Disziplin lernen: So klappt es für Beruf & Alltag
Studien zeigen, dass Disziplin eine Eigenschaft ist, die oft unterschätzt wird. Denn während viele von uns intuitiv Intelligenz für beruflichen oder privaten Erfolg verantwortlich machen, ist häufig Disziplin der ausschlaggebende Grund dafür. In welchen Formen Disziplin vorkommt und wie Sie sich mehr Selbstdisziplin aneignen können, erfahren Sie hier.
Disziplin: Was versteht man darunter?
Disziplin ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, seine Träume und Ziele zu verwirklichen. Disziplin trägt entscheidend dazu bei, dass wir mit unserem Leben glücklich sind – und beruflich Erfolg haben.
Allerdings sind Disziplin und Selbstbeherrschung anstrengend, sie kosten Kraft und verlangen Widerstandsfähigkeit. Wer diszipliniert sein möchte, muss seinen Willen und seine Emotionen beherrschen, manchmal sogar bezwingen, um ein in der Ferne liegendes Ziel zu erreichen. Deshalb assoziieren wir Disziplin selten mit Spaß und Heiterkeit.
Die Formen der Disziplin
Man unterscheidet zwei verschiedene Formen von Disziplin:
- Intrinsische Disziplin: Die intrinsische Disziplin kommt aus uns selbst heraus. Sind wir intrinsisch motiviert, entscheiden wir uns dafür, bestimmte Dinge zu tun (oder auf bestimmte Dinge zu verzichten), um ein Ziel zu erreichen. Dabei halten wir bestimmte Regeln, Rituale und Richtlinien ein, die uns helfen, dieses Ziel zu erreichen. Intrinsische Disziplin kennt man auch unter den Namen
- Selbstkontrolle
- Selbststeuerung
- Selbstbeherrschung
- Selbstdisziplin
- Pflichtbewusstsein
- Extrinsische Disziplin: Die extrinsische Disziplin dagegen wird von außen abverlangt. In diesem Fall tun wir etwas, weil eine Instanz es uns so befohlen hat. Auch Verbote oder Anweisungen können ein Grund für unser Handeln sein. Diese Form der Disziplin ist also eher fremdbestimmt. Wir tun etwas, weil wir es tun müssen. Extrinsische Disziplin kennt man auch unter den Begriffen:
- Befehl
- Anweisung
- Handlungsregel
- Drill
Intelligenz oder Disziplin: Was ist wichtiger für Erfolg?
Ein Experiment, das die Bereitschaft zum bewussten Belohnungsaufschub und damit letztlich auch zur Disziplin untersucht hat, gehört in der Wissenschaft mittlerweile zu den Klassikern: Der Marshmallow-Test, den Wissenschaftler um den Psychologen Walter Mischel schon in den 1960er Jahren durchführten.
Der Aufbau: Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren wurden in einen Raum gebeten und sollten sich an einen Tisch setzen. Vor ihnen auf dem Tisch befand sich ein Marshmallow. Der Versuchsleiter erklärte ihnen daraufhin, dass sie diesen Marshmallow entweder direkt essen können oder einen zweiten bekämen, wenn sie sich ein wenig geduldeten und warteten, bis er den Raum wieder beträte.
Man kann sich vorstellen, dass diese Verlockung für einige Kinder zu groß war. Sie aßen den verfügbaren Marshmallow lange bevor der Versuchsleiter wieder in den Raum zurückkehrt war. Andere dagegen konnten dies abwarten und bekamen zur Belohnung den versprochenen zweiten Marshmallow zusätzlich zu dem ersten.
Nun war es keine Überraschung, dass einige Kinder sich besser beherrschen können als andere. Was aber interessant an der Studie war und ist, sind die späteren Untersuchungen.
Über ein Jahrzehnt nach dem ersten Versuch haben die Forscher ihre Untersuchung nämlich fortgesetzt und die Lebensläufe der damals am Versuch beteiligten Kinder verglichen.
Selbstdisziplin wichtiger als oft gedacht
Das Ergebnis: Diejenigen Kinder, die beim ersten Versuch mehr Selbstdisziplin aufbringen konnten, waren später erfolgreicher. Sie hatten in der Regel bessere Schulabschlüsse und bessere Jobs.
Aber nicht nur das: Es scheint auch einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zum Belohnungsaufschub, der Selbstdisziplin und der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen zu geben. Es zeigte sich nämlich außerdem, dass die Kinder von damals, die auf den zweiten Marshmallow warten konnten, weniger Probleme mit ihren Zeitgenossen hatten und meist beliebter waren als die eher ungeduldigen Kinder.
Anders ausgedrückt: Wer über Disziplin verfügt, hat in seinem Leben mehr Erfolg. Das bestätigen auch andere Studien, die immer wieder zu dem Ergebnis kommen, dass Intelligenz für den (schulischen) Erfolg nicht so wichtig ist, wie gemeinhin vermutet. Das sieht auch Professor Daniel Goleman so, der an der Universität von Harvard lehrte. Seine Vermutung: Für den Erfolg im Leben sei die Intelligenz der jeweiligen Person nur zu 20 Prozent ausschlaggebend. Den größten Einfluss hat eher die Fähigkeit, sich und seine Gefühle kontrollieren zu können – mit anderen Worten: ob Disziplin vorhanden ist oder nicht.
Disziplin lernen: Diese Strategien können helfen
Es empfiehlt sich also, die eigene Disziplin zu trainieren. Denn auch das bestätigt die Forschung: Diese Eigenschaft ist nicht oder nur zu einem geringen Teil angeboren und beruht zum großen Teil auf Erziehung und Training. Und wenn Sie nun auch disziplinierter werden möchten, haben wir einige Tipps und Tricks für Sie gesammelt, wie Ihnen das gelingen kann:
- Nicht zu viel vornehmen: Wenn Sie disziplinierter werden möchten, sollten Sie es vor allem langsam angehen lassen. Denn Disziplin zu lernen, braucht viel Übung. Das Problem dabei: Das ist anstrengend und überfordert die meisten von uns. Denn um uns Disziplin anzutrainieren, müssen wir geistig voll und ganz bei der Sache sein. Schließlich müssen wir unseren inneren Schweinehund bezwingen, um zukünftig disziplinierter zu werden. Und diese Anstrengung kostet ganz schön viel Willenskraft. Damit Sie sich dabei nicht überfordern und womöglich Ihr Vorhaben schnell wieder abbrechen, sollten Sie langsam vorgehen und sich nicht zu viel auf einmal vornehmen.
- Versuchungen erst gar nicht entstehen lassen: Wenn Ihr Ziel darin besteht, endlich ein paar Kilo abzunehmen, kann Ihnen ein weiterer Trick helfen: Schaffen Sie alle Versuchungen, wie Süßigkeiten oder fettige Snacks, aus dem Haus. Getreu dem Motto: aus den Augen aus dem Sinn. Wenn Sie wissen, dass Sie keine Naschereien zur Verfügung haben, kommen Sie gar nicht in Versuchung. Das wiederum schont Ihre Willenskraft und Selbstdisziplin, die Sie zu anderen Gelegenheiten abrufen können.
- Neue Gewohnheiten schaffen: Wir sind nur dann wirklich konsequent und diszipliniert, wenn wir uns nicht permanent überwinden müssen. Der einfachste Weg, mehr Disziplin zu erlangen, ist daher, neue Gewohnheiten zu etablieren. Das ist allerdings nicht so einfach. Wenn Sie nicht zu den Menschen gehören, die freudestrahlend um sechs Uhr morgens aufstehen, um eine Runde um den See zu joggen, werden Sie sich das nur schwer antrainieren können. Aber wer sagt eigentlich, dass Sie unbedingt joggen müssen, um sich sportlich zu betätigen, und wer schreibt vor, dass es morgens um sechs sein muss? Häufig machen wir uns selbst Vorgaben, die von vornherein unrealistisch sind. Wenn Sie ein disziplinierterer Mensch werden möchten, sollten Sie sich daher Ziele stecken, die mit Ihren Vorlieben zum großen Teil übereinstimmen. Bedeutet: Statt morgens um sechs zu joggen, können Sie zum Beispiel auch in der Mittagspause eine Runde um den See walken. Oder Sie gehen abends zum Tanzen, statt morgens zu laufen. Sie werden sehen, das kostet viel weniger Disziplin, bringt Sie ihrem Ziel aber trotzdem ein ganzes Stück näher.
- Von den Plänen berichten: Auch dieser Trick kann Ihnen dabei helfen, mehr Selbstdisziplin zu entwickeln. Er funktioniert über sozialen Druck. Und zwar indem Sie Ihre Familie und Freunde von Ihrem Vorhaben in Kenntnis setzen. Diese werden wahrscheinlich früher oder später nachfragen, wie es um Ihre morgendliche Joggingrunde (oder was Sie sonst geplant haben) steht. Wenn Sie sich dann nicht die Blöße geben und eingestehen möchten, dass Sie Ihre Pläne schnell wieder beigelegt haben, müssen Sie wohl oder übel aktiv werden. Und so trainieren Sie sich über einen Umweg mehr Disziplin an.
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