Arbeitgeber abmahnen: Ist das erlaubt?

Wer als Arbeitnehmer wiederholt zu spät kommt, muss damit rechnen, von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung zu erhalten. Von diesen Abmahnungen an Beschäftigte hat wohl jeder schon einmal gehört und der ein oder andere hat vielleicht auch schon eine erhalten. Was viele jedoch nicht wissen: Mitarbeiter dürfen auch ihren Arbeitgeber abmahnen. Welche Voraussetzungen dazu vorliegen müssen, schauen wir uns nun etwas genauer an.

Eine Frau hat Probleme mit dem Arbeitgeber und möchte diesen abmahnen

Arbeitgeber abmahnen: Wann ist das möglich?

Eine Abmahnung ist immer dann möglich, wenn eine der beiden Vertragsparteien gegen die Vereinbarungen verstößt, die im Vertrag festgehalten sind. Arbeitnehmer werden zum Beispiel abgemahnt, wenn sie zu spät zur Arbeit erscheinen oder wenn sie sich nicht rechtzeitig krankmelden. Genauso wie sich Mitarbeiter vertragswidrig verhalten, können auch Arbeitgeber gegen den Arbeitsvertrag verstoßen – und dann ist eine Abmahnung möglich.

Gründe für eine Abmahnung des Chefs

Folgende Gründe sind zum Beispiel denkbar, um den Arbeitgeber abzumahnen:

  • Lohnzahlung: Der Arbeitgeber zahlt den vertraglich vereinbaren Lohn gar nicht oder nicht in voller Höhe.
  • Lohnrückstand: Weil der Arbeitgeber den Lohn nicht pünktlich und nicht komplett zahlt, ist mittlerweile ein Lohnrückstand aufgelaufen.
  • Lohnkürzung: Ohne Grund kürzt der Arbeitgeber das vertraglich vereinbarte Entgelt seines Beschäftigten.
  • Überstunden: Der Chef drängt seinen Beschäftigten zu Überstunden, obwohl diese nicht verbindlich geregelt sind oder es sogar eine Vereinbarung darüber gibt, dass Überstunden ausgeschlossen sind.
  • Mobbing: Der Arbeitgeber schützt seinen Mitarbeiter nicht ausreichend vor Mobbing und kommt damit seiner Fürsorgepflicht nicht nach. Noch schlimmer: Er betreibt sogar selbst Mobbing (sogenanntes Bossing).
  • Arbeitssicherheit: Der Arbeitgeber hält sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften zum Arbeitsschutz und gefährdet damit seine Beschäftigten.

Den Chef abmahnen: So geht es

Bevor Sie Ihren Arbeitgeber abmahnen, sollten Sie alle anderen Optionen ausloten. Denn natürlich wird das Arbeitsverhältnis sehr belastet, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Das liegt nicht nur daran, dass eine Abmahnung des Chefs ein Schritt ist, den wohl nur die wenigsten Beschäftigten gehen. Ihr Chef wird sich außerdem vermutlich vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn Sie ihm eine Abmahnung erteilen. Er könnte sich in seiner Funktion als Arbeitgeber nicht ernst genommen fühlen. Eine Abmahnung spricht normalerweise der Chef aus, da er das Sagen darüber hat, wie sein Unternehmen geführt wird.

Sollten Sie sich dazu entschließen, Ihren Arbeitgeber abzumahnen, sollten Sie folgendes bedenken: Auch eine Abmahnung, die Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber aussprechen, kommt in Ihre Personalakte.

Beschäftigte, die mit dem Verhalten ihres Arbeitgebers nicht komplett einverstanden sind, sollten daher zunächst alle anderen Optionen ausloten. Dazu gehört unter anderem ein Gespräch mit dem Betriebsrat. Schildern Sie dort Ihre Situation und lassen Sie sich beraten, wie Sie am besten vorgehen können. Wenn Sie nicht vorhaben, das Unternehmen in naher Zukunft zu verlassen, sollten Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Chef suchen und versuchen, die Angelegenheit ohne Abmahnung zu klären.

Abmahnung an den Chef schreiben: der Inhalt

Sollten Sie jedoch keine andere Möglichkeit sehen, können Sie Ihren Chef abmahnen. Um eine wirksame Abmahnung zu schreiben, müssen Sie auf die formalen Anforderungen einer Abmahnung achten:

  1. Dokumentation: Nennen Sie klar und deutlich, worin die Pflichtverletzung des Arbeitgebers besteht. Möchten Sie Bossing abmahnen, führen Sie möglichst genau auf, an welchem Datum und zu welcher Uhrzeit Ihr Chef sich abwertend geäußert oder verhalten hat. Auch sein Verhalten sollten Sie so genau wie möglich beschreiben. Ideal ist es, wenn Sie schon in der Abmahnung Zeugen benennen können, die bereit sind, das Fehlverhalten zu bestätigen.
  2. Aufforderung: Machen Sie unmissverständlich deutlich, dass Sie das Verhalten Ihres Arbeitgebers nicht tolerieren. Fordern Sie ihn dazu auf, unverzüglich das vertragswidrige Verhalten abzustellen.
  3. Warnung: Die Warnfunktion darf nicht fehlen, andernfalls ist die Abmahnung keine Abmahnung. Wenn Sie Ihren Arbeitgeber abmahnen, müssen Sie daher androhen, dass sie bei wiederholtem Fehlverhalten kündigen werden. Zwar ist es für Arbeitnehmer grundsätzlich einfacher, zu kündigen, fehlen darf dieser Zusatz aber trotzdem nicht.

Ebenso wie bei der Abmahnung an die Beschäftigten, muss auch eine Abmahnung an den Arbeitgeber nicht zwingend schriftlich erfolgen. Jedoch entscheiden sich die meisten für die Schriftform aus dem einfachen Grund, dass es dadurch einfacher wird, die Abmahnung nachzuweisen. Kommt es zu einer Gerichtsverhandlung ist es immer besser, ein schriftliches Beweisstück vorlegen zu können, als sich lediglich auf eine mündliche Abmahnung zu berufen.

Abmahnung für Arbeitgeber: Und dann?

Stellt sich die Frage, wie man weiter vorgehen soll, nachdem man eine Abmahnung an seinen Arbeitgeber ausgesprochen hat. Häufig ist die weitere Zusammenarbeit nicht mehr ganz so einfach – in vielen Fällen sogar unmöglich.

Die meisten Arbeitgeber sind nach einer Abmahnung durch ihren Mitarbeiter wohl eher bestrebt, das Arbeitsverhältnis so schnell wie möglich aufzulösen. Beschäftigte, die sich überlegen, ihren Arbeitgeber abzumahnen, sollten das im Hinterkopf behalten.

Unter Umständen kann die Abmahnung des Arbeitgebers aber auch eine Vorbereitung der ohnehin geplanten Kündigung sein. Im Unterschied zu dem Arbeitgeber können Beschäftigte das Arbeitsverhältnis jederzeit kündigen. Trotzdem kann sich eine Abmahnung vielleicht auszahlen: Wer seinen Arbeitgeber schriftlich darauf hinweist, dass er mit der Gehaltszahlung in Verzug ist – übrigens der häufigste Grund dafür, den Arbeitgeber abzumahnen – kann unter Umständen Schadenersatz geltend machen.

Auf der anderen Seite könnte die Abmahnung die Chancen auf eine Abfindung erhöhen. Wenn der Chef aufgrund des Schreibens seines Beschäftigten verärgert ist und das Beschäftigungsverhältnis so schnell wie möglich beenden möchte, ist er vielleicht eher geneigt, eine Abfindung zu zahlen, damit der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt.

Nachdem Sie Ihren Arbeitgeber abgemahnt haben, ist das Verhältnis meist so zerrüttet, dass eine Weiterbeschäftigung nur schwer vorstellbar ist. Der Schritt will also gut überlegt sein. Vor allem sollten Sie mit einem Fachmann Rücksprache halten, wie Sie die Abmahnung an den Arbeitgeber rechtssicher formulieren und welche Dinge Sie dabei beachten sollten. Wir können nur allgemeine Hinweise geben, die eine Beratung durch einen Anwalt keinesfalls ersetzen können.

Bildnachweis: ElenaBoronina / Shutterstock.com

Nach oben scrollen