Sonderurlaub: Das sind die Regeln
In manchen Situationen können Arbeitnehmer Sonderurlaub von ihrem Arbeitgeber bekommen. Sie müssen dann für bestimmte Ereignisse keine regulären Urlaubstage aufwenden. Hier erfahren Sie, wann und wie viel Sonderurlaub Sie bekommen können und ob Ihr Chef dazu verpflichtet ist, in bestimmten Fällen Sonderurlaub zu gewähren.
Sonderurlaub: Was ist das?
Jeder Arbeitnehmer hat nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Bei einer Fünf-Tage-Woche müssen es mindestens 20 Urlaubstage im Jahr sein. In manchen Situationen kann jedoch ein Anspruch auf Sonderurlaub bestehen, so dass Beschäftigte ihre eigentlichen Urlaubstage nicht antasten müssen, um frei zu haben.
Sonderurlaub ist eine bezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber, der für seltene, außerordentliche Situationen infrage kommt. Dabei geht es um persönliche Umstände, in denen es dem Arbeitnehmer kaum zuzumuten ist, zur Arbeit zu kommen – und wo die Betroffenen sich wahrscheinlich ohnehin nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren könnten.
Der Unterschied zwischen Sonderurlaub und einer regulären Freistellung besteht darin, dass Sonderurlaub bezahlt ist. Bei einer Freistellung ist das normalerweise nicht der Fall.
Hat man Anspruch auf Sonderurlaub?
Der grundlegende Anspruch von Arbeitnehmern auf Sonderurlaub ergibt sich aus § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach kann ein Anspruch auf Sonderurlaub unter folgenden Voraussetzungen bestehen: Der Arbeitnehmer ist in Bezug auf seine Arbeit verhindert, wobei diese Verhinderung unverschuldet, vorübergehend und aus persönlichen Gründen sein muss. Damit darf ein Beschäftigter nicht selbst schuld daran sein, dass er nicht arbeiten kann. Außerdem muss es im Einzelfall einen wichtigen Grund geben, um der Arbeit fernbleiben zu dürfen.
Der Anspruch auf Sonderurlaub kann im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt sein. Auch ein Gesetz kann näher definieren, wann Beschäftigte ein Recht auf Sonderurlaub haben. Ein Beispiel ist die Sonderurlaubsverordnung, die den Sonderurlaub für Bundesbeamte regelt.
In vielen Arbeitsverhältnissen gibt es keine konkrete rechtliche Grundlage für Sonderurlaub, abgesehen von den grundlegenden Regelungen, die sich aus § 616 BGB ergeben. Dann ist es eine Frage des Entgegenkommens des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann sich bei der Entscheidung über Sonderurlaub etwa an der aktuellen Rechtsprechung orientieren. Viele Arbeitgeber nutzen außerdem den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) als Entscheidungsgrundlage. Dort sind viele Fälle konkret benannt, in denen Sonderurlaub gewährt werden muss. Es steht Arbeitgebern natürlich frei, freiwillig auch in weiteren Situationen Sonderurlaub zu gewähren oder ihre Mitarbeiter länger bezahlt freizustellen als es die Bestimmungen des TVöD vorsehen.
In welchen Fällen ist Sonderurlaub möglich?
Sonderurlaub kommt infrage, wenn bestimmte, außerordentliche Ereignisse eintreten, die nicht alltäglich sind. Meist handelt es sich um besonders freudige oder aber besonders negative Situationen, in denen an Arbeit nicht zu denken ist. In vielen Fällen liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, wann er dem Wunsch eines Mitarbeiters nach Sonderurlaub entspricht. Näheres kann außerdem im Arbeitsvertrag, einem geltenden Tarifvertrag, einem Gesetz oder einer Betriebsvereinbarung geregelt sein.
Nach den Vorgaben des TVöD kommt Sonderurlaub in den folgenden Fällen in Betracht:
- bei der Geburt eines (eigenen) Kindes
- beim Tod eines Elternteils, eines Partners oder eines (eigenen) Kindes
- wenn ein Kind unter zwölf Jahren schwer erkrankt
- wenn ein Angehöriger, der im selben Haushalt lebt, schwer krank ist
- bei ärztlichen Behandlungen, sofern sie nicht außerhalb der Arbeitszeit stattfinden können
- bei Betriebsjubiläen (25 und 40 Jahre Betriebszugehörigkeit)
- wenn aus betrieblichen Gründen ein Umzug in eine andere Stadt nötig ist
- bei Vorladungen zu Terminen am Gericht oder bei Behörden
- bei Terminen bei der Agentur für Arbeit
- bei Vorstellungsgesprächen nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber
- bei Ehejubiläen der Eltern, etwa einer Silberhochzeit oder Goldenen Hochzeit
Gut stehen die Aussichten auf Sonderurlaub auch
- bei der eigenen Hochzeit, der Hochzeit eines Kindes oder eines Elternteils
- bei einem Todesfall in der erweiterten Familie, etwa von Schwiegereltern
- bei Beerdigungen
- für medizinisch erforderliche Operationen (nicht Schönheitsoperationen)
Wie lange hat man Sonderurlaub?
Sonderurlaub umfasst meist nur einen oder einige wenige Tage. Wie lange der Sonderurlaub dauert, ist letztlich Verhandlungssache: Es gilt, was Sie im Einzelfall mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren. Selbst wenn es eine rechtliche Grundlage für die Gewährung des Sonderurlaubs gibt, kann der Arbeitgeber zugunsten seiner Mitarbeiter davon abweichen.
Dabei hängt es vom Grund für den Sonderurlaub ab, wie viele Tage Arbeitnehmer frei bekommen können. Im TVöD ist es etwa so geregelt, dass es einen Tag Sonderurlaub bei der Geburt eines eigenen Kindes, bei einem Umzug in eine andere Stadt aus betrieblichen Gründen, bei einer schweren Erkrankung eines Angehörigen im selben Haushalt oder einem 25- oder 40-jährigen Betriebsjubiläum gibt.
Zwei Tage Sonderurlaub werden beim Todesfall der Eltern, dem Tod des eigenen Kindes oder des Ehe- oder Lebenspartners gewährt. Wenn ein Kind unter zwölf Jahren schwer erkrankt, sind im TVöD bis zu vier Tage Sonderurlaub vorgesehen.
Steht ein wichtiger Arzttermin an, der nicht auf die Freizeit gelegt werden kann, gibt es laut TVöD keinen ganzen Tag frei. Die Beschäftigten können dann so lange von der Arbeit fernbleiben, wie der eigentliche Termin, die An- und Abreise dauern. Das heißt also, wer nachmittags zum Arzt gehen möchte, muss morgens noch arbeiten.
Wie lange der Sonderurlaub dauern sollte, hängt auch von der aktuellen Rechtsprechung ab. Demnach sollte der Sonderurlaub bei einer Hochzeit einen Tag betragen. Für andere Situationen, in denen Arbeitnehmer den Wunsch nach Sonderurlaub haben können, gibt es keine klare rechtliche oder juristische Vorgabe. Ob und wie lange der Sonderurlaub etwa beim Todesfall der Schwiegereltern dauern sollte, muss dann individuell mit dem Arbeitgeber geklärt werden.
Sonderurlaub beantragen: Wie geht es?
Sonderurlaub kann man nicht einfach nach eigenem Ermessen nehmen, sondern er muss mit dem Vorgesetzten abgesprochen werden. Melden Sie Sonderurlaub, wann immer er planbar ist, deshalb rechtzeitig bei Ihrem Chef an.
Angenommen, Sie brauchen Sonderurlaub bei einem Todesfall oder Sonderurlaub für einen Umzug. Dann bitten Sie Ihren Vorgesetzten um ein Gespräch und schildern ihm, aus welchen Gründen Sie Sonderurlaub benötigen. Gegebenenfalls können Sie auch Nachweise zu dem Gespräch mitbringen – im Fall von Sonderurlaub im Sterbefall etwa die Todesanzeige aus der Zeitung, auf der steht, wann die Beerdigung stattfinden wird.
Vielleicht gibt es eine rechtliche Grundlage, aus der sich für Sie ein Anspruch auf Sonderurlaub im Todesfall, bei einer Geburt oder in anderen Fällen ergibt. Vielleicht sind Sie aber auch auf die Kulanz Ihres Arbeitgebers angewiesen, um den Sonderurlaub bewilligt zu bekommen. In diesem Fall ist es hilfreich, wenn Sie beim Gespräch nicht allzu fordernd auftreten, sondern den Chef höflich um Sonderurlaub bitten. Das erhöht die Chance, dass der Arbeitgeber Ihnen entgegenkommt – und Ihnen vielleicht sogar mehr Tage frei gibt, als er eigentlich müsste.
Kein Sonderurlaub – was nun?
Sie möchten Sonderurlaub für eine Beerdigung, die Geburt des Enkels oder weil eine nahestehende Person gestorben ist, aber der Arbeitgeber stellt sich quer? Es kann Ihnen immer passieren, dass der Chef vom Sonderurlaub nichts wissen möchte. Was kann man dann tun? Es kommt darauf an, ob Sie einen Anspruch auf Sonderurlaub haben, zum Beispiel, weil Sie im öffentlichen Dienst arbeiten und sich auf die Bestimmungen des TVöD berufen können. In diesem Fall sollten Sie sich an den Personalrat wenden, sofern der Grund für Ihren Wunsch nach Sonderurlaub durch das TVöD abgedeckt ist. Sie können Ihrem Arbeitgeber auch direkt erklären, dass Sie einen Anspruch auf Sonderurlaub haben.
Manche Arbeitgeber lehnen den Wunsch nach Sonderurlaub ab, obwohl sie eigentlich dazu verpflichtet wären, den Sonderurlaub zu gewähren. Dann könnten Sie zwar gegebenenfalls Ihr Recht einklagen, sollten sich aber gut überlegen, ob es das für Sie wert ist. Ein Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber kann langwierig und teuer sein, der Ausgang ist nicht garantiert und Sie riskieren, das Verhältnis zum Arbeitgeber unwiderruflich zu beschädigen.
In manchen Fällen haben Sie keinen Anspruch auf Sonderurlaub. Dann bleiben Ihnen noch zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie versuchen, zum entsprechenden Zeitpunkt reguläre Urlaubstage zu nutzen. Auch das ist vom Einverständnis des Arbeitgebers abhängig und wegen der meist frühzeitigen Urlaubsplanung oft nicht spontan möglich. Oder Sie bitten den Arbeitgeber darum, Sie für einen oder mehrere Tage unbezahlt freizustellen. Das bietet sich an, um Urlaubstage zu sparen, oder wenn Sie gar keine Urlaubstage mehr übrig haben.
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