Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht: Rahmenbedingungen & Tipps

Eine ungleiche Behandlung von Arbeitnehmern ist nicht erlaubt, jedenfalls nicht, wenn sie nicht sachlich begründet werden kann. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter fair und gleich zu behandeln. Dafür sorgt der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht. Hier erfahren Sie, wie das Thema Gleichbehandlung am Arbeitsplatz gesetzlich geregelt ist und was Arbeitgeber dürfen – und was nicht.

Zwei Spielfiguren auf einer Waage, was ist der Gleichbehandlungsgrundsatz?

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz: Was ist das?

Was genau ist der Gleichbehandlungsgrundsatz? Dabei handelt es sich um ein Gewohnheitsrecht, also ein ungeschriebenes Gesetz, das allgemein anerkannt und dadurch verbindlich ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht an einer bestimmten Stelle gesetzlich konkret geregelt, aber es gibt Gesetze, die ergänzende Grundlagen enthalten. Das betrifft insbesondere § 612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), § 75 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) sowie den Artikel 157 Absatz 3 und 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV).

Der Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass alle Menschen grundsätzlich gleich behandelt werden müssen. Niemand darf wegen bestimmter Merkmale oder anderer Faktoren benachteiligt werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz lässt sich auf viele Bereiche anwenden, häufig geht es aber im Arbeitsrecht darum. In diesem Zusammenhang soll die Vorgabe für Chancengleichheit bei Arbeitnehmern sorgen und eine willkürliche Schlechterstellung von Beschäftigten durch den Arbeitgeber verhindern. Das dient dem Schutz von Arbeitnehmern vor Nachteilen, die mit einer ungleichen Behandlung einhergehen können.

Wann gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz im Beruf und wie wirkt er sich aus?

Muss der Gleichbehandlungsgrundsatz im Job immer berücksichtigt werden? Grundsätzlich ja. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, seine Mitarbeiter nach gleichen Kriterien zu behandeln. Er darf nicht einzelne Beschäftigte oder bestimmte Gruppen von Beschäftigten willkürlich schlechter behandeln als andere, zumindest nicht, wenn er das nicht sachlich nachvollziehbar begründen kann.

Die Maßgabe, dass alle Mitarbeiter grundsätzlich gleich behandelt werden sollen, beschränkt sich auf die jeweiligen Firmen. Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass es in seinem Unternehmen nicht zu Benachteiligung oder Diskriminierung kommt. Zugleich ist es Aufgabe des Betriebsrats, die Gleichbehandlung im Betrieb zu überwachen.

Es gibt für den Gleichbehandlungsgrundsatz viele Beispiele aus der Praxis. So dürfen Arbeitgeber etwa nicht manchen Beschäftigen Bonuszahlungen zukommen lassen und anderen nicht. Wiederum können Ausnahmen mit Sachgrund bestehen. Ein Mitarbeiter darf nicht vermögenswirksame Leistungen erhalten, die ein anderer ohne guten Grund nicht bekommt. Ebenso muss der Urlaubsanspruch für alle nach denselben Kriterien gelten.

Noch ein Beispiel dafür, wie sich der Gleichbehandlungsgrundsatz praktisch auswirkt: Nach § 612 BGB dürfen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nicht für gleiche oder gleichwertige Arbeit unterschiedlich entlohnen. Es wäre auch nicht erlaubt, wenn ein Arbeitgeber bestimmte Gruppen von Beschäftigten schlechterstellen würde – etwa Minijobber oder Teilzeitkräfte.

Wann eine Ungleichbehandlung erlaubt sein kann

Beschäftigt man sich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz, könnte man zu der Auffassung gelangen, dass eine ungleiche Behandlung von Mitarbeitern im selben Betrieb grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Das ist aber nicht der Fall – soweit geht die Maßgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht. Denn es kann durchaus gute Gründe für einen Arbeitgeber geben, seine Mitarbeiter nicht durchweg gleich zu behandeln. Allerdings muss jede Ungleichbehandlung durch einen objektiv nachvollziehbaren Sachgrund begründet sein.

Es wäre zum Beispiel erlaubt, bestimmte Handlungen und besondere Leistungen an äußere Umstände zu knüpfen. Ein Beispiel hierfür sind Bonuszahlungen: Der Arbeitgeber darf festlegen, dass Mitarbeiter bestimmte Leistungen erbringen müssen, um sie bekommen zu können. Es wäre auch zulässig, wenn ein Arbeitgeber beschließt, dass Mitarbeiter erst im zweiten Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit Weihnachtsgeld bekommen. Oder dass sie nur dann Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld bekommen können, wenn ihr Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag ungekündigt ist.

Ungleiche Bezahlung kann zulässig sein

Bestimmte, nachvollziehbare Anforderungen an die Erfüllung eines Jobs können eine Ungleichbehandlung ebenfalls legitim machen. Ein simples Beispiel: Ein Arbeitgeber sucht nach neuen Mitarbeitern und stellt den Kandidaten ein, der Erfahrung in dem Gebiet hat, um das es geht. Es kann auch erlaubt sein, eine Stelle bewusst mit einem Mann oder einer Frau zu besetzen, weil nur diese Lösung sinnvoll ist – zum Beispiel weibliche Arzthelferinnen bei einem (weiblichen) Frauenarzt. In einem Theaterstück wäre es nachvollziehbar, wenn die männliche Hauptrolle auch tatsächlich mit einem Mann besetzt würde.

Es ist auch erlaubt, vom Gleichbehandlungsgrundsatz abzuweichen, wenn die Weltanschauung oder Religion im Job eine wichtige Rolle spielt – zum Beispiel bei Stellen bei kirchlichen Trägern oder gemeinnützigen Organisationen.

  • 612 BGB gibt vor, dass gleiche oder gleichwertige Arbeit grundsätzlich gleich entlohnt werden muss. Unterschiedliche Gehälter selbst von unmittelbaren Kollegen können aber nichtsdestotrotz zulässig sein, denn es gilt die Vertragsfreiheit: Es steht dem Arbeitgeber frei, mit jedem Beschäftigten individuell ein Gehalt auszuhandeln.

So wirkt sich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aus

Wenn es um die Gleichbehandlung von Beschäftigten geht, spielt auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsrecht eine wichtige Rolle. Das AGG, wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz abgekürzt heißt, ergänzt den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das AGG ist seit dem Jahr 2006 in Kraft und hat den Zweck, Menschen vor Diskriminierung aufgrund bestimmter schutzwürdiger Persönlichkeitsmerkmale zu schützen. Im Speziellen geht es dabei um die ethnische Herkunft, die Rasse, das Geschlecht, die Religion, Weltanschauung, das Alter, die sexuelle Identität und mögliche Behinderungen. Direkte Diskriminierung ist nach dem AGG ebenso verboten wie indirekte.

Während das AGG bei den genannten schutzwürdigen Merkmalen relevant ist, greift der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Benachteiligung auch aus anderen Gründen. Ein Beispiel: Es könnte sein, dass ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter nicht mag, was aber nichts mit dessen Geschlecht, Sexualität oder Weltanschauung zu tun hat, sondern einfach in persönlichen Animositäten begründet ist. Wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigten deshalb schlechter behandelt als seine Kollegen, ist das kein Verstoß gegen das AGG, kann aber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Das AGG wäre hingegen in den folgenden Fällen betroffen:

  • wenn ein Arbeitgeber einen Bewerber wegen seiner Hautfarbe ablehnt
  • wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiterinnen grundsätzlich ein schlechteres Gehalt zahlt als männlichen Mitarbeitern
  • oder wenn eine Frau am Arbeitsplatz wegen ihres Geschlechts sexuell belästigt wird

Arbeitgeber verstößt gegen Gleichbehandlungsgrundsatz: Das können Sie tun

Was in der Theorie gilt, spielt in der Praxis nicht in jeder Firma eine Rolle. So mancher Arbeitgeber verstößt – bewusst oder unbewusst – gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Es könnte zum Beispiel sein, dass ein Kollege eine Gehaltserhöhung erhält, während sie einem anderen ohne Angabe von Gründen verwehrt wird. Oder dass ein Mitarbeiter einen geringeren Urlaubsanspruch hat als seine Kollegen, ohne dass diese Abweichung nachvollziehbar wäre.

Was kann man tun, wenn der Arbeitgeber einen benachteiligt und den Gleichbehandlungsgrundsatz ignoriert? Zunächst einmal ist es wichtig, dass Sie möglichst lückenlos dokumentieren, was vorgefallen ist. Falls es zu juristischen Auseinandersetzungen kommen sollte, sind solche Aufzeichnungen sehr wertvoll und können Ihre Chancen verbessern. Auch Zeugen sind hilfreich.

Der erste Schritt besteht darin, mit dem Arbeitgeber zu sprechen. Im besten Fall war dem Vorgesetzten einfach nicht bewusst, dass er Sie schlechter behandelt als andere. Ein Gespräch kann die Situation dann schnell klären und gibt dem Arbeitgeber die Gelegenheit, Abhilfe zu schaffen. Manchmal reicht das allerdings nicht: Der Arbeitgeber ist vielleicht nicht einsichtig, möglicherweise hat er Sie auch in vollem Bewusstsein benachteiligt.

Den Arbeitgeber verklagen

Wenn es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, wenden Sie sich an das Gremium. Es kann zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber vermitteln und sich für Ihre Rechte einsetzen. Auch ein Gleichstellungsbeauftragter, Mitarbeiter aus der Personalabteilung oder ein höherrangiger Vorgesetzter können passende Ansprechpartner sein. Mit einem höherrangigen Vorgesetzten zu sprechen bietet sich vor allem dann an, wenn es jemanden in der Firma gibt, zu dem Sie einen guten Draht haben und der Ihnen mutmaßlich glauben wird.

Wenn alles nichts hilft, haben Sie noch die Möglichkeit, juristische Schritte gegen Ihren Arbeitgeber zu gehen. Sie können zum Beispiel Schadensersatz von Ihrem Arbeitgeber fordern, wenn Sie durch sein Verhalten nachweislich einen Schaden erlitten haben. Auch Entschädigungen sind denkbar. Falls Sie über solche Optionen nachdenken, wenden Sie sich am besten frühzeitig an einen Anwalt oder eine Anwältin. Mit anwaltlicher Beratung sind Ihre Erfolgsaussichten im Fall einer Klage wesentlich höher.

Bildnachweis: Forest lynx / Shutterstock.com

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