Bildungsniveau: Wie wird der Bildungsstand in Deutschland gemessen?

Das Bildungsniveau in einem Land oder einer Region entscheidet maßgeblich darüber, welche Chancen Menschen auf dem Arbeitsmarkt haben und wie sich ihr Wohlstand entwickelt. Welche Bedeutung hat der Bildungsstand? Wie steht es um das Bildungsniveau in Deutschland? Und wie sieht es im internationalen Vergleich aus? Hier erfahren Sie es.

Mehrere Schüler in einer Klasse, wie wird das Bildungsniveau gemessen?

Bildungsniveau: Was ist das?

Das Bildungsniveau ist eine Kennzahl, die die Verteilung des Bildungsstands in einem bestimmten Bereich widerspiegelt. Es kann dabei zum Beispiel um das Bildungsniveau in einem Land gehen, in einem Bundesland, einer Stadt oder in Europa. Berücksichtigt werden alle Formen von Bildung, von der primären über die sekundäre bis zur tertiären Schulbildung. Somit umfasst das Bildungsniveau alle schulischen Stufen von der Grundschule über die weiterführende Schule bis zu den Hochschulen und Universitäten.

Das Bildungsniveau kann niedrig, mittel oder hoch sein. Es gilt als Anzeichen für den sozialen Entwicklungsstand im jeweiligen Bereich. In Deutschland findet jedes Jahr ein Mikrozensus statt, in Form der größten Befragung von Haushalten in Deutschland. Anhand der Ergebnisse der Umfrage wird das Bildungsniveau ermittelt. Der Bildungsstand wird in Deutschland anhand des Deutschen Qualifikationsrahmens in verschiedene Bildungsniveau-Stufen unterteilt. Insgesamt gibt es acht Stufen, wobei eine höhere Zahl ein höheres Bildungsniveau bedeutet. Hier einige Beispiele dafür, was die jeweiligen Bildungsstufen im Deutschen Qualifikationsrahmen bedeuten:

  • Bildungsniveau 1 umfasst die Berufsausbildungsvorbereitung, darunter Maßnahmen der Arbeitsagentur und das Berufsvorbereitungsjahr
  • Bildungsniveau 3 umfasst unter anderem die duale Berufsausbildung (zweijährig), Berufsfachschule (mittlerer Schulabschluss) und den mittleren Schulabschluss
  • Bildungsniveau 6 beinhaltet unter anderem akademische Grade wie Bachelor, Diplom (Fachhochschule) oder Staatsexamen, Fachwirt, Meister oder Fachschulen
  • Bildungsniveau 8 bezieht sich auf eine Promotion an der Hochschule (Doktorgrad)

Welche Aussagekraft hat der Bildungsstand in einem Land?

Wie interpretiert man das Bildungsniveau in einem Land und was sagt der Bildungsstand aus? Bildung ist essenziell für die persönliche Entwicklung von Menschen im Laufe ihres Lebens. Sie entscheidet über ihre Chancen, wenn sie einen Beruf ergreifen und sich für Jobs bewerben. Der Bildungsstand eines Menschen wirkt sich damit unmittelbar auf ihre Verdienstmöglichkeiten und damit auch auf ihren Wohlstand aus. Damit beeinflusst die Bildung eines Menschen indirekt auch – zumindest in der Tendenz – wie zufrieden jemand mit seinem Leben ist.

Der Bildungsstand entscheidet darüber, welches Rentenniveau jemand im Alter erwarten kann. Auch für die gesellschaftliche Teilhabe ist er essenziell. Menschen mit einem geringen Bildungsstand haben häufig schlecht bezahlte Jobs oder finden gar keine Arbeit. Dadurch können sie sich womöglich viele Dinge nicht leisten – sie können beispielsweise keine teuren Urlaube machen, nicht ins Kino gehen oder im Restaurant essen gehen. Das wirkt sich auf ihre persönliche Zufriedenheit aus, kann aber bei einem ungleichen Bildungsniveau auch die Spaltung der Gesellschaft befördern und damit Spannungen und Konflikte begünstigen.

Das Bildungsniveau in einem Land ist somit wichtig für den Zusammenhalt der Bürger. Es wirkt sich auch auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes aus. Ein höherer Bildungsstand geht in der Regel mit einer höheren Zahl an gut ausgebildeten Fachkräften einher. Wenn Unternehmen hochqualifizierte Fachkräfte finden, trägt das zu ihrer Produktivität bei, was sich wiederum gesamtwirtschaftlich positiv auswirkt.

Bildungsniveau Deutschland: Wie gut ist der Bildungsstand?

Wie steht es um das Bildungsniveau in Deutschland? Darüber gibt der Datenreport 2021 Aufschluss. Dabei handelt es sich um einen Sozialbericht, der von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt, dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) publiziert wird.

Der Datenreport 2021 bezieht sich auf Zahlen aus dem Jahr 2018. Zu diesem Zeitpunkt hatten in Deutschland 56 Prozent der Menschen ab 25 einen höherwertigen Schulabschluss. Das umfasst den mittleren Schulabschluss und die Fachhochschul- oder Hochschulreife (Abitur). 23 Prozent hatten einen mittleren Abschluss, fast jeder Dritte (32 Prozent) die Fachhochschul- oder Hochschulreife.

Schaut man auf die jüngere Bevölkerungsgruppe der 25- bis 29-Jährigen, ist das Bildungsniveau wesentlich höher: 80 Prozent hatten einen mittleren Abschluss oder höher. 27 Prozent konnten den mittleren Schulabschluss vorweisen, und mehr als jeder Zweite (53 Prozent) hatte Fachhochschulreife oder Abitur. Am anderen Ende des Altersspektrums ist der Bildungsstand niedriger: Bei den ab 60-Jährigen hatten 16 Prozent einen mittleren Abschluss und 20 Prozent Abitur oder Fachhochschulreife. Männer hatten in dieser Altersgruppe im Schnitt einen höheren Bildungsgrad als Frauen, während es in jüngeren Kohorten oft umgekehrt ist.

Besseres Bildungsniveau bei jüngeren Menschen

Wie sieht es aus, wenn es um den höchsten Bildungsabschluss geht? Im Jahr 2018 hatten 52 Prozent der Bevölkerung über 25 eine duale Ausbildung erfolgreich absolviert oder verfügten über einen vergleichbaren Abschluss. 20 Prozent konnten einen akademischen Abschluss vorweisen, fast jeder Zehnte (9,8 Prozent) einen Fachschulabschluss oder einen Abschluss als Meister oder Techniker. 17 Prozent hatten hingegen gar keinen Berufsabschluss und befanden sich auch nicht in einer Berufsausbildung.

Der Bildungsreport 2021 zeigt große Unterschiede im Bildungsniveau zwischen älteren und jüngeren Menschen auf. Jüngere Menschen sind tendenziell gebildeter; immer mehr junge Menschen haben Abitur und die Akademikerquote steigt. In der Gruppe der 25- bis 29-Jährigen hatten 50 Prozent der Männer und 56 Prozent der Frauen Abitur oder die Fachhochschulreife erlangt. Zugleich stieg jedoch auch der Anteil der Menschen an, die gar keinen Bildungsabschluss haben.

Bildungsniveau Bundesländer: Hier haben Schüler die besten Chancen

Spannend ist nicht nur die Frage nach dem tatsächlichen Bildungsniveau, sondern auch, wo junge Menschen die besten Chancen haben, einen hohen Bildungsgrad zu erreichen. In Deutschland gibt der Bildungsmonitor 2022 darüber Aufschluss. Er liefert einen Vergleich zwischen den Bundesländern und wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) veröffentlicht. Bewertet wurde dabei, inwieweit die Länder Bildungsarmut reduzieren, Wachstum fördern und zur Sicherung von Fachkräften beitragen.

Das leistungsfähigste Bundesland laut Bildungsmonitor 2022 war Sachsen. Auf dem zweiten und dritten Platz folgten Bayern und Thüringen, gefolgt von Hamburg, dem Saarland, Baden-Württemberg und Hessen. Im Mittelfeld bewegten sich Niedersachsen und Schleswig-Holstein, ebenso Mecklenburg-Vorpommern. Zu den Schlusslichtern gehörten Berlin, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, wobei Bremen die niedrigste Punktzahl erreichte.

Auch die Digitalisierung im Bildungssektor wurde im Bildungsmonitor berücksichtigt. Hier kehrten sich die Verhältnisse teilweise um: Sachsen, dem insgesamt das beste Bildungssystem attestiert wurde, lag nur noch auf Platz 12, während der Gesamt-Letzte Bremen auf dem ersten Platz lag.

Der Geschäftsführer der INSM, Hubertus Pellengahr, wies darauf hin, dass sich die Bildungssysteme in etwa jedem zweiten Bundesland seit 2013 verschlechtert hätten. Es mangelt demnach etwa an Lehrkräften in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und einer ausreichend guten Förderinfrastruktur für Schülerinnen und Schüler.

Europäisches Bildungsniveau im Vergleich

Interessant ist auch ein Vergleich der Bildungsniveaus der europäischen Länder. Hier lag Deutschland nach Daten von Eurostat für das Jahr 2018 unmittelbar über dem Schnitt der Länder der Europäischen Union.

19,6 Prozent der 15- bis unter 65-Jährigen in Deutschland hatten einen Bildungsabschluss unterhalb des Sekundarbereichs II (EU-Schnitt: 25,5 Prozent), was einen Abschluss unterhalb der gymnasialen Oberstufe und der berufsbildenden Schulen bedeutet. Der Bildungsstand der Betroffenen gilt damit als niedrig. Einen mittleren Bildungsstand hatten in Deutschland 2018 55,2 Prozent (EU: 45,8 Prozent) der genannten Altersgruppe, was Bildung bis zum Abitur oder der Fachhochschulreife umfasst. 25,2 Prozent der Bevölkerung hatten einen hohen Bildungsstand im Tertiärbereich (Hochschulen, Universitäten, Fachschulen, Berufsakademien) (EU-Schnitt: 28,7 Prozent).

Zwischen den europäischen Staaten gibt es beim Bildungsniveau zum Teil große Unterschiede. Den größten Anteil an Menschen mit hohem Bildungsniveau wiesen Staaten wie Vereinigtes Königreich, Irland, Schweiz, Zypern und Luxemburg auf. Ähnlich gut schnitten Norwegen, Schweden und Finnland ab. Ein hohes Bildungsniveau hatten demgegenüber besonders wenige Frauen und Männer in Ländern wie der Türkei, Italien, Nordmazedonien und Rumänien. Besonders niedrig war das Bildungsniveau insgesamt in Ländern wie der Türkei, Portugal, Malta, Spanien und Italien.

Bildungsniveau weltweit: Wo der Bildungsstand am höchsten und niedrigsten ist

Im weltweiten Vergleich gibt es nach wie vor große Unterschiede zwischen den Bildungsniveaus der Staaten. Während in Deutschland ein Zugang auch zu höherer Bildung in den meisten Fällen grundsätzlich gegeben ist, sieht das in manchen Ländern ganz anders aus. In Ländern in Subsahara-Afrika etwa besuchte mehr als jeder Fünfte nach Zahlen des Statistischen Bundesamts im Jahr 2018 gar keine Schule. Diejenigen, die zur Schule gingen, hatten ganz überwiegend dennoch unzureichende Lernkenntnisse. Nur etwas mehr jeder Zehnte wies keine Bildungsdefizite auf.

Ebenfalls eingeschränkt war der Zugang zu Schulbildung im Nahen Osten und Nordafrika, in Südasien und Lateinamerika und der Karibik. Hier war der Anteil derer, die keine Bildungsarmut hatten, gegenüber Subsahara-Afrika jedoch wesentlich höher. Ebenso war der Anteil der Schüler geringer, die gar nicht zur Schule gingen. Am besten waren die Chancen auf eine gute Schulbildung in Europa und Zentralasien, aber auch in Ostasien und dem Pazifikraum.

Nichtsdestotrotz konnten viele Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen seit den 1970er Jahren zum Teil große Fortschritte im Bildungsniveau erzielen. Der Teil der Kinder, die immerhin eine Grundschule besuchen, stieg beispielsweise auf nahezu 90 Prozent. Dennoch lag der Anteil von Kindern, die von Bildungsarmut betroffen waren, in diesen Ländern bei mehr als 50 Prozent. Sie hatten keine Grundschule besucht oder nur unzureichende Lernkenntnisse erlangt.

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