Geringverdiener: Das sollten Sie über die besonderen Beschäftigungsverhältnisse wissen

Von Geringverdienern ist häufig die Rede, wenn jemand pro Monat wenig Geld zur Verfügung hat. Im Sinne der Sozialversicherung ist die Definition von Geringverdienern jedoch enger. Hier erfahren Sie, wer als Geringverdiener im sozialversicherungsrechtlichen Sinn eingestuft wird, was das Besondere an solchen Beschäftigungsverhältnissen ist und welche Zuschüsse infrage kommen können.

Ab wann gilt man als Geringverdiener im Sinne der Sozialversicherung?

Der Begriff Geringverdiener wird landläufig gerne für Arbeitnehmer verwendet, die ein geringes Einkommen haben. Dazu zählen etwa Menschen, die nur den Mindestlohn erhalten, die in Teilzeit schlecht bezahlt werden oder die auf 450-Euro-Basis tätig sind. Im Sinne der Sozialversicherung ist darunter jedoch etwas anderes zu verstehen. Als Geringverdiener gelten nach § 20 Abs. 3 des Vierten Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Beschäftigte, die pro Monat einen Verdienst von höchstens 325 Euro erwirtschaften. Insbesondere Auszubildende, Praktikanten oder Personen, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr machen, können damit als Geringverdiener im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gelten.

Auszubildende, die ihre Ausbildung im Jahr 2020 begonnen haben, gelten nicht als Geringverdiener im Sinne der Sozialversicherung. Seit diesem Jahr gibt es eine Mindestvergütung für Azubis, die im ersten Jahr bei mindestens 515 Euro monatlich liegt. In den nächsten Jahren steigt die Mindestvergütung von Ausbildungen sukzessive an. Damit liegen sie außerhalb der Geringverdiener-Grenze von 325 Euro pro Monat.

Geringverdiener müssen im sozialversicherungsrechtlichen Sinn von Geringverdienern im Sprachgebrauch abgegrenzt werden, die die oben genannten Kriterien nicht erfüllen. Insbesondere bei geringfügig Beschäftigten, also Aushilfen oder Mini-Jobbern, handelt es sich rechtlich um einen anderen Personenkreis. Zwischen beiden Arten von Beschäftigten bestehen insbesondere Unterschiede im Hinblick auf die Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge. Auch bei Beschäftigten im Niedriglohnsektor handelt es sich um eine andere Personengruppe als Geringverdiener. Beschäftigte in der Gleitzone, deren monatlicher Verdienst zwischen 450,01 und 1.300 Euro liegt, zahlen einen geringeren Anteil an Sozialversicherungsbeiträgen.

Steuer & Co: Was ist das Besondere an einer Beschäftigung als Geringverdiener?

Wer nach § 20 Abs. 3 SGB IV als Geringverdiener eingestuft wird, hat verschiedene Vorteile, die den geringen Verdienst ein Stück weit kompensieren. Von ihrem Bruttolohn gibt es keine Abzüge mehr. Die Sozialversicherungsbeiträge fallen zwar an, sie werden jedoch – anders als bei regulären Beschäftigungsverhältnissen – allein vom Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber zahlt darüber hinaus den Zusatzbeitrag für die Krankenversicherung und, falls relevant, den Zusatzbeitrag für Kinderlose in der Pflegeversicherung. Letzteres ist nur erforderlich, wenn der Geringverdiener sein 23. Lebensjahr vollendet hat und kinderlos ist.

Durch ihren geringen Verdienst entfällt für Geringverdiener die Pflicht, ihr Einkommen zu versteuern. Sie liegen mit einem Verdienst von höchstens 325 Euro im Monat weit unter dem Grundfreibetrag von derzeit 9.408 Euro jährlich für ledige Personen. Das bedeutet, dass für Geringverdiener keine Lohnsteuer anfällt. Ausnahmen kann es allerdings geben, wenn die Betroffenen nicht in den Steuerklassen I bis IV eingestuft sind.

Somit profitieren Geringverdiener im Sinne der Sozialversicherung davon, dass sie ihr erwirtschaftetes Gehalt ohne Abzüge voll nutzen können. Vorteilhaft ist für Geringverdiener auch, dass ihr Arbeitgeber relativ gesehen höhere Sozialversicherungsbeiträge für sie abführt, als es etwa bei Minijobs der Fall ist. So sind etwa die Beiträge zur Rentenversicherung deutlich höher als bei Minijobs. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen bei Minijobs sogar völlig. Für Geringverdiener bauen sich entsprechend höhere Ansprüche auf, was insbesondere bei Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung von Vorteil ist.

Für Menschen, die zeitweise als Geringverdiener im Sinne der Sozialversicherung eingestuft werden und die auch im Anschluss nur ein geringes Gehalt haben, sieht es häufig in Bezug auf die spätere Rente in vielen Fällen schlecht aus. Sie profitieren von der Mindestrente für Geringverdiener, auch Grundrente genannt, die zum 1. Januar 2021 eingeführt werden soll.

Diese Zuschüsse können Geringverdiener in Anspruch nehmen

Zu den Vorteilen des Geringverdiener-Status zählt, dass Geringverdiener bestimmte Zuschüsse beantragen können. Geringverdiener-Zuschüsse haben den Zweck, die Ausgaben der Betroffenen zu senken und ihnen mehr Geld zum Leben übrig zu lassen. Wer etwa Probleme damit hat, seine Miete zu stemmen – die vielerorts deutlich über 325 Euro pro Monat und damit dem gesamten Geringverdiener-Verdienst liegen dürfte –, kann Wohngeld beantragen. Das zuständige Wohnungsamt ist der richtige Ansprechpartner für Fragen und die Einreichung des Antrags. Wie hoch der Zuschuss ist, können Sie an Wohngeldtabellen ablesen. Insbesondere die übliche Höhe der Mieten in Ihrer Stadt, Ihr Verdienst und die Zahl der Menschen, die mit Ihnen zusammenleben, wirken sich auf die mögliche Höhe der Förderung aus. Der Antrag auf Wohngeld muss regelmäßig erneuert werden.

Falls Sie eine Ausbildung machen, können Sie unter Umständen eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bekommen. Dafür müssen Sie einen anerkannten Ausbildungsberuf erlernen, außerdem dürfen sie keine andere Ausbildung gemacht haben. Eine weitere Voraussetzung für den Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe besteht darin, dass Betroffene nicht mehr bei ihren Eltern leben dürfen. Der richtige Ansprechpartner für diesen Zuschuss ist die Arbeitsagentur.

Wenn Sie keine Berufsausbildungsbeihilfe erhalten können, sind Sie möglicherweise für den Bezug von Arbeitslosengeld II qualifiziert. Dafür dürfen Sie allerdings nicht in Vollzeit beschäftigt sein. Arbeitslosengeld II wird außerdem in der Regel nicht gezahlt, wenn Betroffene bereits BAföG erhalten oder eine Berufsausbildungsbeihilfe beziehen. Es kann sich jedoch im Einzelfall lohnen, prüfen zu lassen, ob Sie als Geringverdiener Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben.

Geringverdiener: ein Beschäftigungsmodell mit Nachteilen

Für die meisten Menschen – besonders jene, die nicht mehr umsonst bei den Eltern leben (können) – ist das Modell Geringverdiener keines, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen könnten. Dafür ist der Verdienst von maximal 325 Euro pro Monat in der Regel deutlich zu wenig. Für jene, die als Geringverdiener nach der Sozialversicherung eingestuft werden, ist es zwar ein Vorteil, dass sie weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Allerdings reicht das Geld zum Leben meist trotzdem nicht.

Problematisch können für Geringverdiener auch Sonderzahlungen des Arbeitgebers sein. Die eigentlich willkommene Zahlung von Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder einem anderweitigen Bonus führt in der Regel dazu, dass die Geringverdiener-Grenze von 325 Euro pro Monat überschritten wird. Ist das der Fall, wird es so gehandhabt: Der Arbeitgeber trägt wie üblich die Sozialversicherungsbeiträge bis zur Geringverdiener-Grenze. Die darüber hinausgehende Summe versteuern Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam. Auch die Beiträge zur Sozialversicherung teilen sich beide. Der Arbeitgeber übernimmt jedoch den Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung. Zur Berechnung der jeweiligen Abzüge wird lediglich der Betrag herangezogen, der über die Geringverdiener-Grenze hinausgeht.

Ein längerfristig höheres Gehalt, welches sich etwa aus der Abgeltung von Überstunden ergeben kann, ist für Geringverdiener noch problematischer, denn auch hier drohen Abzüge. Steigt das regelmäßige Entgelt, muss der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr überwiegend alleine zahlen. Vielmehr übernehmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge ungeachtet der Geringverdiener-Grenze zu gleichen Teilen. Der Arbeitnehmer muss den Zusatzbeitrag dann ebenfalls anteilig zahlen.

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