Kündigung widerrufen: Eine gute Idee?
Eine Kündigung ist leicht ausgesprochen – in manchen Fällen so leicht, dass später Reue aufkommt. Wenn der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer wenig durchdacht gekündigt hat, entsteht oft der Wunsch, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu widerrufen. Welche Optionen es gibt und mit welchen Konsequenzen Arbeitnehmer rechnen müssen, wird im Folgenden beschrieben.
Wie kann eine Kündigung zurückgenommen werden?
In den meisten Fällen ist eine Kündigung keine spontane Aktion. Unabhängig davon, von wem das Ende des Arbeitsverhältnisses ausgeht, ist dieser Schritt häufig lange überlegt. Dann markiert die Unterschrift unter der Kündigung tatsächlich das Ende der beruflichen Zusammenarbeit. Nicht immer ist dieser Schritt jedoch wirklich durchdacht. Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber oder Arbeitnehmer eine Kündigung rückgängig machen möchten.
Der Wunsch dazu entsteht meist, wenn die Kündigung aus einer emotionalen Situation heraus entstanden ist. Auch, wenn ein Verdacht gegen den Arbeitnehmer im Raum stand, der sich nicht erhärtet hat, kann ein Widerruf die Folge sein.
Viele Arbeitnehmer fragen sich daher, unter welchen Bedingungen eine Kündigung widerrufen werden kann.
Kann die Kündigung einseitig widerrufen werden?
Eine Kündigung ist immer eine einseitige Willenserklärung, anders als etwa bei einem Aufhebungsvertrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich zur Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses schließen.
Beim Widerruf einer Kündigung ist es anders. Die Kündigung kann nicht einseitig widerrufen werden – selbst, wenn der Wunsch vom kündigenden Vertragspartner ausgeht. Überlegt er es sich anders, bleibt die Kündigung grundsätzlich trotzdem bestehen, sofern sie rechtmäßig war.
Eine Kündigung kann nur widerrufen werden, wenn beide Vertragspartner diesem Schritt zustimmen. Um das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, müssen diese eine neue Übereinkunft treffen. Selbst, wenn die Kündigung durch einen Fehler oder nicht triftigen Grund unwirksam war, ist das erforderlich.
Im Fall einer unwirksamen Kündigung hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Kündigung nichtsdestotrotz hinzunehmen und sie nicht etwa mit einer Kündigungsschutzklage anzufechten. Läuft die dreiwöchige Klagefrist aus, ist die Kündigung rechtswirksam. Dieser Schritt ist eine Option, wenn der Arbeitnehmer mit seiner Entlassung einverstanden ist.
Rücknahme und Zurückweisung einer Kündigung
Die Rücknahme einer Kündigung ist nicht dasselbe wie die Zurückweisung einer Kündigung.
Letztere ist ein gänzlich anderer Schritt. Die Option der Zurückweisung einer Kündigung besteht für Arbeitnehmer, wenn der kündigende Vertragspartner keine Vollmachtsurkunde abgegeben hat.
Das wäre möglicherweise der Fall, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein direkterer Vorgesetzter des Angestellten oder Mitarbeiter der Personalabteilung die Kündigung verfasst hat – und diese mit „im Auftrag“ unterschrieben hat. Der Vertragspartner muss persönlich kündigen.
Optionen bei der Rücknahme einer Kündigung
Meist kommt der Wunsch nach einer Rücknahme der Kündigung vom Arbeitgeber. In jedem Fall müssen beide Vertragspartner der Rücknahme der Kündigung zustimmen. Bei einer Annahme eines solchen Vorstoßes besteht das Arbeitsverhältnis fort, die Arbeitsbedingungen sind meist dieselben wie vor der Entlassung. Die Zusammenarbeit ist dann, zumindest auf dem Papier, meist nicht unterbrochen.
Auch eine neue Übereinkunft ist denkbar.
Die Rücknahme annehmen?
Die Rücknahme einer Kündigung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Auch per Mail ist ein Widerruf möglich, ebenso kann er in einer Gerichtsverhandlung zu Protokoll gegeben werden. Oft reicht auch eine Nicht-Ablehnung; dann gilt die Rücknahme als stillschweigend angenommen. Wer etwa zurück ins Büro kommt und wieder arbeitet, muss seine Zustimmung zur Rücknahme nicht noch schriftlich oder mündlich ausdrücken.
Nimmt der andere Vertragspartner den Widerruf der Kündigung an, setzt sich das Arbeitsverhältnis unmittelbar fort.
Ob es sinnvoll ist, das Widerrufsangebot anzunehmen, hängt von den individuellen Begebenheiten und der Zielsetzung beider Vertragspartner ab.
Was ist im Fall einer Kündigungsschutzklage?
Wenn es wahrscheinlich ist, dass eine Kündigung unwirksam war, kommt es vor, dass der Arbeitgeber diese zurücknehmen möchte – meist, um einem entsprechenden Urteil eines Arbeitsgerichts im Falle einer Kündigungsschutzklage zuvorzukommen. Lässt sich der gekündigte Mitarbeiter darauf ein, besteht das Arbeitsverhältnis fort.
Der Arbeitnehmer muss ein Rücknahmeangebot nach einer Kündigungsschutzklage jedoch nicht annehmen – auch, wenn es bei einem solchen Prozess so scheinen mag, als sei genau das das Ziel gewesen. Es ist legitim, nicht auf den Widerruf einzugehen, wenn sich der Arbeitnehmer nicht vorstellen kann, weiter für den Arbeitgeber zu arbeiten.
Abfindung als Alternative zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Auch, wer eine Abfindung aushandeln will, sollte eine Kündigungsschutzklage aufrechterhalten. Die Aushandlung einer solchen Einmalzahlung kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag vom Gericht angeordnet werden.
Aus Sicht des Arbeitgebers bedeutet ein Rücknahmeangebot keine Zustimmung, dass die Kündigungsschutzklage gerechtfertigt war. Der Arbeitgeber erkennt dies nicht automatisch an.
Der Arbeitnehmer sollte auf die Bitte nach Rücknahme der Kündigung reagieren, wenn er negative Konsequenzen vermeiden möchte. Sagt er nichts zu dem Wunsch seines Arbeitgebers und stellt er auch keinen Auflösungsantrag vor Gericht, riskiert er, dass seine Klage abgewiesen wird – vor allem dann, wenn die Rücknahme wegen einer mutmaßlich nicht rechtmäßigen Kündigung angestrebt wird.
Die Kündigung zurücknehmen: Was ist mit dem Lohn?
Für Arbeitnehmer stellt sich bei der Rücknahme einer Kündigung unweigerlich die Frage nach der Fortzahlung des Gehalts. War die Kündigung unwirksam, hätte das Beschäftigungsverhältnis weiterbestehen müssen – de facto tat es das auch, weil die Kündigung gar nicht rechtmäßig zustande gekommen ist. In diesem Fall aber hätte der Arbeitgeber die Arbeitsleistung seines Angestellten annehmen müssen. Hat dieser nicht gearbeitet, weil der Arbeitgeber ihm gekündigt hat, hat der Arbeitgeber seine Arbeit abgelehnt. Dadurch gerät der Arbeitgeber üblicherweise in Annahmeverzug.
Im Normalfall erhalten Arbeitnehmer nur Geld, wenn sie auch tatsächlich gearbeitet haben – das folgt aus dem Grundsatz kein Lohn ohne Arbeit. Von dieser Regel gibt es jedoch Ausnahmen. In vielen Fällen steht unrechtmäßig gekündigten Mitarbeitern deshalb weiterhin Lohn zu.
Durch eine unwirksame Kündigung gerät der Arbeitgeber oft in Annahmeverzug
Diese Einschätzung basiert auf dem Gedanken, dass der Angestellte grundsätzlich arbeiten wollte, der Arbeitgeber diese Arbeitswilligkeit jedoch nicht angenommen hat. Dies hat er durch die Kündigung deutlich gemacht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass er die Arbeitskraft des Arbeitnehmers in Anspruch genommen hätte, wenn dieser trotz der Kündigung bei der Arbeit erschienen wäre.
Es ist zwar denkbar, die eigene Arbeitswilligkeit durch Erscheinen am Arbeitsplatz zu signalisieren, um den Anspruch auf Fortzahlung des Lohns zu sichern. Schickt der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter fort, macht er nochmals deutlich, dass er dessen Arbeitsangebot ausschlägt. Notwendig ist dieser Schritt jedoch meistens nicht. Einer expliziten Erklärung des Arbeitgebers, dass er eine Tätigkeit seines Mitarbeiters ablehnt, bedarf es nämlich nicht.
Üblicherweise steht unrechtmäßig Gekündigten deshalb weiterhin ihr Gehalt zu. Eine Ausnahme besteht etwa, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft arbeitsunfähig ist. Auch, wenn davon auszugehen ist, dass er tatsächlich nicht arbeiten will, droht ihm der Verlust des Lohnanspruchs. Hier sind jedoch rechtlich enge Grenzen gesetzt.
Eine Kündigung widerrufen: eine gute Idee?
Ob es eine gute Idee ist, eine Kündigung zu widerrufen, lässt sich nicht pauschal sagen – es hängt immer vom Einzelfall ab. Es kommt insbesondere darauf an, ob der Arbeitnehmer überhaupt weiter für den Arbeitgeber tätig sein möchte – oder ob es ihm eher darum geht, eine Abfindung durch eine Kündigungsschutzklage auszuhandeln.
Möchte er das Arbeitsverhältnis fortsetzen, muss er bedenken, dass das Verhältnis zum Arbeitgeber möglicherweise beschädigt ist. Das beeinträchtigt oft das Arbeitsklima – auch durch Kollegen, die das Hin und Her miterlebt haben. Hier wirkt sich das Verhalten des Arbeitgebers besonders stark aus. Entschuldigt sich dieser etwa für eine falsche Anschuldigung, stehen die Chancen besser, als wenn dies ausbleibt.
Soll es weitergehen, stellt sich die Frage nach den Bedingungen. Wer neu verhandeln möchte, hält die Ergebnisse am besten schriftlich fest.