Arbeit und Privates trennen: Wie wichtig ist die Trennung von Berufs- und Privatleben?
Die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen für viele Menschen im Alltag zunehmend. Das muss nicht immer etwas Negatives sein, denn wer sich mit den Kollegen gut versteht, geht oft lieber zur Arbeit. Auf der anderen Seite gibt es jedoch ebenso gute Argumente für eine klare Trennung der verschiedenen Bereiche des Lebens. Hier erfahren Sie, warum es sinnvoll sein kann, Berufliches und Privates zu trennen und wie es Ihnen gelingt.
Die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen
Eine klare Abgrenzung zwischen Job und Privatleben? Das ist bei vielen Menschen nicht der Fall. Viele Beschäftigte verstehen sich gut mit ihren Kollegen, vielleicht sogar mit dem Chef. Oft werden Mittagspausen und Kaffeepausen gemeinsam verbracht, man schreibt sich auch außerhalb der Arbeitszeiten Nachrichten oder trifft sich nach Feierabend im Restaurant oder einer Bar. Vielleicht sind auch gemeinsame Aktivitäten am Wochenende oder sogar ein gemeinsamer Urlaub geplant. Unter solchen Voraussetzungen ist es naturgemäß schwer, Berufliches und Privates zu trennen.
Das gilt umso mehr, wenn man die zunehmende digitale Vernetzung bedenkt. Man ist mit den Kollegen und oft auch Vorgesetzten in sozialen Netzwerken befreundet oder folgt ihnen. Dadurch erhält man zwangsläufig Einblicke in deren Privatleben – und manchmal erfährt man mehr, als man sich gewünscht hätte. So sieht man den Chef plötzlich auf Fotos in Badeshorts, die Kollegin bei einem feucht-fröhlichen Abend oder einen Mitarbeiter beim innigen Kuss mit der neuen Freundin. Umgekehrt können Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeiter durch Ihre eigenen Aktivitäten in sozialen Medien mehr über Sie erfahren, als Sie eigentlich wollen würden.
Flexibleres Arbeiten kann eine Trennung von Berufs- und Privatleben erschweren
Dass die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben für viele Beschäftigte immer weiter verschwimmen, hängt auch mit Entwicklungen in der Arbeitswelt zusammen. So werden Arbeitszeiten und -orte oft immer flexibler – mit dem Resultat, dass man das unaufgeräumte Wohnzimmer des Kollegen im Homeoffice bei einer Video-Besprechung sieht oder beim Telefonat mit einem beruflichen Kontakt das Kind im Hintergrund schreien hört.
Viele Firmen tragen selbst in hohem Maße dazu bei, dass Berufliches und Privates miteinander vermischt wird. Sie leben etwa eine Kultur vor, die auf ein gutes und enges Miteinander setzt – die Mitarbeiter duzen sich dann zum Beispiel grundsätzlich, es gibt Bereiche für gemeinsame Aktivitäten in den Pausen oder es werden regelmäßig Team-Events veranstaltet. Wenn es in einem Unternehmen üblich ist, dass die Mitarbeiter eng miteinander vernetzt sind, kann das zu einem guten Betriebsklima beitragen. Es kann allerdings auch dazu führen, dass die Mitarbeiter sich unter Druck fühlen, zu privaten Treffen zu gehen oder an Team-Events teilzunehmen, auf die sie gar keine Lust haben.
Freunde, Kollegen – oder beides? Verschmelzung von Beruf und Privatleben als Chance
Keine Frage: Die Kollegen müssen nicht die besten Freunde sein. Ein gutes Verhältnis zu den Menschen, mit denen man tagtäglich im Job zusammenarbeitet, kann aber durchaus Vorteile mit sich bringen. Wenn die Beziehungen im Büro oder Betrieb gut sind, wirkt sich das positiv auf das Betriebsklima aus. Das wiederum kann dazu führen, dass die Beschäftigten sich am Arbeitsplatz wohler fühlen. Man geht schließlich lieber zur Arbeit, wenn man die Leute dort gerne mag und sich gut mit ihnen versteht.
Durch gute Beziehungen im Team sind viele Arbeitnehmer im Job motivierter und engagierter. Davon profitieren nicht zuletzt Arbeitgeber, wenn dadurch die Leistungen und die Produktivität der Mitarbeiter steigen. Wenn die Mitarbeiter untereinander befreundet sind, arbeiten sie womöglich auch besser im Team zusammen. Wenn man sich kennt und schätzt und gegenseitiges Vertrauen da ist, ist das eine gute Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit.
Private Kontakte und Freundschaften sind zwar unter Kollegen häufiger als zwischen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten. Führungskräfte können jedoch ebenfalls davon profitieren, wenn ihre Mitarbeiter sie auch persönlich schätzen. Wenn der Chef gemocht und ehrlich respektiert wird, legen sich die Beschäftigten eher für ihn ins Zeug als wenn er als distanziert und unsympathisch wahrgenommen wird. Auch dadurch kann die Produktivität steigen.
Gute Beziehungen am Arbeitsplatz können nicht zuletzt Menschen nützen, die in ihrer Freizeit kaum Zeit haben, sich um Freundschaften zu kümmern. Sich mit den Kollegen gut zu verstehen erfüllt dann wichtige soziale Bedürfnisse – und gute Freunde im Job sind allemal besser als gar keine guten Freunde.
Warum es besser sein kann, Arbeit und Privates zu trennen
Die Kollegen als beste Freunde – klingt doch gut, oder nicht? Es kommt darauf an. Natürlich ist es positiv, wenn Sie die Menschen gerne mögen, die Sie beruflich ständig um sich herum haben. Das heißt aber nicht, dass es immer positiv ist, wenn es Kollegen gibt, mit denen Sie auch über sehr private Dinge sprechen und mit denen Sie in Ihrer Freizeit häufig etwas unternehmen. Enge Freundschaften am Arbeitsplatz bergen gewisse Risiken.
Es besteht zum Beispiel die Gefahr, dass die Arbeit vernachlässigt wird. Wer die Mittagspause überzieht, weil das gemeinsame Essen mit den Kollegen so spaßig war, verärgert den Chef. Und wer sich in der Teeküche nicht nur einen Kaffee zubereitet, sondern anschließend auch noch lange mit einem Kollegen plauscht, hat weniger Zeit für das, wofür er eigentlich bezahlt wird: seine Arbeit. Noch schwieriger kann die Konzentration fallen, wenn eine gute Kollegin oder ein guter Kollege im selben Büro sitzt. Je besser man sich kennt und je enger man befreundet ist, desto größer ist das Risiko, dass sich regelmäßig längere private Unterhaltungen ergeben und man dadurch zu wenig schafft.
Freundschaften mit Kollegen können dazu führen, dass der Job auch in der Freizeit ständig präsent ist
Apropos Unterhaltungen: Wer mit den Kollegen etwas unternimmt, läuft Gefahr, immer wieder auf Themen aus dem Joballtag zu kommen. Es kann sein, dass es ständig um die Arbeit geht, selbst bei Drinks nach Feierabend. Das kann es schwerer machen, abzuschalten. Der Ausgleich zum Job kommt dann womöglich zu kurz, was gravierende Folgen haben kann. Wenn der Job ohnehin stressig ist, es dann aber auch in der Freizeit immer wieder um berufliche Themen geht, ist der Job irgendwann omnipräsent. Die Arbeit kann dadurch eher als Belastung empfunden werden, mit der Folge, dass die Wahrscheinlichkeit, dass man sich überarbeitet und ausgebrannt fühlt, steigt.
Besonders schwerwiegend kann das sein, wenn die Arbeitsthemen nicht positiv, sondern negativ sind. Ist etwa die Stimmung im Betrieb schlecht, beschränkt sich der Austausch mit den Kollegen womöglich auf gegenseitige Beschwerden und Lästereien. Gerade, wenn es im Job an der einen oder anderen Stelle nicht gut läuft, ist der Wunsch, sich darüber mit Gleichgesinnten auszutauschen, meist besonders groß. Wirklich gut tut es aber oft nicht, zumindest, wenn die Lästereien kein Ende haben. Sich zu beschweren löst das Problem nicht, sondern kann im Gegenteil dafür sorgen, dass es als noch belastender wahrgenommen wird.
Warum enge Kontakte zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern unerwünschte Folgen haben können
Freundschaften ergeben sich am Arbeitsplatz meist zwischen Kollegen, es kann aber in Zeiten von flachen Hierarchien auch sein, dass man sich mit dem Vorgesetzten gut versteht – besonders, wenn er ein ähnliches Alter hat. Hier sollten Sie besonders vorsichtig sein. Wenn Sie zum Beispiel in sozialen Netzwerken vernetzt sind, könnte der Chef Dinge über Sie erfahren, die eigentlich privat sind – zum Beispiel über Urlaubsbilder, auf denen Sie leicht bekleidet sind, oder Posts zu politischen Ansichten oder privaten Probleme. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe – wenn Ihr Chef in sozialen Medien unangemessene oder allzu private Kommentare von sich gibt, ist es anschließend schwerer, professionell zusammenzuarbeiten.
Für Vorgesetzte können private Treffen, aber auch Betriebsfeiern verhängnisvoll sein. Besonders unter Alkoholeinfluss können sich Führungskräfte danebenbenehmen – zum Beispiel, indem sie mit Mitarbeitern flirten, blöde Kommentare bringen oder schlicht so stark lallen oder torkeln, dass ihr Alkohollevel offensichtlich ist. So etwas wirkt nicht nur unseriös, es kann auch dazu führen, dass der Respekt der Mitarbeiter sinkt.
Nicht zuletzt sind gute Freundschaften am Arbeitsplatz und die damit einhergehende Verschmelzung von Arbeit und Privatleben dann ein Problem, wenn ein Jobwechsel im Raum steht. Wer an den Kollegen sehr hängt, tut sich womöglich schwer, das Unternehmen zu verlassen – auch wenn er das eigentlich gerne tun würde. Wer den Arbeitgeber trotzdem wechselt, verliert damit womöglich seine Freunde von der Arbeit, weil man dann eben doch nicht mehr dazugehört. Das trifft Menschen besonders hart, deren Kontakte sich auf die Kollegen beschränken.
Berufliches und Privates trennen: So klappt es
Arbeit und Privates trennen – das wünschen sich viele Arbeitnehmer, aber es ist nicht immer leicht, zwischen beiden Lebensbereichen ausreichende Grenzen zu setzen. Das hängt auch mit einer modernen Lebenswelt zusammen, in der wir mit anderen immer enger vernetzt sind. Es kann auch sein, dass der Arbeitgeber großen Wert auf gemeinsame Aktivitäten des Teams legt oder dass die Kollegen feste Rituale haben – zum Beispiel das gemeinsame Abendessen am Mittwochabend beim Italiener um die Ecke.
Es ist grundsätzlich sinnvoll, sich zu überlegen, wie eng die Beziehung zu den Kollegen sein sollte, wenn Sie es sich aussuchen könnten. In welchem Ausmaß Sie Arbeit und Privates trennen möchten, entscheiden am Ende nämlich Sie selbst. Es gibt nicht ein Level, das für alle gleichermaßen gut ist – es muss für Sie passen.
Damit die Freizeit wirklich so frei wie möglich von beruflichen Gedanken ist, ist es hilfreich, eine Balance aus guten Beziehungen am Arbeitsplatz und einer ausreichenden Abgrenzung auf der anderen Seite zu finden. Dass es möglich ist, Berufliches und Privates strikt zu trennen, ist aber eine Illusion. Es geht vielmehr darum, ein gesundes Maß zu finden.
Überlegen Sie sich ganz grundlegend, welche Gedanken, Erlebnisse und Ansichten Sie mit Leuten im Job teilen möchten und was privat bleiben sollte. Es ist kein Problem, wenn Sie Kollegen haben, mit denen Sie auch privat hin und wieder etwas unternehmen möchten. Wie intim die Unterhaltungen sind, haben Sie schließlich selbst in der Hand. Es kann auch sinnvoll sein, sich vorzunehmen, bei solchen Treffen nicht über die Arbeit zu sprechen – wenn Sie auch Ihren Feierabend damit verbringen, sich über den Chef aufzuregen, hätten Sie nämlich gleich an der Arbeit bleiben können.
Sie müssen nicht bei allem mitmachen, was die Kollegen vorhaben
Manchmal läuft es mit der Trennung von Arbeit und Privatleben nicht so gut, weil der Kollegenkreis viel Wert auf gemeinsame Unternehmungen legt. Es kann sein, dass die Kollegen abends gerne noch etwas trinken oder essen gehen. Lassen Sie sich von solchen Gewohnheiten nicht unter Druck setzen, (immer) mitzugehen. Gehen Sie mit, wenn Sie darauf Lust haben, aber fühlen Sie sich auch nicht schlecht, wenn Sie nicht dabei sind.
Für eine klarere Trennung von Berufs- und Privatleben kann es auch hilfreich sein, sich nicht mit allen Kontakten aus dem Job digital zu vernetzen. Behalten Sie sich Instagram, Facebook und Co für die Menschen vor, die Ihnen wirklich nahestehen. Das können auch Kollegen sein, aber Sie müssen nicht automatisch jeden Kollegen, den Azubi, den Praktikanten, den Chef und externe berufliche Kontakte in sozialen Netzwerken befreunden.
Nicht zuletzt ist es wichtig, dass Sie in Ihrer Freizeit abschalten können. Machen Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten und die nichts mit dem Job zu tun haben. Dazu gehört es auch, dass Sie nicht noch nach Feierabend auf dienstliche Mails antworten oder ans Telefon gehen, wenn der Chef Sie anruft. Auch dadurch verschwimmen schließlich die Grenzen zwischen der Arbeit und dem Privatleben.
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