Selbstbeherrschung als Karrierehelfer

Menschen, die sich beherrschen können, erreichen oft mehr. Wer sich und seine Emotionen und Impulse im Griff hat, wirkt dadurch souverän. Demgegenüber kann jemand noch so leistungsfähig und talentiert sein: Wenn es ihm an Selbstbeherrschung mangelt und das an vielen Stellen des Berufsalltags offensichtlich wird, dürfte es mit der Beförderung schwierig werden. Warum Selbstbeherrschung für die Karriere so wichtig ist und wie Sie Selbstbeherrschung trainieren können – hier erfahren Sie es.

Eine Frau sitzt konzentriert am Arbeitsplatz, Selbstbeherrschung ist ein Karrierehelfer

Selbstbeherrschung: Was steckt dahinter?

Der Begriff Selbstbeherrschung bezieht sich auf die Fähigkeit eines Menschen, sich zu beherrschen und seine Impulse zu kontrollieren. Laut Duden ist damit die Fähigkeit gemeint, „Affekte, Gefühle [oder Ähnliches] durch den Willen zu steuern, ihnen nicht ungezügelt freien Lauf zu lassen“. Anders ausgedrückt: Wer sich gut im Griff hat, lebt nicht sofort jeden Gedanken und jedes Gefühl aus, sondern denkt nach, bevor er handelt oder etwas sagt.

Was Selbstbeherrschung praktisch bedeutet, machen die folgenden Beispiele deutlich. Angenommen, ein Arbeitnehmer ist total im Stress – er hat einen Berg voller Aufgaben und eine wichtige Deadline rückt gefährlich nahe. Während er also versucht, der Lage Herr zu werden, schneit ein Kollege ins Büro, der grundsätzlich alles besser weiß. Auch dieses Mal hat er sofort „hilfreiche“ Tipps parat. Der belehrte Kollege könnte explodieren, reißt sich aber zusammen und lässt sich nach außen nicht anmerken, wie sehr ihn der Kollege aufreibt.

So kann Selbstbeherrschung aussehen

Oder stellen wir uns eine Mitarbeiterin in einem Call Center vor. Sie hat schon wieder eine wütende Kundin in der Leitung, die sie persönlich für all ihre Probleme verantwortlich zu machen scheint. Jeden Tag hat sie dutzende solcher Anrufe und möchte den Menschen am liebsten mal gehörig die Meinung sagen. Das nicht zu tun, kostet sie viel Selbstbeherrschung.

Selbstbeherrschung zeigt auch jemand, der einem süßen Snack widerstehen kann, weil er abnehmen möchte. Oder ein Arbeitnehmer, der neben dem Job noch ein Fernstudium macht und der es schafft, sich nach Feierabend noch für das Studium aufzuraffen, obwohl er genauso gut fernsehen oder sich mit Freunden treffen könnte.

Wer sich selbst beherrscht, weiß in der Regel ganz genau, wofür er das tut. Er hat die Konsequenzen seines Handelns jederzeit im Blick und weiß, dass ihm bestimmte Reaktionen Nachteile einbringen könnten. Wer zum Beispiel zurückschreit, wenn der Chef einen Wutanfall hat, fühlt sich zwar vielleicht für einen kurzen Moment befreit – bereut es aber womöglich spätestens dann, wenn er wegen verbaler Entgleisungen abgemahnt wird. Menschen, die sich gut beherrschen können, haben gelernt, bestimmte Impulse zu ignorieren, weil es besser für sie ist.

Woran kann man die Selbstbeherrschung eines Menschen ablesen?

Die Selbstbeherrschung ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Manchmal merkt man schon kurz nach dem Kennenlernen, dass es mit der Selbstbeherrschung einer anderen Person nicht allzu weit her ist – vielleicht erlebt man in den ersten Wochen im neuen Job gleich mehrfach, wie der Chef Wutanfälle bekommt, oder dass der Kollege im Stress leicht aus der Haut fährt.

Von außen ist es aber nicht immer leicht zu erkennen, wie gut sich jemand beherrschen kann. Die Selbstbeherrschung eines Menschen hängt schließlich davon ab, ob sie überhaupt auf die Probe gestellt wird. Der eine verliert generell leicht die Contenance, der nächste neigt nur in bestimmten Situationen zu kopflosen Reaktionen. So kann Menschen die Selbstbeherrschung zum Beispiel besonders schwerfallen, wenn es ums Essen geht, wenn sie sich von anderen provoziert fühlen oder sie stark gestresst sind.

Menschen mit einer guten Selbstbeherrschung kann man daran erkennen, dass sie ihren Ärger oder andere starke Gefühle nicht ungefiltert herauslassen, sondern ihre Reaktion auch in stressigen und emotionalen Situationen durchdacht und sachlich ist. Sie lassen sich auch seltener zu einer Kurzschlussreaktion provozieren. Wer sich beherrschen kann, neigt weniger dazu, Dinge zu tun, die ihm nicht guttun. Umgekehrt fällt es solchen Menschen leichter, sich an Routinen und Vorgehensweisen zu halten, die ihnen dabei helfen, ihre Ziele zu erreichen. Ihre Selbstbeherrschung hilft ihnen dabei, Ablenkungen zu widerstehen.

Die Selbstbeherrschung kann auch bei der Arbeit im Homeoffice auf die Probe gestellt werden. Wenn man keinen Chef hinter sich stehen hat, können Ablenkungen einen dazu verleiten, die Arbeit immer wieder zu unterbrechen. Im Homeoffice ist somit mehr Selbstbeherrschung gefragt, um einen privaten Anruf nicht entgegenzunehmen, private Nachrichten nicht zu lesen oder bei Langeweile nicht ständig in der Küche nach einem Snack zu suchen.

Darum ist Selbstbeherrschung ein Karrierefaktor

Kopfloses Handeln ist hinderlich für die Karriere. Wer sich beherrschen kann, erreicht hingegen oft mehr. Das hat gleich mehrere Gründe. Wer zu kopflosen Reaktionen neigt, kann damit negativ auffallen. Angenommen, Sie geraten mit einem Kollegen aneinander, liefern sich einen verbalen Schlagabtausch und der Chef bekommt es mit. Wenn Sie sich einen beruflichen Aufstieg wünschen, kann das ein Problem sein – der Vorgesetzte hält Sie womöglich nach Ihrem Ausbruch charakterlich nicht mehr für geeignet für bestimmte Positionen. Wutanfälle wirken außerdem unprofessionell, was Ihrer Karriere ebenfalls im Weg stehen kann.

Besonders in bestimmten Positionen wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich beherrschen können. Lassen Sie hingegen erkennen, dass Sie mit der Selbstbeherrschung Probleme haben, wird eine Beförderung unwahrscheinlicher. Und wenn Sie einen Job bei einem neuen Arbeitgeber gefunden haben, riskieren Sie den womöglich, wenn Sie Impulsen und Affekten regelmäßig nachgeben.

Selbstbeherrschung hilft Ihnen dabei, ein gutes Bild abzugeben. Sie ist aber auch deshalb wichtig, weil Sie sich dadurch weniger von Ihren Zielen ablenken lassen. Wenn Sie diszipliniert sind und Ablenkungen widerstehen können, schaffen Sie wahrscheinlich mehr und liefern womöglich auch bessere Leistungen. Selbstbeherrschung gibt Ihnen mehr Kontrolle darüber, ob Sie berufliche Ziele erreichen und wo Sie beruflich stehen. Die damit verbundene Disziplin ist im Zweifel ein größerer Karrierefaktor als Talent und gute Leistungen, weil Sie Ihnen dabei hilft, stetig auf Ihre Ziele hinzuarbeiten.

Selbstbeherrschung lernen: Mit diesen Tipps können Sie Ihre Selbstbeherrschung trainieren

Sich nicht im Griff zu haben ist ein Problem im Job, vor allem, wenn Sie Karriere machen möchten. Wenn Sie dafür bekannt sind, dass Sie zu impulsiven Reaktionen neigen, schadet das Ihrem Ruf. Außerdem bleiben Ihnen bestimmte Möglichkeiten womöglich verwehrt, und je nachdem, wie sich Ihre mangelnde Selbstkontrolle zeigt, schaden Sie vielleicht auch Ihrer Gesundheit.

Wie gut sich jemand beherrschen kann, hängt zwar auch von seinen Genen ab, aber ist mindestens ebenso sehr eine Frage der Übung. Selbstbeherrschung können und sollten Sie gezielt trainieren. Wie kann man mehr Selbstbeherrschung lernen?

Was triggert Sie am meisten?

Es ist wichtig, dass Sie herausfinden, welche Situationen Ihre Selbstbeherrschung am meisten auf die Probe stellen. Welche Trigger verleiten Sie dazu, impulsiv zu handeln oder Dinge zu sagen, die Sie später bereuen? Nehmen Sie sich Zeit, darüber nachzudenken, und schreiben Sie alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt. Überlegen Sie auch, was jeweils der Knackpunkt ist – geht es meistens um bestimmte Menschen? Oder bestimmte Merkmale von Menschen? Oder sind es spezielle Umstände, in denen Sie die Kontrolle über sich verlieren?

Gehen Sie Triggern aus dem Weg

Wenn Sie wissen, in welchen Situationen Ihnen Selbstbeherrschung besonders schwerfällt, können Sie versuchen, diesen Situationen so gut es geht aus dem Weg zu gehen. Minimieren Sie mögliche Trigger, und es wird Ihnen leichter fallen, Ihre Contenance zu wahren. Ein Beispiel: Wenn Sie wissen, dass ein Kollege Sie leicht auf die Palme bringt, minimieren Sie den Kontakt oder brechen ein Gespräch frühzeitig ab. Oder wenn Sie weniger Süßigkeiten essen wollen, kaufen Sie gar nicht erst die entsprechenden Snacks, damit Sie später nicht mit sich hadern müssen, ob Sie zugreifen sollten oder nicht.

Stress verringern

Stress ist oft der Grund, warum sich Menschen zu unbedachten Reaktionen hinreißen lassen. Kein Wunder: Wer voll unter Strom steht, für den reichen oft vermeintliche Kleinigkeiten, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Wenn Sie viel Stress haben, ist es deshalb wichtig, diesem Stress gezielt entgegenzuwirken. Vielleicht können Sie Ihren Alltag anders organisieren, damit Sie weniger Stress haben. Auch Entspannungstechniken können helfen, zum Beispiel Yoga, Meditation oder Progressive Muskelentspannung. Genügend Schlaf, eine gesunde Ernährung und viel Bewegung sind ebenfalls hilfreich, um Stress vorzubeugen.

Emotionen abreagieren mit Sport

Egal, wie sehr Sie sich darum bemühen, mehr Selbstbeherrschung zu zeigen – gefühllos werden Sie trotzdem nicht sein. Starke Emotionen zu unterdrücken ist zwar in bestimmten Situationen angebracht, hilft Ihnen aber auf Dauer nur bedingt weiter. Reagieren Sie sich lieber gezielt ab, zum Beispiel mit einem Boxsack, indem Sie joggen gehen oder mit Freunden Tennis spielen. Finden Sie etwas, das Ihnen Spaß macht und das richtige Ventil für Ihre Emotionen bietet, und bauen Sie es in Ihren Alltag ein.

Was Sie in Akutsituationen tun können

Wenn Sie in einer Situation sind, in der es Ihnen schwerfällt, sich zu beherrschen, sollten Sie erstmal tief durchatmen. Sie müssen gedanklichen Abstand zu der Situation gewinnen, um über eine angemessene Reaktion nachdenken zu können. Gehen Sie gedanklich einen Schritt zurück und überlegen Sie, bevor Sie handeln oder etwas sagen. Achtsamkeitsmeditation kann Ihnen dabei helfen: Sie lernen dabei, Ihre Gedanken und Gefühle klarer zu erkennen, indem Sie sie wertfrei wahrnehmen und dann überlegen, ob Sie sich darauf einlassen wollen oder nicht. Bevor Sie etwas sagen oder tun, sollten Sie außerdem mögliche Konsequenzen bedenken. Das senkt das Risiko, dass Sie Ihre Reaktion später bereuen.

Warum zu viel Selbstbeherrschung nicht immer gut ist

Selbstbeherrschung ist grundsätzlich eine nützliche Eigenschaft, die Ihnen im beruflichen und privaten Alltag dabei hilft, gelassen zu bleiben. Sie setzt aber auch ein hohes Maß an Disziplin voraus, mit dem Sie es auch übertreiben können. Viele sehr disziplinierte Menschen verlangen viel von sich und gehen hart mit sich ins Gericht. Sie erlauben sich keine Fehler, Schwächen oder Entspannung, sondern arbeiten oft mit eisernem Willen auf ihre Ziele hin. Das kann ihnen gute Ergebnisse einbringen, sorgt aber auch für viel Stress, der psychisch und körperlich belastend sein kann. Selbstbeherrschung lernen bedeutet deshalb auch, zu wissen, in welchen Situationen man bestimmte Emotionen besser (dosiert) rauslässt oder sich bestimmte Dinge zugesteht.

Bildnachweis: tsyhun / Shutterstock.com

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