Gender Paygap: Bedeutung, Gründe und wie man ihn verringern kann

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist zwar ein allseits beschworenes Ziel. Trotzdem gibt es noch an vielen Stellen Nachholbedarf – auch bei der Bezahlung im Job. Bei den Gehältern und Löhnen gibt es zwischen den Geschlechtern Unterschiede, die als Gender-Pay-Gap bekannt sind. Wie groß ist der Gender Paygap 2023? Welche Ursachen haben die Gehaltsunterschiede? Und was kann man tun, um sie zu beseitigen?

Eine Männer- und eine Frauen-Figur stehen auf unterschiedlichen Münzstapeln, was ist das Gender-Paygap?

Gender Paygap: Definition des Gaps

Nach dem Gleichstellungsgrundsatz, einem zentralen Prinzip im deutschen Arbeitsrecht, müssen alle Menschen gleich behandelt werden. Das heißt, dass Arbeitnehmer nicht ungleich behandelt werden dürfen, wenn es für diese Ungleichbehandlung nicht gute Gründe gibt. Dieser Grundsatz ist aber an vielen Stellen eher Wunsch als Realität – auch, wenn es um die Entlohnung von Beschäftigten geht.

Heute arbeiten in Deutschland mehr Frauen als je zuvor, doch in vielen Fällen verdienen sie weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Differenz zwischen durchschnittlichen Gehältern und Löhnen von Frauen und Männern ist unter dem Begriff Gender Paygap, auch Gender Paygap oder Wagegap, bekannt. Dieses Lohngefälle zwischen den Geschlechtern herrscht nicht nur in Deutschland, sondern es existiert auch in vielen anderen Ländern in einem mehr oder weniger großen Ausmaß.

Bis zum Jahr 2021 basierte der Gender Paygap auf der Verdienststrukturerhebung VSE, die alle vier Jahre erhoben wurde. Seit dem Berichtsjahr 2022 basiert der Wert auf einer neuen monatlichen Verdiensterhebung. Es wird dann ein repräsentativer Monat zur Berechnung des Gender-Pay-Gaps herangezogen. Das führt dazu, dass die Ergebnisse seither nur bedingt mit den Werten der Vorjahre vergleichbar sind.

Unbereinigter und bereinigter Gender Paygap

Beim Gender Paygap werden zwei Werte unterschieden: der unbereinigte und der bereinigte Gender Paygap. Der unbereinigte Wert spiegelt die tatsächlichen durchschnittlichen Unterschiede bei Gehältern und Löhnen zwischen Frauen und Männern wider. Es kommt bei der Berechnung nur auf die Höhe der Arbeitsentgelte an; Umstände und Hintergründe werden ausgeklammert.

Das ist beim bereinigten Paygap anders: Hierbei werden strukturelle Gründe für die Einkommensunterschiede berücksichtigt. Das können Unterschiede beim Bildungsniveau sein, in der Erwerbsbiografie, beim Job oder im Tätigkeitsfeld. Dadurch bezieht sich der bereinigte Wagegap auf Einkommensunterschiede von Menschen in vergleichbaren Positionen in vergleichbaren Umständen. Typischerweise ist der unbereinigte Gender Paygap wesentlich größer als der bereinigte Wert; aktuell beträgt er mehr als das Doppelte vom bereinigten Gender-Gap bei der Bezahlung von Arbeit.

Welche Aussagekraft hat der Gender Paygap?

Geht es um die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frauen und Männern, ist der Gender-Pay-Gap ein wichtiger Wert. Er zeigt an, dass es bei der fairen Entlohnung von Frauen und Männern trotz vieler politischer Bemühungen noch Nachholbedarf gibt. Es hängt immer noch in vielen Fällen vom Geschlecht einer Person ab, wie viel sie verdient und verdienen kann.

Hierbei ist vor allem der bereinigte Gender Paygap aussagekräftig. Nur bei diesem Wert werden die Einkünfte von Menschen in vergleichbaren Umständen miteinander verglichen. Es wird zum Beispiel der Beruf berücksichtigt, die Berufserfahrung und die Branche, in der jemand arbeitet. Im direkten Vergleich der Durchschnittsgehälter von Frauen und Männern ist dieser Wert spezifischer als der unbereinigte Wagegap.

Vom Gender Paygap zum Gender-Pension-Gap

Nichtsdestotrotz hat auch der unbereinigte Equal-Pay-Gap seine Berechtigung. Kritiker verweisen gerne darauf, dass sich die Entlohnung von Frauen und Männern zum Beispiel deshalb unterscheidet, weil Frauen häufiger eine Pause im Job für die Familie einlegen, in Teilzeit arbeiten oder einen Beruf ergreifen, bei dem sie schlechter bezahlt werden. Diese Faktoren sind real, sie deuten aber auf strukturelle Probleme bei der Gleichberechtigung der Geschlechter hin.

Der Gender-Pay-Gap führt nicht nur dazu, dass Frauen im Schnitt während ihres Erwerbslebens weniger Geld zur Verfügung haben. Das Lohngefälle wirkt sich auch auf die Einkünfte im Alter aus: aus dem Gender Paygap wird nach dem Arbeitsleben ein Gender-Pension-Gap. Frauen, die als Erwerbstätige weniger verdient haben, haben auch eine geringere Altersrente. Dadurch sind sie stärker von Altersarmut bedroht. Laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamts erhalten Frauen derzeit rund 30 Prozent weniger Geld im Alter als Männer.

Gender Paygap 2023: So ist die Situation in Deutschland

Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt weniger als Männer. Durchschnittlich lag der Stundenlohn von Männern nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 bei 24,36 Euro. Frauen hingegen verdienten im Schnitt nur 20,05 Euro – ein Unterschied von knapp 18 Prozent. Dabei macht es einen großen Unterschied, wo in Deutschland jemand lebt. Im früheren Bundesgebiet, also den alten Bundesländern, liegt der Gender Paygap gegenwärtig bei 19 Prozent. In den neuen Ländern sind es nur sieben Prozent. Berücksichtigt man den Beruf, die Qualifikationen und Erwerbsbiografie von Arbeitstätigen in vergleichbaren Tätigkeiten, reduziert sich der Gender-Pay-Gap auf sieben Prozent im Jahr 2022.

Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich beim Gender Gap bei der Entlohnung in Deutschland wenig getan. Die Werte lagen auch in den Vorjahren zuletzt konstant bei 18 Prozent (unbereinigter Wert). Damit gibt es im Vergleich zum Jahr 2000 keine nennenswerte Veränderung; damals lag der unbereinigte Gender-Pay-Gap in Deutschland bei 21 Prozent. Zwischenzeitlich war er auf bis zu 23 Prozent angestiegen und ist seither minimal gesunken. Bleibt es bei diesen Veränderungen im Schneckentempo, wird sich beim Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in Deutschland über Jahrzehnte wenig verändern.

Im EU-Vergleich steht Deutschland mit diesen Werten schlecht da: Es gehört zu den Schlusslichtern in Europa. Nur Estland und Österreich hatten im Jahr 2021 ein größeres Lohngefälle zwischen den Geschlechtern. Im EU-weiten Durchschnitt hat sich der unbereinigte Gender Paygap von 2015 bis 2021 von 16 auf 13 Prozent verringert.

Warum verdienen Männer und Frauen unterschiedlich viel?

Woran liegt es, dass Frauen in vielen Fällen weniger, oft sogar deutlich weniger, verdienen als Männer? Das kann mit verschiedenen Umständen zusammenhängen. Studien zufolge lässt sich ein großer Teil der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern mit den folgenden drei Aspekten erklären:

  • Berufswahl: Frauen entscheiden sich häufiger für Berufe und Jobs, in denen niedrigere Löhne und Gehälter gezahlt werden. Das betrifft zum Beispiel die Gesundheitsbranche, Pflege, Gebäudereinigung und Erziehung. Außerdem haben Frauen seltener sehr gut bezahlte Jobs, zum Beispiel in Branchen wie der Automobilindustrie, Energieversorgung und Mineralölverarbeitung.
  • Teilzeit: Frauen arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit. Das hängt in vielen Fällen damit zusammen, dass es in erster Linie sie sind, die sich um Kinder und Haushalt kümmern. Außerdem pflegen sie häufiger Angehörige.
  • Weniger Führungspositionen: Laut dem DIW Managerinnen-Barometer beträgt der Anteil von Frauen in Vorstandspositionen in großen Unternehmen in Deutschland gegenwärtig nur 16 Prozent. Auch viele andere Führungspositionen sind männlich besetzt. Dadurch, dass Frauen seltener beruflich aufsteigen oder die Karriereleiter weniger weit erklimmen als Männer, ist ihr Einkommen niedriger.

Die genannten Faktoren sind die wesentlichen Ursachen dafür, dass der unbereinigte Gender Paygap so viel höher ist als der bereinigte Gender Wagegap. Doch wie lässt sich erklären, dass selbst nach einer Berücksichtigung der individuellen Umstände aktuell ein bereinigter Gender-Pay-Gap von sieben Prozent in Deutschland bleibt?

Das kann verschiedene Gründe haben. In manchen Unternehmen werden Frauen generell schlechter bezahlt als Männer. Das kann bewusst oder unbewusst geschehen. Es kann auch damit zusammenhängen, dass Frauen oft weniger selbstbewusst auftreten und bei Gehaltsverhandlungen zurückhaltend sind. Ist schon das Einstiegsgehalt niedriger als es sein könnte, wirkt sich das auf die gesamte weitere Einkommensstruktur in den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten aus.

Lösungsansätze: Wie kann man den Gender Paygap beseitigen?

Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Gender Paygap auf zehn Prozent senken (unbereinigter Wert). Wie das gelingen soll und kann, ist dabei die große Frage. Es sind in erster Linie politische Entscheidungen, die die nötigen Veränderungen auf den Weg bringen können und müssen. Zugleich kommt es darauf an, dass sich grundlegende Strukturen – auch Familienstrukturen – ändern, wenn es darum geht, den Gender-Pay-Gap zu verringern.

Ein Ansatz zur Verringerung des Gender-Pay-Gaps war das Entgelttransparenzgesetz, welches seit 2017 in Kraft ist. Es gibt Beschäftigten die Möglichkeit, bei ihrem Arbeitgeber nachzufragen, was Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen. Die Hürden sind allerdings vergleichsweise hoch, außerdem scheuen sich viele Arbeitnehmer, ihren Arbeitgeber direkt anzusprechen. In der Praxis hat das Gesetz die Gleichheit der Geschlechter bei Gehältern und Löhnen kaum verändert.

Wie es anders hätte gehen können, zeigt der Equal Pay Act in Dänemark. Unternehmen, die mehr als 35 Mitarbeiter haben, davon mindestens zehn Frauen beziehungsweise Männer, müssen die Gehälter ihrer Angestellten nach Geschlecht veröffentlichen. Diese Informationen sind für alle einsehbar, ohne dass es nötig wäre, explizit nachzufragen. Womöglich ist auch dieses Gesetz ein Grund dafür, warum der Gender-Pay-Gap in Dänemark zumindest im öffentlichen Sektor in den vergangenen Jahren deutlicher gesunken ist als in Deutschland.

Es hakt an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Eine wichtige Ursache für den relativ hohen Gender Paygap in Deutschland ist die nach wie vor an vielen Stellen unzureichende Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sich für Kinder zu entscheiden heißt für viele Familien: Die Mutter macht eine längere Pause und tritt im Beruf kürzer. Sie geht länger (oder als Einzige) in Elternzeit, reduziert danach vielleicht ihre Stunden und arbeitet in Teilzeit. Der Wiedereinstieg in den Beruf kann sich verzögern, wenn es an passenden Betreuungsangeboten für das Kind mangelt. Das kann Mütter dazu zwingen, in Teilzeit zu arbeiten – oder gleich zuhause zu bleiben.

An dieser Stelle spielt das Verhalten von Arbeitgebern eine wichtige Rolle: Sie können ihren Beschäftigten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen entgegenkommen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern. Ebenso hilfreich ist die Möglichkeit zum Arbeiten im Home-Office. Außerdem sollten Arbeitgeber nicht zögern, Frauen einzustellen, die ein kleines Kind haben oder bald schwanger werden könnten. Und sie sollten Frauen nach einer Auszeit oder bei einer Tätigkeit in Teilzeit den beruflichen Aufstieg nicht verwehren.

Frauen und Mädchen können auch selbst etwas dazu beitragen, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu schließen. Sie sollten sich sehr genau überlegen, welche berufliche Richtung sie einschlagen. Die meisten „frauentypischen“ Berufe sind schlecht bezahlt. Es kann sich hingegen lohnen, einen technischen Beruf zu ergreifen. Hier sind auch Lehrer gefragt: Sie sollten alle Kinder gleichermaßen fördern, um Interesse für ihr Fach zu wecken. Wenn Mädchen zum Beispiel feststellen, dass Mathe, Physik und Chemie durchaus Spaß machen können, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass sie sich auch beruflich eine entsprechende Richtung vorstellen können. Viele Lehrer schaffen es aber nicht, bei Schülerinnen Begeisterung für naturwissenschaftliche Fächer zu wecken.

Bildnachweis: Hyejin Kang / Shutterstock.com

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