten von Menschen mit einem hohen EQ sind ausgeprägt: Sie sind meist gut darin, Kontakte zu knüpfen und bestehende Beziehungen zu pflegen. Dabei neigen sie nicht dazu, in Konflikte mit anderen zu geraten. Sie merken oft schon früh, wenn sich ein Konflikt anbahnt, und können ihn durch umsichtiges handeln entschärfen, bevor er sich verfestigt.
Wie zeigt sich emotionale Intelligenz im Job?
Nicht nur im Privatleben zeigt sich, wie es um die emotionale Intelligenz eines Menschen bestellt ist. Auch im Beruf ist das an vielen Situationen und Umständen ersichtlich. So kann sich emotionale Intelligenz zum Beispiel bei der Selbstwahrnehmung von Beschäftigten zeigen. Sie wissen, wo ihre Stärken liegen, erkennen aber auch ihre Schwachpunkte. Das ermöglicht es ihnen, diese Schwächen gezielt zu beseitigen – zum Beispiel, indem sie sich Wissen in einem bestimmten Bereich aneignen oder bestimmte Fähigkeiten trainieren.
Emotional intelligente Menschen können ihre Stärken außerdem bewusst einsetzen und daraus Handlungsmöglichkeiten ableiten. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie sich für eine bestimmte Stelle bewerben, weil sie sich dafür ausreichend qualifiziert fühlen. Es kann auch sein, dass sie mit Bewerbungen überzeugen, weil sie genau wissen, welche Punkte sie darin betonen müssen. Hier hilft ihnen auch ihre Fähigkeit zur Empathie: Sie können gut antizipieren, was sich Arbeitgeber von Bewerbern wünschen.
Arbeitnehmern mit einem hohen Maß an emotionaler Intelligenz fällt es leicht, sich zu motivieren. Das kann dazu führen, dass solche Menschen sich beruflich so entwickeln, wie sie es sich gewünscht haben. Stete Motivation ist essenziell, um Ziele zu erreichen. Sie kann auch andere mitziehen, weshalb motivierte Beschäftigte mitunter indirekt dafür sorgen, dass auch ihre Kollegen bessere Leistungen erbringen.
Emotional intelligente Menschen lassen sich seltener provozieren
Emotionale Intelligenz kann sich im Job auch zeigen, wenn jemand im Stress ist oder von anderen provoziert wird. Eine Person mit hohem EQ bleibt ruhig, sie lässt sich nicht zu hitzigen Diskussionen hinreißen und blafft andere nicht an. Klappt mal etwas nicht, hilft emotionale Intelligenz, trotzdem weiterzumachen und Frust zu ertragen. Daraus kann sich eine Beharrlichkeit ergeben, die nötig ist, um berufliche Ziele zu erreichen.
Durch ein hohes Maß an Empathie sind Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz gute Teamplayer. Sie fügen sich in jedes Team mühelos ein und können sich auch auf Kunden und andere Geschäftskontakte gut einstellen. Ist zum Beispiel ein Kunde aufgebracht, gelingt es einem Menschen mit hohem EQ eher, ihn durch mit Bedacht gewählten Worten zu beruhigen. Das kann die Wogen glätten und interne und externe Beziehungen positiv beeinflussen.
So nützt Ihnen ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz im Beruf
Emotionale Intelligenz ist eine überaus nützliche Eigenschaft im Beruf. Menschen, die emotional intelligent sind, erreichen oft mehr. Das hat verschiedene Gründe. Einerseits liegt es daran, dass sie mit anderen meist gut auskommen. Das hilft ihnen dabei, gute Beziehungen zu entwickeln – womöglich nicht nur mit Kollegen, sondern auch mit Vorgesetzten. Letzteres wiederum ist sehr hilfreich, wenn es um eine Gehaltserhöhung oder Beförderung geht. Emotionale Intelligenz kann damit die Karriere der Betroffenen ankurbeln.
Ein hoher EQ ist außerdem hilfreich für eine gute Performance. Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz sind dazu in der Lage, zielorientiert zu denken und zu handeln. Das kann dazu führen, dass sie bewusst bestimmte Ziele verfolgen und diese durch ihren Biss auch tatsächlich erreichen. Weil sie meist gute Planer sind, gelingt es ihnen außerdem, sich ihre Arbeit sinnvoll einzuteilen. Das macht es unwahrscheinlicher, dass sie in Zeitdruck – und damit in Stress – geraten.
Auch die Zusammenarbeit mit anderen ist oft harmonischer und effektiver, wenn jemand emotional intelligent ist. Es entstehen weniger Konflikte, was den Kontakt mit anderen angenehmer macht. In Teams können Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz zu Zugpferden werden, die die Gruppe voranbringen. Und wer mit anderen gut auskommt, feinfühlig und besonnen ist, hat wiederum bessere Aufstiegschancen. Er kann auch eher neue Arbeitgeber von seinen Qualitäten überzeugen, weil er einschätzen kann, welchen Ton er dafür treffen muss.
Emotionale Intelligenz als wichtiges Merkmal von Führungskräften
Nicht jede Führungskraft besitzt sie, aber jede Führungskraft sollte sie haben: Emotionale Intelligenz ist besonders wichtig, wenn es um Mitarbeiterführung geht. Die Art – und Effektivität – der Mitarbeiterführung ist ein essenzieller Faktor, der die Leistungen der Mitarbeiter maßgeblich beeinflusst. Ein Chef, der seine Mitarbeiter nicht gut führen kann, holt nicht das Beste aus den Beschäftigten heraus. Womöglich leisten sie nicht nur weniger als sie könnten und sind weniger motiviert, sondern entwickeln sogar Frust und Unzufriedenheit. Das kann großen Schaden für ein Unternehmen anrichten, vor allem, wenn es nicht nur einen Mitarbeiter betrifft.
Ist ein Vorgesetzter hingegen einfühlsam und gelingt es ihm, mit seinen Mitarbeitern jeweils so umzugehen, wie es individuell sinnvoll ist, kann das für bessere Leistungen und eine größere Zufriedenheit sorgen. Die Mitarbeiter fühlen sich durch einen emotional intelligenten Chef womöglich stärker wertgeschätzt und hängen sich dann freiwillig im Job mehr rein. Der EQ von Führungskräften bestimmt auch darüber, ob es zu Konflikten mit einzelnen Mitarbeitern kommt oder sich grundlegende Probleme entwickeln können, die das Betriebsklima insgesamt belasten. Führungskräfte mit einem hohen Maß an emotionaler Intelligenz werden Konflikte mit Mitarbeitern nicht befördern. Entstehen sie doch, entschärfen sie sie gezielt.
Emotionale Intelligenz ist damit eine der wichtigsten Eigenschaften von Führungskräften überhaupt. Fachliche Qualifikationen alleine reichen nicht aus, damit jemand ein guter Chef ist. In vielen Unternehmen wird die Komponente der emotionalen Intelligenz allerdings noch immer zu wenig berücksichtigt, wenn es darum geht, wer zur Führungskraft befördert wird. Oft zählen gute Beziehungen in die Chefetage mehr als die persönliche Eignung. Das kann Unternehmen teuer zu stehen kommen, weil dabei viel Potenzial verschenkt wird.
Kann man seine emotionale Intelligenz trainieren – und wenn ja, wie?
Ob jemand über ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz verfügt, entscheidet sich einerseits durch seine genetischen Anlagen. Manche Menschen sind einfach naturgemäß emotional intelligenter als andere. Andererseits kommt es auf frühere Erfahrungen und Lernprozesse an – und darauf, was wichtige Bezugspersonen dem vorgelebt haben. Es ist möglich, emotionale Intelligenz zu trainieren. Wenn das schon von der frühen Kindheit an geschieht, wird es wahrscheinlicher, dass jemand als Erwachsener einen hohen EQ hat.
Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass Sie auch noch im Erwachsenenalter Ihre emotionale Intelligenz trainieren können. Nachfolgend geben wir Ihnen einige Tipps, wie Sie Ihre emotionale Intelligenz gezielt fördern können.
Empathie steigern
Empathie ist ein wichtiger Bestandteil von emotionaler Intelligenz. Es geht dabei darum, wie gut Sie sich in andere Menschen einfühlen können. Das können Sie gezielt üben: Denken Sie doch öfter mal darüber nach, was andere Menschen mutmaßlich bewegt und welche Emotionen bei anderen Menschen im Spiel sein könnten. Sie können zum Beispiel überlegen, warum jemand wohl eine bestimmte Entscheidung getroffen hat oder wie es ihm geht. Es lohnt sich auch, genau hinzuhören und hinzusehen, was Worte und Körpersprache über andere Menschen verraten. Hierzu kann es auch eine Möglichkeit sein, andere Menschen zu beobachten, zum Beispiel an öffentlichen Orten. Selbst Serien und Filme gucken oder Romane lesen kann hilfreich sein, um Ihre Empathiefähigkeit zu steigern.
Soziale Kompetenzen ausbauen
Neben Empathie sind auch andere soziale Kompetenzen wichtig, wenn Sie Ihre emotionale Intelligenz trainieren möchten. Dazu gehört zum Beispiel Kommunikationsfähigkeit, aber auch Offenheit. Sie können sich zum Beispiel vornehmen, grundsätzlich offen auf unbekannte Menschen und neue Situationen zuzugehen. Es ist auch wichtig, anderen aufmerksam zuzuhören, statt nur darauf zu warten, dass man selbst endlich wieder das Wort hat. Ebenso können Sie es sich zur Angewohnheit machen, Ihre Worte mit Bedacht zu wählen, um das Zusammenleben (und -arbeiten) mit anderen zu erleichtern.
Motivation entwickeln
Motivation ist eine nützliche Eigenschaft: Wer sie hat, erreicht durch den inneren Antrieb oft mehr. Wie kann man Motivation entwickeln, wenn sie bislang ausbaufähig ist? Entscheidend ist einerseits, dass Sie sich die richtigen Ziele setzen. Wenn es Ihnen an Motivation mangelt, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass Ihre Ziele Ihnen eigentlich gar nicht so viel bedeuten.
Vielleicht setzen Sie sich auch gar keine Ziele – oder glauben insgeheim nicht an sich und versuchen es deshalb gar nicht erst. Machen Sie sich klar, dass Erfolg von beharrlichem Einsatz abhängt. Überdenken Sie Ihre Ziele, so dass Sie nur Ziele haben, die wirklich Ihre eigenen sind und die Sie auch erreichen können. Schon das motiviert. In manchen Fällen kann es hilfreich sein, sich gezielt zu belohnen, wenn Sie etwas geschafft haben.
Durchhaltevermögen zeigen
Neben Motivation kommt es auf Durchhaltevermögen an, wenn es darum geht, Ziele zu erreichen. Es wird immer wieder Situationen geben, in denen Sie vor Hindernissen stehen oder in denen Sie einen Schritt zurückgehen müssen. Lernen Sie, diesen Frust auszuhalten, und machen Sie sich klar, dass solche Erfahrungen dazugehören. Erfolg ist selten das Ergebnis eines geradlinigen Wegs nach oben. Warum sollte es bei Ihnen anders sein?
Impulsivität kontrollieren
Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz sind besonnen. Das setzt voraus, dass Sie konstruktiv mit negativen Gefühlen und Impulsen umgehen können. Hier hilft es, etwas Abstand zwischen Ihre instinktive Reaktion und Ihre Handlung zu bringen. Sie können es sich zur Angewohnheit machen, tief durchzuatmen, wenn Sie mit impulsiven Gedanken zu kämpfen haben. Zählen Sie ruhig bis zehn und wiederholen Sie das Ganze, wenn Sie anschließend noch nicht ruhiger sind. Mit der Zeit werden Sie merken, dass es Ihnen immer leichter fällt, Ihre Impulse zu kontrollieren und sich davon nicht leiten zu lassen.
Bildnachweis: Ground Picture / Shutterstock.com