Gesunder Egoismus im Arbeitsalltag

„Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.“ Dieses Bonmot beschreibt ganz schön, wie einige Egoisten denken. Egoisten wirken auf die meisten Menschen nicht wirklich sympathisch. Dabei kann gesunder Egoismus auch Vorteile haben. Welche das sind und worin die Gründe für Egoismus liegen, können Sie hier nachlesen.

Egoismus kann auch mal gut tun!

Definition Egoismus: die Bedeutung

Egoismus hängt mit dem lateinischen Wort „ego“ – auf Deutsch „Ich“ – zusammen. Damit ist schon relativ klar, was Egoismus bedeutet. Nämlich dass die jeweilige Person, in erster Linie an sich denkt, bevor sie die Bedürfnisse anderer Menschen beachtet. Egoistische Menschen sind in erster Linie darauf aus, Vorteile für sich zu erzielen. In besonders ausgeprägten Fällen nehmen sie dabei keine Rücksicht auf die Wünsche, Gefühle oder Bedürfnisse anderer Menschen.

Synonyme zu Egoismus sind zum Beispiel:

  • Ichsucht
  • Eigensucht
  • Selbstsucht
  • Selbstverliebtheit
  • Eigenliebe

Zu Beginn unseres Lebens ist es ganz normal, sich egoistisch zu verhalten. Denn egoistisches Verhalten ist uns angeboren. Babys schreien, wenn sie Hunger haben oder gewickelt werden möchten. Und zwar so lange, bis sich jemand um ihre Bedürfnisse kümmert. Würden sie das nicht tun, könnte das lebensgefährlich werden. Diese Form des Egoismus wird daher auch als gesunder Egoismus bezeichnet. Er sorgt in erster Linie dafür, dass die Säuglinge am Leben bleiben und trägt somit zum Erhalt der Art bei.

Auch in der Arbeitswelt kann Egoismus gesund und förderlich sein. Denn das Gegenteil des Egoismus, der Altruismus, ist ebenfalls nicht ausschließlich positiv für die jeweilige Person.

Altruismus: das Gegenteil von Egoismus

Wir alle kennen diese Personen: Kollegen, die grundsätzlich hilfsbereit sind und eigene Belange zurückstellen. Auf die Frage, ob sie etwas für uns übernehmen können, antworten sie in aller Regel mit einem „Ja“. Häufig sind es gerade Frauen, die sich so verhalten. Die Wissenschaft hat dafür auch eine Erklärung: Grund für das altruistische Verhalten von Frauen ist die Erziehung. Mädchen wird häufiger beigebracht, dass sie zurückstecken und mit anderen teilen müssen. Jungs dagegen lernen, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und für ihr Recht kämpfen sollen.

Das wirkt sich im Erwachsenenalter aus: Frauen sind in der Tendenz hilfsbereiter und stellen eigene Bedürfnisse und Wünsche zurück. Das hat noch einen weiteren Grund: Wer sich altruistisch, also uneigennützig und selbstlos verhält, wird vom körpereigenen Hormonsystem belohnt. Soziales Verhalten aktiviert nämlich das Belohnungssystem. Das hat zur Folge, dass wir uns besser fühlen und mit uns und unserem Leben im Einklang sind – was jedoch nicht bedeutet, dass die Selbstaufopferung tatsächlich immer positiv für uns ist.

Überzogener Egoismus: Darum wird er stigmatisiert

Sowohl übertriebener Altruismus als auch überzogener Egoismus sind nicht wünschenswert. Für das Miteinander im Privat- und Berufsleben wird übersteigerter Egoismus jedoch negativer bewertet als extrem aufopferungsvolles Verhalten. Das lässt sich gut nachvollziehen. Schließlich haben die anderen Personen mehr davon, wenn wir ihre Arbeit übernehmen. Setzen wir dagegen unsere eigenen Interessen durch, könnte sich das eher nachteilig für unser Umfeld auswirken.

Besonders ausgeprägte Formen des Egoismus bezeichnet man als Narzissmus. Menschen, die diesen Persönlichkeitszug aufweisen, interessieren sich wirklich nur noch für sich und das eigene Fortkommen. Sie schrecken auch nicht davor zurück, andere Personen schlecht zu machen oder gar Lügen über sie zu verbreiten, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Kein Wunder, dass solche Zeitgenossen nicht gern gesehen sind. Vor allem im beruflichen Umfeld kann es unerträglich sein, wenn man mit solchen Menschen zusammenarbeiten muss. Als Kollege lebt man in einem solchen Fall in ständiger Angst, ans Messer geliefert zu werden. Auch dann, wenn man sich überhaupt nichts vorzuwerfen hat.

Selbsttest: Psychologen aus Ulm, Landau und Kopenhagen haben übrigens einen Persönlichkeitstest entwickelt, mit dem man seinen D-Faktor, welcher vor allem auf übertriebenen Egoismus beruht, testen kann.

Gründe für Egoismus

Warum verhalten sich einige Menschen egoistischer als andere? Dafür scheint es unterschiedliche Gründe zu geben, nämlich:

  1. Mangelndes Selbstbewusstsein: Fehlendes Selbstbewusstsein soll ein Grund für Egoismus sein? Das erstaunt viele Menschen zunächst, denn von einem Egoisten sind sie anderes gewohnt. Sie haben diese Personen bisher nur so kennengelernt, dass ihre eigenen Interessen an erster Stelle stehen. Und um die eigenen Bedürfnisse ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen, braucht man doch ein starkes Selbstbewusstsein, oder nicht? Nicht zwingend. Einige Menschen sind egoistisch, weil sie das Gefühl haben, immer zu wenig zu bekommen. Damit kann sowohl Lob und Anerkennung für Leistungen als auch Geld gemeint sein. Um zu verhindern, dass sie weniger bekommen, als ihnen zusteht, entwickeln diese Personen hin und wieder einen starken Egoismus.
  2. Kaum Frustrationstoleranz: Wie wir gesehen haben, spielt beim Thema Egoismus die eigene Erziehung eine wichtige Rolle. Das wirkt sich auch auf einen anderen Aspekt aus: die Fähigkeit, Frustrationen aushalten zu können. Wer das als Kind nie gelernt hat, kann später zu einem egoistischen Erwachsenen werden. Fehlende Frustrationstoleranz führt dazu, dass wir auch als Erwachsene alles immer und sofort haben möchten. Meist interessiert uns dann auch nicht, welche Konsequenzen das für andere Menschen haben könnte. Und genau das ist egoistisches Verhalten par excellence.
  3. Fehlende Empathie: Wem die Fähigkeit fehlt, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, neigt ebenfalls eher zu einem egoistischen Verhalten. Eben weil diese Person gelernt hat, nur an sich zu denken und andere Menschen gar nicht zu beachten. Diese Menschen können sich gar nicht vorstellen, dass sich andere Personen von ihrem Handeln vor den Kopf gestoßen fühlen könnten.

Gesunder Egoismus hat auch Vorteile

Auf der anderen Seite ist nicht jede Person, die an sich denkt, automatisch nur auf ihren eigenen Nutzen aus. Die mildere, gesunde Form des Egoismus, hat sogar Vorteile:

  1. Zielstrebigkeit: Die eigenen Ziele und Vorstellungen zu verfolgen, ist für den beruflichen (und privaten) Erfolg unbedingt notwendig. Personen, die über einen gesunden Egoismus verfügen, sind hier im Vorteil. Für sie ist es selbstverständlich, hartnäckig und diszipliniert an ihren Vorstellungen festzuhalten und sich nicht so leicht vom eigenen Weg abbringen zu lassen.
  2. Toleranz: Gesunder Egoismus lässt uns anderen gegenüber gelassener sein. Denn statt uns darüber zu ärgern, dass sich Kollege Meier so verhält, können wir nachvollziehen, warum er das tut. Wir können ihm zugestehen, dass auch er sich hin und wieder ein wenig egoistisch verhält. Denn wir wissen, dass diese Art von Verhalten positiv für ihn sein kann – sofern er es mit seinem Egoismus nicht übertreibt.
  3. Ausgeglichenheit: Menschen, die auch an sich denken können und ihre eigenen Ziele und Vorstellungen erreichen, sind glücklicher und ausgeglichener. Egoismus in seiner gesunden Form kann also durchaus positive Folgen für den „Egoisten“ haben.

Bildnachweis: Rido / Shutterstock.com

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