Toleranz: Wie steht es um Ihre Toleranz und Akzeptanz?
Toleranz gilt gemeinhin als wünschenswerte Eigenschaft. Aber was bedeutet sie eigentlich? Sind Akzeptanz und Toleranz dasselbe? Und wie kann man lernen, selbst toleranter auf andere Menschen zuzugehen? Das und mehr erfahren Sie hier.
Toleranz: Definition des Begriffs
Der Begriff Toleranz leitet sich vom lateinischen Wort „tolerare“ ab, was so viel bedeutet wie „dulden“ oder „ertragen“. Der Duden definiert Toleranz als „das Tolerantsein, die Duldsamkeit“, wobei die Definition des Wortes „tolerant“ aufschlussreicher ist: Tolerant zu sein heißt laut Duden, „(in Fragen der religiösen, politischen [oder anderen] Überzeugung, der Lebensführung anderer) bereit, eine andere Anschauung, Einstellung, andere Sitten, Gewohnheiten u. a. gelten zu lassen“.
Geht man nur nach dem engeren Wortsinn, ist eine tolerante Person jemand, der andere duldet – er nimmt sie hin, wie sie sind, und akzeptiert, dass sie andere Lebensweisen oder Meinungen haben als er. Toleranz muss nicht bedeuten, die Einstellungen oder Vorgehensweisen anderer zu übernehmen. Im Sprachgebrauch ist mit Toleranz verknüpft, dass man andere Menschen respektiert und trotz der Unterschiede wertschätzt.
Man erkennt an, dass jeder zu seinen eigenen Werten, Haltungen und Ansichten berechtigt ist. Somit bedeutet Toleranz auch, anderen nicht reinzureden und sie von den eigenen Ansichten oder Denkweisen überzeugen zu wollen. Man geht freundlich und offen mit anderen um und behandelt sie mit Respekt, auch wenn sie anders sind als man selbst und man vielleicht auch nicht alles nachvollziehen kann, was sie tun oder denken.
Toleranz zeigt sich zum Beispiel, wenn man auf Personen tritt, die ganz andere Vorstellungen hat als man selbst. Vielleicht trifft ein überzeugter Fleischesser auf einen Veganer, der aus ethischen Gründen oder aus Gründen des Klimaschutzes keine tierischen Produkte isst. Diese beiden Personen haben naturgemäß sehr gegensätzliche Vorstellungen, können sich aber trotzdem mit Toleranz begegnen.
Wie tolerant jemand ist, zeigt sich auch, wenn jemand eine Frau in einer Burka trifft, der selbst nichts von Verschleierung hält, oder wenn auf einer Party eine hitzige Grundsatzdiskussion über politische Fragen entsteht. Im Kleinen kann Toleranz gefragt sein, wenn man sich mit einem Kollegen auf eine Vorgehensweise einigen muss, der ganz andere Vorstellungen hat als man selbst. Oder wenn ein neuer Kollege ins Team stößt, den man wegen seiner Art nervig findet, mit dem man aber trotzdem zusammenarbeiten muss.
Akzeptanz und Toleranz: Wo ist der Unterschied?
Akzeptanz und Toleranz – im Sprachgebrauch gibt es zwischen diesen beiden Begriffen kaum Unterschiede, weshalb sie oft synonym verwendet werden. Genau genommen meinen die beiden Wörter aber nicht dasselbe, was klarer wird, wenn man sich den engeren Wortsinn von Toleranz noch einmal vor Augen führt. Das lateinische „tolerare“ heißt lediglich, etwas zu ertragen oder zu erdulden. Das klingt nach einer schweren Last, und so kann es auch gemeint sein: Man nimmt andere wohl oder übel so hin, wie sie sind, auch wenn es einem schwerfällt. Jemanden zu tolerieren muss in diesem Sinne nicht bedeuten, ihn wirklich zu akzeptieren.
Das Wort akzeptieren leitet sich vom lateinischen „accipere“ ab, was „gutheißen“ oder „annehmen“ bedeutet. Damit geht Akzeptanz einen bedeutenden Schritt weiter als Toleranz. Akzeptanz ist aktiver und geschieht bewusster; wer andere akzeptiert, ist offener ihnen gegenüber und weiß sie trotz der Unterschiede zu schätzen.
Dass die Begriffe Akzeptanz und Toleranz im alltäglichen Sprachgebrauch nicht so klar zu trennen sind, liegt daran, dass Toleranz eine positivere Konnotation hat als es der Begriffsbedeutung eigentlich entspricht. Viele Menschen fordern etwa mehr Toleranz gegenüber bestimmten Gruppen, zum Beispiel gegenüber Flüchtlingen oder Migranten. Damit meinen sie sicherlich nicht, dass man diese Menschen zähneknirschend gewähren lässt, sondern dass man sie respektiert und ihnen offen und freundlich entgegentritt. Das setzt Akzeptanz voraus, die bei der reinen Toleranz nicht zwingend gegeben ist.
Warum ein toleranter Umgang miteinander so wichtig ist
Im alltäglichen Umgang mit anderen Menschen ist Toleranz, mit der Akzeptanz einhergeht, ein wichtiges Gut. Unterschiede zwischen Menschen sind ganz natürlich, egal, ob es um ihre Lebensführung, Gewohnheiten, ihren Glauben, ihre Moralvorstellungen oder Ansichten geht. Es ist also ganz normal, dass man auf Menschen trifft, deren Ansichten oder Verhaltensweisen nicht die eigenen sind, die man vielleicht auch nicht versteht. Privat mag man sich noch aussuchen können, mit wem man es zu tun hat. Beruflich klappt das nicht.
Im Job hat man oft mit vielen, teils sehr unterschiedlichen Menschen zu tun. Wie man ihnen begegnet, ob man offen auf sie zugeht oder nicht, macht im Zusammenleben und der gemeinsamen Arbeit einen Unterschied. Bei einem toleranten Umgang miteinander ist es wahrscheinlicher, dass die Zusammenarbeit produktiv und reibungslos verläuft. Sind die Beteiligten hingegen voreingenommen und halten ihre Ansichten für die einzig wahren, können Konflikte entstehen. Das ist ein Problem, weil man die eigentliche Aufgabe womöglich schlechter erledigt. Außerdem können solche Konflikte die Stimmung im Team negativ beeinflussen.
Im Job tolerant zu sein ist schon deshalb wichtig, weil es ein Zeichen von Seriosität ist. Ihr Chef wird sicherlich von Ihnen erwarten, dass Sie auch mit Menschen gut zusammenarbeiten, deren Ansichten Sie nicht hundertprozentig teilen – egal, ob es um Ihre Kollegen geht, um Kunden oder andere Geschäftskontakte. Toleranz ist dabei Teil eines professionellen Umgangs miteinander und ein Karrierefaktor.
Toleranz ist auch in einem größeren Kontext wichtig, nämlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wenn Menschen eher offen aufeinander zugehen, statt Vorurteile zu haben und sich voneinander abzuwenden, gibt es mehr Berührungspunkte zwischen verschiedenen Gruppen. Es gibt mehr Interaktion, die wiederum für ein besseres Verständnis füreinander sorgt. Die Folgen sind weniger Konflikte und eine geringere gesellschaftliche Spaltung.
Warum fällt es uns manchmal schwer, tolerant zu sein?
Selbst Menschen, die grundsätzlich darum bemüht sind, anderen gegenüber tolerant zu sein, fällt das in manchen Situationen schwer. Sie sehen sich vielleicht mit Menschen konfrontiert, denen gegenüber sie voreingenommen sind, oder sie bringen mit bestimmten Personengruppen Stereotype in Verbindung, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Woran liegt es, wenn jemand Schwierigkeiten mit Toleranz hat?
Wie tolerant jemand ist, hängt von vielen Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielen seine Erziehung, aber auch seine Erfahrungen im Leben. Wer im Laufe seines Lebens mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt gekommen ist, hat wahrscheinlich weniger Vorurteile und ist weniger intolerant. Auch die Persönlichkeit wirkt sich auf die Toleranz aus: Wer empathisch ist, der kann sich leichter in andere hineinversetzen. Menschen mit hoher Empathiefähigkeit sind deshalb oft toleranter.
Besonders schwer fällt vielen Menschen Toleranz, wenn es um tiefgreifende Überzeugungen geht, die man schon besonders lange hat oder die ein unmittelbarer Teil des eigenen Selbstbilds sind. Abweichende Überzeugungen können das Selbstbild angreifen, sie können auch so gegensätzlich zu den eigenen Werten sein, dass man nicht anders kann als sie abzulehnen.
Wie das Leben in der „Bubble“ Intoleranz schüren kann
Erlernte Werte, die von den Eltern, aber auch der Gesellschaft weitergegeben wurden, entscheiden darüber mit, was man für „normal“ hält. Dinge, die im Bereich des Bekannten sind, werden eher akzeptiert und toleriert. Im Laufe der Zeit können sich viele Dinge ändern, was dazu führen kann, dass es zwischen Angehörigen verschiedener Generationen in mancherlei Hinsicht wenig Verständnis gibt. Ein älterer Mensch versteht zum Beispiel vielleicht nicht, warum der Enkel plötzlich kein Fleisch mehr isst. Oder ein Teenager kann nicht nachvollziehen, warum seine Oma so konservative politische Ansichten hat, die ganz anders sind als seine eigenen.
Intoleranz kann dadurch befördert werden, wenn sich Menschen in einer Blase bewegen. Ihr Freundeskreis ist womöglich sehr homogen oder sie leben in einer Social-Media-Bubble, die ihr Denken prägt. Treffen sie nun auf Menschen, die davon abweichen, kann Intoleranz die Folge sein.
Letztlich sind wahrscheinlich alle Menschen gegenüber manchen Menschen intolerant, egal, wie offen sie anderen gegenüber eigentlich sind. Die Toleranz erstreckt sich oft nur auf Menschen, die einem nichts getan haben und von denen man annimmt, dass sie nichts Böses im Sinn haben. Wie sieht es aber mit der Toleranz gegenüber Sexualstraftätern aus? Kinderschändern? Tierquälern? Terroristen oder Mördern? Bei solchen Personen hört die Toleranz vieler Menschen auf.
Mehr Toleranz: So können Sie toleranter werden
Wie tolerant jemand ist, hängt nicht nur von seinen Erfahrungen, seiner Persönlichkeit und den Werten ab, die ihm als Kind von Bezugspersonen mitgegeben wurden. Toleranz kann man üben – und auch später im Leben noch gezielt beeinflussen. Die folgenden Tipps zeigen Ihnen, wo Sie dazu ansetzen können.
Versetzen Sie sich in andere hinein
Versuchen Sie, die Beweggründe und Hintergründe anderer Menschen besser zu verstehen, statt sie pauschal zu verurteilen. Ihre Empathiefähigkeit können Sie trainieren, indem Sie Bücher lesen, Serien, Filme und Dokumentationen schauen oder sich persönlich mit Menschen austauschen. Fragen Sie zum Beispiel bei Freunden oder Angehörigen ruhig mal nach, warum sie bestimmte Ansichten haben oder ob Sie sie richtig einschätzen. So können Sie testen, wie es um Ihre Empathiefähigkeit steht.
Erweitern Sie ihren Horizont
Suchen Sie bewusst Kontakt zu Menschen und Dingen, mit denen Sie bisher kaum Berührungspunkte hatten. Dadurch erhalten Sie neue Impulse und Denkanstöße, außerdem können Sie dadurch Vorurteile abbauen – und auch so lernen, empathischer zu werden. Es ist immer eine gute Idee, mit ganz unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu sein, statt sich nur mit Menschen zu umgeben, die die eigenen Ansichten teilen.
Gehen Sie offen auf andere zu
Zugegeben, in manchen Situationen ist es gar nicht so einfach, unvoreingenommen auf andere Menschen zuzugehen. Versuchen sollten Sie es trotzdem. Je bewusster Sie sich für Offenheit und Toleranz entscheiden, desto eher wird es Ihnen gelingen. Wichtig ist auch, dass Sie sich darüber bewusstwerden, was Sie instinktiv über andere denken. Nehmen Sie Abstand von negativen Gedanken und fragen Sie sich, wie hoch der Wahrheitsgehalt solcher Annahmen tatsächlich ist.
Hören Sie zu, statt zu reden
Um andere besser zu verstehen, sollten Sie öfter mal zuhören statt selbst das Wort an sich zu reißen. In Gesprächen mit anderen können Sie viel über Menschen erfahren, wenn Sie genau hinhören und auf ihre Körpersprache achten.
Halten Sie Ihre Ansichten nicht für die einzig richtigen
Toleranz setzt voraus, dass Sie nicht glauben, dass es bei bestimmten Dingen nur einen richtigen Weg gibt. Gestehen Sie anderen zu, abweichende Meinungen oder Vorgehensweisen zu haben, und versuchen Sie, diese besser zu verstehen, statt sie pauschal abzulehnen.
Vorsicht vor Schubladen
Stereotype kommen einem oft ganz unbewusst in den Sinn – man sieht einen Menschen, der scheinbar in ein bestimmtes Schema passt, und schon landet er in einer Schublade. Aber kennen Sie die Person überhaupt? Seien Sie offen, lernen Sie den Menschen kennen, statt ihn in eine Schublade zu drängen, in die er womöglich gar nicht passt.
Auf Intoleranz reagieren
In manchen Situationen ist es eine gute Idee, nicht zu schweigen, wenn andere intolerant sind. Nehmen wir an, Sie sind auf einer Party und unterhalten sich mit einer Gruppe von Menschen. Plötzlich lässt einer einen rassistischen Kommentar ab. Dann können Sie offen widersprechen und so deutlich machen, dass Sie Intoleranz nicht hinnehmen. Ob Sie etwas sagen, machen Sie am besten von der Situation und dem Kontext abhängig.
Die Grenzen von Toleranz
Hat Toleranz Grenzen? Sollte sie vielleicht sogar welche haben? Es kommt darauf an, wie sich die Toleranz auswirkt. Geht es darum, tolerant gegenüber anderen Meinungen, Auffassungen, Wertvorstellungen und Lebensweisen zu sein, ist das theoretisch immer wünschenswert – es sei denn, bestimmte Dinge gehen zulasten Dritter. Das kann zum Beispiel bei rassistischen oder diskriminierenden Äußerungen der Fall sein, wenn jemand andere verbal oder körperlich angreift oder andere unterdrückt.
Es kann auch sein, dass Sie selbst der Leidtragende sind: Sie nehmen das Verhalten einer anderen Person stoisch hin, haben davon aber immer wieder Nachteile. Vielleicht geht Ihr Kollege immer früh nach Hause und Sie müssen die gemeinsame Arbeit allein zu Ende führen. Oder Ihre Kollegin meldet sich ständig krank, obwohl Sie genau wissen, dass sie nicht krank ist – sie hat einfach keine Lust zu arbeiten. Sie dürfen dann einspringen und doppelte Arbeit erledigen. Dann kann es angebracht sein, mit dieser Person offen zu sprechen und deutlich zu machen, was ihr Verhalten für Sie bedeutet. In manchen Situationen kann es auch sinnvoll sein, bestimmte Dinge an den Vorgesetzten weiterzugeben oder sogar an Strafverfolgungsbehörden, wenn Sie Straftaten mitbekommen.
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