Psychopath als Kollege: Wie geht man damit am besten um?

Abgesehen von der eigenen Familie haben viele Menschen mit kaum jemandem so viel Kontakt wie mit ihren Kollegen. Mit wem man Tag für Tag zusammenarbeitet, kann einen entsprechend großen Unterschied für das eigene Wohlbefinden machen. Versteht man sich mit den Kollegen gut, macht die Arbeit oft gleich viel mehr Spaß. Gibt es hingegen Probleme im Team, kann einem das selbst spannende Aufgaben verleiden. Eine besondere Herausforderung ist es, einen Psychopathen als Kollegen oder zum Chef zu haben. Wann jemand als Psychopath einzustufen ist und wie Sie mit so einer Person am besten umgehen können, erklären wir Ihnen hier.

Ein Psychopath im Dunkeln

Psychopath Definition: Was ist ein Psychopath?

„Der ist ein echter Psychopath.“ So ein Satz ist schnell gefallen, und längst nicht immer ist er hundertprozentig ernstgemeint. Oft geht es nur darum, auszudrücken, dass man jemanden besonders anstrengend oder unsympathisch findet. Mit Psychopathie im klinischen Sinn hat das Ganze dann wahrscheinlich wenig zu tun. Dabei handelt es sich nämlich um eine schwere Form der antisozialen Persönlichkeitsstörung, die durch das völlige Fehlen von Empathie gekennzeichnet ist. Psychopathen nehmen im täglichen Leben keine Rücksicht auf andere und sind zu tieferen Gefühlen gegenüber anderen Menschen nicht in der Lage. Ihr Leben dreht sich einzig und allein um sich selbst.

Warum ein Mensch zum Psychopathen wird, ist wissenschaftlich nicht zweifelsfrei geklärt. Man geht davon aus, dass es sich um eine Mischung aus angeborenen Faktoren und Erfahrungen im Laufe der Kindheit handelt, die eine Psychopathie bedingen. Untersuchungen haben gezeigt, dass es bei Menschen mit psychopathischen Neigungen strukturelle Veränderungen in der Hirnstruktur gibt. Das paralimbische System, das entscheidend für Empathie, Impulskontrolle und moralisches Handeln ist, ist offenbar bei Psychopathen weniger aktiv.

Die Forschung geht davon aus, dass bei Menschen, die später zu Psychopathen werden, die Fähigkeit zu Empathie in der Kindheit nicht ausreichend gefördert wurde. Auch Traumata können eine Rolle spielen, etwa durch Vernachlässigung, Misshandlungen und körperliche oder seelische Gewalt.

Längst nicht jeder Psychopath fällt früher oder später als solcher auf, indem er etwa zum Serienmörder wird oder anderweitig eine kriminelle Laufbahn einschlägt. Viele Psychopathen sind beruflich überaus erfolgreich, besetzen Führungspositionen in Unternehmen oder machen als Politiker Karriere.

Psychopathen erkennen: Was hat ein Psychopath für Merkmale?

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens einem Psychopathen über den Weg zu laufen, ist hoch. Robert Hare, ein kanadischer Kriminalpsychologe und einer der bekanntesten Forscher im Bereich der Psychopathie, schätzt, dass auf 100 Männer über 18 Jahren ein Psychopath kommt. Wie viele Frauen psychopathische Züge haben, ist nicht geklärt. Zwar treten oft eher Männer als Psychopathen in Erscheinung, woraus sich aber nicht ableiten lässt, dass es zwingend weniger weibliche Psychopathen gäbe.

Weil Psychopathen oft beruflich sehr erfolgreich sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, es mit einem Psychopathen zu tun zu haben, beim Kontakt mit hochrangigen Personen. Viele Psychopathen steigen in hohe Positionen und Ämter auf. Einer Studie von Robert Hare, Paul Babiak und Craig Neumann zufolge machen Psychopathen fast fünf Prozent der Top-Manager aus. Sie zu erkennen ist oft gar nicht so leicht, denn viele Psychopathen tarnen sich gut. Vor allem bei häufigeren Kontakten und einer längeren Beziehung gibt es aber oft verschiedene Auffälligkeiten, die als Psychopathen-Symptome gedeutet werden können.

Diese Eigenschaften können auf psychopathische Züge hindeuten

Ein wichtiges Merkmal von Psychopathen ist ihre fehlende Empathie. Sie fallen durch ihre Gefühlskälte in bestimmten Situationen auf. Dabei ist umstritten, ob sie tatsächlich nicht zu Empathie fähig sind oder ob sie nur gelernt haben, ihr Mitgefühl für andere Menschen bei Bedarf vollkommen zu unterdrücken. Wenn es sein muss, sind Psychopathen skrupellos. Welche Auswirkungen ihr Handeln auf andere Menschen hat, interessiert sie nicht. Es ist typisch für Psychopathen, dass sie impulsiv sind und sich schlecht beherrschen können. Sie sind außerdem schnell gelangweilt und suchen immer wieder nach Aufregung.

Dabei sind Psychopathen oft überaus intelligent. Sie haben ein schauspielerisches Talent und schaffen es, ihr wahres Ich durch eine häufig sehr überzeugende Fassade zu kaschieren. Selbst nahestehende Menschen merken manchmal nicht oder nicht in vollem Ausmaß, wie sie wirklich ticken. Wenn es ihnen nützt, können Psychopathen sehr charmant und freundlich sein. Sie wissen meist ganz genau, was sie sagen und tun müssen, um etwas Bestimmtes zu erreichen. Ihre Wortgewandtheit hilft ihnen dabei. Sie sind außerdem gut darin, die Schwächen anderer Menschen zu finden und auszunutzen. Psychopathen sind unfähig, echte, tiefe Gefühle für andere Menschen zu entwickeln.

Ein weiteres Anzeichen für Psychopathie ist krankhaftes Lügen. Dabei haben die meisten Psychopathen kein Problem damit, jemandem ins Gesicht zu lügen, ohne dabei nervös zu werden. Ihr Selbstwertgefühl ist stark übersteigert, zum Teil sind sie größenwahnsinnig. Charakteristisch ist auch ihre Furchtlosigkeit, die sie zu riskantem Verhalten antreiben kann. Für ihre Taten empfinden Psychopathen keine Reue, sie übernehmen dafür auch keine Verantwortung.

Psychopathen im Team als Problem für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Man kann Psychopathen überall begegnen – auch am Arbeitsplatz. Besonders in Führungspositionen sind Psychopathen überdurchschnittlich häufig anzutreffen, weil sie bestimmte Eigenschaften mitbringen, die für eine erfolgreiche Karriere nützlich sind. Dazu zählt nicht nur ihre Rücksichtslosigkeit, sondern auch ihr Selbstbewusstsein, ihre Durchsetzungsfähigkeit und ihr Wunsch nach Dominanz.

Einen Psychopathen im Team zu haben kann sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber ein Problem sein. Gibt es im Kollegenkreis einen Psychopathen, kann dieser zwar scheinbar angenehm im Umgang sein, denn er kann schließlich überaus charmant und freundlich sein. Im Laufe der Zeit wird es aber wahrscheinlich genügend Gelegenheiten geben, bei denen ein psychopathischer Kollege seine egoistische und gefühlskalte Seite zeigt. Solche Kollegen wünscht sich wohl niemand, denn sie sind berechnend, rücksichtslos und am Ende nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Dabei scheuen sie nicht davor zurück, andere zu manipulieren, Konflikte heraufzubeschwören und andere Personen gegeneinander auszuspielen.

Psychopathische Mitarbeiter als zweischneidiges Schwert für Arbeitgeber

Besonders schwierig ist die Situation für Arbeitnehmer, wenn ihr Vorgesetzter ein Psychopath ist. Eine gute Beziehung lässt sich unter diesen Voraussetzungen kaum aufrechterhalten, im Gegenteil: Wahrscheinlich gibt es viele Situationen, die den Beschäftigten frustrieren, verletzen oder wütend machen. Durch das Machtgefälle sind die Optionen der Betroffenen in solchen Fällen jedoch naturgemäß begrenzt.

Für Arbeitgeber sind psychopathische Mitarbeiter ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sind solche Mitarbeiter oft sehr leistungsfähig, engagiert und stressresistent. Wenn sich ihre Ziele mit denen der Firma decken, können sie das Unternehmen merklich vorantreiben. Ebenso können psychopathische Mitarbeiter aber auch für Arbeitgeber zu einer Last werden. Sie schaden dem Betriebsklima durch ihre manipulative und rücksichtslose Art, außerdem können sie in einen Konflikt mit anderen geraten. Weil sie nur an sich denken, kann es außerdem sein, dass sie andere Ziele verfolgen als der Arbeitgeber. Durch ihre Furchtlosigkeit gehen Psychopathen außerdem mehr Risiken ein, was zu Misserfolgen führen kann, die dem Arbeitgeber schaden.

Psychopath am Arbeitsplatz: Wie verhalte ich mich richtig?

Psychopathen sind meist keine angenehmen Zeitgenossen, zumindest, wenn man häufiger mit ihnen zu tun hat. Sie sind zwar letztlich vergleichsweise selten anzutreffen, aber es kann Ihnen natürlich trotzdem passieren, dass Sie sich am Arbeitsplatz mit einem Psychopathen konfrontiert sehen. Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass ein Kollege psychopathische Züge hat, oder vermuten gar, dass Ihr Chef ein Psychopath ist. Was kann man dann tun?

Prinzipiell ist es im Umgang mit Psychopathen wichtig, dass Sie sich schützen. Verringern Sie den Kontakt, so gut es geht. Kommunizieren Sie lieber per E-Mail als persönlich. Wenn Sie flexible Arbeitszeiten haben, können Sie auch versuchen, möglichst häufig zu anderen Zeiten am Arbeitsplatz zu sein als der psychopathische Kollege.

Lassen Sie sich von einem Psychopathen nicht provozieren. Bieten Sie keine Angriffsfläche und zeigen Sie keine Schwäche – das würde ein Psychopath früher oder später ausnutzen. Lassen Sie sich auch nicht in Konflikte mit dem Psychopathen hineinziehen. Sie können gegen einen Psychopathen nicht gewinnen beziehungsweise der Preis wäre wahrscheinlich zu hoch. Das heißt nicht, dass Sie nicht auch mal Kontra geben können, wenn Ihr Kollege zu weit geht. Melden Sie ihm ruhig zurück, dass Sie sein Verhalten nicht akzeptabel finden, etwa, wenn er Sie oder andere beleidigt. Sie können in solchen Situationen auch das Gespräch beenden, damit es gar nicht erst zu Diskussionen kommt.

Was kann man gegen einen psychopathischen Chef tun?

Wenn Sie sich durch die Situation sehr belastet fühlen, kann es hilfreich sein, mit Kollegen darüber zu sprechen, denen Sie vertrauen können. Sie können gemeinsam überlegen, was Sie gegen den psychopathischen Kollegen tun und wie Sie mit der Situation umgehen können. Sie können sich zum Beispiel an den Chef wenden, wobei das Risiko bestehen kann, dass dieser Sie nicht ernstnimmt. Psychopathen sind oft gute Schauspieler und Blender, weshalb es sein kann, dass Ihr Vorgesetzter Ihre Einschätzung so gar nicht teilt – und dann womöglich glaubt, Sie seien es, der den Kollegen ausbooten wollte. Eine weitere Anlaufstelle ist der Betriebsrat.

Schwieriger ist die Lage, wenn Ihr Chef ein Psychopath ist. Mit ihm zu sprechen wäre dann wahrscheinlich nicht hilfreich und könnte sogar kontraproduktiv sein, weil er dann wüsste, dass Sie ihm auf die Schliche gekommen sind. Schlimmstenfalls macht er Sie bei höheren Ebenen schlecht und sorgt dafür, dass Sie von anderen nicht mehr als glaubwürdig empfunden werden.

Wenden Sie sich deshalb lieber an den Betriebsrat. Möglicherweise haben Sie gute Kontakte zu höherrangigen Führungspositionen im Unternehmen, so dass ein vertrauliches Gespräch vorstellbar wäre. Sie sollten dann möglichst ausführlich schildern, worauf Ihre Einschätzung beruht. Einen Psychopathen zum Chef zu haben ist für viele Betroffene nicht dauerhaft tragbar. Dann kann es eine Option sein, um eine Versetzung in ein anderes Team zu bitten. In manchen Fällen bleibt Betroffenen jedoch nur, sich nach einem neuen Job umzusehen.

Bildnachweis: ivan_kislitsin / Shutterstock.com

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