Bedingungsloses Grundeinkommen: Geld ohne Gegenleistung?

1.000 Euro monatlich und das ganz ohne Vorgaben: So soll bedingungsloses Grundeinkommen aussehen. Die Idee hinter dem Geld ohne Gegenleistung: Menschen sollen mehr finanzielle Freiheit gewinnen, um ihre eigentlichen Talente auch beruflich einsetzen zu können – ohne ständig auf die Bezahlung des jeweiligen Jobs schielen zu müssen. So sollen ehrenamtliche und karitative Tätigkeiten mehr Zulauf erhalten. Doch was ist dran, an der schönen Idee?

Spielfiguren und Geldscheine als Symbolbild für das Bedingungslose Grundeinkommen

Definition: Was ist bedingungsloses Grundeinkommen?

Wer sich fragt, was unter dem Begriff bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) zu verstehen ist, der kann sich ganz eng an die beiden Bestandteile des Begriffes halten. Die Idee dahinter lautet nämlich, dass alle Personen in einem Land ein bestimmtes Grundeinkommen erhalten – und zwar ohne eine Gegenleistung dafür erbringen zu müssen. Es ist also bedingungslos.

Damit ist das bedingungslose Grundeinkommen der Gegenentwurf zu anderen staatlichen Transferleistungen wie zum Beispiel dem Arbeitslosengeld oder dem Krankengeld. Diese staatlichen Transferleistungen sollen in den meisten Modellen des BGE durch das bedingungslose Grundeinkommen ersetzt werden.

Gründe für das bedingungslose Grundeinkommen

Wieso entstand die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens?
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen werden immer wieder die neuen Arbeitsmarktbedingungen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, genannt. Im Zuge der stärkeren Automatisierung und Digitalisierung werden in Zukunft einige Berufe und/oder Arbeitsplätze wegfallen. Vermutlich wird es nicht gelingen, all die Arbeitnehmer, die von der Digitalisierung betroffen sind, schnell genug für einen neuen Job umzuschulen.

Hier kommt das bedingungslose Grundeinkommen ins Spiel. Die Menschen sollten das Grundeinkommen erhalten, um sich in aller Ruhe nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen, eine Umschulung zu machen oder den Quereinstieg in einer ganz neuen Branche zu versuchen. Der Vorteil des bedingungslosen Grundeinkommens ist, dass die Arbeitssuchenden kein Arbeitslosengeld beantragen müssen. Denn mit dem Antrag auf Arbeitslosengeld ist häufig eine Eingliederungsvereinbarung verbunden. In dieser Vereinbarung einigen sich Arbeitssuchender und Mitarbeiter der Arbeitsagentur auf bestimmte Rechte und Pflichten. Bei einem Pflichtverstoß kann es dazu kommen, dass das Arbeitslosengeld gekürzt wird.

Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen ist das nicht möglich. Jeder Bürger erhält gleichermaßen das Geld, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Die Befürworter führen dabei an, dass sich die Menschen, wenn sie bedingungsloses Grundeinkommen erhalten, eher auf diejenigen Dinge konzentrieren können, die ihnen wirklich liegen und die ihren Fähigkeiten am besten entsprechen.

Aktuell sei es dagegen häufiger noch so, dass Menschen einem Job nachgehen, weil sie dafür bezahlt werden und sie nun einmal ihren Lebensunterhalt erwirtschaften müssen. Das bedingungslose Grundeinkommen soll es dagegen ermöglichen, auch kreative oder karitative Arbeit auszuüben, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Da diese Jobs häufig schlechter bezahlt werden, können sie die Einbußen durch das bedingungslose Grundeinkommen auffangen und ohne größere finanzielle Probleme ihrer Veranlagung nachgehen.

Bedingungsloses Grundeinkommen: So soll die Finanzierung ablaufen

Es gibt unterschiedliche Modelle dazu, wie das bedingungslose Grundeinkommen finanziert werden soll. Aktuell laufen einige Pilotprojekte, die sich hauptsächlich aus Spenden finanzieren. In der Theorie ist das jedoch anders geplant. Wenn alle Bürger das bedingungslose Grundeinkommen erhalten, soll es als staatliche Leistung ausgezahlt werden. Im Gegenzug fallen dann andere Transferleitungen wie Arbeitslosengeld oder Kindergeld weg.

Kritiker bemängeln am bedingungslosen Grundeinkommen, dass auch Personen die Leistung bekommen, die sie gar nicht benötigen. Denn die Bedingungslosigkeit ist zentral für die Vorstellung des Grundeinkommens. Was dazu führt, dass auch Spitzenverdiener die monatliche Zahlung bekommen würden. Das scheint zunächst ungerecht, denn Besser- oder gar Spitzenverdiener benötigen nicht noch zusätzliche finanzielle Unterstützung.

Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens haben jedoch auch dafür eine Lösung: Diese Personen werden höher besteuert, als Normal- oder Geringverdiener. So erhalten sie zwar zu Beginn des Monats bedingungsloses Grundeinkommen, werden dadurch aber nicht noch reicher. Grund dafür sind die höheren Abgaben, die das bedingungslose Grundeinkommen ausgleichen.

Kritiker sehen die Finanzierung dagegen skeptisch: Schon 1.000 Euro monatlich für jeden Bürger würden den Steuerzahler mehr als eine Billion jährlich kosten. Deutlich mehr als der aktuelle deutsche Bundeshaushalt, rechnet Professor Dominik Enste vom IW Köln vor.

Die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens

In den oben bereits kurz angesprochenen Pilotprojekten bekommen Personen zwischen 1.000 und 1.200 Euro bedingungsloses Grundeinkommen im Monat. Das ist zwar eine schöne Summe Geld, dürfte in der Realität aber zu wenig sein, um davon wirklich selbstbestimmt leben zu können. Denn die 1.000 Euro decken gerade einmal das Existenzminimum ab.

Damit allen Bürger jedoch die soziale Teilhabe ermöglicht werden kann, müsste das bedingungslose Grundeinkommen höher sein, so jedenfalls die Meinung einiger Experten. Sie sprechen davon, dass mindestens zwischen 1.200 Euro und 1.400 Euro nötig sind, damit das bedingungslose Grundeinkommen seine Wirkkraft entfalten könne.

Vor- und Nachteile des bedingungslosen Grundeinkommens

Da es aktuell noch wenig Praxiserfahrung mit dem bedingungslosen Grundeinkommen gibt, kann man über die tatsächlichen Vor- und Nachteile dieses Modells nur spekulieren.

Fürsprecher des bedingungslosen Grundeinkommens führen als größten Vorteil ins Feld, dass Menschen durch das Grundeinkommen ermöglicht wird, sich Jobs auszusuchen, die sie wirklich machen möchten – ohne dabei ein allzu großes Augenmerk auf die Finanzen richten zu müssen. Bedingungsloses Grundeinkommen bedeutet in diesem Sinne sowohl mehr Selbstverwirklichung als auch mehr Eigenbestimmung bei der Berufswahl.

Kritiker mahnen dagegen immer wieder, das bedingungslose Grundeinkommen könne die Faulheit einiger Zeitgenossen noch befördern. Wer Geld ganz ohne Gegenleistung bekommt, könnte wenig Anreiz haben, einer Arbeit nachzugehen. Besonders die schlechter bezahlten Jobs, die auch wenig qualifizierte Arbeitnehmer ausüben können, würden dann nicht mehr erledigt werden.

Bedingungsloses Grundeinkommen in der Praxis

Bisher gibt es noch kein Land, in dem alle Bürger bedingungsloses Grundeinkommen bekommen. In Österreich und der Schweiz entschied sich die Bevölkerung bei Volksentscheiden sogar gegen die Möglichkeit, ohne Gegenleistung monatlich einen bestimmten Geldbetrag zu erhalten.

Vielleicht liegt das am folgenden interessanten Ergebnis, das sich im Rahmen einer Studie zeigte: Danach gaben fast 90 Prozent der Befragten an, dass sie auch mit bedingungslosem Grundeinkommen weiterhin arbeiten würden. Jedoch trauten sie der übrigen Bevölkerung nicht so viel Arbeitsmotivation zu: Die Befragten gaben an, dass vermutlich nur 60 Prozent der übrigen Menschen auch mit bedingungslosem Grundeinkommen weiterhin arbeiten würden.

Der Beweis für diese Annahmen steht nach wie vor aus. Lediglich aus Finnland gibt es eine etwas umfangreichere Untersuchung zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen. Dort bekamen 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose 560 Euro bedingungsloses Grundeinkommen statt Arbeitslosengeld monatlich. Nach einem Jahr wurde überprüft, was die Studienteilnehmer im Alter zwischen 25 und 58 Jahren mit ihrer neu gewonnenen Freiheit getan hatte.

Das etwas ernüchternde Ergebnis: Der überwiegende Teil der Teilnehmer war immer noch arbeitslos. Immerhin zeigten sich Verbesserungen bei der individuellen Gesundheit und dem Stresslevel. Finnland zog daraus folgende Konsequenz: Das Sozialsystem wird vereinfacht und die Empfänger von Sozialleistungen erhalten mehr Pauschalbeträge. Bis zum Ende des Grundeinkommen-Experiments wurden in Finnland Sozialleistungen nach einem strengen Katalog ausgezahlt, der für jede Person individuell ausgelegt wurde.

Auch bei uns in Deutschland laufen aktuell Untersuchungen und Studien zum bedingungslosen Grundeinkommen. Wir dürfen gespannt sein, welche Ergebnisse sich daraus ergeben werden und ob bedingungsloses Grundeinkommen ein Traum bleibt oder irgendwann Wirklichkeit wird.

Bildnachweis: Stefan Weis / Shutterstock.com

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