Unfallversicherung: Alles, was Sie darüber wissen müssen
Über ihren Arbeitgeber sind Arbeitnehmer bei Unfällen im Job abgesichert. Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten springt die Unfallversicherung ein. Hier erfahren Sie alles, was Sie zum Thema Unfallversicherung wissen müssen, darunter: Welche Leistungen übernimmt die Unfallkasse? Was verursacht die Unfallversicherung für Kosten? Und wann lohnt sich eine private Unfallversicherung?
Unfallversicherung: Was ist das?
Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein Teil des Sozialversicherungssystems in Deutschland. Zusammen mit der Kranken- und Pflegeversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung dient sie der Absicherung von Menschen für besondere Situationen. Versicherte sind darüber bei Unfällen am Arbeitsplatz geschützt. Die Unfallversicherung übernimmt in solchen Fällen Leistungen, die akut oder längerfristig nötig sind. Auch für die Folgekosten von Berufskrankheiten und Wegeunfällen kommt die Unfallversicherung auf.
Es war der frühere Reichskanzler Otto von Bismarck, der die gesetzliche Unfallversicherung vor mehr als 100 Jahren auf den Weg gebracht hat. Gesetzlich ist sie heute im Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) geregelt. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, kurz DGUV, dient dabei als Dachverband: Sie ist der Spitzenverband, in dem die verschiedenen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen als Träger der Unfallversicherung vereinigt sind.
Unfallversicherung: Gesetzliche Regelungen
Die Details der Unfallversicherung sind gesetzlich geregelt. Anspruchsberechtigt sind grundsätzliche alle Menschen, die in der Unfallversicherung versichert sind. Das betrifft üblicherweise angestellt Beschäftigte, nicht aber Selbstständige. Auch Auszubildende und Minijobber sind auf diese Weise abgesichert. Die Nationalität spielt für den Versicherungsschutz keine Rolle.
Anders als bei der Krankenversicherung oder Rentenversicherung ist bei der Unfallversicherung in erster Linie der Arbeitgeber in der Pflicht. Er muss sein Unternehmen bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder einem anderen zuständigen Unfallversicherungsträger anmelden. Für die Beiträge für die Unfallversicherung kommt der Arbeitgeber – anders als bei den übrigen Zweigen der Sozialversicherung – alleine auf.
Die Beitragssätze der Unfallversicherung sind dabei nicht immer gleich, sondern hängen von der jeweiligen Gefahrklasse ab. Mit anderen Worten: Das Risiko, dass ein Arbeitnehmer tatsächlich einen Arbeitsunfall hat oder eine Berufskrankheit entwickelt, ist für die Höhe der Beiträge maßgeblich. Gefahrklassen werden für die unterschiedlichen Gewerbezweige festgelegt. Sie errechnen sich anhand der von der Unfallkasse übernommenen Leistungen und der üblichen Gehälter beziehungsweise Löhne im jeweiligen Bereich.
Relevant für die Beitragssätze zur Unfallversicherung ist außerdem der sogenannte Beitragsfuß. Er wird berechnet, indem das Umlagesoll durch die Arbeitsentgelte und Gefahrklassen geteilt wird.
Unfallversicherung zahlt: Wann ist das der Fall?
Für versicherte Arbeitnehmer bietet die Unfallversicherung zahlreiche Vorteile. Über ihren Arbeitgeber sind sie gegen bestimmte Gefahrsituationen und Risiken im Job abgesichert. Was übernimmt die Unfallversicherung an Leistungen? Grundsätzlich ist die Unfallversicherung in den folgenden Fällen zuständig:
- bei Arbeitsunfällen: Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, der im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit einer Person steht. Es könnte zum Beispiel sein, dass ein Beschäftigter sich an einer Maschine verletzt oder ein Gerüstbauer während der Arbeit in die Tiefe stürzt
- bei Wegeunfällen: Neben Arbeitsunfällen sind auch Wegeunfälle über die Unfallversicherung abgedeckt. Dabei handelt es sich um Unfälle, die sich auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Nachhauseweg ereignen. Das kann auch für Unfälle auf Umwegen gelten, etwa bei einer Fahrt mit einer Fahrgemeinschaft
- bei Berufskrankheiten: Der Job kann krank machen – Berufskrankheiten können die Folge sein. Dabei handelt es sich um Erkrankungen, die durch die berufliche Tätigkeit entstanden sind. Wichtig: Die Berufskrankheiten-Verordnung legt fest, welche Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt werden können. Nicht um Berufskrankheiten handelt es sich zum Beispiel in der Regel bei Rückenproblemen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Unfallversicherung: Welche Leistungen deckt sie ab?
Die Leistungen der Unfallversicherung gliedern sich in verschiedene Bereiche. Sie ist verantwortlich für die Erstattung von Kosten, die im Zusammenhang mit Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen und Wegeunfällen entstehen. Dazu zählen insbesondere:
- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
- Leistungen zur sozialen Teilhabe
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
- Geldleistungen
- ergänzende Leistungen
Welche Leistungen von der Unfallversicherung übernommen werden können, hängt von den Umständen ab. Manchmal sind die Kosten gering, weil nur eine kurze Behandlung nötig ist. In anderen Fällen brauchen die Betroffenen über längere Zeit eine intensivere Unterstützung. Es kann sein, dass sie operiert werden müssen, Medikamente benötigen oder regelmäßige Behandlungen beim Arzt erforderlich sind. Kosten, die nach einem Arbeitsunfall oder bedingt durch eine Berufskrankheit für die Rehabilitation oder medizinische Leistungen entstehen, übernimmt die Unfallversicherung.
Dazu gehört die Erstversorgung ebenso wie Untersuchungen, Medikamente, die Versorgung mit Hilfsmitteln wie beispielsweise Prothesen, häusliche Pflege, Beratung, Trainingsmaßnahmen, eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes, eine Umschulung, Rehasport oder eine Haushaltshilfe. Wenn es nötig ist, zahlt die Unfallversicherung Pflegegeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld oder übernimmt Kosten für die Kinderbetreuung. Es kann auch eine Unfallrente gezahlt werden.
Nicht nur der Verletzte oder Erkrankte selbst kann von der Unfallversicherung Hilfe erhalten, sondern auch seine Angehörigen und, im Todesfall, die Hinterbliebenen. Ihnen kann eine Entschädigung gezahlt werden.
Gilt die Unfallversicherung auch bei der Arbeit im Homeoffice?
Immer mehr Arbeitnehmer arbeiten zumindest zeitweise vom heimischen Schreibtisch aus. Was, wenn dann etwas passiert – gilt das trotzdem als Arbeitsunfall und ist damit von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt? Relevant für die Einstufung, wann es sich um einen Arbeitsunfall handelt, ist nicht so sehr, wo sich der Unfall ereignet. Entscheidend ist, ob der Unfall bei einer Tätigkeit passiert, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Das kann auch bei der Arbeit im Homeoffice der Fall sein.
Es kann aber besonders im Homeoffice kompliziert sein, zwischen privaten und beruflichen Tätigkeiten zu unterscheiden. Wenn jemand zuhause arbeitet, ist nicht jeder Weg beruflich veranlasst – die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeitszeit verlaufen häufig fließend. Nach Urteilen des Bundessozialgerichts gelten etwa der Weg ins Bad oder in die Küche als privater Natur. Damit sind Beschäftigte während solcher Aktivitäten nicht versichert, bei der Ausübung ihrer Arbeit selbst aber schon.
Wie kann man Leistungen der Unfallversicherung beantragen?
Normalerweise gilt: Wer Leistungen einer Versicherung in Anspruch nehmen will, muss sie beantragen. Das ist – zumindest aus Sicht von Arbeitnehmern – bei der Unfallversicherung anders. Es ist nicht nötig, einen speziellen Antrag zu stellen oder Unterlagen einzureichen, um vom Versicherungsschutz zu profitieren. Ein Arbeitsunfall, Wegeunfall oder eine Berufskrankheit muss ohnehin an die Unfallversicherung gemeldet werden. Eine solche Meldung kann auch ärztliche Befunde und Berichte umfassen.
Die Unfallversicherung weiß also Bescheid, dass etwas passiert ist und ein Versicherungsfall vorliegt. Nun prüft sie, welche Maßnahmen sinnvoll sind, um die Gesundheit von Betroffenen wiederherzustellen. Die nötigen Leistungen werden dann von Amts wegen festgestellt; die Notwendigkeit eines gesonderten Antrags entfällt. Das macht es auch für betroffene Arbeitnehmer leichter, die oft gar nicht genau wissen, welche Leistungen in ihrem Fall überhaupt infrage kommen können.
Mehr Sicherheit am Arbeitsplatz: Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer tun können
Im besten Fall kommt es gar nicht erst zu einem Arbeitsunfall und Berufskrankheiten können vermieden werden. Dabei spielt der Arbeits- und Gesundheitsschutz in Unternehmen eine wichtige Rolle. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind dabei in der Verantwortung: Sie können viel dafür tun, dass Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz minimiert werden. Es ist die Aufgabe des Arbeitgebers, Richtlinien für eine möglichst große Arbeitssicherheit zu entwickeln und gegenüber den Mitarbeitern zu kommunizieren. Das umfasst eine Gefährdungsbeurteilung und läuft in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt (soweit vorhanden) ab.
Neben einer klaren Kommunikation über Regeln im Umgang mit sicherheitsrelevanten Aspekten kommt es auch auf das Verhalten von Führungskräften an. Sie nehmen eine Vorbildfunktion ein: Was sie vorleben, übernehmen die Mitarbeiter. Suggerieren sie, dass Sicherheit nicht allzu wichtig ist, kann es sein, dass die Beschäftigten im Umgang damit nachlässig sind. Sind sie hingegen vorsichtig und in Sicherheitsfragen penibel, sind die Beschäftigten womöglich aufmerksamer und gewissenhafter.
Die Rolle von Arbeitnehmern
Es ist auch die Aufgabe von Führungskräften, die Bedeutung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz immer wieder zu verdeutlichen. Sie müssen sich mit ihren Mitarbeitern darüber austauschen, wie die Situation gegenwärtig ist und an welcher Stelle noch etwas verbessert werden könnte, um die Sicherheit zu erhöhen.
Um Arbeitnehmer für Sicherheitsthemen zu sensibilisieren, können Schulungen sinnvoll sein. Im Arbeitsalltag müssen Führungskräfte sicherstellen, dass Sicherheitsregeln auch tatsächlich beachtet und umgesetzt werden – Stichwort Compliance. Wichtig ist auch, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken. Sie haben naturgemäß ein Interesse an einer möglichst guten Arbeitssicherheit und müssen wissen, was sie dafür tun können. Ihre Verantwortung besteht darin, Sicherheitsregeln zu beherzigen und Risiken zu melden.
Viele Arbeitsunfälle geschehen nicht, weil es keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen gegeben hätte. Vielmehr sind oft Fehler von Arbeitnehmern der Grund, warum es dazu kommt. Wer hier ansetzt, kann die Zahl der Arbeitsunfälle verringern. Mitarbeiter sollten es als ihre Aufgabe sehen, auf Sicherheitsmängel aufmerksam zu machen. Es kann zum Beispiel sein, dass wichtiges Schutzequipment defekt ist – darauf sollten Beschäftigte ihren Vorgesetzten schnellstmöglich hinweisen, damit dieser Abhilfe schaffen kann.
Private Unfallversicherung: Wann ist sie sinnvoll?
Wenn es um den Job geht, stellt sich für Beschäftigte die Frage nicht, ob eine Unfallversicherung sinnvoll ist – sie sind ohne weitere Kosten über den Arbeitgeber ohnehin versichert. Aber was ist mit dem privaten Unfallrisiko? Schließlich kann es auch in der Freizeit zu einem Unfall kommen. Sollte man sich dafür lieber mit einer privaten Unfallversicherung absichern?
Eine private Unfallversicherung zahlt einmalig einen festen Betrag, wenn jemand einen schweren Unfall erleidet. Auch eine Unfallrente kann gezahlt werden. Die private Unfallversicherung könnte zum Beispiel einspringen, wenn jemand sich beim Sport verletzt oder im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit einen Unfall hat. Anders als bei der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es keine Einschränkungen, in welchem Zusammenhang eine Aktivität stehen muss, damit sie abgesichert ist.
In vielen Fällen lohnt sich eine private Unfallversicherung zusätzlich zur beruflichen, gesetzlichen Unfallversicherung nicht. In der Regel zahlt eine solche Versicherung nur bei schweren Gesundheitsschäden, die dauerhaft bestehen. Am ehesten lohnenswert ist eine Zusatzversicherung für Menschen, die regelmäßig Aktivitäten nachgehen, die ein hohes Unfallrisiko mit sich bringen. Der Nachteil: In solchen Fällen verursacht eine private Unfallversicherung auch höhere Kosten. Darüber hinaus ist eine private Unfallversicherung in manchen Fällen für Selbstständige sinnvoll, für Menschen mit Vorerkrankungen und Arbeitslose. Für angestellt Beschäftigte macht eine private Unfallversicherung hingegen in der Regel wenig Sinn, da sie zumindest teilweise durch den Arbeitgeber schon einen Versicherungsschutz haben.
Private Unfallversicherung: Für Rentner lohnenswert?
Als Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist eine private Unfallversicherung wenig sinnvoll: In der Mehrzahl der Fälle hängt eine Berufsunfähigkeit mit einer Krankheit und nicht mit einem Unfall zusammen. Zudem gibt es private Berufsunfähigkeitsversicherungen, die für solche Fälle zumeist die bessere Wahl sind. Als Alternative zu einer privaten Unfallversicherung kommen auch Krankentagegeldversicherungen und Risikolebensversicherungen in Betracht.
Ist eine private Unfallversicherung sinnvoll für Rentner? Sie sind, anders als es womöglich während ihres Erwerbslebens der Fall war, nicht mehr über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Eine private Unfallversicherung für Rentner lohnt sich meist trotzdem nicht, wobei es auch hier auf die Umstände und das individuelle Unfallrisiko ankommt.
Wer über eine private Unfallversicherung nachdenkt, für den macht ein Unfallversicherungs-Vergleich Sinn. Es gibt viele Angebote, die sich hinsichtlich des Leistungsspektrums zum Teil stark voneinander unterscheiden können. Auch eine (unabhängige) Versicherungsberatung kann hilfreich sein.
Das Wichtigste in Kürze: Unfallversicherung als Schutz für Arbeitnehmer
- Über die gesetzliche Unfallversicherung sind Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten abgesichert.
- Die Beiträge zahlt der Arbeitgeber allein.
- Im Versicherungsfall kann die Unfallversicherung zum Beispiel für Behandlungen, Medikamente, Operationen, Reha-Maßnahmen oder Umbauten am Arbeitsplatz aufkommen. Auch Hinterbliebene sind abgesichert.
- Um Arbeitsunfälle zu verhindern, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefragt: Mit Sicherheitsvorkehrungen und der nötigen Umsicht lassen sich viele Unfälle vermeiden.
- Private Unfallversicherungen lohnen sich in vielen Fällen nicht, da sie nur in schwerwiegenden Fällen zahlen. Andere Versicherungen wie etwa eine private Berufsunfähigkeitsversicherung können eine Alternative sein.
BIldnachweis: Rawpixels stock / Shutterstock.com