Mnemotechnik: Definition, Besonderheiten, Vor- und Nachteile

Es gibt im Leben viele Dinge, bei denen es hilfreich ist, wenn man sie sich merkt – zum Beispiel die Namen von neuen Kontakten oder ein komplizierteres Passwort. Wenn es manchen Menschen leichter fällt, sich an bestimmte Informationen zu erinnern, kann das auch daran liegen, dass sie eine Mnemotechnik als Gedächtnisstütze nutzen. Was genau Mnemotechniken sind, wie Sie davon profitieren können und wie man lernt, sie zu nutzen – hier erfahren Sie mehr. 

Eine Frau hält sich die Finger an die Stirn, was ist die Mnemotechnik?

Mnemotechnik Definition: Was steckt dahinter?

Wer sich mit Gedächtnistraining befasst, stolpert wahrscheinlich recht schnell über sie: Mnemotechniken. Dahinter verbergen sich Lernmethoden, die es besonders einfach machen sollen, sich Informationen zu merken. Dabei handelt es sich um ganz verschiedene Methoden, um sich Dinge einzuprägen – zum Beispiel mithilfe von Bildern, Zahlen oder Reihenfolgen.

Der Begriff leitet sich vom altgriechischen Wort „Mneme“ für Gedächtnis, Erinnerung ab. Der Ursprung von Mnemotechniken geht auf den Griechen Simonides von Keos (557 bis 467 v. Chr.) zurück. Simonides von Keos war ein Dichter, der Informationen bewusst in eine bestimmte Ordnung brachte, um sie sich einzuprägen. Es heißt, dass der Dichter eine Rede gehalten habe, bevor ein Gebäude einstürzte. Simonides von Keos hatte sich gemerkt, welcher Gast wo gesessen hatte. So konnte er dabei helfen, die Toten zu identifizieren, die durch das Unglück kaum noch erkennbar waren.

Dieses Erlebnis legte für Simonides von Keos den Schluss nahe, dass Ordnung dabei hilft, sich Dinge zu merken. Er malte sich also einen Raum mit speziellen Merkmalen wie Ecken oder Vorsprüngen aus. Gedanklich füllte Simonides diesen Raum nun mit bestimmten Gegenständen, die für eine bestimmte Information standen. Wenn er sich daran erinnern wollte, ging er (gedanklich) durch das Zimmer – immer dort, wo eine markante Ecke war, erinnerte er sich an den damit verknüpften gedanklichen Gegenstand.

Auch der römische Politiker und Philosoph Cicero nutzte Mnemotechniken, um seine Gedächtnisfähigkeit zu trainieren. Cicero war überzeugt davon, dass es hilfreich ist, bestimmte Orte auszuwählen und geistige Bilder zu schaffen, die mit diesen Orten jeweils verknüpft sind. Durch die Reihenfolge der Orte, so Cicero, könne man sich die Informationen besser merken. Diesen Kniff nutzten viele Redner im alten Rom, um sich auf ihre Reden vorzubereiten.

So können Ihnen Mnemotechniken dabei helfen, sich an Dinge zu erinnern

Mnemotechniken gibt es schon mehr als 2000 Jahre. Die alten Griechen und Römer stützten sich auf solche Techniken zum Beispiel für freie Vorträge. Dass Mnemotechniken heute immer noch beliebt sind, um sich an Dinge zu erinnern, hat gute Gründe. Aus psychologischer Sicht spricht viel dafür, Lerntechniken wie eine Mnemotechnik zu nutzen. Das Gehirn speichert Informationen besser ab, wenn es Assoziationen zwischen diesen und anderen Informationen (oder Orten) gibt. Wenn Sie Mnemotechniken nutzen, um sich Dinge zu merken, nutzen Sie das Potenzial Ihres Gehirns also besser aus. Sie können sich nicht nur mehr merken, es wird auch einfacher.

Mnemotechniken können Ihnen in vielen Situationen des Alltags wertvolle Dienste leisten. Vielleicht müssen Sie einen Vortrag halten oder potenziellen Kunden etwas präsentieren. Dabei möchten Sie wahrscheinlich möglichst frei sprechen – dank Mnemotechniken können Sie die Struktur Ihres Vortrags vorab verinnerlichen. Oder Sie lernen eine Fremdsprache, bei der Sie sich naturgemäß viele neue Vokabeln merken müssen. Mit Verknüpfungen geht das leichter. Im Alltag gibt es auch immer wieder komplizierte Passwörter, die man sich merken muss, Geburtstage, Namen oder Telefonnummern. Mnemotechniken können Ihnen in allen Fällen helfen, sich Dinge einzuprägen und später leichter abzurufen.

Nützlich sind Mnemotechniken natürlich auch, wenn Sie für eine Prüfung lernen müssen. Eselsbrücken und andere Mnemotechniken können es Ihnen einfacher machen, Informationen und Zusammenhänge zu verinnerlichen. Wer Methoden des Gedächtnistrainings beim Lernen nutzt, kann deshalb ein besseres Ergebnis erzielen.

Mnemotechnik-Beispiele: Welche Mnemotechniken gibt es?

Wenn Sie Mnemotechniken nutzen möchten, um sich besser an bestimmte Dinge zu erinnern, stehen Ihnen verschiedene Methoden zur Auswahl. Hier stellen wir Ihnen einige nützliche Mnemotechniken vor, die Ihnen in verschiedenen Situationen helfen können.

Die Loci-Methode

Wenn Sie sich mehrere Informationen merken müssen, kann die Loci-Methode sehr praktisch sein. Man nennt sie auch Routen-Methode, weil dabei Informationen in einer bestimmten Reihenfolge mit bestimmten Orten verknüpft werden. Sie können zum Beispiel zuhause einen bestimmten Weg überlegen, zu dem verschiedene Ankerpunkte gehören, die mit einer bestimmten Information verbunden sind. Ebenso können Sie Ihren Arbeitsweg nutzen, Ihre liebste Spaziergeh-Strecke oder auch einen fiktiven Ort, zum Beispiel aus einem Film oder Computerspiel.

Entscheidend ist, dass Sie sich eine bestimmte Route mit markanten Punkten überlegen. Nehmen wir an, Sie stellen sich vor, dass Sie durch die Fußgängerzone Ihrer Stadt laufen, um sich Ihre Einkaufsliste zu merken. Zuerst steigen Sie aus der U-Bahn aus. Dort gibt es frische Brötchen bei einem Bäckerstand. Dann gehen Sie nach oben, wo Sie an einem Gemüsestand vorbeikommen – dort kaufen Sie (gedanklich) Tomaten. Die Ampel, an der Sie als Nächstes vorbeikommen, steht für grüne Äpfel. Gegenüber liegt ein Modegeschäft, das Sie mit Mehl verknüpfen. Direkt daneben ist ein Imbiss, wo es Falafel gibt – er steht für die Kichererbsen, die Sie kaufen möchten. Und zum Schluss kommen Sie an einem Teich vorbei – Ihre Merkhilfe dafür, dass Sie Wasser kaufen möchten.

Vielleichten möchten Sie sich mit der Loci-Methode auch bestimmte Informationen über einen neuen Kontakt merken. Ein Beispiel: Herr X spielt gerne Golf, interessiert sich fürs Segelfliegen und hat sechs Geschwister. Nun verknüpfen Sie Orte mit diesen Informationen: Sie starten in Ihrem Garten, wo Sie erstmal eine Runde Golf spielen. Mit dem Fernglas, das auf dem Fensterbrett liegt, schauen Sie anschließend in den Himmel, wo Sie einen Segelflieger beobachten. Und schließlich gehen Sie wieder zurück ins Wohnzimmer, wo Sie die sechs Sofakissen an die sechs Geschwister von Herrn X erinnern.

Geschichten ausdenken

Eine weitere Mnemotechnik besteht darin, dass Sie sich Geschichten ausdenken, um sich an Dinge zu erinnern. Auch dabei werden Informationen durch Verknüpfungen verankert. Sie merken sich das, was Sie erinnern möchten, durch eine anschauliche Geschichte, die aus Assoziationsketten besteht.

Nehmen wir an, Sie möchten sich an die Begriffe Huhn, Baumstumpf, Partner und Wassertrog erinnern. Dann denken Sie sich eine Geschichte dazu aus, die alle Begriffe beinhaltet. Das muss keinen Sinn ergeben – oft kann man sich absurde Geschichten sogar besser merken. So könnte das Ergebnis dann aussehen: Ein Huhn lebte ganz allein auf einem Hof. Es gab dort schon lange keine anderen Hühner mehr, was das Huhn traurig machte. Eines Tages fand es hinter einem Baumstumpf eine kleine Erdkröte. Endlich ein neuer Partner!, dachte das Huhn – und nahm die kleine Kröte mit in den Hühnerstall, wo sich die Kröte gleich freudig in den Wassertrog stürzte.

Merksätze

Merksätze kennt jeder – einer der bekanntesten ist der von den Planeten. Der Satz „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel“ steht für die Anfangsbuchstaben und die Reihenfolge der Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun. Solche Eselsbrücken können nützlich sein, um sich bestimmte Abfolgen von Informationen zu merken. Zum Beispiel die Saiten der Gitarre: Dafür gibt es Sprüche wie „Eine alte deutsche Gitarre hält ewig“ oder „Ein Anfänger der Gitarre habe Eifer“ – die Reihenfolge der Saiten ist E, A, D, G, H, E.

Reime

Reime sind eine weitere Mnemotechnik, durch die es leichter ist, sich an Dinge zu erinnern. Erinnern Sie sich noch an den Spruch aus der Schule zur richtigen Schreibweise des Wörtchens „nämlich“? Er lautet: „Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich“. Sie können vorhandene Sprüche nutzen oder sich eigene Reime ausdenken, durch die Sie bestimmte Informationen verinnerlichen. Vielleicht möchten Sie sich besser daran erinnern, welche Eigenschaften neue berufliche Kontakte haben, die Sie kürzlich kennengelernt haben. Dann könnten Sie zum Beispiel reimen:

  • „Herr Meier läuft gern um den Weiher.“ (Herr Meier wandert gerne)
  • „Frau Weber liebt Kleber.“ (Frau Weber bastelt gerne)
  • „Herr Bach spielt gerne Schach.“
  • „Frau Schwertfeger schwingt gerne den Schläger.“ (Frau Schwertfeger spielt Tennis)
  • „Herr Janssen geht gerne tanzen.“

Akronyme bilden

Es kann auch leichter sein, sich Dinge zu merken, wenn Sie die Anfangsbuchstaben von verschiedenen Wörtern zu einem Akronym zusammensetzen. Bekannte Akronyme sind zum Beispiel EU für die Europäische Union, UN für die United Nations oder NATO für die North Atlantic Treaty Organization. Sie können natürlich auch Ihre eigenen Akronyme bilden. Nehmen wir nochmal das Beispiel einer Einkaufsliste. Sie möchten kaufen: Bananen, Apfel, Radieschen, Nüsse, Anissterne, Butter, Austern und Salz. Macht kurz: BARNABAS. Wetten, dass Sie sich auch ohne Einkaufsliste daran erinnern, was Sie besorgen wollten? Besonders praktisch ist diese Mnemotechnik auch, wenn Sie sich für eine Prüfung vorbereiten und sich zu einem Thema wichtige Informationen merken müssen.

Zahlen und Ziffern merken

Es gibt viele Zahlen und Ziffern, die wir uns merken sollten – oder bei denen es zumindest nützlich wäre, wenn wir sie auswendig kennen würden. Ein klassisches Beispiel sind Passwörter, die wegen der höheren Sicherheitsanforderungen immer länger und komplexer werden. Bauen Sie sich Eselsbrücken, um sich auch längere Zahlen- und Ziffernfolgen zu merken.

Ein Beispiel: Sagen wir, Ihr Passwort ist HF1307KShes78. Dieses Passwort setzt sich wie folgt zusammen:

  • HF = Hans Frederik, Ihr Vorname
  • 1307 = 13.07., Ihr Geburtstag
  • KS = Ihr Wohnort Kassel
  • hes = Hessen, Ihr Bundesland
  • 78 = Ihr Geburtsjahr

Wie kann man eine Mnemotechnik lernen?

Mit Mnemotechniken kann jeder zum Gedächtniskünstler werden. Die zugehörigen Techniken sind vielfältig und deshalb auf eine Vielzahl an Informationen anwendbar, die Sie verinnerlichen möchten. Es spielt keine Rolle, ob Sie sich Eselsbrücken für kürzere Zahlenreihen merken möchten oder ob es Ihnen darum geht, sich komplexere Sachverhalte und Zusammenhänge einzuprägen.

Wie kann man eine Mnemotechnik lernen? Überlegen Sie sich, welche Mnemotechnik sich für Ihren Einsatzzweck am besten eignen könnte. Bei Bedarf lesen Sie sich noch mehr über die jeweilige Technik durch, damit Sie sie wirklich verstanden haben. Letztlich ist es aber gar nicht so wichtig, dass Sie fixen Regeln folgen. Alles, was Ihnen dabei hilft, sich Dinge zu merken, bringt Sie schließlich weiter. Finden Sie heraus, welche Mnemotechnik am besten zu Ihnen passt, und passen Sie sie gegebenenfalls nach Belieben an.

Nun entwickeln Sie anhand einer bestimmten Mnemotechnik Ihre eigene praktische Umsetzung, indem Sie zum Beispiel Routen mit der Loci-Methode erstellen, sich Reime einfallen lassen oder Zahlen und Ziffern aufdröseln und „übersetzen“. Praktisch daran ist, dass Sie mit der Zeit immer geübter werden. Neuronale Netzwerke im Gehirn werden immer stärker, wenn sie genutzt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Verbindungen, die Sie nicht nutzen, nach und nach schwächer werden. Je mehr Sie trainieren, desto besser werden Sie sich also Dinge merken können.

Mnemotechniken: Vor- und Nachteile

Mnemotechniken – bringt das wirklich was? Ob sich diese Art des Gedächtnistrainings für Sie eignet, müssen Sie letztlich selbst entscheiden. Welche Vor- und Nachteile mit diesen Erinnerungstechniken verbunden sein können, sehen Sie hier im Überblick.

Vorteile von Mnemotechniken

  • Über Mnemotechniken können Sie sich viele Informationen leichter merken.
  • Das Lernen kann auch mehr Spaß machen, vor allem, wenn Sie sich als Merkhilfe lustige Geschichten ausdenken.
  • Im besten Fall vergessen Sie bestimmte Informationen durch eine gelungene Verankerung mit Mnemotechniken nie wieder – Sie lernen also nicht nur für den Moment, sondern prägen sich das Wissen dauerhaft ein.
  • Je mehr Übung Sie haben, desto besser werden Sie. Es lohnt sich also, dranzubleiben.

Nachteile von Mnemotechniken

  • Mnemotechniken sind kein Allheilmittel, um sich alles zu merken, was Sie sich merken möchten. Es liegt an Ihnen, sich passende Verknüpfungen auszudenken, um das Wissen auch tatsächlich zu verankern.
  • Manchmal kann es einfacher sein, Dinge einfach auswendig zu lernen als eine Mnemotechnik zu nutzen. Es kann nämlich durchaus etwas Zeit kosten, sich geeignete Verknüpfungen zu überlegen.
  • Die Gefahr besteht, dass die gewählten Assoziationen nicht gut genug sind. Schlimmstenfalls können Sie sich dann zwar Ihre Eselsbrücke merken, wissen aber nicht mehr genau, wofür Sie steht.

Bildnachweis: Cast Of Thousands / Shutterstock.com

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