Nach Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Schmerzen: Ist das zulässig?

Ein Arbeitsunfall kann ernsthafte Verletzungen verursachen, die mitunter noch längere Zeit nach dem Ereignis bestehen. Für betroffene Arbeitnehmer stellt sich dann häufig die Frage: Darf ich trotz der Schmerzen wieder zur Arbeit gehen? Hier erfahren Sie, ob Sie nach einem Arbeitsunfall trotz Schmerzen wieder arbeiten dürfen – und sollten.

Ein Mann mit Rückenschmerzen, wann kann man nach Arbeitsunfall wieder arbeiten?

Was bei einem Arbeitsunfall beachtet werden muss

Bei einem Arbeitsunfall handelt es sich um ein Ereignis während der Arbeit, das unerwartet eintritt und Betroffene verletzen oder schädigen kann. Die Art des Unfalls und der damit verbundenen Verletzungen kann sehr unterschiedlich sein: Ein Arbeitsunfall kann zum Beispiel dazu führen, dass jemand eine Schnittwunde hat, es zu Verletzungen der Wirbelsäule oder von Knochen kommt oder jemand Verbrennungen erleidet.

Wenn es zu einem Arbeitsunfall kommt, ist es wichtig, dass alles ordnungsgemäß dokumentiert wird. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, Arbeitsunfälle zu erfassen und an die zuständige Berufsgenossenschaft als Träger der Unfallversicherung zu melden. Das ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber von dem Vorfall weiß. Damit das der Fall ist, müssen Beschäftigte einen Arbeitsunfall unverzüglich an ihren Vorgesetzten melden, damit der Arbeitgeber die nötigen Schritte gehen kann.

Nach einem Arbeitsunfall kann eine medizinische Behandlung erforderlich sein. Manchmal reicht es, wenn der betroffene Arbeitnehmer zum Hausarzt oder Betriebsarzt geht und sich durchchecken lässt. In anderen Fällen ist ein Termin bei einem Facharzt oder sogar eine Einlieferung in ein Krankhaus erforderlich. Wenn es durch einen Arbeitsunfall zu Verletzungen gekommen ist, kann das dazu führen, dass der betroffene Beschäftigte eine Zeit lang arbeitsunfähig ist. Wie lange eine solche Arbeitsunfähigkeit andauert, kann je nach Art und Schwere der Verletzung sehr unterschiedlich sein.

Ärztliche Behandlung nach einem Arbeitsunfall

Betroffenen Arbeitnehmern steht die nötige Erholungszeit nach einem Arbeitsunfall zu. Währenddessen kommen je nach Verletzung unterschiedliche Behandlungen in Betracht. Häufig werden Betroffene zunächst medikamentös behandelt. Auch Physiotherapie kann eingesetzt werden, genau wie Rehabilitationsmaßnahmen. Je nach Art der Beschwerden kann sich auch eine Psychotherapie oder Schmerzmanagement anbieten. Im Rahmen von Schmerzmanagement lernen die Patienten, wie sie mit ihren Schmerzen im Alltag besser umgehen können – zum Beispiel, indem sie sich ablenken oder durch spezielle Atemtechniken.

In manchen Fällen verursachen Arbeitsunfälle langfristige Beschwerden, durch die eine Arbeitstätigkeit erschwert sein kann. Vor allem in Fällen einer längeren Krankschreibung nach einem Arbeitsunfall stellt sich für Arbeitnehmer die Frage, wann sie wieder zur Arbeit gehen können und sollten – und ob das selbst dann sinnvoll ist, wenn sie noch Schmerzen haben.

Wann kann man nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten?

In manchen Fällen ist die Arbeitsunfähigkeit nach einem Arbeitsunfall sehr kurz: Die Betroffenen haben sich womöglich nur leicht oder gar nicht verletzt und sind wieder einsatzfähig, wenn ein Arzt ihnen bescheinigt hat, dass alles in Ordnung ist. Ebenso kann ein Arbeitsunfall aber auch für gravierendere und längerfristige Beschwerden sorgen. In solchen Fällen sind die Betroffenen oft einige Zeit aus dem Job raus, bis sie wieder arbeiten können. Wie schnell Betroffene nach einem Arbeitsunfall an den Arbeitsplatz zurückkehren können, lässt sich nicht pauschal sagen. Es kommt auf die Schwere der Verletzungen an und darauf, wie schnell die Beschäftigten wieder fit sind.

Auch der Arbeitgeber hat Einfluss darauf, wie schnell Mitarbeiter nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten können. Er kann Betroffenen durch eine Anpassung des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit entgegenkommen. Das kann zum Beispiel in Form von höhenverstellbaren Tischen oder einer besseren Ergonomie, aber auch einer anderen Aufgabenteilung im Team geschehen. Stimmen die Rahmenbedingungen, können Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall oft schon früher in den Job zurückkehren als es ansonsten möglich gewesen wäre.

Nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Krankschreibung: Darf man das?

Wenn ein Arbeitsunfall mit Verletzungen verbunden ist, erhalten Betroffene eine Krankschreibung vom Arzt. Was aber, wenn man sich schon wieder fit fühlt oder aus anderen Gründen zurück an den Arbeitsplatz möchte, obwohl man noch krankgeschrieben ist – darf man das? Prinzipiell ist eine Krankschreibung vom Arzt kein Arbeitsverbot. Sie als Arbeitnehmer können selbst entscheiden, dass Sie schon vor dem Ablauf der vom Arzt vorgesehenen Zeit wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren möchten. Es ist nicht erforderlich, den vollen Zeitraum zuhause zu bleiben. Sie müssen sich auch keine Sorgen darüber machen, dass eine vorzeitige Rückkehr an den Arbeitsplatz Ihren Versicherungsschutz gefährden würde oder sich auf mögliche Reha-Leistungen durch die Unfallversicherung auswirken würde.

Wenn Sie schon früher wieder zur Arbeit kommen möchte, sprechen Sie am besten vorher mit dem Arbeitgeber. Das gilt besonders dann, wenn Sie noch nicht hundertprozentig wieder fit sind. Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Beschäftigten eine Fürsorgepflicht und deshalb ein Mitspracherecht, wenn es darum geht, ob ein angeschlagener Mitarbeiter schon wieder arbeiten sollte. Im Zweifel kann er die Entscheidung darüber treffen, wann ein Mitarbeiter nach einem Arbeitsunfall wieder am Arbeitsplatz erscheinen kann.

Eine vorzeitige Rückkehr an den Arbeitsplatz ist damit grundsätzlich auch bei einer Krankschreibung kein Problem. Es stellt sich jedoch nicht nur die Frage, ob man vorzeitig wieder arbeiten kann, sondern auch, ob man das auch tatsächlich tun sollte. Hierbei spielen die Beweggründe für den Wunsch, schneller wieder zu arbeiten, die entscheidende Rolle. Wer sich schon wieder völlig normal fühlt, kann sicherlich wieder arbeiten. Wer hingegen noch Schmerzen oder andere Beschwerden hat, bleibt vielleicht lieber noch etwas länger zuhause. Das gilt besonders, wenn jemand das Gefühl hat, er schulde es dem Arbeitgeber, seine Tätigkeit möglichst schnell wieder aufzunehmen. Die Gefahr, dass die Genesung sich dadurch in die Länge zieht oder sich Beschwerden verschlechtern, ist unter solchen Umständen groß.

Nach Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Schmerzen?

Besonders Beschäftigte, die wegen eines Arbeitsunfalls länger ausgefallen sind, verspüren oft früher oder später Druck, wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Das kann damit zusammenhängen, dass man den Arbeitgeber nicht hängen lassen möchte, aber auch mit der Sorge um den eigenen Job verbunden sein. Was aber, wenn man noch nicht wieder völlig beschwerdefrei nach dem Arbeitsunfall ist – sollte man trotz Schmerzen wieder arbeiten?

Das kommt darauf an, wie stark die Schmerzen sind und ob sie sich durch die Arbeitstätigkeit verschlimmern können. Ebenso entscheidend ist, ob Ihre Leistungsfähigkeit im Job trotz der Schmerzen voll gegeben wäre oder nicht. Wenn nicht, könnten Sie sich durch die Wiederaufnahme Ihrer Tätigkeit unnötig auf die Abschussliste setzen. Wenn Sie zurück im Job sind, erwarten Vorgesetzte womöglich auch die üblichen Leistungen von Ihnen. „Liefern“ Sie nicht, kann das Ihren Ruf beim Arbeitgeber gefährden.

Eine Rolle spielt auch die Arbeitssicherheit von sich selbst und anderen. Würden Sie sich oder andere in Gefahr bringen, wenn Sie trotz Schmerzen wieder arbeiten würden? Wenn ja, spricht das dagegen, schon wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Es kommt letztlich auch auf die Erwartungshaltung des Arbeitgebers an. Ist der oder die Vorgesetzte verständnisvoll und erwartet keine Bestleistungen, weil ein Beschäftigter unter Schmerzen arbeitet, ist eine Wiederaufnahme der Tätigkeit noch am ehesten denkbar.

Ihr Job sollte jedoch nie auf Kosten Ihrer Gesundheit gehen. Wenn Sie noch mehr Zeit für die Genesung brauchen, geben Sie Ihrem Körper die. Sie haben nichts davon, wenn Sie sich jeden Tag zur Arbeit schleppen, es Ihnen dadurch aber insgesamt schlechter geht.

Trotz Schmerzen arbeiten: Kann der Arbeitgeber Nein sagen?

Sie möchten nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Schmerzen, der Arbeitgeber hält das für keine gute Idee – und jetzt? Kann der Arbeitgeber verbieten, dass Sie mit Schmerzen zur Arbeit kommen? Grundsätzlich ist das denkbar. Der Arbeitgeber hat eine Sorgfaltspflicht: Er trägt dafür Sorge, dass die Arbeit die Gesundheit seiner Mitarbeiter nicht gefährdet. Wenn er das Gefühl hat, Sie sind noch nicht wieder fit und glaubt, dass eine Arbeitstätigkeit Ihre Gesundheit aufs Spiel setzt, darf er entscheiden, dass Sie noch zuhause bleiben müssen.

Wenn Arbeitgeber kranke Beschäftigte nach Hause schicken (oder gar nicht erst an der Arbeit haben wollen), hat das nicht immer nur mit deren Gesundheit zu tun. Es kann auch ein Risiko für die Kollegen sein, wenn jemand arbeitet, obwohl er nicht voll belastbar ist. Dadurch kann es zum Beispiel eher zu weiteren Arbeitsunfällen kommen. Damit ist es aus Sicht von Arbeitgebern auch eine Frage der Haftung, ob man einen Mitarbeiter trotz Schmerzen arbeiten lassen sollte oder nicht.

Nicht immer ist es zwingend nötig, dass jemand gar nicht arbeitet. Eine Alternative kann darin bestehen, einem Mitarbeiter vorübergehend andere Aufgaben zuzuweisen. So kann die Zeit überbrückt werden, bis die betreffende Person wieder voll einsatzfähig ist. Auch auf diese Weise kann der Arbeitgeber seiner Sorgfaltspflicht gerecht werden.

Nach Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Schmerzen: Pro & Contra

Sollte man nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten trotz Schmerzen oder lieber noch zuhause bleiben? Diese Entscheidung kann Ihnen niemand abnehmen. Es kommt auf Ihren Leidensdruck an – und darauf, ob die Arbeit Ihr Befinden verschlechtern würde oder nicht. In manchen Fällen macht es keinen Unterschied, ob jemand mit leichten Schmerzen zuhause auf dem Sofa sitzt oder an der Arbeit vor dem Schreibtisch. In anderen Fällen hängen die Schmerzen dagegen unmittelbar mit der Arbeitstätigkeit zusammen. Für die Abwägung, ob man lieber noch zuhause bleiben sollte oder nicht, macht das einen großen Unterschied.

Eine Rolle spielt auch, wie lange Sie schon fehlen und ob Sie sich Sorgen um Ihren Arbeitsplatz machen. Die Angst davor, dass der Chef oder die Chefin es negativ finden könnte, wenn Sie weiterhin fehlen, sollte zwar nicht das entscheidende Kriterium sein – Ihre Gesundheit geht vor. Eine mögliche Sorge um den Arbeitsplatz kann jedoch ein Faktor sein, den Sie in Ihre Entscheidung miteinfließen lassen.

Argumente für und gegen eine Arbeitstätigkeit trotz Schmerzen

Für eine Arbeitstätigkeit trotz (leichter) Schmerzen spricht:

  • Sie zeigen damit guten Willen – das signalisiert dem Arbeitgeber Ihre Leistungsbereitschaft und Ihr Engagement, was die Zufriedenheit des Vorgesetzten mit Ihnen erhöhen kann
  • Sie entlasten die Kollegen, die andernfalls womöglich Ihre Arbeit übernehmen müssten und entsprechend mehr Stress hätten
  • wenn die Schmerzen von der Arbeitstätigkeit unabhängig sind und so oder so auftreten, können Sie ebenso gut arbeiten – vorausgesetzt natürlich, es handelt sich um leichte Schmerzen, die Sie nicht stark einschränken
  • in finanzieller Hinsicht stehen Sie womöglich besser da, wenn Sie andernfalls nur Krankengeld erhalten würden

Andere Aspekte sprechen dagegen, nach einem Arbeitsunfall trotz Schmerzen wieder zu arbeiten:

  • wenn Sie trotz Schmerzen arbeiten, kann es sein, dass sich Ihr gesundheitlicher Zustand dadurch verschlechtert
  • schlimmstenfalls setzen Sie Ihre Gesundheit langfristig aufs Spiel
  • es kann sein, dass Ihre Leistung verringert ist, weil Sie nicht voll einsatzfähig sind, was dem Arbeitgeber negativ auffallen könnte
  • ebenso kann eine Arbeitstätigkeit trotz Schmerzen zu Fehlern und Gefahren für Sie selbst und andere führen.

Bildnachweis: Africa Studio / Shutterstock.com

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