Faire Kritikgespräche führen: So klappt es am besten
Andere Menschen zu kritisieren ist in vielen Situationen unumgänglich. Auch im Job ist es immer wieder nötig, anderen kritisches Feedback zu geben – vom Beispiel bei Mitarbeitergesprächen. Entscheidend ist dann, die Kritik in einer fairen und konstruktiven Art und Weise herüberzubringen. Wie kann man ein Kritikgespräch so führen, dass die Kritik beim Gegenüber ankommt, ohne dass die andere Person sich vor den Kopf gestoßen fühlt? Und was kann man als Vorgesetzter tun, wenn ein Mitarbeiter auf Gegenangriff schaltet? Hier finden Sie Tipps und Lösungsansätze.
Kritikgespräch führen: Wann und warum es nötig ist
Wenn Kritik geäußert wird, ist das oft unangenehm für alle Beteiligten. Zum Beispiel im Job: Ein kritisierter Mitarbeiter hört sicherlich nicht gerne, dass der Chef mit ihm nicht rundum zufrieden ist. Und vielen Führungskräften fällt es nicht leicht, negative Aspekte offen zur Sprache zu bringen – aus Angst, Mitarbeiter zu verunsichern oder die Beziehung zu ihnen zu belasten. Nichtdestotrotz: Kritik ist nicht nur in vielen Situationen sinnvoll, sie kann auch sehr lehrreich sein.
Wenn eine Führungskraft einen Mitarbeiter kritisiert, weist sie ihn auf Fehler oder suboptimale Vorgehens- und Verhaltensweisen hin. Nimmt der Mitarbeiter die Kritik an, kann sie ihm dabei helfen, sein Verhalten zu verändern und zu verbessern. Diese Chance erhält er womöglich erst durch das kritische Feedback vom Chef, wenn ihm ansonsten nicht selbst aufgefallen wäre, was er besser machen könnte.
Wie wichtig ein offenes Kritikgespräch zum richtigen Zeitpunkt ist, wird auch deutlich, wenn man sich die Alternative vor Augen führt. Unterbleiben Kritikgespräche, können sich Fehler wiederholen. Mittelfristig kann ein Mitarbeiter hinter seinem Potenzial zurückbleiben; er leistet womöglich weniger, als er könnte, oder erbringt schlechtere Leistungen. Das kann Folgen für das ganze Team oder die Abteilung haben, deren Produktivität sinken kann – zumal dann, wenn Vorgesetzte auch andere Mitarbeiter nicht kritisieren, obwohl es Anlass dazu gäbe.
Zum fairen Umgang mit Beschäftigten gehört es, sie bei Bedarf zu kritisieren. Ein Anlass kann ein jährliches Mitarbeitergespräch sein, ein beendetes Projekt oder schlicht Beobachtungen, die der Vorgesetzte an seinen Mitarbeiter weitergeben möchte. Zur Förderung von Mitarbeitern ist es wichtig, ihnen nicht nur positive, sondern auch negative Rückmeldungen zu geben: Für ihre persönliche Entwicklung ist Lob ebenso unerlässlich wie Kritik.
Kritikgespräch-Vorbereitung: Tipps für die Planung eines Kritikgesprächs
Ein Kritikgespräch kann sehr hilfreich sein, es kann aber auch ins Leere laufen oder gar negative Effekte haben. Damit das Feedback die gewünschte Wirkung entfalten kann, sind Führungskräfte gefragt. Es liegt an ihnen, das Kritikgespräch durch eine umsichtige Vorbereitung zu planen. Ein gut geplantes Feedback-Gespräch verläuft eher konstruktiv als eine spontane kritische Rückmeldung. Mit einer guten Vorbereitung können Sie als Chef verhindern, dass ein Mitarbeiter sich durch die Kritik angegriffen fühlt oder nicht versteht, was genau Sie meinen.
Vor jedem Kritikgespräch sollten Sie sich als Führungskraft überlegen, was Sie mit dem Gespräch bezwecken möchten. Welche Ziele verbinden Sie damit? Das müssen Sie wissen, um sich eine geeignete Strategie zurechtlegen zu können. Gehen Sie auf keinen Fall planlos ins Gespräch, ohne zu wissen, worauf es hinauslaufen soll.
Wohlbedacht sollte auch der Zeitpunkt für das Kritikgespräch sein. Vielleicht handelt es sich um ein turnusmäßiges Mitarbeitergespräch, dessen Termin ohnehin schon feststeht. Es kann aber auch sein, dass Sie einem Mitarbeiter außer der Reihe Feedback geben möchten. Wenn es Dinge gibt, über die man sprechen sollte, wägen Sie ab, wie früh Sie das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen. Es ist weder sinnvoll, schon beim kleinsten Anlass ein Kritikgespräch zu führen, noch, zu lange damit zu warten. Wenn die Gefahr besteht, dass sich ein bestimmtes Verhalten verfestigt, sollten Sie frühzeitig eingreifen. Es wäre unfair, dem Mitarbeiter nicht zeitnah eine konstruktive Rückmeldung zu geben.
Überlegen Sie sich, wie Sie Ihre Kritik formulieren können
Wichtig ist bei der Planung auch die Frage, wo und in welchem Rahmen Sie mit dem Mitarbeiter sprechen möchten. Kritikgespräche sollten grundsätzlich in einer vertraulichen Atmosphäre stattfinden, in der Regel unter vier Augen hinter verschlossenen Türen. Dabei sollten beide Beteiligten die nötige Ruhe haben – Kritik zwischen Tür und Angel zu äußern, ist wenig förderlich. Das kann man mal machen, wenn es nur um eine Kleinigkeit geht. Bei ernsteren Problemen und wenn absehbar ist, dass das Gespräch länger dauert, sollte allerdings kein Zeitdruck herrschen.
Überlegen Sie sich, wie beim Kritikgespräch der Ablauf sein soll. Steigen Sie nicht direkt mit Vorwürfen in das Gespräch ein, sondern beginnen Sie behutsam. Es kann sinnvoll sein, dem Mitarbeiter im Kritikgespräch auch positives Feedback zu geben. Negative Kritik sollten Sie mit Fingerspitzengefühl herüberbringen, um das das Verhältnis zum Mitarbeiter nicht unnötig zu belasten und negative Reaktionen zu verhindern. Überlegen Sie sich vorab, wie Sie Ihre Kritik formulieren können und wollen. Sie können sich auch Formulierungshilfen ins Kritikgespräch mitnehmen. Gefragt sind klare und dennoch respektvolle Formulierungen, die nicht missverstanden werden können.
Kritikgespräch: Phasen des Gesprächs
Bei der Planung eines Kritikgesprächs können Sie sich an einem bestimmten Ablauf orientieren. Grundsätzlich gliedert sich ein Kritikgespräch in die folgenden Phasen:
- Gesprächseinstieg
- Äußerung der Kritik
- Reaktion auf die Kritik
- Austausch
- Zielvereinbarungen und Gesprächsabschluss
Das Gespräch beginnt mit einem Gesprächseinstieg. Überlegen Sie, mit welchen Worten Sie das Gespräch beginnen möchten, um auf Ihr eigentliches Anliegen hinzuleiten. Nach einer entsprechenden Überleitung haben Sie die Gelegenheit, Ihre Kritik vorzubringen. Hierbei sollten Sie vorab überlegt haben, mit welchen Worten Sie Ihr Feedback am besten formulieren können. Zuerst schildern Sie Ihre Eindrücke, anschließend hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, auf Ihre Aussagen zu reagieren.
Im Anschluss tauschen Sie sich zum Thema aus, wobei es weniger darum gehen sollte, den Blick zurückzurichten, als nach vorne zu schauen. Entscheidend ist, dass Sie eine Übereinkunft treffen und sich auf eine bestimmte Vorgehensweise verständigen. Entwickeln Sie gemeinsam eine Strategie. Sie können dabei auch festlegen, wann Sie noch einmal zusammenkommen und darüber sprechen wollen, wie sich die Dinge in der Zwischenzeit entwickelt haben.
Zum Schluss sollten Sie auf einen runden Abschluss des Gesprächs achten. Sie können am Ende eines Kritikgesprächs zum Beispiel dem Mitarbeiter für seine Schilderungen danken oder Ihre Zuversicht darüber ausdrücken, dass getroffene Übereinkünfte eingehalten werden.
Faires Kritikgespräch führen: So gelingt es Ihnen
Welchen Ton Sie in einem Kritikgespräch treffen und wie Sie Ihre Kritik formulieren, hat großen Einfluss darauf, wie das Gespräch verläuft und wie es sich auf Ihre Beziehung zu der anderen Person auswirkt. Ihr Ziel sollte immer sein, ein faires Kritikgespräch zu führen. Fair ist ein Kritikgespräch dann, wenn es sich auf Tatsachen stützt, der Mitarbeiter auf die Kritik reagieren kann und der Tonfall wertschätzend und respektvoll ist.
Ein faires Kritikgespräch fängt schon bei der Zielsetzung an: Es sollte Ihnen als Führungskraft darum gehen, herauszufinden, wie es zu einem bestimmten Verhalten kam und wie es sich vermeiden lässt. Der Fokus liegt dabei darauf, unerwünschtes Verhalten künftig zu verhindern. Vorhaltungen zu machen ist wenig konstruktiv – was geschehen ist, ist geschehen. Treten Sie nicht das breit, was sich nicht mehr ändern lässt. Überlegen Sie lieber gemeinsam mit dem Mitarbeiter, wie man die Dinge verbessern kann.
Ihre Kritik muss nachvollziehbar sein
Geben Sie Ihrem Mitarbeiter die nötigen Informationen an die Hand, die er braucht, um sich verändern oder verbessern zu können. Das setzt voraus, dass Ihre Kritik nachvollziehbar ist. Formulieren Sie so klar und offen wie möglich, damit es keine Missverständnisse gibt. Wenn Sie negative Kritik äußern möchten, bringen Sie ruhig auch positive Aspekte zur Sprache, damit der Mitarbeiter nicht das Gefühl hat, dass Sie nicht grundsätzlich mit ihm zufrieden sind. Ihr Ton sollte während des gesamten Kritikgesprächs sachlich und freundlich sein. Emotionen sind fehl am Platz, ebenso zweideutige oder gar feindselige Kommentare.
Ein Kritikgespräch sollte immer als Austausch verstanden werden, bei dem alle Beteiligten von den Rückmeldungen der anderen lernen können. Ein Monolog ist nicht zielführend – wenn Sie als Chef 90 Prozent der Zeit reden, erhöht das das Risiko, dass das Gespräch negative Reaktionen bei Ihrem Mitarbeiter auslöst. Der Mitarbeiter sollte nicht nur seine Sichtweise schildern können, Sie sollten auch ehrlich an dieser Sichtweise interessiert sein. Gehen Sie nicht in der Annahme in das Gespräch, dass Sie schon genau wissen, wie es zu einem bestimmten Verhalten gekommen ist, sondern seien Sie offen.
Tipps zum Umgang mit unerwünschten Reaktionen in Kritikgesprächen
Nicht immer verlaufen Kritikgespräche konstruktiv und zur beidseitigen Zufriedenheit. Das liegt manchmal an der Planung und Wortwahl von Vorgesetzten, die nicht die richtigen Bedingungen für ein gutes Gespräch schaffen. In anderen Fällen ist der Umgang mit den Mitarbeitern schwierig – sie fühlen sich leicht angegriffen und reagieren emotional auf die Kritik, werden defensiv oder gehen zum Gegenangriff über. Wie kann man als Vorgesetzter in solchen Situationen zu reagieren? Das hängt davon ab, wie die Reaktion des Mitarbeiters aussieht.
Wenn der Mitarbeiter emotional reagiert, ist er womöglich traurig, entmutigt, wütend oder beleidigt. Im besten Fall kennen Sie Ihren Mitarbeiter so gut, dass Sie das Gespräch so lenken können, dass es zu solchen Reaktionen nicht kommt. Je empfindlicher der Mitarbeiter ist, desto umsichtiger sollten Sie bei einem Kritikgespräch vorgehen.
Selbst wenn Sie sich auf Ihren Mitarbeiter einstellen, ist eine emotionale Reaktion auf Kritik nicht ausgeschlossen. Reagieren Sie in solchen Fällen feinfühlig, aber souverän. Einem niedergeschlagenen Mitarbeiter können Sie zum Beispiel deutlich machen, dass Sie ihn trotz der Kritik grundsätzlich sehr schätzen, und ihn so gezielt aufbauen. Reagiert der Mitarbeiter wütend, machen Sie deutlich, dass seine Reaktion unangemessen ist. Hören Sie sich an, was der Beschäftigte zu sagen hat, aber brechen Sie das Gespräch notfalls ab, wenn es aus dem Ruder läuft.
Mitarbeiter reagiert aggressiv auf Kritik: Wie damit umgehen?
Viele Arbeitnehmer verfallen in Rechtfertigungen, wenn sie kritisiert werden. Sollte man das zulassen? Natürlich sollen Sie Ihren Mitarbeiter nicht sofort unterbrechen, wenn er sich rechtfertigt. Ausschweifende Rechtfertigungen sind aber wenig zielführend, denn entscheidend ist nicht, was passiert ist, sondern wie die Zukunft besser gestaltet werden kann. Machen Sie das, wenn nötig, deutlich. Es kann sein, dass ein Beschäftigter Ihnen von persönlichen Problemen erzählt, wenn Sie ihn kritisiert haben. Hören Sie sich auch das an und zeigen Sie sich einfühlsam. Lenken Sie das Gespräch aber zeitnah in eine andere Richtung, um solchen Aspekten nicht zu viel Raum zu geben.
Manche Mitarbeiter reagieren aggressiv auf Kritik vom Chef oder schalten in den Angriffsmodus. So etwas sollten Sie nicht tolerieren. Einen kurzen Kommentar können Sie noch hinnehmen, aber wenn sich der Mitarbeiter nicht schnell wieder beruhigt, brechen Sie das Ganze notfalls ab und nehmen Sie das Gespräch später wieder auf. Machen Sie dabei klar, dass Sie Aggressionen nicht hinnehmen. Dennoch ist es wichtig, selbstkritisch zu sein: Wie haben Sie die starke Abwehrreaktion möglicherweise mitverursacht? Haben Sie sich womöglich unfair verhalten? Ist der Mitarbeiter grundsätzlich mit seinem Job – oder Ihrer Führung – unzufrieden? Wenn es Ihnen zielführend erscheint, fragen Sie den Mitarbeiter ruhig nach den Ursachen für seine Reaktion.
Kritikgespräch mit dem Chef erfolgreich meistern: Tipps für Arbeitnehmer
Damit ein Kritikgespräch konstruktiv verläuft, sind nicht nur Führungskräfte gefragt. Auch als Arbeitnehmer tragen Sie mit Ihrem Verhalten zum Verlauf eines Kritikgesprächs bei. Wenn der Chef Sie um ein Gespräch gebeten hat, sollten Sie sich darauf vorbereiten. Überlegen Sie im Vorfeld, worum es gehen könnte, wenn sie das nicht ohnehin schon wissen. Reflektieren Sie, wie es zuletzt bei Ihnen im Job lief. Welche Anlässe für Kritik könnte es geben? Überlegen Sie auch, wie Sie bestimmte Dinge sehen, und was die Ursachen für bestimmte suboptimale Entwicklungen sein könnten. Inwieweit könnte der Arbeitgeber Abhilfe schaffen oder anderweitig zu einer positiven Veränderung beitragen?
Gehen Sie offen und so positiv wie möglich in das Kritikgespräch mit dem Chef. Reagieren Sie nicht angesäuert oder beleidigt, wenn Sie negatives Feedback bekommen, sondern sehen Sie die Kritik als Chance, sich zu verbessern. Damit das Gespräch konstruktiv verläuft, sollten Sie lösungsorientiert denken. Ihr Ziel sollte sein, gemeinsam mit dem Vorgesetzten eine Lösung zu finden und Übereinkünfte zu treffen. Für ein möglichst angenehmes Gespräch sollten Sie den Chef ausreden lassen und freundlich bleiben. Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Sichtweise zu schildern – auch der Vorgesetzte kann von Ihnen lernen.
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