Treuepflicht des Arbeitnehmers: Was sie umfasst und wie weit sie geht

Zu den bedeutendsten Pflichten von Arbeitnehmern gehört die Treuepflicht, die sie gegenüber dem Arbeitgeber haben. Daraus entstehen für Arbeitnehmer bestimmte Regeln, an die sie sich halten sollten – andernfalls drohen Konsequenzen. Wir erklären Ihnen, was die Treuepflicht von Arbeitnehmern umfasst, wie weit sie geht und womit Sie rechnen müssen, wenn Sie gegen Ihre Treuepflicht verstoßen.

Bei der Treuepflicht muss der Arbeitnehmer die Wahrheit sagen, eine Frau macht eine entsprechende Handgeste

Was ist die Treuepflicht des Arbeitnehmers?

Die Treuepflicht gehört zu den wichtigsten Pflichten von Arbeitnehmern. Dass Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber gegenüber zu Treue verpflichtet sind, ergibt sich aus den Grundlagen ihrer Zusammenarbeit. Rechtlich handelt es sich bei einem Arbeitsverhältnis um ein Schuldverhältnis. Weil der Arbeitgeber ihnen Lohn oder Gehalt zahlt, schulden Arbeitnehmer diesem ihre Arbeitsleistung.

Das sorgt dafür, dass Arbeitnehmer in juristischer Hinsicht Schuldner sind. Damit gilt für sie, was nach § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich für Schuldner gilt. Demnach sind sie verpflichtet, ihre vertraglich vereinbarte Leistung so zu erbringen, wie es Treu und Glauben erfordern. Das ist die Grundlage der Treuepflicht. Sie stellt eine Nebenpflicht neben der Hauptpflicht von Arbeitnehmern – der Arbeitspflicht – dar.

Das bedeutet die Treuepflicht für Sie als Arbeitnehmer

In erster Linie bedeutet die Treuepflicht für Sie als Arbeitnehmer, dass Sie Ihrem Arbeitgeber durch Ihr Verhalten nicht schaden dürfen. Damit gibt sie einen Rahmen vor, in dem Sie handeln können beziehungsweise müssen. Damit die Treuepflicht gilt, bedarf es keiner gesonderten Regelung im Arbeitsvertrag. Mit der Treuepflicht gehen bestimmte Unterlassungspflichten und Pflichten zum Handeln einher, die Sie als Arbeitnehmer kennen sollten.

Diese Unterlassungspflichten ergeben sich aus der Treuepflicht

Die Treuepflicht verpflichtet Sie dazu, als Arbeitnehmer immer im Interesse Ihres Arbeitgebers zu handeln. So wahren Sie dessen schutzwürdige Interessen. Mit der Treuepflicht gehen jedoch auch bestimmte Unterlassungspflichten einher. Sie dürfen zum Beispiel nicht parallel für einen Konkurrenten Ihres Arbeitgebers arbeiten. Das ergibt sich aus dem Wettbewerbsverbot, das gilt, so lange das Arbeitsverhältnis besteht.

Manche Arbeitgeber verpflichten ihre Mitarbeiter auch für eine gewisse Zeit danach, nicht für einen Konkurrenten tätig zu werden. Das ist als nachvertragliches Wettbewerbsverbot bekannt und geht mit der Zahlung einer Entschädigung einher. Bestandteil der Treuepflicht ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot jedoch nicht.

Aus der Treuepflicht ergibt sich, dass Sie als Arbeitnehmer keine Interna ausplaudern dürfen. Sie dürfen auch nicht öffentlich schlecht über Ihren Arbeitgeber sprechen und so dessen Ruf oder Kreditwürdigkeit schädigen. Falls Sie erkrankt sind, dürfen Sie nichts tun, was Ihrer Genesung im Weg steht. Ein längeres Fehlen wäre ein wirtschaftlicher Nachteil für den Arbeitgeber, der Ihren Lohn weiterzahlen und gleichzeitig auf Ihre Arbeitskraft verzichten muss. Außerdem dürfen Sie keine Schmiergelder annehmen.

Wann die Treuepflicht eine Pflicht zum Handeln bedingen kann

Die Treuepflicht legt nicht nur fest, was Sie als Arbeitnehmer nicht tun dürfen. Sie kann in bestimmten Fällen auch vorgeben, was Sie tun müssen, um sie nicht zu verletzen. So müssen Sie Überstunden leisten, wenn es sich um einen Notfall handelt. Zu Überstunden sind Sie ansonsten nur verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung vorsieht.

Falls Sie Schäden am Inventar, etwa an Maschinen oder Computern, feststellen oder eine Störung auftritt, müssen Sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich melden. Auch, wenn Sie Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten oder anderer Personen bemerken, müssen Sie den Arbeitgeber darüber informieren.

Falls Sie durch eine Erkrankung oder aus einem anderen Grund nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen können, müssen Sie den Arbeitgeber möglichst frühzeitig darüber in Kenntnis setzen. Zur Treuepflicht gehört auch, dass Sie dem Arbeitgeber auf Nachfrage mitteilen müssen, womit Sie gerade beschäftigt sind. Zahlt Ihnen der Arbeitgeber versehentlich zu viel Gehalt, müssen Sie ihn darauf hinweisen.

Wie weit geht die Treuepflicht von Arbeitnehmern?

Die Treuepflicht betrifft grundsätzlich alle Arbeitnehmer. In der Praxis wird von hochrangigen Mitarbeitern und Führungskräften noch etwas mehr Treue erwartet als von einfachen Angestellten oder Aushilfen. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit spielt dabei eine Rolle. Die Treuepflicht gilt aber auch in Arbeitsverhältnissen, in denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer kaum oder gar nicht persönlich kennen oder die erst seit Kurzem bestehen.

Allerdings gilt die Treuepflicht nicht grenzenlos. Sie wird durch andere Gesetze beschränkt. Wenn der Arbeitgeber Sie etwa zu Straftaten auffordert, sind Sie dazu nicht verpflichtet – im Gegenteil, Sie könnten sich selbst strafbar machen, wenn Sie der Aufforderung Folge leisten würden. Es wäre außerdem nicht rechtens, wenn der Arbeitgeber von Ihnen verlangen würde, dass Sie ständig unbezahlte Überstunden machen, es sich aber nicht um einen Notfall handelt und es auch keine andere rechtssichere Grundlage für diese Forderung gibt, etwa eine Klausel im Arbeitsvertrag.

Unter diesen Umständen sind Abweichungen von der Treuepflicht denkbar

Die Treuepflicht hindert Arbeitnehmer auch nicht daran, ihre eigenen berechtigten Interessen wahrzunehmen. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer streikt, er einer Gewerkschaft beitritt oder sich gegen eine Kündigung mit einer Klage gegen den Arbeitgeber wehrt.

Zudem dürfen Sie Ihren Arbeitgeber unter Umständen bei Strafverfolgungsbehörden anzeigen, wenn er rechts- oder sittenwidrige Handlungen begeht. Dafür sollten Sie den Fall zuvor sorgfältig geprüft und intern um Hilfe gebeten haben. Es kann auch erforderlich sein, dem Arbeitgeber zuvor eine Frist zu setzen. In der Praxis ist die Lage für Whistleblower in Deutschland bislang schwierig. Selbst für interne Meldungen über Gesetzesverstöße können Konsequenzen drohen. Eine Kündigung aus diesem Grund wäre zwar nicht erlaubt, allerdings finden viele Arbeitgeber andere Gründe, um die unliebsamen Mitarbeiter loszuwerden.

Darauf, wie Sie Ihre Freizeit gestalten, hat die Treuepflicht im Allgemeinen nur einen sehr begrenzten Einfluss. Sie dürfen etwa gefährliche Sportarten wie Skifahren, Fallschirmspringen oder Klettern ausüben. Mitunter ist der Arbeitgeber jedoch nicht zu einer Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn Sie sich bei einem Unfall verletzen.

Das droht Ihnen, wenn Sie gegen die Treuepflicht als Arbeitnehmer verstoßen

Wenn Sie gegen Ihre Treuepflicht als Arbeitnehmer verstoßen, kann das gravierende Folgen haben. Bei einem Pflichtverstoß kann eine Abmahnung gerechtfertigt sein. In schweren Fällen kann Ihnen auch eine Kündigung drohen, in besonders gravierenden Fällen auch fristlos. Das gilt auch, wenn Sie wiederholt gegen die Treuepflicht verstoßen. Falls dem Arbeitgeber durch Ihr Handeln ein Schaden entstanden ist, kann er gegebenenfalls Schadensersatz von Ihnen fordern.

Ob und in welchem Ausmaß Ihnen Konsequenzen für einen Verstoß gegen die Treuepflicht drohen, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Es kommt darauf an, wie genau Sie gegen Ihre Treuepflicht verstoßen haben und welche Beweggründe Sie dafür hatten.

Bildnachweis: Khosro / Shutterstock.com

Nach oben scrollen