Homophobie: Wie Sie am besten reagieren und handeln
Homophobie ist in vielen Ländern nach wie vor weit verbreitet, darunter auch in Deutschland. Was genau bedeutet Homophobie eigentlich und wie zeigt sie sich? Wo liegen ihre Ursachen und was kann man tun, um Homophobie zu bekämpfen? Hier erfahren Sie mehr darüber.
Definition: Was heißt Homophobie?
Der Begriff Homophobie wurde in den 1960er Jahren erstmals verwendet, und zwar vom US-amerikanischen Psychologen George Weinberg in einem Artikel. Er leitet sich aus dem Griechischen ab: homós bedeutet gleich, phóbos ist die Angst oder auch Phobie. Homophobie ist die Ablehnung von Homosexualität. Sie kann sich subtil oder offen zeigen, mit Feindseligkeit ebenso wie Ekel oder Hass einhergehen. Häufig ist Homophobie mit Vorurteilen verbunden, die für negative Einstellungen gegenüber homosexuellen Menschen sorgen.
In Deutschland und vielen anderen Ländern ist Homophobie nach wie vor relativ weit verbreitet. Das zeigen Befragungen immer wieder durch die oft hohe Zustimmung zu entsprechenden Aussagen. So denken etwa vergleichsweise viele Menschen, dass Homosexualität unnatürlich sei oder dass Schwule und Lesben nicht heiraten dürfen sollten. Andere finden Homosexualität ekelhaft und abstoßend. Häufig behalten Menschen homophobe Einstellungen für sich, es sei denn, sie sind unter Gleichgesinnten. Es kommt aber auch immer wieder zu homophoben Vorfällen und Gewaltdelikten.
Männer neigen Studien zufolge stärker zu Homophobie als Frauen. Das, so mutmaßen Experten, hängt auch mit dem Bild des „starken Mannes“ zusammen. Das traditionelle Männerbild passt nicht zu weiblicheren, sanfteren Zügen, wie sie mit Homosexualität häufig assoziiert werden. Zudem scheinen Männer auch eher zu homophoben Aussagen zu neigen, um deutlich zu machen, dass sie selbst keine homosexuellen Neigungen haben.
Jüngere Menschen sind seltener homophob als ältere Menschen über 60. Ebenso sind homophobe Einstellungen häufiger bei Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau anzutreffen. Dasselbe gilt für Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem bei Menschen aus arabischen und osteuropäischen Ländern. Bei einem höheren Bildungsniveau wirkt sich ein Migrationshintergrund allerdings nicht mehr signifikant auf die Einstellungen von Menschen zu Homosexualität aus.
Diese Anzeichen können auf Homophobie hindeuten
In der Wissenschaft wird Homophobie in drei Komponenten geteilt: affektiv, kognitiv und verhaltensbezogen. Affektiv bedeutet, dass Homophobie bei einer Person mit bestimmten Gefühlen verbunden ist – zum Beispiel Ekel, wenn jemand beobachtet, wie zwei Frauen oder zwei Männer sich küssen. Die kognitive Komponente von Homophobie betrifft die Einstellungen von Menschen. Wenn jemand negativ gegenüber Schwulen, Lesben oder bisexuellen Menschen eingestellt ist, findet das also auf dieser Ebene statt. Verhaltensbezogen heißt, dass jemand sich homophob verhält. Er meidet zum Beispiel den Kontakt zu Menschen, weil er weiß, dass sie homosexuell sind.
Homophobie kann offen gezeigt werden, aber häufiger sind die Anzeichen dafür subtil. Auf den ersten Blick bemerkt man sie oft nicht. Das können vermeintlich lustige Witze oder Sprüche sein, die harmlos wirken. Ebenso können bestimmte Einstellungen und Vorurteile auf homophobe Neigungen hindeuten, oder sie können sich zeigen, wenn Menschen homosexuelle Menschen meiden.
Von Beleidigungen bis zu Diskriminierung
Auch homophobe Beleidigungen sind ein Anzeichen für Homophobie. Dasselbe gilt, wenn Kinder und Jugendliche in der Schule gehänselt werden, weil sie homosexuell sind, man ihnen das unterstellt oder man sie schlicht durch Bezeichnungen wie „Schwuchtel“ beleidigen möchte. Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit kann auch Gewaltandrohungen oder tatsächliche Gewalt mit sich bringen. Bei entsprechenden Übergriffen können sich die Personen kennen, es kann sich aber auch um Fremde handeln – zum Beispiel bei Vorfällen beim Christopher Street Day oder anderen Veranstaltungen.
Ein Anzeichen für Homophobie kann außerdem Diskriminierung sein, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld. Homosexuelle können im Job benachteiligt werden, indem ihnen eine Beförderung verwehrt wird oder sie bei Bewerbungen abgelehnt werden. Auch bei der Wohnungssuche ist eine Benachteiligung denkbar, wenn der Vermieter homophobe Einstellungen hat.
Homophobie muss sich nicht zwingend auf Schwule, Lesben und bisexuelle Menschen gleichermaßen beziehen. Manche Männer sind etwa Schwulen gegenüber negativer eingestellt als gegenüber lesbischen Frauen. Ekelgefühle, die ebenfalls mit Homophobie einhergehen können, können sich ebenso auf alle homosexuellen Menschen oder nur auf homosexuelle Menschen bestimmten Geschlechts erstrecken.
Welche Ursachen hat Homophobie?
George Weinberg, der den Begriff der Homophobie geprägt hat, ging davon aus, dass es sich dabei um eine Störung im Gehirn handeln würde. Das kann man schon am Begriff ablesen, der das Wort Phobie enthält. Eine Phobie ist eine Angststörung, die für die Betroffenen typischerweise nicht kontrollierbar ist. Das ist bei Homophobie in den meisten Fällen nicht so, zumal sie nicht zwingend durch Angst gekennzeichnet ist. Der Begriff ist daher umstritten.
Bei der Entstehung von Homophobie können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Vorurteile und Stereotype gehören zu den wichtigsten Aspekten, die homophobe Einstellungen und Verhaltensweisen begünstigen können. Das menschliche Gehirn neigt dazu, unbekannte Menschen (und neue Informationen generell) in Schubladen zu stecken. Das macht es leichter, mit diesen Informationen umzugehen, und ist damit für das Gehirn schlicht eine sehr effiziente Lösung. Praktisch führen solche Mechanismen aber dazu, dass Menschen sich häufig von Vorurteilen leiten lassen, wenn sie auf unbekannte Menschen mit bestimmten Merkmalen treffen.
Eine Rolle spielt auch die Tatsache, dass man sich durch eine Abwertung von anderen Personen selbst besser fühlen kann. Wer das Gefühl hat, mehr wert zu sein als homosexuelle Menschen, stärkt dadurch sein Selbstbewusstsein. Auch das Umfeld wirkt sich häufig stark auf mögliche homophobe Neigungen aus. Wenn zum Beispiel die eigenen Freunde Begriffe wie „Schwuchtel“ oder „Lesbe“ als Schimpfwörter verwenden, übernimmt das oft der ganze Freundeskreis – oder bekommt zumindest suggeriert, dass eine solche Wortwahl harmlos und vollkommen akzeptabel ist. Noch gravierender sind die Auswirkungen, wenn schon die Familie homophobe Einstellungen hatte. Umgekehrt ist es positiv, wenn die Eltern und wichtige Bezugspersonen Toleranz und Offenheit vorgelebt haben. Das kann das Auftreten von Homophobie unwahrscheinlicher machen.
Kulturelle und religiöse Vorstellungen können Homophobie begünstigen
Forscher der University of Queensland in Australien haben herausgefunden, dass auch eine verminderte Intelligenz ein Faktor bei der Entstehung von Homophobie sein kann. Natürlich hat nicht jeder Mensch mit einem niedrigeren IQ homophobe Einstellungen und nicht jeder intelligente Mensch ist frei davon. Die Tendenz scheint aber zu bestehen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der Homophobie begünstigen kann, ist eine feste Verhaftung in traditionellen Rollenbildern und Wertvorstellungen. Damit geht oft Heteronormativität einher, also die Vorstellung, dass Heterosexualität die Norm ist und Homosexualität „unnormal“. Das kann erklären, warum Menschen mit Migrationshintergrund gerade im unteren Bildungsbereich eher homophob sein können als andere. Wenn sie in einer entsprechenden Kultur aufgewachsen sind, kann sich eher Homophobie entwickeln.
Auch religiöse Vorstellungen können sich auswirken. In Schriften vieler monotheistischer Religionen gibt es Passagen, die eine Ablehnung von Homosexualität erkennen lassen. Dadurch kann jemand, der sehr gläubig ist, eher der Auffassung sein, dass Homosexualität verwerflich oder gar unmoralisch ist. Oder dass gleichgeschlechtliche Partner nicht heiraten dürfen sollten, weil die Ehe (vermeintlich) Mann und Frau vorbehalten ist.
Forscher vermuten auch, dass in manchen Fällen von Homophobie eine eigene homosexuelle Orientierung eine Rolle spielt. Wer selbst homosexuelle Neigungen hat, diese aber unterdrücken und auf keinen Fall gegenüber anderen Menschen zugeben möchte, kann sich homophob äußern oder verhalten. Ebenso kann ein fehlender Kontakt zu homosexuellen Menschen die Entstehung von Homophobie wahrscheinlicher machen: Was man nicht kennt, lehnt man eher ab. Vorurteile halten sich eher, wenn man keine Erfahrungen macht, die sie auf den Prüfstand stellen.
Was kann man gegen Homophobie tun?
Kann man gegen Homophobie etwas tun – und wenn ja, was? Wichtig ist, dass Sie bei sich selbst anfangen. Haben Sie vielleicht Vorurteile, die Ihnen möglicherweise gar nicht so bewusst sind? Akzeptieren Sie Homosexualität in all ihren Facetten, oder gibt es etwas, gegen das Sie Vorbehalte haben? Falls ja, versuchen Sie, Ihre Einstellung dahingehend zu ändern. Dazu kann auch Kontakt mit homosexuellen Menschen sinnvoll sein, durch die Sie sehen, dass Homosexualität nicht automatisch X oder Y bedeutet. Versuchen Sie, generell nicht in Schubladen zu denken – egal, ob es um Homosexualität geht oder um andere Merkmale. Indem Sie offen an Menschen und Situationen herangehen, lassen Sie sich in Ihrem Denken und Handeln weniger von Vorurteilen leiten.
Wenn Sie Homophobie bei anderen Menschen bemerken, hängen Ihre Handlungsmöglichkeiten von der Situation ab. Angenommen, ein Freund äußert etwas, das als homophob interpretiert werden kann. Dann können Sie ihn darauf ansprechen, ob ihm die Wirkung seiner Worte bewusst ist und was dahintersteckt. Betreiben Sie, falls nötig Aufklärung. Bei beleidigenden Worten ist es wichtig, dass Sie klare Grenzen setzen. Wenn Menschen bei homophoben Äußerungen keinen Gegenwind bekommen, könnten sie sich bestärkt fühlen und homophobe Gedanken immer offener äußern.
Falls Sie eine fremde Person dabei beobachten, wie sie sich homophob verhält oder äußert, sollten Sie Ihre Reaktion von den Umständen abhängig machen. Sie können etwas sagen und so deutlich machen, dass das Verhalten der anderen Person nicht akzeptabel ist. Aber Vorsicht: So richtig und wichtig es ist, beleidigenden und hasserfüllten Menschen Paroli zu bieten – bringen Sie sich nicht in Gefahr. Wenn starke Emotionen oder Alkohol im Spiel sind oder Sie sich in der Situation nicht sicher fühlen, ist es womöglich besser, sich zurückzuhalten.
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