Mündlicher Arbeitsvertrag: Probleme in der Praxis
Ein Arbeitsvertrag wird immer schriftlich geschlossen? Nicht zwingend. Auch ein mündlicher Arbeitsvertrag ist prinzipiell gültig. Allerdings birgt er so manche Risiken. Kommt es zu Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber, kann es schwer sein, zu beweisen, worauf man sich bei Vertragsschluss geeinigt hat. In diesem Beitrag erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen ein mündlicher Arbeitsvertrag gültig ist, ob eine mündliche Jobzusage bindend ist und welche Probleme sich ergeben können, wenn der Arbeitsvertrag mündlich geschlossen wird.
Mündlicher Arbeitsvertrag: Was ist damit gemeint?
Der Arbeitsvertrag regelt die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis. Aus ihm gehen wichtige Informationen hervor, zum Beispiel im Hinblick auf die Arbeitszeiten, die Bezahlung, den Urlaubsanspruch und die Kündigungsfrist. Arbeitsverträge werden in aller Regel schriftlich geschlossen. An die Schriftform gebunden sind sie aber nicht; grundsätzlich können Arbeitsverträge auch mündlich geschlossen werden.
Tatsächlich ist in vielen Fällen bereits die Jobzusage in einem Vorstellungsgespräch als mündlicher Arbeitsvertrag zu werten. Bei einer gegenseitigen Willenserklärung zur Zusammenarbeit und einer Einigung auf die wesentlichen Inhalte des Vertrags – zum Beispiel bezogen auf die zu erbringende Leistung, das Gehalt und den Beginn des Arbeitsverhältnisses – kommt in der Regel ein mündlicher Arbeitsvertrag zustande.
Die mündliche Jobzusage ist unter den genannten Voraussetzungen für beide Seiten bindend. Es gibt allerdings Ausnahmen: So kann die Zusage zum Beispiel unter Vorbehalt erfolgen, etwa, weil noch eine andere Person im Unternehmen zustimmen muss. In diesem Fall ergibt sich noch kein mündlicher Arbeitsvertrag, auf den sich der Bewerber berufen könnte.
Ist ein mündlicher Arbeitsvertrag bindend?
Mündliche Arbeitsverträge sind grundsätzlich ebenso bindend wie schriftliche Arbeitsverträge. Ein Sonderfall sind befristete Arbeitsverträge. Sie dürfen nicht mündlich, sondern nur schriftlich geschlossen werden. Nach § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist eine Befristung in diesem Fall unwirksam; der befristete Vertrag wird automatisch zu einem unbefristeten.
Auch wenn mündliche Arbeitsverträge bindend sind, ist doch schwer, die Einigung mit dem Arbeitgeber nachzuweisen. Das macht mündliche Arbeitsverträge praktisch nutzlos – es sei denn, Sie hatten bei Vertragsschluss Zeugen. Das dürfte, abgesehen von Personen aus dem Unternehmen selbst, selten der Fall sein. Falls Sie also überlegen, wann Sie Ihren bisherigen Job am besten kündigen, sollten Sie damit warten, bis Sie etwas Schriftliches vorliegen haben. Sie können den neuen Arbeitgeber in solchen Fällen darum bitten, Ihnen eine schriftliche Bestätigung über die geplante Zusammenarbeit zukommen zu lassen. Dazu reicht eine entsprechende E-Mail oder eine Notiz, die der Arbeitgeber unterschrieben hat.
Mündlicher Arbeitsvertrag: Rechte und Pflichten
Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei einem mündlichen Arbeitsvertrag? Gemäß den Bestimmungen des Nachweisgesetzes (NachwG) sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, neuen Mitarbeitern einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Inhalte der bei Vertragsschluss getroffenen Übereinkunft spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Somit sollte ein mündlicher Arbeitsvertrag nachträglich schriftlich festgehalten werden.
Gemäß § 2 NachwG muss die Verschriftlichung des Arbeitsvertrags mindestens die folgenden Angaben enthalten: Namen und Anschriften der Vertragspartner, Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Beschreibung der Tätigkeit, vereinbartes Entgelt (Höhe und Zusammensetzung), Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Kündigungsfrist sowie gegebenenfalls ein Hinweis auf geltende Tarifverträge oder eine Betriebsvereinbarung.
Kein schriftlicher Arbeitsvertrag: Welche Regelungen gelten?
Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, können Arbeitnehmer den Anspruch auf eine schriftliche Vereinbarung notfalls juristisch durchsetzen. Damit sollten Sie aber in jedem Fall bis nach dem Ende der Probezeit beziehungsweise bis zum Ablauf von sechs Monaten warten. Während der Probezeit kann sich der Arbeitgeber leichter von Ihnen lösen; er braucht keinen Grund für eine Kündigung und es gilt eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen.
Wenn es keinen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt, heißt das nicht, dass es keine Übereinkünfte gibt, an die sich Arbeitgeber und -nehmer halten müssen. Es gilt das, worauf sie sich bei Vertragsschluss geeinigt haben – zum Beispiel bezogen auf das Gehalt, Urlaubstage oder die Arbeitszeiten. Bei Aspekten, die nicht besprochen wurden, gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
Welche Probleme kann ein mündlicher Arbeitsvertrag mit sich bringen?
Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist ebenso gültig wie ein schriftlicher Arbeitsvertrag – theoretisch zumindest. Praktisch können sich durch einen mündlichen Arbeitsvertrag verschiedene Probleme ergeben. Gibt es Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über bestimmte Aspekte des Arbeitsverhältnisses, gibt es eben keinen schriftlichen Vertrag, in dem man mal schnell nachschauen kann.
Es kann also vorkommen, dass sich Arbeitgeber und -nehmer uneins sind. Dann steht Wort gegen Wort, wenn es für die Inhalte des mündlichen Arbeitsvertrags keine Zeugen und auch keine spätere Verschriftlichung gibt. Im Zweifelsfall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass seine Auffassung richtig ist. Wenn man sich mit dem Arbeitgeber auf etwas geeinigt hat, was dieser später bestreitet, haben Sie als Arbeitnehmer wahrscheinlich große Probleme, das nachzuweisen.
Lassen Sie sich deshalb immer die wichtigsten Übereinkünfte schriftlich vorlegen. So sind Sie auf der sicheren Seite, falls es mal Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber in bestimmten Fragen geben sollte.
Mündlicher Arbeitsvertrag: Häufig gestellte Fragen
Rund um mündliche Arbeitsverträge können sich viele Fragen ergeben. Hier finden Sie Antworten auf Fragen, die beim Thema mündlicher Arbeitsvertrag besonders häufig gestellt werden – von der Beweislast bis zur Frage, ob man einen mündlich geschlossenen Arbeitsvertrag doch noch absagen kann.
Wie ist bei einem mündlichen Arbeitsvertrag die Kündigungsfrist?
Wer seinen Job kündigen möchte, kann normalerweise im Arbeitsvertrag nachlesen, welche Kündigungsfrist er dabei beachten muss. Bei einem mündlichen Arbeitsvertrag geht das nicht ohne Weiteres, es sei denn, der Arbeitgeber hat eine schriftliche Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte übermittelt.
Angenommen, Sie haben nichts Schriftliches vorliegen – welche Kündigungsfrist gilt dann? Grundsätzlich gilt das, was Sie mit dem Arbeitgeber bei Vertragsschluss vereinbart haben. Falls über die Kündigungsfrist nicht gesprochen wurde, greifen die gesetzlichen Bestimmungen. Für den Fall, dass ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt, kann dieser abweichende Regelungen zur Kündigungsfrist vorsehen. Im Zweifelsfall fragen Sie am besten direkt beim Arbeitgeber nach.
Mündlicher Arbeitsvertrag: Wer trägt die Beweislast?
Eines der größten Probleme bei mündlichen Arbeitsverträgen ist der Nachweis dessen, was vereinbart wurde. Wenn es keine schriftliche Zusammenfassung und keine Zeugen für die mündlichen Übereinkünfte gibt, ist es bei Unstimmigkeiten oft sehr schwer, die Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber nachzuweisen. Wer trägt bei einem mündlichen Arbeitsvertrag die Beweislast? Grundsätzlich muss derjenige, der etwas behauptet, das auch nachweisen können. Es kommt also darauf an, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer sich auf eine bestimmte Vereinbarung beruft.
Kommt es zu einem Rechtsstreit und ist der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Aushändigung einer schriftlichen Zusammenfassung der wichtigsten Übereinkünfte nach dem mündlichen Vertragsschluss nicht nachgekommen, kann das ein Vorteil für den Arbeitnehmer sein. Dass der Arbeitgeber gegen die Nachweispflicht gemäß §2 Nachweisgesetz verstoßen hat, kann vor Gericht zu seinen Lasten ausgelegt werden.
So hat das Landesarbeitsgericht Köln im Jahr 2010 in einem Fall entschieden, in dem sich Arbeitgeber und -nehmer über die Höhe der Vergütung uneins waren. Der Arbeitgeber wollte seinem Mitarbeiter 10 Euro brutto pro Stunde zahlen, während sich dieser auf 10 Euro netto berief. Es gab keine schriftliche Zusammenfassung des Vertrags, was das Gericht dem Arbeitgeber anlastete – hätte es eine schriftliche Vereinbarung gegeben, wäre schließlich gar nicht erst eine Diskussion entstanden. Das führte zu einer Beweiserleichterung im Sinne des Arbeitnehmers (Az. 5 SaGa 23/09).
Mündliche Zusage zum Arbeitsvertrag, dann Absage: Ist das rechtens?
Es kann vorkommen, dass man sich mit einem Arbeitgeber auf eine Zusammenarbeit geeinigt hat, aber einer der Beteiligten seine Meinung doch noch ändert. Ist nach einer mündlichen Zusage noch eine Absage möglich? Ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag kann vor dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses noch widerrufen beziehungsweise gekündigt werden. Das muss schriftlich geschehen.
Ohnehin müssten Sie als Arbeitnehmer im Zweifelsfall nachweisen können, dass überhaupt ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Wenn sich der Arbeitgeber stur stellt, ist das schwierig, wenn es keine Zeugen gibt.
Gegebenenfalls können Sie als Arbeitnehmer jedoch Schadensersatz von einem Arbeitgeber verlangen, der Ihnen nach einer mündlichen Zusage doch noch absagt – nämlich dann, wenn Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Das kann der Fall sein, wenn Sie andere Jobangebote abgelehnt haben, weil Sie dachten, dass Sie schon einen neuen Job gefunden haben. Rechtlich kann es sich um eine vorvertragliche Pflichtverletzung nach § 280 Absatz 1, § 311 Absatz 2 und § 241 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch handeln. Die Beweislast liegt jedoch bei Ihnen als Arbeitnehmer.
Kann man nach einer mündlichen Zusage zu einem Arbeitsvertrag noch absagen?
Umgekehrt können auch Sie als Arbeitnehmer die Zusammenarbeit doch noch absagen, wenn Sie ein Jobangebot doch nicht annehmen möchten. Ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag kann noch vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich widerrufen werden.
Dabei gilt die Kündigungsfrist der Probezeit, also zwei Wochen. Entsprechend müsste die Kündigung dem Arbeitgeber spätestens zwei Wochen vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn vorliegen, damit Sie den Job nicht antreten müssen. Sind Sie mit Ihrer Kündigung zu spät dran, kann es sein, dass Sie noch einige Tage arbeiten müssen, bevor die Kündigung des Arbeitsvertrags wirksam wird.
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