Wohlwollendes Arbeitszeugnis: Das Recht auf ein gutes Arbeitszeugnis

Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, lassen sich die meisten Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellen. Ein Arbeitszeugnis muss grundsätzlich wohlwollend formuliert sein, damit es die betreffende Person nicht am beruflichen Fortkommen hindert. Was das genau bedeutet und welche Ansprüche Beschäftigte haben, wenn es um das Arbeitszeugnis geht, erfahren Sie hier.

Ein Mann liest ein wohlwollendes Arbeitszeugnis

Das Arbeitszeugnis: Mehr als nur eine formelle Bestätigung der Mitarbeit

Wie gut hat sich ein Arbeitnehmer in einem bestimmten Job gemacht? Darüber gibt das Arbeitszeugnis Aufschluss, das üblicherweise am Ende eines Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird. Auch Zwischenzeugnisse sind denkbar, wenn sich jemand aus einem laufenden Beschäftigungsverhältnis heraus bewerben möchte. Zwischenzeugnisse kommen auch infrage, wenn es strukturelle oder personelle Veränderungen am Arbeitsplatz gibt – etwa, wenn der Vorgesetzte wechselt. Sich ein Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen, kann in solchen Situationen sinnvoll sein. 

Beim Arbeitszeugnis gibt es zwei Varianten: das einfache Zeugnis, das rein aus Nachweisgründen erteilt wird, und das qualifizierte Zeugnis. Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist die gängigere Variante, denn es enthält neben einer sachlichen Beschreibung der Eckdaten der Zusammenarbeit und der grundlegenden Tätigkeiten auch eine Beurteilung von Leistung und Sozialverhalten. Beide Versionen dienen als Nachweis über eine Tätigkeit, unterscheiden sich aber in Umfang und Details.

Arbeitszeugnisse sind bei der Jobsuche wichtig. Interessierte Arbeitgeber haben damit die Möglichkeit, sich ein tiefergehendes Bild von einem Bewerber oder einer Bewerberin zu machen. Das Arbeitszeugnis beleuchtet einen Bewerber aus der Perspektive eines früheren Arbeitgebers – das kann aufschlussreicher sein als die Selbstbeschreibung des Kandidaten. Gute Arbeitszeugnisse können Türen öffnen, während mittelmäßige oder gar schlechte Zeugnisse ein Hindernis für das berufliche Fortkommen darstellen können. 

Rechtliche Regelungen: Der Anspruch von Arbeitnehmern auf ein Arbeitszeugnis

Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, besteht in den meisten Fällen ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, das die Zusammenarbeit bestätigt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 109 der Gewerbeordnung (GewO). Er gilt nicht nur für Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder ein Minijobber sind, sondern auch für Auszubildende. Die gesetzliche Grundlage für den Anspruch ergibt sich bei ihnen aus § 16 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Auch Praktikanten können ein Praktikumszeugnis verlangen.

Für den Anspruch auf die Erstellung eines Arbeitszeugnisses ist es nicht entscheidend, wie lange die Zusammenarbeit angedauert hat. Auch bei einer Kündigung in der Probezeit muss es auf Wunsch des Beschäftigten erteilt werden.

Arbeitgeber müssen auf Verlangen ein Arbeitszeugnis ausstellen. Sie können diese Aufgabe an einen Mitarbeiter abtreten, der jedoch ranghöher sein muss als der Mitarbeiter, auf den sich das Zeugnis bezieht. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis entsteht, sobald die Zusammenarbeit mit einem Arbeitgeber endet. In der Praxis bitten viele Beschäftigte ihren Arbeitgeber einige Wochen vor dem Ausscheiden aus dem Betrieb darum, ihnen ein Arbeitszeugnis auszustellen. Wenn Arbeitnehmer kündigen, enthält oft schon das Kündigungsschreiben eine entsprechende Bitte.

Welche Inhalte muss ein Arbeitszeugnis enthalten?

Arbeitnehmer haben beim Arbeitszeugnis die Wahl, ob es die Form eines einfachen oder qualifizierten Zeugnisses haben soll. Es ist aber ratsam, dazuzusagen, welche Variante es sein soll, damit es keine Missverständnisse gibt. Das Arbeitszeugnis muss schriftlich erteilt und persönlich unterschrieben werden. Üblich ist die Ausstellung auf Firmenpapier.

Je nachdem, um was für eine Variante es sich handelt, muss ein Arbeitszeugnis bestimmte Inhalte zwingend enthalten:

  • Überschrift (zum Beispiel „Arbeitszeugnis“ oder „vorläufiges Zeugnis“)
  • Grundlegende Informationen zum Arbeitnehmer und Beschäftigungsverhältnis (Name, gegebenenfalls Geburtsdatum und -ort, Art und Dauer der Tätigkeit)
  • Beschreibung des Unternehmens
  • Tätigkeitsbeschreibung (im qualifizierten Zeugnis auch Nennung von besonderen Kompetenzen und Erfolgen)
  • Leistungsbeurteilung (nur im qualifizierten Arbeitszeugnis)
  • Verhaltensbeurteilung (nur im qualifizierten Arbeitszeugnis)
  • Schlussformel mit Angabe des Beendigungsgrunds, wenn der Beschäftigte dies wünscht (kein Anspruch auf eine Dankesformel)
  • Angaben zu Ort und Datum der Zeugniserteilung, Name des Ausstellers, Unterschrift

Muss der Arbeitgeber ein gutes Arbeitszeugnis ausstellen?

Auch an den Inhalt von Arbeitszeugnissen gibt es rechtlich gesehen bestimmte Anforderungen: Arbeitszeugnisse müssen klar formuliert sein und der Wahrheit entsprechen. Zugleich müssen sie wohlwollend formuliert sein. Man spricht auch von der Wohlwollenspflicht in Arbeitszeugnissen. Was heißt das? Ein Arbeitszeugnis darf einen Beschäftigten nicht am beruflichen Fortkommen hindern. Negative Beurteilungen sind deshalb in vielen Fällen nicht erlaubt. Sie wären nur denkbar, wenn sie im gesamten Verlauf des Arbeitsverhältnisses prägend waren. In der Praxis trifft das selten zu.

Dass ein Arbeitszeugnis wohlwollend sein muss, kann nicht nur bedeuten, dass negative Eigenschaften oder Leistungen des Bewerbers nicht in den Fokus gerückt werden oder unerwähnt bleiben. Es kann auch heißen, dass einmalige negative Vorfälle – zum Beispiel Zuspätkommen oder eine unerlaubte Pause – nicht erwähnt werden dürfen. Dasselbe kann für Vorfälle gelten, die schon lange zurückliegen. Nicht erwähnt werden darf im Sinne der Wohlwollenspflicht auch, was der Arbeitgeber nicht abgemahnt hat.

Weil Arbeitgeber im Regelfall keine offen negativen Beurteilungen aussprechen dürfen, versuchen es manche anders: Sie lassen Dinge weg, die eigentlich von Interesse wären. Das ist dann ein versteckter Hinweis darauf, dass es in diesem Bereich aus Sicht des Arbeitgebers Probleme gab. Die Rechtsprechung ist hier jedoch eindeutig: Die Nichterwähnung von bestimmten Aspekten, die im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis wichtig sind, kann gegen die Pflicht zur Ausstellung eines wohlwollenden Zeugnisses verstoßen.

Ist mein Arbeitszeugnis wohlwollend? Daran können Sie es erkennen

Was bedeutet ein wohlwollendes Arbeitszeugnis in der Praxis – wie kann man erkennen, ob die Wohlwollenspflicht bei einem bestimmten Zeugnis erfüllt ist? Das ist für Laien oft gar nicht so leicht zu beurteilen. Weil offen negative Beurteilungen nicht erlaubt sind, hat sich eine Art Geheimsprache bei Arbeitszeugnissen etabliert. Hinter so mancher Formulierung, die auf den ersten Blick harmlos oder sogar positiv klingt, versteckt sich eine negative Einschätzung eines früheren Arbeitgebers. Man muss deshalb schon genau hinschauen, um abschätzen zu können, wie gut und wohlwollend ein Zeugnis wirklich ausgefallen ist.

Doch wo fängt man an? Lesen Sie sich das Zeugnis einmal in Gänze durch. Welcher Eindruck bleibt bei Ihnen hängen? Ist das Arbeitszeugnis ausführlich und geht auf viele Details ein? Das ist positiv – es gibt offensichtlich viel Gutes über Sie zu sagen. Ein kurzes Zeugnis muss nicht schlecht sein, kann aber Hinweise darauf geben, dass der Arbeitgeber weniger zufrieden war. Achten Sie auch darauf, wie überschwänglich die Formulierungen klingen. Ein wirklich gutes Zeugnis liest sich so positiv, dass es schon übertrieben wirken kann. Hat man hingegen das Gefühl, der Arbeitgeber war im Großen und Ganzen zufrieden, aber nicht begeistert, ist das Zeugnis womöglich eher mittelmäßig.

Achten Sie darauf, ob das Arbeitszeugnis inhaltlich vollständig ist. Fehlt etwas, was für diese Art Tätigkeit üblich ist, kann das ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt. Es wäre zum Beispiel bedenklich, wenn der Arbeitgeber kein Wort über das Verhältnis des Beschäftigten zu seinen Vorgesetzten verloren hat. Oder wenn er ihm nicht für seine Mitarbeit dankt oder alles Gute für die Zukunft wünscht. Wird Selbstverständliches erwähnt, etwa Pünktlichkeit? Das wäre ein schlechtes Zeichen und kann versteckte Kritik beinhalten.

Zwischen den Zeilen lesen

Typisch für Arbeitszeugnisse ist eine abschließende Leistungsbeurteilung, die etwa so klingt: „Die ihr übertragenen Aufgaben erledigte sie stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.“ Hier kommt es auf die Steigerungsform der Zufriedenheit und das Wort „stets“ an: Die Formulierung „volle Zufriedenheit“ etwa entspräche in Kombination mit dem Wörtchen „stets“ der Schulnote 2, während „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ als 1 zu werten wäre. Das Wort „stets“ (oder ein vergleichbares Wort) ist auch wichtig, wenn Eigenschaften beschrieben werden. Es macht einen Unterschied, ob ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter als „gewissenhaft“ oder als „stets gewissenhaft“ beschreibt.

Es ist wichtig, zur Interpretation von Arbeitszeugnissen zwischen den Zeilen zu lesen. Dazu gehört auch, zu überprüfen, wie aktiv der Beschäftigte im Zeugnis beschrieben wird. Wird er als jemand dargestellt, der seine Aufgaben zwar erledigt hat, aber die Dinge nicht wirklich proaktiv angegangen ist? Oder wirkt er wie ein Macher, der eigene Ideen hat und mitdenkt?

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihr Zeugnis gut ausgefallen ist oder nicht, kann es sinnvoll sein, einen Experten draufschauen zu lassen. Fragen Sie zum Beispiel bei einem Anwalt nach oder stellen Sie Auszüge aus Ihrem Arbeitszeugnis in ein entsprechendes Forum im Internet. Es gibt auch Webseiten im Internet, auf denen Sie Ihr Zeugnis mithilfe von künstlicher Intelligenz kostenlos überprüfen lassen können. 

Das können Arbeitnehmer für ein gutes Arbeitszeugnis tun

Wie wohlwollend ein Arbeitszeugnis ausfällt, hängt nicht nur mit gesetzlichen Pflichten von Arbeitgebern zusammen. Im besten Fall wird der Arbeitgeber nicht durch Gesetze dazu gezwungen, ein Arbeitszeugnis positiver zu formulieren, als er es eigentlich möchte. Stattdessen ist er vielleicht so zufrieden, dass die Wohlwollenspflicht keine Rolle spielt – der Arbeitgeber ist begeistert von seinem Mitarbeiter und macht das im Arbeitszeugnis ganz freiwillig deutlich.

Sie als Arbeitnehmer können viel dafür tun, dass es am Ende Ihrer Zeit im Unternehmen so kommt. Wenn Sie gute Leistungen erbringen, ist das die halbe Miete. Für ein wirklich gutes Zeugnis reicht es oft nicht, lediglich das zu tun, was von einem erwartet wird. Gehen Sie hingegen die Extra-Meile, honoriert der Arbeitgeber das hoffentlich auch, wenn er Sie abschließend beurteilt. Das muss nicht bedeuten, dass Sie ab sofort Überstunden machen müssten. Oft reicht es schon, mitzudenken, sich einzubringen und seine Arbeit gewissenhaft und produktiv zu erledigen.

Für ein gutes Arbeitszeugnis kommt es nicht nur darauf an, wie Ihre Leistungen sind. Auch Ihr Verhalten am Arbeitsplatz ist entscheidend. Achten Sie deshalb darauf, wie Sie sich gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden oder anderen beruflichen Kontakten verhalten. Seien Sie höflich und respektvoll, suchen Sie nach Kompromissen, statt auf Konfrontation zu gehen, und kommen Sie anderen freiwillig entgegen. Je umgänglicher Sie sind und je besser Sie sich ins Team einfügen, desto zufriedener wird Ihr Arbeitgeber sein.

Es lohnt sich, nicht erst am Ende zu erfahren, wie zufrieden der Arbeitgeber mit der eigenen Leistung und dem Verhalten im Job ist. Erbitten Sie sich daher regelmäßig Feedback, wenn Sie es nicht sowieso von Ihrem Vorgesetzten bekommen. Konstruktive Kritik hilft Ihnen dabei, sich zu verbessern.

Schlechtes Arbeitszeugnis: Welche Optionen haben Arbeitnehmer?

Selbst ein wohlwollend formuliertes Arbeitszeugnis kann mittelmäßig bis schlecht ausfallen, wenn der Arbeitgeber nicht zufrieden mit seinem Mitarbeiter war. Wie können Arbeitnehmer auf ein schlechtes Arbeitszeugnis reagieren? Was können sie tun, wenn sie sich vom Arbeitgeber unfair behandelt fühlen?

Der erste Schritt sollte grundsätzlich darin bestehen, offen mit dem Arbeitgeber über die Angelegenheit zu sprechen. Es besteht immer die Möglichkeit, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Wie positiv ein Zeugnis ist, ist immer ein Stück weit Interpretationssache. Es kann sein, dass Sie die Beurteilung schlechter auffassen, als sie gemeint ist. Reden Sie deshalb mit Ihrem Vorgesetzten über Ihre Einschätzung und fragen Sie direkt nach, ob es wirklich so gemeint ist. Wenn nicht, wird der Arbeitgeber womöglich freiwillig bestimmte Formulierungen verändern oder ergänzen. Sie können auch explizit dazusagen, worum es Ihnen geht und wie das Zeugnis aus Ihrer Sicht besser klingen könnte.

Wenn Sie nicht zufrieden mit Ihrem Arbeitszeugnis sind, können Sie Widerspruch gegen das Zeugnis einlegen. Sie können für Ihr Arbeitszeugnis Nachbesserung verlangen, und zwar aus Nachweisgründen am besten schriftlich. Setzen Sie dem Arbeitgeber eine Frist für die Überarbeitung und liefern Sie ruhig Formulierungsvorschläge mit. Sie sollten dabei jeweils begründen, warum Sie mit dem aktuellen Inhalt des Arbeitszeugnisses nicht einverstanden sind. Wenn Sie beim Arbeitszeugnis Nachbesserung verlangen, ist eine Frist von 14 Tagen gängig. Es kann vorteilhaft sein, an dieser Stelle schon einen Anwalt einzubinden.

Ein besseres Arbeitszeugnis einklagen

Ein Anwalt sollte spätestens dann konsultiert werden, wenn eine juristische Auseinandersetzung in Erwägung gezogen wird. Das ist über eine Zeugnisberichtigungsklage möglich, die beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden kann.

Wer ist bei einem Gerichtsverfahren in der Beweispflicht? Das kommt darauf an, wie gut das Zeugnis ausgefallen ist. Arbeitnehmer haben nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts Anspruch auf ein gutes Arbeitszeugnis, das mindestens der Note 3 (befriedigend) entspricht. Daraus ergibt sich: Wer eine befriedigende Beurteilung erhalten hat und ein besseres Arbeitszeugnis einklagen möchte, muss nachweisen können, warum er im Recht ist. Ist die Beurteilung hingegen schlechter als „befriedigend“ ausgefallen, muss der Arbeitgeber plausibel erläutern können, warum schlechte Leistungen oder problematisches Verhalten des Mitarbeiters dies rechtfertigen.

Fazit: Arbeitszeugnisse müssen wohlwollend sein, sind es aber nicht immer

  • Arbeitnehmer haben ein Recht auf ein gutes Arbeitszeugnis, das wohlwollend formuliert ist.
  • Die Wohlwollenspflicht soll verhindern, dass Arbeitgeber ehemaligen Mitarbeitern Steine in den Weg legen.
  • Wie wohlwollend ein Arbeitszeugnis ausgefallen ist, ist in der Praxis besonders für die betroffenen Arbeitnehmer oft schwierig zu beurteilen.
  • Es kann sinnvoll sein, einen Experten um eine Einschätzung zu bitten.
  • Arbeitnehmer, die mit der Beurteilung des Arbeitgebers nicht einverstanden sind, können den Chef auffordern, nachzubessern. Ist der Arbeitgeber uneinsichtig, kann auch der Rechtsweg eine Option sein. Dabei sollten sich Betroffene anwaltlich beraten lassen.

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