Ghosting in der Arbeitswelt: Wie damit umgehen?
Der Begriff Ghosting ist seit einiger Zeit vor allem im Dating-Bereich geläufig. Er beschreibt eine Situation, in der sich ein Beteiligter einfach nicht mehr meldet, weil er kein Interesse mehr hat. Auch in der Arbeitswelt kann es jedoch zu Ghosting kommen. Wie kann Job-Ghosting aussehen? Welche Folgen hat es für betroffene Arbeitnehmer und Firmen? Und was kann man tun, um Ghosting im Job zu verhindern?
Was ist Ghosting und welche Rolle spielt es im Job?
Ghosting ist ein Phänomen, von dem in den vergangenen Jahren vermehrt die Rede war. Eigentlich bezieht es sich auf einen Trend beim Dating, bei dem sich jemand nicht mehr bei der anderen Person meldet. Er hat kein Interesse, weiter Kontakt mit dem anderen zu haben, macht sich aber nicht die Mühe, das in Worte zu fassen – stattdessen ignoriert er den anderen einfach so lange, bis dieser aufhört, ihn zu kontaktieren. Für Menschen, die andere ghosten, ist das der Weg des geringsten Widerstands. Der Konflikt wird so lange vermieden, bis er sich von selbst erübrigt hat. Welche Auswirkungen das auf die andere Person hat, spielt dabei häufig keine Rolle.
Ghosting kann nicht nur in einem privaten, sondern auch in einem beruflichen Kontext auftreten. Es kann von Arbeitnehmern ausgehen, aber auch von Unternehmen. Es kann zum Beispiel sein, dass es zu einem Ghosting nach einem Vorstellungsgespräch kommt. Das Ghosting geht vom Arbeitgeber aus, der sich einfach nicht mehr zurückmeldet. Eine offizielle Absage erhält der Bewerber nie – irgendwann aber kann er sich denken, dass eine Zusammenarbeit nicht zustande kommen wird. Ebenso ist ein Ghosting bei Bewerbungen auch vonseiten des Bewerbers denkbar. Ein neuer Mitarbeiter könnte zum Beispiel einfach nicht zur Arbeit erscheinen, ohne je Bescheid gesagt zu haben, dass er sich anders entschieden hat.
Was Ghosting für Gründe haben kann
Ghosting in der Arbeitswelt kann viele Gründe haben. Wenn das Ghosting vom Arbeitgeber ausgeht, kann das mit überarbeiteten Mitarbeitern in der Personalabteilung zusammenhängen. Wenn sie unter großem Zeitdruck stehen, sparen sie sich womöglich offizielle Absagen oder lassen Bewerber länger als nötig in der Luft hängen, weil sie gedanklich mit anderen Dingen befasst sind. Es kann auch sein, dass ein solches Verhalten der Unternehmenskultur geschuldet ist – man legt womöglich schlicht keinen sonderlich großen Wert darauf, Mitarbeiter (und potenzielle Mitarbeiter) respektvoll zu behandeln. Das zeigt sich dann oft im Verhalten der Beschäftigten.
Ghosting durch Arbeitnehmer kann damit zu tun haben, dass jemand nicht besonders professionell agiert. Ein Bewerber weiß dann zwar womöglich, dass es eigentlich richtig wäre, dem Arbeitgeber abzusagen, wenn er den Job doch nicht antreten möchte. Er lässt es aber darauf ankommen und tut nichts, weil er keine Lust auf eine Konfrontation hat oder sich nicht erklären müssen möchte.
Von Ghosting können auch Selbstständige betroffen sein, wenn ein Kunde sich nicht mehr meldet. Der Selbstständige weiß dann womöglich gar nicht, ob der Kunde noch an einer Zusammenarbeit interessiert ist – jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt –, und falls nicht, woran das liegt.
Welche Auswirkungen Ghosting auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben kann
Egal, was es für das Ghosting für Gründe gibt – für diejenigen, die davon betroffen sind, ist es keine angenehme Situation. Die Seite, die geghostet wird, bleibt lange im Ungewissen, statt dank klarer Ansagen frühzeitig zu wissen, woran sie ist. Das kostet Zeit und manchmal auch Nerven. Für denjenigen, der das Ghosting betreibt, mag diese Strategie attraktiv sein, weil sie keine Handlung erfordert und es dadurch möglich ist, unangenehme Situationen zu umgehen. Die andere Seite jedoch leidet oft umso stärker unter einem solchen Verhalten.
Welche Folgen Job-Ghosting haben kann, hängt davon ab, wie es konkret aussieht und wer davon betroffen ist. Angenommen, ein Bewerber ist trotz Arbeitsvertrag nicht erschienen. Das ist für Unternehmen mehr als ärgerlich: Sie wissen selbst am vereinbarten ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters nicht genau, woran sie sind. Ist der neue Mitarbeiter bloß erkrankt und hat es versäumt, das rechtzeitig mitzuteilen? Wenn so eine Situation entsteht, muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten hinterhertelefonieren, was oft nicht erfolgreich ist – wer sang- und klanglos nicht zum ersten Arbeitstag erscheint, ignoriert wahrscheinlich auch Anrufe und E-Mails. Wenn nach einigen Tagen klar ist, dass mit dem neuen Mitarbeiter nicht mehr zu rechnen ist, ist viel Zeit ins Land gegangen. Hätte der Bewerber rechtzeitig abgesagt, hätte der Arbeitgeber womöglich Zeit gehabt, rechtzeitig für Ersatz zu sorgen. So aber verlängert sich der Zeitraum, in dem die betreffende Position unbesetzt bleibt.
Durch Ghosting bei Bewerbungen, das von Bewerbern ausgeht, verlieren Unternehmen nicht nur Zeit und Ressourcen. Es verursacht auch unmittelbare Kosten, denn ein eigentlich schon abgeschlossen geglaubter Recruiting-Prozess muss neu aufgerollt werden. Das geht womöglich mit einem hohen Aufwand einher, zumal man nicht einfach auf andere Kandidaten zugehen kann, denen man längst abgesagt hat – jedenfalls nicht, ohne den eigenen Ruf zu gefährden.
Ghosting durch Arbeitgeber: Frust und Verunsicherung bei Bewerbern
Es sind nicht immer Arbeitnehmer, die ohne Mitteilung fernbleiben von der Arbeit. Genauso kommt es vor, dass das Ghosting von Arbeitgebern ausgeht. Es kann dann zum Beispiel sein, dass ein Bewerber nie eine Rückmeldung erhält, nachdem er seine Bewerbungsunterlagen verschickt hat. Oder es gab sogar ein Vorstellungsgespräch, nach dem sich die Verantwortlichen im Unternehmen aber nicht mehr bei dem Bewerber melden. Da es auch bei Firmen, die sich rückmelden, nicht unüblich ist, dass viele Wochen oder sogar Monate ins Land gehen, bis sie Bewerbern ihre Entscheidung mitteilen, bleiben Bewerber lange Zeit im Unklaren.
Das kann für eine emotionale Achterbahnfahrt sorgen, es kann auch verunsichern oder Frust auslösen. Zugleich kann es sehr demotivierend sein, wenn man irgendwann feststellt, dass sich der potenzielle Arbeitgeber wohl wirklich nicht mehr melden wird. Auch das Selbstbewusstsein kann davon angekratzt werden: War man es etwa nicht wert, eine Rückmeldung zu erhalten? Wertschätzung sieht schließlich anders aus.
Besonders ärgerlich ist es für Bewerber, wenn sie nicht wissen, wie sie in der Zwischenzeit mit anderen Stellen oder Jobangeboten umgehen sollen. Wenn andere Arbeitgeber eine Rückmeldung brauchen, sagen Bewerber womöglich andere Angebote ab – in der Hoffnung, dass es mit dem ersehnten Job klappt. Meldet sich dieser Arbeitgeber aber nie wieder, ist dem Bewerber nicht nur ein womöglich spannendes Jobangebot entgangen, sondern er hat auch seinerseits anderen Arbeitgebern eine Absage erteilt. Dadurch muss er schlimmstenfalls bei der Jobsuche wieder von vorne anfangen. Das kostet Zeit und Nerven und kann nicht zuletzt für eine Phase der Arbeitslosigkeit sorgen, die länger ist als gedacht.
Strategien: Wie kann man auf Job-Ghosting reagieren?
Job-Ghosting ist ärgerlich – zumindest für diejenigen, die zum Ghosting-Opfer werden. Aussuchen kann man sich allerdings nicht, an wen man gerät. Ein Arbeitgeber kann ebenso Ghosting betreiben wie ein Bewerber. Dann ist eine passende Strategie gefragt, um angemessen auf das Ghosting zu reagieren. Was können Verantwortliche in Unternehmen tun, was Bewerber?
Unternehmen sind nicht davor gefeit, an Bewerber zu geraten, die trotz einer Jobzusage einfach nicht zur Arbeit erscheinen. Auch bei einer sorgfältigen Personalauswahl lässt sich ein solches Szenario nicht ausschließen. Allerdings können Verantwortliche trotzdem etwas dafür tun, dass es dazu nicht kommt. Je kritischer neue Mitarbeiter überprüft werden, bevor man ihnen einen Arbeitsvertrag anbietet, desto unwahrscheinlicher ist es, dass man an jemanden gerät, der trotz Arbeitsvertrag nicht erscheint.
Personalverantwortliche sollten auf Zuverlässigkeit achten. Ob jemand zuverlässig ist, zeigt sich oft schon im Bewerbungsprozess: Reagiert jemand prompt, wenn man ihn kontaktiert? Hält er Termine ein? Sagt er frühzeitig Bescheid, falls er sich verspätet? Aussagekräftig ist auch, wie seriös und professionell jemand wirkt. Um Ghosting vorzubeugen, ist es darüber hinaus wichtig, klar und unmissverständlich zu kommunizieren und transparent mit Abläufen und Entscheidungen umzugehen. Wenn ein Arbeitgeber sich vorbildlich verhält, ist es wahrscheinlicher, dass Bewerber sich ebenfalls respektvoll verhalten, statt sich einfach nicht mehr zu melden.
Ghosting nach Vorstellungsgespräch: Was Bewerber tun können
Kommt es trotz aller Präventionsbemühungen zu Ghosting durch Arbeitnehmer, sollten Verantwortliche in Unternehmen das nicht einfach kommentarlos hinnehmen, sondern nachhaken. Es mag sein, dass ein Bewerber auf Kontaktversuche einfach nicht eingeht – versuchen sollten Verantwortliche es trotzdem. Lässt sich ein Kontakt herstellen, sollten die Ursachen für das Verhalten des Mitarbeiters in Erfahrung gebracht werden. Dabei ist auch interessant, inwieweit der Arbeitgeber möglicherweise einen Teil dazu beigetragen hat, dass es zum Ghosting gekommen ist. Ein ehrliches Feedback von Bewerbern ist diesbezüglich hilfreich.
Was können Bewerber tun, die zum Ghosting-Opfer werden? Es macht Sinn, nicht zu lange zu warten, bis man nachhakt, wenn man nichts mehr von einem Arbeitgeber hört. Zwar ist es nicht empfehlenswert, zu viel Druck auszuüben und beispielsweise schon nach einer oder zwei Wochen nachzufragen. Es kommt dabei auch darauf an, welcher Zeitraum für eine Entscheidung genannt wurde. Ist diese Zeit verstrichen, sollten Bewerber sich an den Arbeitgeber wenden.
Dabei ist es wichtig für Bewerber, die Zeichen richtig zu deuten. Wenn ein Arbeitgeber schwer erreichbar ist und auch auf Nachfragen hin vage bleibt, können das Alarmzeichen sein. Bewerber, die mit solchen Arbeitgebern zu tun haben, sollten sich nicht auf dieses Unternehmen fokussieren, sondern sich andere Optionen offenhalten. Spätestens, wenn ein anderes Jobangebot vorliegt, macht es Sinn, aktiv nachzufragen, woran man ist. Im Zweifel kann es besser sein, alternative Angebote anzunehmen – so sinkt das Risiko, am Ende ohne Job dazustehen, weil man auf einen unzuverlässigen Arbeitgeber gesetzt hat.
Kann Ghosting im Job juristische Konsequenzen haben?
Können Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, die sich nicht mehr melden, juristisch belangt werden? Das hängt davon ab, wie sich jemand konkret verhält. In vielen Fällen gibt es keine rechtliche Handhabe gegen einen Arbeitgeber oder Bewerber, der Ghosting betreibt. In manchen Fällen kann jedoch ein Schadensersatzanspruch bestehen. Wann kann das der Fall sein?
Angenommen, ein Bewerber erscheint nicht zum Vorstellungsgespräch. Dann ist das ärgerlich für den Arbeitgeber, dieser kann aber nichts dagegen tun. Anders kann es sich verhalten, wenn der Arbeitgeber ein konkretes Jobangebot vorgelegt hat. Anspruch auf Schadensersatz kann bestehen, wenn ein Bewerber sich nicht mehr meldet, obwohl er nahegelegt hat, dass er einen Arbeitsvertrag unterschreiben wird. Schadensersatz kann geltend gemacht werden, wenn Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abgebrochen werden. Allerdings ist es in der Praxis schwer, einen fehlenden triftigen Grund nachzuweisen, zumal dabei keine hohen Anforderungen erfüllt werden müssen.
Wie sieht es aus, wenn ein neuer Mitarbeiter nicht zur Arbeit erscheint? In diesem Fall verletzt der Beschäftigte seine Hauptpflicht im Arbeitsverhältnis, nämlich die Pflicht, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Darauf hat der Arbeitgeber jedoch Anspruch, allerdings ist das in der Praxis nicht viel wert, da dieser Anspruch durch eine Regelung in der Zivilprozessordnung (§ 888 ZPO) nicht geltend gemacht werden kann. Der Arbeitgeber hätte zwar die Option, Schadensersatz zu verlangen, was sich in der Praxis jedoch ebenfalls schwierig gestaltet.
Vertragsstrafen können bei Nicht-Erscheinen fällig werden
Manche Arbeitgeber sichern sich gegen Ghosting ab, indem sie im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe für solche Fälle vorsehen. Wenn der Arbeitnehmer das unterzeichnet hat, kann er zur Zahlung dieser Vertragsstrafe verpflichtet sein.
Wie sieht es umgekehrt aus, wenn ein Arbeitgeber sich nicht mehr bei einem Bewerber meldet? Bricht der Arbeitgeber Vertragsverhandlungen ab, kann er dafür juristisch nicht belangt werden. Das gilt selbst dann, wenn es keine nachvollziehbaren Gründe für diesen Schritt gibt. Wenn der Arbeitgeber jedoch nahegelegt hat, dass ein Arbeitsvertrag zustande kommen wird, und dies nicht geschieht, können Unternehmen sich schadensersatzpflichtig machen – theoretisch zumindest. Praktisch ist es auch für Bewerber schwer, entsprechende Nachweise zu erbringen, um Schadensersatzansprüche durchzusetzen.
Fazit: Ghosting im Job – mehr als nur ein Ärgernis
- Ghosting ist ein Phänomen, das ursprünglich aus der Welt des Online-Datings stammt. Inzwischen tritt es jedoch auch in anderen Situationen des Alltags auf – auch im Beruf.
- Job-Ghosting kann zum Beispiel so aussehen, dass sich Unternehmen nach einem Vorstellungsgespräch nicht mehr bei Bewerbern melden. Oder dass Bewerber trotz unterzeichnetem Arbeitsvertrag am ersten Arbeitstag nicht erscheinen.
- Für die Betroffenen ist das Ghosting durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ärgerlich: Sie bleiben lange im Unklaren und wissen nicht, woran sie sind. Das kann frustrierend sein und Kosten nach sich ziehen.
- Mit geeigneten Strategien können Betroffene die Folgen des Ghostings in vielen Fällen abmildern – oder dafür sorgen, dass Ghosting unwahrscheinlicher wird.
- In manchen Fällen kann Ghosting im Job rechtliche Folgen haben, zum Beispiel in Form von Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafen.
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