Achtung Kündigungsfalle: Will mein Chef mich loswerden?
Die meisten Arbeitnehmer genießen in Deutschland einen vergleichsweise guten Kündigungsschutz. Für Unternehmen kann es dadurch schwierig sein, Mitarbeiter zu entlassen, von denen sie sich trennen möchten. So mancher Arbeitgeber sucht dann nach Strategien, um Mitarbeiter loszuwerden. Wer nicht aufpasst, kann als Arbeitnehmer in die Kündigungsfalle tappen. Hier erfahren Sie, welche Methoden es gibt und wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie glauben, dass der Arbeitgeber Sie abservieren will.
Was ist eine Kündigungsfalle?
Wenn ein Mitarbeiter erst einmal die Probezeit überstanden hat, ist es für Arbeitgeber gar nicht so leicht, ihn wieder loszuwerden. Das gilt zumindest für Beschäftigungsverhältnisse, in denen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift. Es gilt in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern, allerdings erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten, die in der Regel mit der Probezeit identisch ist.
Möchte ein Arbeitgeber einem Beschäftigten kündigen, muss die Kündigung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit sie rechtmäßig ist. Nach den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes erfordert eine Kündigung grundsätzlich einen Sachgrund. Dieser kann mit der Person des Mitarbeiters zusammenhängen, mit deren Verhalten oder auch mit betriebsbedingten Erwägungen. Bevor ein Unternehmen einem Mitarbeiter kündigen darf, müssen die Verantwortlichen ihre Interessen denen des Mitarbeiters gegenüberstellen. Eine Kündigung ist nur legitim, wenn diese Interessenabwägung zugunsten der Firma ausfällt. Es darf zudem kein milderes Mittel geben, mit dem eine Kündigung umgangen werden könnte. Ein solches Mittel könnte etwa eine Versetzung sein.
Mitarbeiter mit einer Kündigungsfalle vor die Tür setzen
Der relativ gute Schutz von Arbeitnehmern in Deutschland nach dem KSchG kann für Arbeitgeber ein Problem darstellen: Nicht immer sind alle genannten Voraussetzungen bei einer Kündigung gegeben. So mancher Arbeitgeber möchte sich von einem Mitarbeiter trennen, weil er ihn persönlich nicht mag oder nicht mit ihm zufrieden ist, kann ihm jedoch nichts Konkretes vorwerfen.
In solchen Fällen sind viele Arbeitgeber auf der Suche nach Methoden, um ungeliebte Mitarbeiter loszuwerden. Dabei suchen sie nach Wegen, Beschäftigte in eine Kündigungsfalle tappen zu lassen, mit der der Kündigungsschutz umgangen werden kann. Das können Tricks sein, unrechtmäßige Kündigungen oder auch Druck auf Mitarbeiter, ihrerseits zu kündigen. Welche Strategien denkbar sind, um Mitarbeiter in Form einer Kündigungsfalle vor die Tür zu setzen, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Mitarbeiter loswerden: Diese Methoden nutzen Arbeitgeber
Arbeitgeber, die Mitarbeiter loswerden wollen, denen sie nicht ohne Weiteres kündigen können, greifen mitunter zu ausgefeilten Techniken. Die folgenden Methoden sollten Sie als Arbeitnehmer kennen, um sich dagegen wappnen zu können – von der unrechtmäßigen Kündigung über Druck bis zu fiesen Kündigungsfallen.
Kündigungsschutz ignorieren
Manche Arbeitgeber sind dreist: Sie kündigen einem Mitarbeiter, obwohl sie sie das eigentlich nicht dürften. Sie haben zum Beispiel keinen guten Grund für die Kündigung oder nehmen keine Interessenabwägung vor. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass der Beschäftigte nicht genauer prüfen wird, ob die Kündigung rechtens war. Wenn Arbeitnehmer keinen Anwalt konsultieren, nachdem ihnen gekündigt wurde, und keine Kündigungsschutzklage erheben, kommen Arbeitgeber mit solchen Mitteln durch.
Ungerechtfertigte Anschuldigungen
Eine weitere Strategie, ungeliebte Mitarbeiter loszuwerden, kann darin bestehen, dass Arbeitgeber ihnen Dinge unterstellen, die gar nicht stimmen. Sie behaupten dann zum Beispiel einfach, dass ein Mitarbeiter etwas gestohlen oder dass er bei der Arbeit einen Fehler gemacht hätte. Nicht alle Anschuldigungen lassen sich eindeutig klären. In solchen Fällen können Arbeitgeber häufig eine unrechtmäßige Kündigung durchdrücken.
Fehlverhalten provozieren
Wenn Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen wollen, brauchen sie dafür einen Sachgrund. Blöd, wenn es keinen gibt. Viele Arbeitgeber lassen sich von diesem Umstand nicht abhalten – und sorgen dafür, dass sie einen Grund für die Kündigung haben. Die Kündigungsfalle kann dann so aussehen, dass Mitarbeitern eine Falle gestellt wird, durch die sie zu einem Fehlverhalten provoziert werden sollen. Geht der Plan auf, kann der Arbeitgeber ihnen völlig rechtmäßig aus verhaltensbedingten Gründen kündigen.
Eine solche Kündigungsfalle könnte zum Beispiel so aussehen, dass der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter anbietet, Firmeneigentum mit nach Hause zu nehmen, nach dem Motto: „Kannste haben“. Später behauptet der Arbeitgeber dann aber, dass der Mitarbeiter ihn bestohlen hätte. Gibt es keine Zeugen, steht Aussage gegen Aussage. Es kann auch sein, dass ein Vorgesetzter einem Mitarbeiter falsche oder unvollständige Informationen gibt, durch die der Beschäftigte einen Fehler macht. Auch darauf kann eine Kündigung folgen.
Zur Eigenkündigung drängen
Eine andere Taktik von Arbeitgebern, die einen Mitarbeiter loswerden möchten, kann darin bestehen, die betreffende Person zur Eigenkündigung zu drängen. Hierbei sind verschiedene Formen denkbar. Es kann zum Beispiel sein, dass offen Druck ausgeübt wird. Vielleicht steht die Kündigung sogar schon explizit im Raum. Oft wird eine solche Kündigungsfalle jedoch subtiler aufgebaut. Das kann zum Beispiel geschehen, indem der Arbeitgeber an immer mehr Stellschrauben dreht, um seinem Mitarbeiter die Arbeit im Unternehmen zu verleiden.
Vielleicht versetzt er ihn an einen anderen Standort der Firma, weil er weiß, dass der Beschäftigte nicht umziehen möchte. Oder er versetzt ihn in eine andere Abteilung, weil er hofft, dass der Betroffene sich dort nicht wohlfühlen wird. Ein hohes Arbeitspensum, Überstunden, überzogene Erwartungen oder veränderte Arbeitszeiten können weitere Aspekte sein, über die ein Mitarbeiter zur Eigenkündigung gedrängt werden kann. Ein älterer Mitarbeiter, der ohnehin anfällig für Stress ist, findet sich vielleicht im Großraumbüro wieder. Ein Beschäftigter, der sowieso ständig Überstunden macht, wird womöglich auch noch in seiner Freizeit ständig kontaktiert. Bei solchen Taktiken haben manche Arbeitgeber einen langen Atem – es kann dauern, bis Arbeitnehmer zu einer Kündigung bereit sind.
Mobbing und Bossing – Mobbing, das vom Chef ausgeht – sind weitere Möglichkeiten, einen Mitarbeiter zur Eigenkündigung zu drängen. Nicht selten werden Beschäftigte systematisch gleich von mehreren Beteiligten fertiggemacht, bis sie ihren Job schließlich freiwillig aufgeben.
Aufhebungsvertrag anbieten
Wenn Firmen einem Arbeitnehmer nicht rechtmäßig kündigen können, ist ein Aufhebungsvertrag eine Option, um die Zusammenarbeit zu beenden. Der Arbeitgeber legt seinem Beschäftigten dann einen Aufhebungsvertrag vor, wobei dem Mitarbeiter in der Regel eine Abfindung winkt, wenn er sich auf den Vorschlag einlässt. Unterschreibt er, endet das Arbeitsverhältnis; die üblichen Regelungen zum Kündigungsschutz sind dann nicht mehr relevant. Bei dieser Variante ist für Arbeitnehmer Vorsicht geboten, denn falls sie anschließend arbeitslos sind, droht ihnen eine mehrmonatige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
Änderungskündigung vorlegen
Mit einer Änderungskündigung ist es möglich, Teile des Arbeitsvertrags zu ändern oder zu streichen – wenn der Mitarbeiter zustimmt. Dem Beschäftigten wird dann ein neuer Vertrag mit veränderten Konditionen unterbreitet. Stimmt er der Änderungskündigung zu, bleibt das Arbeitsverhältnis zu den neuen Bedingungen bestehen. Lehnt der Mitarbeiter ab, wandelt sich das Ganze in eine Kündigung um. Dadurch stehen Arbeitnehmer unter großem Druck, einer Änderungskündigung zuzustimmen, wenn sie ihren Job nicht verlieren wollen. Dieses Instrument kann damit für Arbeitgeber eine Strategie sein, um Mitarbeiter loszuwerden. Lassen sie sich doch auf die Änderungskündigung ein, kann der Arbeitgeber immerhin Arbeitsbedingungen durchsetzen, die in seinem Interesse sind.
Pflichtverletzungen ahnden
Um Mitarbeiter loszuwerden, kann sich eine weitere Methode anbieten: Arbeitgeber ahnden Pflichtverstöße, die sie bislang toleriert haben. Nicht selten lassen sie Beschäftigte gezielt in eine Kündigungsfalle tappen. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass der Mitarbeiter auf einmal für (unerlaubte) Raucherpausen abgemahnt wird, obwohl der Arbeitgeber dazu bislang nichts gesagt hat. Vielleicht sind Raucherpausen auch bei anderen Kollegen übrig.
Oder der Arbeitnehmer handelt sich eine Abmahnung ein, weil er seine Mittagspause um einige Minuten überzieht – womöglich wurde dieses Thema in der Vergangenheit in der Firma locker gesehen. Selbst in der Freizeit sind Arbeitnehmer nicht sicher: Sie sollten zum Beispiel aufpassen, was sie in sozialen Netzwerken von sich geben. Für unangemessene Äußerungen und Posts droht ihnen im schlimmsten Fall die Kündigung.
So tappen Sie nicht in die Kündigungsfalle
Wer glaubt, dass sein Arbeitgeber ihn loswerden möchte, sollte vorsichtig sein. Oft reicht schon ein kleiner Ausrutscher, und schon hat man die Kündigung auf dem Tisch. Kann man verhindern, dass man in die Kündigungsfalle tappt, wenn der Arbeitgeber sich von einem trennen möchte?
Langfristig gesehen ist das schwierig. Ein Arbeitgeber, der einen Mitarbeiter loswerden möchte, wird früher oder später einen Weg finden, ihm zu kündigen. Abgesehen davon sollten Sie sich fragen, ob Sie perspektivisch wirklich für jemanden arbeiten möchten, der Ihnen nur nicht kündigt, weil er es formell nicht kann. Das heißt auf der anderen Seite natürlich nicht, dass Sie leichtfertig (oder resigniert) in eine Kündigungsfalle tappen sollten.
Je nachdem, wie die Kündigungsfalle aussieht, kann sie enorme Nachteile für Sie mit sich bringen. Lassen Sie sich zum Beispiel zu einer Eigenkündigung drängen und sind dann arbeitslos, müssen Sie wahrscheinlich mit einer längeren Sperrzeit beim Arbeitslosengeld leben. Ebenso kann Ihr Ruf leiden, wenn man Ihnen mithilfe einer Kündigungsfalle gekündigt hat – zum Beispiel, wenn Ihnen ein Fehlverhalten unterstellt wird, das Sie gar nicht gezeigt haben. Das könnte die Suche nach einer neuen Stelle erschweren.
Verhalten Sie sich pflichtkonform, um eine Kündigung zu verhindern
Seien Sie deshalb auf der Hut, wenn Sie Grund zur Annahme haben, dass der Arbeitgeber sich von Ihnen trennen möchte. Verhalten Sie sich unbedingt in jeder Hinsicht pflichtkonform. Das gilt auch im Homeoffice. Viele Beschäftigte nehmen es im Homeoffice mit der Arbeitszeit nicht ganz so genau. Das kann jedoch ernsthafte Folgen haben, wenn es auffliegt. Ebenso sollten Sie sich nicht auf Provokationen einlassen oder zu unbedachten Äußerungen hinreißen lassen. Solche Dinge können die Grundlage einer Kündigung durch den Arbeitgeber sein.
Wenn die Situation an der Arbeit sehr belastend ist, lassen Sie sich ruhig einige Tage oder Wochen krankschreiben. Mit etwas Abstand können Sie sich in Ruhe überlegen, welche Optionen Sie haben und wie Sie sich am besten verhalten. Manchmal kann es sinnvoll sein, offen mit dem Arbeitgeber über die Situation zu sprechen. Vielleicht gab es ein Missverständnis, das aus der Welt geräumt werden kann. In anderen Fällen besteht die beste Lösung darin, sich nach einem neuen Job umzusehen. Sie können sich zur Unterstützung auch immer an den Betriebsrat wenden, wenn es in der Firma einen gibt.
Kündigung erhalten: Was jetzt?
Der Arbeitgeber hat Ihnen eine Kündigungsfalle gestellt und es auf diese Weise geschafft, Ihnen zu kündigen. Wie reagiert man auf eine solche Kündigung am besten? Zunächst einmal sollten Sie die Kündigung des Arbeitgebers nicht einfach hinnehmen. Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit, die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage anzufechten. Davor sprechen Sie am besten mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ein Anwalt kann Sie individuell beraten und in einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber das beste Ergebnis für Sie herausholen.
Eine Kündigungsschutzklage macht nicht nur Sinn, wenn Sie Ihren alten Job zurückhaben möchten. Sie können auf diese Weise auch eine Abfindung aushandeln. Viele Unternehmen sind nicht daran interessiert, sich auf einen kostspieligen und womöglich langwierigen Gerichtsprozess einzulassen. Hier droht ihnen nicht zuletzt eine Rufschädigung, wenn der Verdacht im Raum steht, dass die Firma sich nicht korrekt verhalten hat. Deshalb bieten viele Firmen gekündigten Mitarbeitern beim Gütetermin vor der eigentlichen Verhandlung eine Abfindung an, wenn sie im Gegenzug die Kündigung akzeptieren.
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