Lebenskrise: Wie sie sich äußert und was Sie dagegen tun können
Wenn das Leben aus den Fugen gerät, kann das eine Lebenskrise bei Betroffenen auslösen. Das Leben steht dann Kopf und nichts scheint mehr sicher. Oft kommt dabei durch äußere Umstände etwas zum Vorschein, was im Inneren schon länger schlummert. Wie entstehen Lebenskrisen? Welche Auswirkungen können sie haben? Und: Was kann man tun, um eine Lebenskrise zu überwinden? Hier erfahren Sie mehr.
Lebenskrise: Definition
Eine Lebenskrise ist eine akute psychische Belastungssituation, die typischerweise tiefgreifend ist und längere Zeit anhält. Dabei wird ein Betroffener durch bestimmte Geschehnisse oder emotionale Veränderungen so aus der Bahn geworfen, dass er das eigene Leben und seine Sinnhaftigkeit hinterfragt. Vielleicht stellt er bestimmte Entscheidungen oder gar den ganzen bisherigen Weg infrage.
Typisch für eine Lebenskrise ist, dass sie mit einem Verlust von Sicherheit einhergeht. Sicherheiten, die es früher einmal gab oder von denen man dachte, dass es sie gab, gehen verloren. Nicht selten haben die Betroffenen das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren: Ihr Leben steht Kopf und alles steht auf dem Prüfstand.
Wodurch kann eine Lebenskrise entstehen?
Es gibt zig Anlässe und Umstände, die eine Lebenskrise auslösen können. Ebenso kann es Menschen in jedem Alter treffen: Jugendliche können ebenso in eine Lebenskrise geraten wie Erwachsene oder ältere Menschen. Die einen schlittern in eine Lebenskrise mit 40, die andere geraten in eine Lebenskrise mit 50, und wieder andere finden sich plötzlich in einer Lebenskrise mit 30 wieder. Es spielt auch keine Rolle, welches Geschlecht jemand hat.
Manchmal ist es die Pubertät mit ihren rasanten Veränderungen, die eine Lebenskrise auslöst, oder aber die berüchtigte Midlife-Crisis, bei der ein Betroffener plötzlich ernüchtert feststellt, dass er im Leben nicht das erreicht hat, was er erreichen wollte. In vielen Fällen sind es gravierende Einschnitte im Leben, die eine Lebenskrise auslösen. Dazu können zum Beispiel gehören:
- das Zerbrechen einer Ehe, die Trennung vom Partner
- der Tod eines geliebten Menschen
- der Verlust des Jobs durch Kündigung oder Renteneintritt
- Konflikte am Arbeitsplatz
- ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen
- Depressionen, Burnout
- ungewollte Kinderlosigkeit, Fehlgeburten
- Gewalterfahrungen
- schwerwiegende Erkrankungen, auch psychischer Art, und ihre Folgen
- das Älterwerden
- der Auszug der Kinder
Nicht jeder tiefe Einschnitt muss dabei eine Lebenskrise auslösen. Es kommt auf die Umstände insgesamt an: Ein Mensch, der bislang glücklich ist, weil er ein harmonisches Familienleben hat, verkraftet den Verlust eines Jobs wahrscheinlich besser als jemand, dessen Ehe gerade zerbrochen ist. Es kommt auch auf die Persönlichkeit an: Was der eine verkraftet, kann bei einem anderen eine Lebenskrise auslösen. Umweltfaktoren und Persönlichkeitsfaktoren spielen also zusammen, wenn eine Lebenskrise entsteht.
Lebenskrise: Diese Anzeichen kann sie haben
Eine Lebenskrise kann mit vielfältigen Symptomen einhergehen. Dabei kann sich die Lebenskrise sowohl auf die inneren Befindlichkeiten von Betroffenen auswirken als auch auf ihre Beziehungen zu anderen und ihre Gesundheit. Typische Anzeichen für eine Lebenskrise sind zum Beispiel:
- Unsicherheitsgefühle
- Infragestellen der eigenen Identität
- Gefühle des Scheiterns
- Selbstzweifel
- Enttäuschung
- Desillusionierung
- Pessimistische Zukunftsperspektive
- Panikattacken
- Ängste
- häufiges Weinen
- innere Unruhe
- Antriebslosigkeit
- leichte Reizbarkeit
- Stimmungsschwankungen
- Rückzug aus sozialen Kreisen
- Schlafstörungen
- Magen-Darm-Beschwerden, Reizdarm
- Kopfschmerzen
- erhöhte Anfälligkeit für Infekte
- Herzrasen
- verminderter Appetit
In der Symptomatik ähnelt eine Lebenskrise psychischen Problemen wie Depressionen oder Burnout oft stark. Wichtig ist deshalb, Ursache und Wirkung voneinander zu unterscheiden.
Wo findet man Hilfe in einer Lebenskrise?
Falls Sie glauben, dass Sie sich in einer Lebenskrise befinden, müssen Sie das nicht alleine durchstehen. Suchen Sie sich möglichst frühzeitig Hilfe, um gut durch die Krise zu kommen und die Lebenskrise zu meistern. An wen kann man sich wenden? Ein erster Ansprechpartner kann der Hausarzt oder die Hausärztin sein. Ihr Hausarzt kann Ihnen Tipps zum weiteren Vorgehen geben und Sie an weitere Personen und Stellen verweisen. Sie können sich auch direkt an einen Psychiater oder an einen Psychotherapeuten wenden.
Leider sind die Wartezeiten auf Therapieplätze vielerorts lang, weshalb es wichtig ist, sich bei möglichst vielen Therapeuten auf die Warteliste setzen zu lassen. Gegebenenfalls können Sie sich auch als gesetzlich Versicherter an einen Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung wenden. Entweder haben Sie das nötige Geld, die Behandlungen selbst zu zahlen. Oder Sie versuchen, die Kosten von der Krankenversicherung erstattet zu bekommen. Diese Möglichkeit besteht theoretisch, wenn Sie bei Therapeuten mit Kassenzulassung zu lange warten müssten. Allerdings mauern viele Krankenkassen, so dass eine Kostenerstattung faktisch häufig keine Option ist.
Eine weitere Anlaufstelle in einer akuten Krise ist eine Beratungsstelle. Auch dort finden Sie Unterstützung und erhalten Tipps, welche Beratungsangebote Sie möglicherweise nutzen können – auch, um die Zeit zu überbrücken, bis Sie einen Therapieplatz haben. Ebenso wichtig ist es, dass Sie sich gegenüber nahestehenden Menschen öffnen. Reden Sie mit Ihrem Partner, mit Angehörigen oder Freunden über die Dinge, die Sie belasten. Es tut oft sehr gut, offene Gespräche zu führen und zu merken, dass man nicht alleine ist.
Was Sie tun können, um eine Lebenskrise zu überwinden
Die Wege aus einer Lebenskrise können ganz unterschiedlich aussehen. Manchmal dauert die Krise nur einige Wochen oder Monate und verflüchtigt sich dann von selbst – möglicherweise auch, weil sich die Umstände ändern oder die Betroffenen selbst etwas verändert haben. In anderen Fällen hält sich das Problem jedoch hartnäckig. Dann kann Psychotherapie eine wertvolle Unterstützung sein. Es gibt sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungsmöglichkeiten. Unterstützend zu einer psychotherapeutischen Behandlung können Medikamente eingesetzt werden, wenn das im Einzelfall sinnvoll erscheint.
Neben Einzeltherapie kann auch eine Gruppentherapie infrage kommen. Manchmal ist es ausreichend, einen Therapeuten einmal die Woche zu sehen, in anderen Fällen können Betroffene von einer Kur und einem Klinikaufenthalt profitieren. Oft übernehmen die Krankenkassen die Kosten dafür. Eine Kur bietet den Vorteil, dass Sie für einige Wochen aus Ihrem Alltag herauskommen und sich ganz auf sich konzentrieren können. Sie können mit professioneller Unterstützung bei einer Kur in Ruhe analysieren, wie es zu Ihrer Lebenskrise gekommen ist, und es gibt vielfältige Angebote, die Ihnen dabei helfen, sich besser zu fühlen.
Die richtige Einstellung kann helfen, eine Lebenskrise zu meistern
Um eine Lebenskrise zu meistern, ist nicht nur wichtig, dass Sie sich professionelle Hilfe suchen. Es kommt auch ganz maßgeblich darauf an, wie Sie Ihre eigene Rolle sehen. Sie sollten nicht erwarten, dass andere Ihre Probleme für Sie lösen – zum Beispiel Ihr Therapeut –, sondern selbst aktiv darauf hinwirken, die Lebenskrise zu überwinden. Eine Kombination aus therapeutischen Maßnahmen, gegebenenfalls Medikamenten und eigenen Bemühungen ist besonders aussichtsreich, um aus der Krise zu kommen.
Es gibt viel, was Sie selbst tun können, um die Lebenskrise zu bewältigen. In manchen Fällen sind das größere Dinge wie zum Beispiel bewusste Veränderungen, aber auch kleinere Dinge können Ihnen langfristig dabei helfen, sich wieder besser zu fühlen und wieder einen sicheren Stand im Leben zu bekommen. Manchmal deutet eine Lebenskrise darauf hin, dass grundsätzlich etwas im Argen liegt. Vielleicht haben Sie einen Job, der Sie kaputtmacht, den Sie aber nicht kündigen. Vielleicht sind Sie in einer Beziehung, für die Sie keine Zukunft sehen. Oder vielleicht haben Sie zu lange für andere zurückgesteckt und wünschen sich, endlich selbst mal dran zu sein – ergreifen aber nicht die nötigen Schritte.
In einer Lebenskrise kann dann auch eine Chance liegen, die nötigen Veränderungen auf den Weg zu bringen. Überlegen Sie also, ob es in Ihrem Leben größere Baustellen gibt, die Sie bislang ignoriert haben. Je früher Sie sich aktiv damit befassen, desto eher können Sie auch Ihre Lebenskrise überwinden. Es mag unangenehm sein, sich bestimmten Dingen und negativen Gefühlen zu stellen, aber es bringt Sie wesentlich stärker voran, als sich davor zu verstecken. Versuchen Sie, herauszufinden, wie Sie in Ihre Lebenskrise geraten sind. Wo liegen die Auslöser und Ursachen, welche Umstände haben ihr Übriges dazu beigetragen? Wenn Sie das wissen, können Sie eher Lösungsansätze entwickeln.
Für Ihr Wohlbefinden müssen die Basics stimmen
Wichtig ist außerdem, dass Sie die Grundlagen dafür schaffen, dass Sie sich wohlfühlen und es Ihnen gut geht. Das betrifft auch Ihre Lebensweise im weiteren Sinne. Wie steht es um Ihren Schlaf? Gehen Sie früh genug ins Bett? Wie gut ernähren Sie sich? Viele Menschen greifen automatisch zu Schokoriegel oder Chips, wenn sie sich nicht gut fühlen, was jedoch in aller Regel nur vorübergehend positive Gefühle erzeugt. Junk-Food kann negative Gefühle mittelfristig sogar verstärken. Besser sind viel frisches Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte.
Wichtig ist auch, dass Sie sich ausreichend bewegen. Bewegung ist ein natürlicher Stimmungsaufheller. Dafür müssen Sie sich nicht verausgaben: Regelmäßige Spaziergänge reichen im Zweifel schon aus, wobei mehr Bewegung bis zu einem gewissen Grad fast immer besser ist. Achten Sie auch darauf, dass Sie nicht zu viel Stress im Alltag haben. Trauen Sie sich, Nein zu sagen, wenn andere Sie nach etwas fragen – wenn es Ihnen nicht gut geht, können Sie auch nicht für andere da sein.
Es kann auch hilfreich sein, zu meditieren und/oder Yoga, Qigong oder progressive Muskelentspannung zu betreiben. Auch das hilft, Stress zu reduzieren und eine Lebenskrise oder Depressionen zu überwinden. Ebenso nützlich ist es, sich vor Augen zu führen, dass Ihr Leben trotz allem noch schöne Dinge beinhaltet. Dabei kann ein Dankbarkeitstagebuch helfen: Schreiben Sie alle paar Tage oder einmal am Tag auf, wofür Sie dankbar sind. Das können vermeintliche Selbstverständlichkeiten wie warmes Wasser oder eine eigene Wohnung sein, aber auch ein netter Plausch mit dem Nachbarn, ein entspannender Waldspaziergang oder ausgiebiges Schmusen mit Ihrer Katze.
Tipps zum Umgang mit Menschen, die in einer Lebenskrise stecken
Vielleicht sind es nicht Sie selbst, die in einer Lebenskrise sind, sondern eine nahestehende Person. Dann sind Sie womöglich verunsichert: Wie verhält man sich richtig? Wie sollte man jemanden behandeln, dessen Leben aus den Fugen geraten ist? Egal, wie die Umstände sind – ob es sich um eine Lebenskrise mit 40 bei Frauen handelt oder um eine Lebenskrise nach dem Renteneintritt – wichtig ist, dass Sie der betroffenen Person Sicherheit geben.
Zeigen Sie Verständnis dafür, dass es dem anderen gerade nicht so gut geht. Vielleicht zieht er oder sie sich zurück, hat weniger Interesse an Hobbys und gemeinsamen Unternehmungen oder ist schneller gereizt. Machen Sie sich klar, dass solche Verhaltensänderungen den Umständen geschuldet sind. Geben Sie der Person den nötigen Raum, anstatt sie unter Druck zu setzen oder Vorwürfe zu machen.
Wenn es Ihnen sinnvoll erscheint, können Sie die betroffene Person unterstützen, wo es möglich ist. Vielleicht können Sie dabei helfen, einen Therapieplatz zu finden, den Betroffenen zum Arzt begleiten oder ihm im Alltag unter die Arme greifen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Hilfe nicht aufdrängen und keine ungebetenen Ratschläge erteilen. Sie wissen schließlich nicht, wie sich der Betroffene fühlt. Wenn Sie so tun, als hätten Sie die Lösung, kann das bevormundend wirken und mehr Distanz zwischen Ihnen schaffen.
Häufig ist das Beste, was nahestehende Personen tun können, einem Menschen in einer Lebenskrise durch Nähe und Kontakte Halt zu geben. Seien Sie also für den anderen da, hören Sie ihm aufmerksam zu und machen Sie deutlich, dass Sie sich in der aktuellen Situation nicht von der Person zurückziehen werden, sondern dass man auf Sie zählen kann. Das zu wissen, kann für die betroffene Person sehr tröstlich sein.
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