Ausbildung abbrechen – und dann? Das sollten Azubis wissen

Denken Sie darüber nach, Ihre Ausbildung abzubrechen? Dann sind Sie nicht allein: Jedes Jahr wird rund ein Viertel der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Die Azubis suchen sich eine andere Ausbildung oder geben die Lehre ganz auf. Vorschnell sollten Sie jedoch nicht handeln, wenn Sie mit Ihrer Ausbildung unzufrieden sind. Es lohnt sich, erst einen Plan B in der Hinterhand zu haben, bevor Sie Ihren Ausbildungsvertrag kündigen. Welche Optionen Sie haben, erfahren Sie hier.

Eine junge Frau sitzt vor Lehrmaterial und möchte ihre Ausbildung abbrechen

Viele Azubis brechen ihre Ausbildung ab

Einen Ausbildungsplatz gefunden zu haben und einen Ausbildungsvertrag unterzeichnen zu können ist für die meisten Schulabgänger ein Grund zur Freude. Die Freude über die Lehrstelle währt jedoch für viele nicht allzu lange. Manche stellen fest, dass sie die falsche Richtung eingeschlagen haben. Sie hatten andere Vorstellungen von dem Beruf, in dem sie ausgebildet werden.

Häufiger kommt es zu Problemen im Ausbildungsbetrieb. Es gibt dann etwa Konflikte mit dem Vorgesetzten, das Betriebsklima ist schlecht oder der Azubi wird mit Hilfstätigkeiten betraut, die mit seiner Ausbildung eigentlich gar nichts zu tun haben. Auch häufige Überstunden können für Lehrlinge ein Grund sein, über einen Abbruch der Ausbildung nachzudenken.

Wird ein Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet, muss das nicht immer von einem unzufriedenen Auszubildenden ausgehen. Auch der Ausbildungsbetrieb kann sich vorzeitig von einem Azubi trennen – zum Beispiel, weil dessen Leistungen oder Arbeitsmoral zu wünschen übrig lassen.

Fakt ist: Viele Azubis beenden ihre Ausbildung nicht – zumindest nicht in dem Ausbildungsbetrieb, in dem sie ursprünglich ihren Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Die Vertragslösungsquote bei Berufsausbildungen lag zuletzt im Jahr 2019 bei 26,9 Prozent – Tendenz steigend.

Es scheint aber ein Zusammenhang zu bestehen zwischen dem Bildungsabschluss und der Häufigkeit, mit der Azubis die Ausbildung abbrechen. Wie Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigen, brechen 38 Prozent der Azubis ohne Hauptschulabschluss ihre Ausbildung ab. Bei Auszubildenden mit der Hochschulreife (Abitur) gehen nur 14 Prozent diesen Schritt.

Ein Teil der Abbrecher sucht sich jedenfalls einen anderen Ausbildungsbetrieb, ein anderer Teil wechselt zu einer inhaltlich anders gelagerten Ausbildung. Manche ehemaligen Auszubildenden hören auch ganz auf mit der Lehre und fangen stattdessen ein Studium an oder suchen sich direkt einen Job.

Ausbildung abbrechen: Was dann?

Die Entscheidung, ob Sie Ihre Ausbildung abbrechen oder nicht, sollten Sie nicht leichtfertig treffen. Es ist außerdem wichtig, dass Sie vorher wissen, was Sie stattdessen tun können. Die wichtigsten Optionen finden Sie hier im Überblick.

Vor dem Abbruch einer Ausbildung ist es immer ratsam, mit dem Ausbilder zu reden. Womöglich lässt sich das Problem lösen – zum Beispiel, wenn Sie mit Ihren Tätigkeiten unzufrieden sind oder die Arbeitsbedingungen Sie stören. In anderen Fällen ändert ein Gespräch nichts an der Situation. Einen Versuch ist es aber wert, weshalb Sie diese Möglichkeit nutzen sollten, bevor Sie Ihren Ausbildungsvertrag kündigen.

Welche Alternativen es zu Ihrer jetzigen Ausbildung gibt, hängt davon ab, was Sie künftig machen wollen. Wenn Sie nach wie vor Interesse daran haben, den betreffenden Beruf zu erlernen, macht ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs Sinn. Wenn Sie Glück haben und rasch einen anderen Ausbildungsplatz finden, können Sie womöglich sogar nahtlos da anknüpfen, wo Sie im jetzigen Ausbildungsbetrieb aufhören. Es kann aber auch sein, dass Sie zwischendurch etwas Zeit verlieren.

Weitere Optionen nach dem Abbruch einer Ausbildung

Wenn Sie hingegen festgestellt haben, dass die jeweilige Richtung doch nicht zu Ihnen passt, können Sie eine andere Ausbildung beginnen. Hier müssen Sie meist bei null anfangen – es sei denn, es handelt sich um eine verwandte Ausbildung, wo die Ausbildungsinhalte teilweise dieselben sind. Gegebenenfalls können Sie sich das bisher Gelernte anerkennen lassen.

Als grundlegende Alternativen zu einer Ausbildung kommen auch ein Studium oder der Besuch einer Berufsfachschule in Betracht. Sie können auch ein Praktikum zur Orientierung oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr machen.

Mancher Ex-Azubi wagt nach dem Ausbildungsabbruch den Direkteinstieg in den Job. Das ist aber nur bedingt empfehlenswert – schließlich mangelt es Ihnen dann an grundsätzlichen Qualifikationen. Dadurch stehen Ihnen viele Bereiche nicht offen und womöglich müssen Sie mit einem geringeren Gehalt leben. Es kann aber eine Option sein, nach ein paar Jahren eine Externenprüfung abzulegen. Mit der nötigen Berufserfahrung können Sie auf diese Weise doch noch Ihren Abschluss machen, und zwar ganz ohne weitere Ausbildung.

Nicht zuletzt kann es eine Option sein, die Abschlussprüfung vorzuziehen. Falls Sie kurz vor dem Ende Ihrer Ausbildung stehen, sollten Sie mit der zuständigen Kammer sprechen und sich nach Ihren Möglichkeiten erkundigen.

Ein junger Mann möchte die Ausbildung abbrechen

So gehen Sie vor, wenn Sie Ihre Ausbildung abbrechen möchten

Wie geht man am besten vor, wenn man seine Ausbildung abbrechen möchte? Wichtig ist, dass Sie sich diesen Schritt gut überlegt haben. Brechen Sie Ihre Ausbildung nicht leichtfertig ab oder schreiben Sie spontan eine Kündigung. Die Gefahr, dass Sie das am Ende bereuen, ist bei unüberlegten Ausbildungsabbrüchen groß. Machen Sie sich Gedanken darüber, wo die Probleme liegen und inwiefern sie auch künftig bestehen würden. Sprechen Sie mit Eltern, Freunden oder anderen Vertrauenspersonen über Ihre Lage, bevor Sie mit einem Ausbildungsabbruch Fakten schaffen. Sie können sich auch beraten lassen, etwa bei der zuständigen Kammer oder dem Arbeitsamt.

Wenn Sie eine andere Ausbildung beginnen möchten, sollten Sie sich nach einem neuen Ausbildungsplatz umsehen, bevor Sie Ihren alten Ausbildungsvertrag kündigen. Sonst stehen Sie hinterher ganz ohne Ausbildung da. Dasselbe gilt, wenn Sie einen ganz neuen Weg einschlagen möchten.

Ausbildungsvertrag kündigen: Wann und wie ist es möglich?

Der nächste Schritt besteht darin, Ihren Ausbildungsvertrag zu kündigen. Vielen Auszubildenden ist nicht klar, dass die Kündigung einer Ausbildung nicht immer überhaupt möglich ist. Wenn Sie Ihre Ausbildung insgesamt abbrechen möchten, können Sie zwar ordentlich kündigen. Die Kündigungsfrist geht aus dem Ausbildungsvertrag hervor; üblicherweise beträgt sie vier Wochen.

Falls Sie hingegen lediglich den Ausbildungsbetrieb wechseln möchten, ist eine Kündigung nach der Probezeit nicht möglich. Sie können jedoch mit Ihrem jetzigen Ausbildungsbetrieb sprechen und darum bitten, einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Mit einem Aufhebungsvertrag einigen sich die Vertragspartner darauf, das Ausbildungsverhältnis im Einvernehmen vorzeitig zu beenden. Darauf einlassen muss sich der Ausbildungsbetrieb allerdings nicht.

Abhängig von den Gründen für Ihre Kündigung kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht kommen. Das wäre etwa denkbar, wenn der Betrieb Ihnen schon länger kein Ausbildungsgehalt mehr gezahlt hat. Sie müssten den Betrieb dann allerdings schon abgemahnt haben, damit eine fristlose Kündigung wirksam wäre.

Einfacher ist die Kündigung des Ausbildungsvertrags, wenn Sie sich noch in der Probezeit befinden. Sie können die Ausbildung dann ohne Einhaltung einer Frist und ohne Angabe von Gründen jederzeit kündigen.

In jedem Fall muss der Ausbildungsvertrag schriftlich gekündigt werden. Falls Sie noch minderjährig sind, brauchen Sie dazu die Einwilligung der Eltern beziehungsweise eines gesetzlichen Vertreters. Bitten Sie den Ausbildungsbetrieb im Rahmen der Kündigung darum, Ihnen ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis auszustellen.

Tipps zum weiteren Vorgehen nach einem Ausbildungsabbruch

Wenn Sie Ihre Ausbildung nicht komplett abbrechen, sondern nur den Ausbildungsbetrieb wechseln möchten, sollten Sie außerdem mit der Berufsschule sprechen. Der Besuch einer Berufsschule ist zwar prinzipiell an ein Ausbildungsverhältnis geknüpft. Wenn Sie aber wissen, dass Sie möglichst nahtlos woanders weitermachen möchten, ist es möglicherweise eine Option, auch in der Zwischenzeit die Berufsschule zu besuchen. So verpassen Sie keinen Stoff, den Sie sonst später aufholen müssten.

Falls Sie nach dem Ausbildungsabbruch nicht direkt eine andere Beschäftigung aufnehmen – etwa eine andere Ausbildung, ein Studium oder ein Praktikum –, sollten Sie sich außerdem so früh wie möglich arbeitssuchend melden. Ob Sie Anspruch auf das Arbeitslosengeld haben, hängt davon ab, ob Sie in den letzten zwölf Monaten Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben. Bedenken Sie, dass Ihnen wegen der Eigenkündigung eine Sperrzeit von bis zu drei Monaten droht. In dieser Zeit bekommen Sie kein Arbeitslosengeld. Es wird auch später nicht nachbezahlt. Falls Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, können Sie alternativ eventuell Bürgergeld beantragen.

Wenn Sie eine Ausbildung abbrechen wollen, sollten Sie außerdem mit Ihrer Krankenversicherung sprechen. In vielen Fällen können junge Menschen nach einem Ausbildungsabbruch wieder über die Familienversicherung versichert werden. Das muss allerdings bei der Krankenkasse beantragt werden.

Eine weitere Stelle, bei der Sie sich im Rahmen eines Ausbildungsabbruchs melden sollten, ist die Familienkasse, die das Kindergeld auszahlt. Um Probleme zu vermeiden, sollten Sie die Familienkasse über Ihre aktuelle Situation und Ihre weiteren Pläne informieren.

Ausbildung abbrechen: Ja oder nein?

Ob Sie Ihre Ausbildung abbrechen sollten, können am Ende nur Sie selbst entscheiden. Trotzdem – es gibt bestimmte Argumente, die für beziehungsweise gegen den Abbruch einer Berufsausbildung sprechen. Hier finden Sie die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente im Überblick.

Pro: Das spricht dafür, eine Ausbildung abzubrechen

Ein Ausbildungsabbruch kann die beste Option sein, wenn

  • Sie sich sicher sind, dass Sie in Ihrem Ausbildungsbetrieb nicht mehr glücklich werden – in diesem Fall müssen Sie Ihre Ausbildung allerdings nicht komplett abbrechen, sondern können den Ausbildungsbetrieb wechseln
  • Sie sicher sind, dass Sie diesen Beruf doch nicht erlernen möchten
  • die Probleme schon länger bestehen und unwahrscheinlich ist, dass die Situation sich verbessert
  • die Ausbildung noch nicht weit fortgeschritten ist
  • Sie einen alternativen Plan haben, den Sie auch tatsächlich umsetzen können

Contra: Das spricht dagegen, eine Ausbildung abzubrechen

In manchen Fällen kann es sich lohnen, die Ausbildung nicht gleich abzubrechen, sondern dabeizubleiben. Das ist zum Beispiel tendenziell dann der Fall, wenn

  • Sie noch nicht lange unzufrieden sind
  • es in der Ausbildung Probleme gibt, die möglicherweise vorübergehend sind
  • ein Gespräch mit dem Ausbildungsbetrieb die Ursachen für Ihre Unzufriedenheit möglicherweise aus der Welt schaffen könnte
  • die Ausbildung schon weit fortgeschritten ist – denken Sie immer daran: Wenn Sie die Ausbildungszeit überstanden haben, können Sie sich Ihren ersten Job in einem anderen Betrieb suchen
  • es unwahrscheinlich ist, dass Sie zeitnah eine passende neue Tätigkeit aufnehmen können – das kann finanzielle Probleme bedeuten und für Lücken im Lebenslauf sorgen

Bildnachweis: GaudiLab / Shutterstock.com, SG SHOT / Shutterstock.com

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