Gewalt am Arbeitsplatz: Das können Sie dagegen unternehmen
Nach Berichten von Polizisten und Mitarbeitern im Rettungsdienst, nimmt Gewalt am Arbeitsplatz immer mehr zu. Viele Berufsgruppen sind von Anfeindungen oder gar körperlicher Gewalt betroffen. Welche Arten von Gewalt am Arbeitsplatz es gibt und was Arbeitgeber und Arbeitnehmer dagegen unternehmen können, erfahren Sie hier.
Was gilt als Gewalt am Arbeitsplatz?
Es gibt keine offizielle Definition für Gewalt am Arbeitsplatz. Öffentlichen Stellen ziehen die Grenzen unterschiedlich, wo Gewalt am Arbeitsplatz anfängt. Denn nicht nur körperliche Angriffe gelten als Gewalt am Arbeitsplatz. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) definiert Gewalt am Arbeitsplatz zum Beispiel folgendermaßen:
„… jede Handlung, Begebenheit oder von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt oder verwundet wird.“
Gewalt am Arbeitsplatz meint damit „eine Bandbreite von inakzeptablen Verhaltensweisen und Praktiken oder deren Androhung, gleich ob es sich um ein einmaliges oder ein wiederholtes Vorkommnis handelt, die auf physischen, psychischen, sexuellen oder wirtschaftlichen Schaden abzielen, diesen zur Folge haben oder wahrscheinlich zur Folge haben, und umfasst auch geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung“.
Gemäß dieser Definition, die übrigens von vielen Arbeitgeber als Grundlage für die Auseinandersetzung mit Gewalt am Arbeitsplatz dient, gibt es mehr als eine Facette von Gewalt und Bedrohungen am Arbeitsplatz:
Die unterschiedlichen Aspekte von Gewalt am Arbeitsplatz
Aufgrund der oben genannten Definition lassen sich vier verschiedene Aspekte von Gewalt am Arbeitsplatz ausmachen:
- Psychische Gewalt: Unter psychischer Gewalt am Arbeitsplatz versteht man häufig das Mobbing. Dabei wird ein immenser Druck auf den betroffenen Beschäftigten ausgeübt. Auch emotionale Erpressung fällt in den Bereich der psychischen Gewalt. Ebenso wie alle anderen Formen der Bedrohung oder Ausgrenzung, die einen negativen Einfluss auf den mentalen Zustand der betroffenen Menschen haben.
- Physische Gewalt: Physische Gewalt am Arbeitsplatz meint alle Formen körperlicher Bedrohung. Dabei muss es nicht immer zu Schlägen oder anderen Arten der direkten körperlichen Gewalt kommen. Wenn Kollegen einen anderen einschüchtern, indem sie sich vor ihm aufbauen und damit ihre körperliche Überlegenheit demonstrieren, kann auch das eine Form von physischer Gewalt am Arbeitsplatz sein.
- Verbale Gewalt: Bei dieser Form der Gewalt am Arbeitsplatz werden Kollegen durch Äußerungen beleidigt, herabgesetzt oder gar entwürdigt. Dabei zeigt sich, dass manche Personen Äußerungen als Beleidigung empfinden, die andere Personen vollkommen harmlos gemeint haben.
- Vandalismus: Wer Gegenstände zerstört oder beschädigt, macht sich dem Vandalismus schuldig. Das gilt natürlich nicht nur für den Arbeitsplatz.
Externe und interne Gewalt am Arbeitsplatz
Gewalt am Arbeitsplatz hat nicht nur verschiedene Facetten, sie lässt sich auch danach unterscheiden, ob sie von außen (extern) oder von innen (intern) auf den Beschäftigten wirkt.
- Externe Gewalt: Bei externer Gewalt geht die Bedrohung von Kunden, Besuchern oder anderen Personen aus, die nicht zum Kollegenkreis gehören. Polizisten oder Justizbeamte haben häufig mit externer Gewalt zu tun. Aber auch Beschäftigte in Dienstleistungsberufen, wie zum Beispiel bei Banken oder der Bahn sind von externer Gewalt am Arbeitsplatz betroffen.
- Interne Gewalt: Handelt es sich dagegen um interne Gewalt, geht das negative Verhalten von Kollegen und/oder Vorgesetzten aus. Klassischer Fall der internen Gewalt am Arbeitsplatz ist Mobbing.
Diese Branchen sind besonders betroffen
Die verschiedenen Berufe und Branchen sind unterschiedlich stark von Gewalt am Arbeitsplatz betroffen. In Dienstleistungsberufen ist die Gefahr größer, dass man von wütenden Kunden bedroht oder beschimpft wird. Besonders Hausmeister, Kassierer oder Kontrolleure berichten davon, dass sie häufig mit Anfeindungen zu kämpfen haben.
Weitere Branchen, in denen Gewalt am Arbeitsplatz häufiger vorkommt, sind:
- Gastronomie und Hotellerie
- Krankenhäuser, psychiatrische Einrichtungen oder Alten- und Pflegeheime, Rettungsdienste
- Finanzämter
- Ordnungsämter
- Jugend- und Sozialämter
- Schulen und andere Bildungseinrichtungen
- Logistik- und Speditionswesen
- Personenbeförderungswesen (Bus- und Taxifahrer)
- Wach- und Sicherheitsbranche
Bedrohung am Arbeitsplatz: Was tun?
Als Betroffener von Gewalt am Arbeitsplatz sollte man sich zu allererst Hilfe suchen. Hilfreich kann zum Beispiel ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder dem Betriebsrat sein. Unter Umständen bietet es sich auch an, andere Kollegen mit ins Boot zu holen und bei diesen um Unterstützung zu bitten.
Auch Gewalt am Arbeitsplatz, die keinen direkten und sichtbaren körperlichen Schaden verursacht, sollte gemeldet werden. Das ist wichtig, da psychische Gewalt am Arbeitsplatz Folgen haben kann, die sich erst nach einigen Jahren zeigen. Sollte es dann keine Dokumentation über die Gewalt am Arbeitsplatz geben, wird es der Beschäftigte schwer haben, Hilfe von der gesetzlichen Unfallversicherung zu bekommen. Wer allerdings darauf besteht, dass die anhaltenden Sticheleien oder gar Mobbing offiziell gemacht werden, hat im Fall der Fälle einen Beweis darüber.
Was kann der Arbeitgeber gegen Gewalt am Arbeitsplatz unternehmen?
Zunächst einmal müssen Arbeitnehmer wissen, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, seine Beschäftigten zu schützen. Aufgrund des Arbeitsvertrags kommt ihm die sogenannte Fürsorgepflicht zu. Das bedeutet, dass er seine Mitarbeiter vor Gefahren und Belastungen am Arbeitsplatz bewahren muss.
Gerade was die Gewalt am Arbeitsplatz angeht, haben Arbeitgeber in den letzten Jahren einige Dinge unternommen, um die Bedrohungen für ihre Mitarbeiter zu reduzieren. Unter anderem das sogenannte STOP-Prinzip wird genutzt, um Arbeitnehmer vor Gewalt am Arbeitsplatz zu schützen.
Die Elemente des STOP-Prinzips
Das STOP-Prinzip ist ein Konzept, um Arbeitnehmern eine gewaltfreie Arbeitsumgebung zu ermöglichen. Das Prinzip setzt sich aus folgenden Maßnahmen zusammen:
- Substitution: Hierbei geht es darum, mögliche Quellen von Gefährdungen oder gar Gewalt am Arbeitsplatz zu vermeiden oder zu ersetzen. Bei Beschäftigten, die zum Beispiel aufgrund von Alleinarbeit gefährdet sind, könnte man genau die vermeiden. Statt also den Fahrer eines Geldtransporters allein arbeiten zu lassen, stellt man ihm einen Kollegen zur Seite. So kann man das Risiko eines Überfalls zumindest minimieren.
- Technische oder bauliche Maßnahmen: Durch technische Maßnahmen kann der Arbeitgeber die Sicherheit weiterhin erhöhen – zum Beispiel durch ein spezielles Schließsystem, das nur bestimmten Menschen den Zutritt zu den Räumlichkeiten gewähren. Als bauliche Maßnahme bietet es sich unter anderem an, für ausreichende Beleuchtung vor allem auf Parkplätzen zu sorgen oder spezielle Frauenparkplätze einzurichten. Auch Trennwände bei Kassierern gelten als bauliche Veränderung, die die Beschäftigten schützen können.
- Organisation: Eine gute Organisation der Abläufe kann ebenfalls dazu beitragen, dass Mitarbeiter weniger oder gar nicht von Gewalt am Arbeitsplatz betroffen sind. Kassierer können zum Beispiel eher vor einem Überfall bewahrt werden, wenn nur wenig Bargeld in der Kasse ist.
- Personenbezogene Maßnahmen: Den letzten Punkt des STOP-Prinzips bilden die personenbezogenen Maßnahmen. Dabei kann der Arbeitgeber zum Beispiel Coachings oder Trainings für seine Beschäftigten anbieten und sie für das Thema Gewalt am Arbeitsplatz sensibilisieren. In diesen speziellen Ausbildungen können die Mitarbeiter lernen, wie sie Konflikte am besten vermeiden und wie sie damit umgehen, wenn es trotzdem zu Auseinandersetzungen oder gar Bedrohungen am Arbeitsplatz kommt.
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