Krankenschein bis zur Rente: Möglichkeiten & Alternativen

Wenn jemand kurz vor dem Renteneintritt längerfristig erkrankt, kommt oft der Wunsch auf, bis zur Rente nicht mehr arbeiten zu müssen. Das kann auf verschiedenen Wegen realisiert werden, die jedoch auch Nachteile mit sich bringen können. Hier stellen wir Ihnen verschiedene Möglichkeiten der Krankschreibung bis zur Rente sowie alternative Optionen vor, die sich in solchen Fällen anbieten können.

Ein älterer Mann mit einem Brief, welche Vorteile und Nachteile hat der Krankenschein bis zu Rente?

Krankschreibung bis zur Rente: Ist das möglich?

Die meisten Erkrankungen sind schnell überstanden: Hier mal eine Erkältung, da mal Magen-Darm-Beschwerden, dort eine Migräne – alles nichts, was einen längerfristig ausknocken würde. Es gibt aber auch Krankheitsbilder, die über längere Zeit anhalten. Die Betroffenen haben dann zum Beispiel chronische Schmerzen, sind nach einem Unfall nicht mehr voll einsatzfähig oder leiden an psychischen Erkrankungen wie etwa Depressionen.

Mitunter ergibt sich so eine Situation, wenn der Renteneintritt schon in Sichtweite ist. Die Betroffenen sind dann länger krankgeschrieben, während zugleich in einigen Jahren oder sogar Monaten der Renteneintritt geplant ist. In so einer Situation stellen sich viele Erkrankte die Frage, ob nicht eine Krankschreibung bis zu Rente möglich wäre. Je länger jemand krankheitsbedingt aus dem Job raus ist, desto geringer ist in vielen Fällen die Lust, vor der Rente nochmal an den Arbeitsplatz zurückzukehren.

Grundsätzlich ist es in vielen Fällen durchaus möglich, sich krankschreiben zu lassen bis zu Rente. Entscheidend sind aber die Umstände im Einzelfall und natürlich auch, ob die Krankheit – und damit die Arbeitsunfähigkeit – überhaupt noch so lange besteht, bis ein Renteneintritt möglich ist. 

Je länger es noch hin ist bis zur Rente, desto schwieriger und heikler ist das Thema Krankenschein bis zur Rente. Es muss dann noch vergleichsweise viel Zeit überbrückt werden, und nicht immer sind die Optionen, mit denen das klappen kann, wirklich praxistauglich. Wägen Sie deshalb im Einzelfall gut ab, ob eine Krankschreibung bis zur Rente eine tragfähige Lösung für Sie ist. In den nachfolgenden Abschnitten stellen wir Ihnen verschiedene Wege vor, bis zur Rente zuhause zu bleiben.

Möglichkeit 1: Immer wieder krankschreiben lassen

Eine Möglichkeit, bis zur Rente nicht mehr zu arbeiten, ist eine tatsächliche Krankschreibung bis zur Rente. Sie holen sich dann immer wieder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt ab – im Zweifelsfall über mehrere Monate oder sogar Jahre.

Diese Variante kommt praktisch meist nur für einen überschaubaren Zeitraum infrage. Außerdem muss der Arzt mitspielen beziehungsweise es muss dauerhaft ein Grund für eine Krankschreibung bestehen. Meist müssen Betroffene alle 14 Tage eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arzt abholen, was belastend sein kann, weil man immer wieder mit dem Thema Arbeit konfrontiert ist.

Auch für den Arbeitgeber kann diese Lösung suboptimal sein, denn durch die relativ kurzen Krankschreibungen weiß er nie genau, ob und wann er wieder mit Ihnen rechnen kann. Dadurch kann der Arbeitgeber nicht umplanen. Das kann nicht zuletzt eine Belastung für die Kollegen sein, die die nicht erledigte Arbeit auffangen müssen. 

Möglichkeit 2: Früher in Rente gehen

Sich immer wieder einen Krankenschein vom Arzt zu holen ist nicht die einzige Option, wenn Sie bis zur Rente nicht mehr arbeiten möchten oder können. Auch Frührente kann eine Option sein. Eine Form davon ist eine vorgezogene Altersrente: Sie gehen dann schon in Rente, bevor Sie die reguläre Altersgrenze für einen Renteneintritt erreicht haben.

Im besten Fall ist ein vorgezogener Renteneintritt ganz ohne Abschläge möglich. Das gilt für besonders langjährig Versicherte, die mindestens 45 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können. Wer „nur“ 35 Beitragsjahre vorweisen kann, kann ebenfalls früher in Rente gehen, in diesem Fall allerdings mit Abschlägen. Pro Monat, den jemand vor dem Erreichen des regulären Renteneintrittsalters in Rente geht, mindert sich der Rentenanspruch um 0,3 Prozent, und zwar dauerhaft. Wenn Sie über diese Variante nachdenken, sollten Sie durchrechnen, welche finanziellen Auswirkungen sie für Sie hätte.

Möglichkeit 3: Erwerbsminderungsrente beantragen

Eine andere Form der Frührente ist die Erwerbsminderungsrente, auch bekannt als EM-Rente. Wenn Sie wegen einer Krankheit nicht mehr oder nicht mehr im vollen Umfang arbeiten können, kann eine EM-Rente die Lösung sein. Mit dieser Leistung können Sie die Zeit bis zum regulären Renteneintritt überbrücken.

Die EM-Rente kommt grundsätzlich nur für Personen infrage, die voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Das ist der Fall, wenn sie maximal drei Stunden pro Tag (volle Erwerbsminderung) beziehungsweise maximal sechs Stunden täglich (teilweise Erwerbsminderung) arbeiten können. Entscheidend ist dabei nicht, inwieweit der bisher ausgeübte Job noch ausgeübt werden kann. Es geht um die grundlegende Erwerbsfähigkeit – wer in einem anderen Bereich noch mehr arbeiten könnte, hat keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt davon ab, wie lange jemand in die Rentenversicherung eingezahlt hat und wann er regulär in Rente gehen könnte. Womit Sie rechnen könnten, geht aus der Renteninformation hervor, die die Deutsche Rentenversicherung einmal im Jahr verschickt.

Eine EM-Rente kann ein Weg sein, die Zeit bis zur Rente zu überbrücken, allerdings ist nicht gesagt, dass Ihr Antrag genehmigt würde: Fast die Hälfte aller Anträge auf EM-Rente werden abgelehnt. Umso wichtiger ist es, den Antrag sehr sorgfältig auszufüllen oder sich dabei beraten zu lassen, um die Erfolgsaussichten zu verbessern.

Möglichkeit 4: Freistellung durch den Arbeitgeber

Für den Arbeitgeber ist es ein Problem, wenn ein Beschäftigter längere Zeit nicht arbeiten kann, das Beschäftigungsverhältnis aber weiterhin besteht. Er kann die Position dann nicht neu besetzen, was in der Regel bedeutet, dass die übrigen Mitarbeiter mehr zu tun haben – irgendwer muss die liegengebliebene Arbeit ja erledigen. Zeichnet sich ab, dass ein erkrankter Beschäftigter womöglich bis zum Renteneintritt nicht wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann eine Freistellung eine Option sein.

Diese Option kommt für Betroffene praktisch nur infrage, wenn sie ausreichend finanzielle Reserven haben, um ohne Unterstützung vom Arbeitgeber auszukommen. In der Regel handelt es sich um eine unbezahlte Freistellung – der Lebensunterhalt muss also anders finanziert werden. Trotzdem kann es eine Erleichterung sein, wenn mit dem Arbeitgeber alles geklärt ist, was diese Variante trotz der Nachteile attraktiv für Beschäftigte machen kann.

Möglichkeit 5: Job kündigen und Arbeitslosengeld beziehen

Wenn eine Krankschreibung oder Frührente nicht infrage kommt, Betroffene sich aber nicht vorstellen können, bis zur Rente noch zu arbeiten, gibt es noch eine Möglichkeit: Sie können ihren Job kündigen und die Zeit bis zur Rente mit Arbeitslosengeld überbrücken . Ältere Beschäftigte können bis zu 24 Monate lang Arbeitslosengeld bekommen. Allerdings muss jeder, der seinen Arbeitsvertrag ohne guten Grund kündigt, mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. In der Regel entfällt die staatliche Leistung dann zwölf Wochen lang – diese Zeit muss man überbrücken können. Durch eine Sperrzeit mindert sich die Anspruchsdauer insgesamt, das Geld wird auch später nicht mehr ausbezahlt.

Ob es sinnvoll sein kann, vor der Rente noch freiwillig arbeitslos zu sein, hängt von verschiedenen Aspekten ab. Es kommt zum Beispiel darauf an, wie viel Druck das Arbeitsamt wegen einem neuen Job macht. Bedenken Sie auch, dass sich Ihr Rentenanspruch durch den Jobverlust mindert.

Nicht mehr arbeiten bis zur Rente: Geht das finanziell?

Zu wissen, dass man bis zur Rente nicht mehr arbeiten muss, kann für Menschen mit chronischen Erkrankungen sehr viel wert sein. Nichtsdestotrotz: Der Plan muss auch realistisch sein. Nicht zu arbeiten bedeutet in aller Regel auch Einbußen beim Einkommen hinzunehmen. Das muss man sich leisten wollen – und können.

Bei der Entscheidung, auf welche Weise eine Krankschreibung bis zur Rente realisiert werden kann, sollten Sie die finanziellen Auswirkungen im Blick behalten. Rechnen Sie für die verschiedenen Möglichkeiten genau durch, wie viel Geld Sie dadurch verlieren würden beziehungsweise noch zur Verfügung hätten. Stellen Sie das Ihren Ausgaben gegenüber. Eine solche Rechnung kann dazu führen, dass manche Optionen ausscheiden, weil sie einfach praktisch nicht umsetzbar sein.

Besonders gut überlegen sollten Sie sich, ob Sie früher in Rente gehen wollen, statt sich einen Krankenschein bis zur Rente zu besorgen. Wer beispielsweise nach 35 Beitragsjahren als langjährig Versicherter mit Abschlägen früher in Rente geht, muss diese Abschläge sein Leben lang hinnehmen. Nicht nur das: Hätte das Arbeitsverhältnis länger bestanden, hätten sich die Rentenansprüche in dieser Zeit noch weiter aufgebaut. Betroffene verlieren so gesehen bei einem vorzeitigen Renteneintritt doppelt.

Zurück an die Arbeit: Wiedereingliederung vor der Rente

Vielleicht ist es nicht möglich, sich krankschreiben zu lassen bis zur Rente. Oder Sie glauben, dass Sie von einer Rückkehr in den Job profitieren können, wenn der Einstieg erstmal geschafft ist. Wenn jemand nach längerer Arbeitsunfähigkeit wieder in den Beruf zurückkehrt, ist das mit einer großen Umstellung verbunden.

Um die Veränderung zu erleichtern, gibt es das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, es Mitarbeitern anzubieten, die in einem Jahr mindestens sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Für die Betroffenen ist die Teilnahme freiwillig, aber meist sinnvoll. Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement kann nicht nur den Übergang zurück in eine Berufstätigkeit erleichtern, sondern auch Rückfälle verhindern

Im Fall eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements besprechen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam, wie der Wiedereinstieg in den Job möglichst gut gestaltet werden kann. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass der Arbeitsplatz angepasst wird – mit ergonomischen Möbeln oder einem höhenverstellbaren Tisch. Auch die Organisation der Arbeit kann so verändert werden, dass sie den Beschäftigten den Wiedereinstieg erleichtert, ebenso die Tätigkeit selbst. 

Ergänzend kann eine Stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) vereinbart werden. Dabei ist vorgesehen, dass Betroffene ihre Tätigkeit nach einer längeren Krankheit stufenweise wieder aufnehmen. Die Arbeitszeiten werden nach und nach erhöht. Dieses Modell ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber freiwillig.

Ein Jobwechsel vor der Rente als Lösung

Manchmal ist nicht die Arbeit für sich genommen ein Problem, wenn jemand am liebsten bis zur Rente gar nicht mehr arbeiten würde – das Problem ist vielmehr der Job an sich. In solchen Fällen kann ein Jobwechsel die beste Lösung sein. Viele ältere Beschäftigte schrecken vor diesem Schritt zurück, weil sie sich dafür zu alt fühlen oder glauben, bei einer Bewerbung ohnehin keine Chance zu haben. Dennoch kann es sich lohnen, über diese Option nachzudenken.

Im besten Fall gelingt es Ihnen, einen interessanten Job zu finden, der im Vergleich zu Ihrem bisherigen Job nicht mit Gehaltseinbußen verbunden ist. Tatsächlich haben es ältere Bewerber aber in vielen Fällen schwerer als jüngere Mitstreiter, die oft als dynamischer und flexibler betrachtet werden. Das sollte zwar nicht so sein, eine solche Altersdiskriminierung ist aber in vielen Firmen Realität. Um dieses Problem zu umgehen, kann es sinnvoll sein, sich auf Jobs zu bewerben, für die weniger Qualifikationen verlangt werden. Das kann auch bedeuten, dass Ihr neuer Job auf einer niedrigeren Ebene angesiedelt ist als der bisherige. Wenn das für Sie kein Hindernis ist, kann diese Variante sehr sinnvoll sein.

Tipp: Wenn Sie keine Probleme mit Ihrem Arbeitgeber an sich haben und gerne in der Firma bleiben möchten, aber Ihr Job einfach nicht mehr machbar für Sie ist, sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten. Vielleicht gibt es eine andere Arbeitsstelle im Unternehmen, die besser zu Ihnen und Ihren Vorstellungen passen würde.

Krankschreiben lassen bis zur Rente: Chancen & Risiken

Soll ich mir einen Krankenschein bis zur Rente holen? Notfalls den Job kündigen und bis zur Rente noch eine Zeit lang arbeitslos sein? Oder doch notgedrungen zurück an den Arbeitsplatz? Diese Entscheidung ist nicht leicht, und niemand kann sie Ihnen abnehmen. Es hilft aber, die Vor- und Nachteile zu kennen, die mit einer Krankschreibung bis zur Rente in der einen oder anderen Form verbunden sein können.

Diese Chancen bietet die Krankschreibung bis zur Rente

Wenn Menschen sich wünschen, sich bis zur Rente krankschreiben lassen zu können, ist der Leidensdruck oft hoch. Die Arbeit sorgt womöglich für Stress, verschlechtert Krankheitssymptome oder erscheint durch eine Depression einfach nicht machbar. Vor so einem Hintergrund ist es für Betroffene meist eine große Erleichterung, zu wissen, dass sie bis zur Rente nicht mehr in den Job zurückkehren müssen.

Wer sich für einen Krankenschein bis zur Rente entscheidet, weil es nicht anders geht, priorisiert damit seine Gesundheit, statt sich für andere aufzuopfern. Das ist eine Form der Selbstfürsorge, die für das Wohlbefinden wichtig ist. Sie müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie dem Job vorzeitig den Rücken kehren, weil sie sich nicht dazu in der Lage sehen, zu arbeiten – egal, wie Ihr Vorgesetzter oder Ihre Vorgesetzte auf Ihre Pläne reagiert. Sich dem Stress der Arbeit nicht mehr auszusetzen kann bedeuten, dass Sie sich besser fühlen und zufriedener sind.

Risiken einer Krankschreibung bis zur Rente

Auf der anderen Seite birgt eine Krankschreibung bis zur Rente auch Nachteile und Risiken, die Sie bedenken sollten. Nachteile sind vor allem finanzieller Art: Wenn Sie nicht arbeiten und Ihr Arbeitsverhältnis auch nicht weiterläuft, entgehen Ihnen Einkünfte. Schon das Krankengeld ist deutlich geringer als das reguläre Gehalt. In manchen Fällen bedeuten diese Einbußen gewisse Einschnitte, in anderen Fällen sind sie schlicht nicht dauerhaft tragbar, so dass Betroffene sich gezwungen sehen, wieder zur Arbeit zurückzukehren.

Es kann auch psychologische Auswirkungen haben, vor der Rente längere Zeit nicht mehr zu arbeiten. Gerade Menschen mit psychischen Problemen profitieren oft von einem geregelten Alltag – inklusive Arbeit. Natürlich muss die Arbeit machbar sein und sollte nicht so viel Stress verursachen, dass sich der Leidensdruck erhöht. Viele Betroffene fühlen sich aber letztlich besser, wenn sie arbeiten – vielleicht nur noch in Teilzeit – statt Tag für Tag zuhause zu sitzen. Ob es Ihnen auch so gehen könnte, können Sie selbst am besten einschätzen.

Bildnachweis: Dmytro Zinkevych / Shutterstock.com

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