Kreativität fördern bei Erwachsenen: So werden Sie kreativer
Manche Menschen sind begnadete Musiker, andere können gut zeichnen – mit anderen Worten, sie sind kreativ. Kreativität bedeutet allerdings mehr als das. Sie wirkt sich auch darauf aus, wie wir an Probleme herangehen, mit Herausforderungen umgehen und uns organisieren. Warum Kreativität im Alltag so wichtig ist und wie eine Förderung der Kreativität aussehen kann – in diesem Artikel erfahren Sie mehr.
Was bedeutet Kreativität?
Wer kreativ ist, malt ein Bild. Er schreibt einen Song. Verfasst ein Buch. Oder? Tatsächlich umfasst Kreativität mehr als „nur“ solchen künstlerischen Output. Wenn jemand kreativ ist, kann sich das auf mehr Aspekte auswirken als darauf, was er in seiner Freizeit an kreativen Werken erschafft oder welche kreativen Ideen er im Job entwickelt.
Kreativität bedeutet, etwas zu erschaffen. Das können die genannten Dinge wie Bilder, Zeichnungen, Lieder oder Texte sein. Kreativität bezieht sich aber auch auf eine Herangehensweise an verschiedene Situationen, nämlich in Form von kreativen Konzepten und Ideen. Solche Konzepte sind oft innovativ und basieren auf eigenen Überlegungen. Ein einfaches Beispiel: Eine Frau hat ein Date, aber leider ist der Babysitter in letzter Minute abgesprungen. Also überlegt sie, wie sie beides verbinden kann – und weil sie weiß, dass ihr Date Freizeitparks ebenso liebt wir ihr Sohn, schlägt sie ein Treffen dort vor.
Kreativität kann sich in verschiedener Art und Weise äußern. In der Psychologie werden zwei Arten der Kreativität unterschieden, die angelehnt am englischen Begriff creativity als Big-C und Little-c bekannt sind – übersetzt also etwa großes K und kleines K. Big-C meint die künstlerische Kreativität. Hierunter verbergen sich die „typischen“ kreativen Outputs von Künstlern, Musikern oder Schriftstellern, und zwar solchen mit einem gewissen Publikum. Gemeint ist also nicht der Hobbymusiker, der mit einer Band in seiner Garage spielt, sondern der Musiker, der in einem Club auftritt.
Little-c ist demgegenüber die Kreativität, die alle Menschen besitzen. Diese Art von Kreativität nutzt man im Alltag, wenn es darum geht, Probleme zu lösen, Neues auszuprobieren oder auch Dinge zu organisieren. Beiden Varianten von Kreativität – Big-C und Little-c – ist gemein, dass es darum geht, etwas zu schaffen, das einen Nutzen hat.
Die Vorteile von Kreativität im Alltag
Wer das Wort Kreativität hört und sofort an Künstler, Musiker oder Schriftsteller denkt, der sieht womöglich nicht, warum eine kreative Ader im Alltag eine nennenswerte Rolle spielen sollte. Wenn man sich allerdings bewusst macht, dass Kreativität auch beeinflusst, wie jemand in bestimmten Situationen agiert, wie er auf Probleme reagiert und welche Strategien er entwickelt, wird deutlich, dass Kreativität auch im Alltag wichtig ist.
Wer im künstlerischen Sinne kreativ ist, hat womöglich ein Hobby, das ihm viel Freude bereitet – zum Beispiel Zeichnen, Basteln oder Nähen. So ein Hobby kann sehr erfüllend sein, denn man sieht unmittelbar, was man erschaffen hat. Wenn diese Ergebnisse das eigene Leben oder das anderer Menschen bereichern, hat der kreative Output für viele Menschen einen noch größeren Wert. Kreative Projekte sind für kreative Menschen nicht zuletzt ein Weg, sich auszuleben und sich selbst zu verwirklichen.
Wenn wir von dieser recht engen Definition von Kreativität weggehen und Kreativität in einem breiteren Kontext sehen, wird klar, dass auch diese Art von Kreativität viele positive Aspekte mit sich bringt. Sagen wir, Sie sind im Job mit einer kniffligen Herausforderung konfrontiert. Mit einer kreativen Herangehensweise können Sie eine passende Strategie entwickeln.
Oder vielleicht gibt es am Arbeitsplatz einen Konflikt, zum Beispiel mit einem Kollegen oder dem Chef. Kreative Ansätze können Ihnen in solchen Situationen dabei helfen, auf ein gutes Ergebnis hinzuwirken. Innovative Ideen, auf die Sie dank Ihrer Kreativität gekommen sind, können Sie im Beruf und im Privatleben weiterbringen. Sie können ein wichtiges Hilfsmittel sein, um Ziele zu erreichen und erfolgreich zu sein, egal, was das für Sie konkret bedeutet. Indirekt ist Kreativität damit auch ein Zufriedenheitsfaktor.
Wie entsteht Kreativität?
Wie Kreativität im Gehirn entsteht, ist nicht abschließend geklärt. Wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es bei Frauen und Männern unterschiedliche Wirkmechanismen gibt, die die Kreativität eines Menschen beeinflussen. Es ist auch zumindest zum Teil noch unklar, welche Botenstoffe im Gehirn an der Entstehung von Kreativität beteiligt sind.
Eine wichtige Rolle spielt die Persönlichkeit eines Menschen. Wie jemand an Herausforderungen, Konflikte und Probleme herangeht, wirkt sich auf sein Verhalten in verschiedenen Situationen aus. Manche Menschen fühlen sich angesichts von Herausforderungen schnell entmutigt, wenn nicht alles sofort wie erhofft klappt. Bei anderen weckt es gerade erst den Eifer, wenn es nicht auf Anhieb funktioniert. Solche Menschen entwickeln eher kreative Strategien, um Situationen individuell optimal zu lösen.
Die Intelligenz eines Menschen spielt ebenfalls eine Rolle. Sie beeinflusst, wie Informationen im Gehirn verarbeitet werden, welche Denkfähigkeiten jemand hat und zu welchen Denkmustern er neigt. Der Intelligenzquotient wirkt sich auch darauf aus, welche Strategien jemand entwickeln kann. Dabei sind zwei unterschiedliche Arten, zu denken, wichtig: konvergentes und divergentes Denken. Beim konvergenten Denken prüfen wir unterschiedliche Möglichkeiten und entscheiden uns für die Variante, die uns aufgrund von Vorerfahrungen am ehesten zielführend erscheint. Divergentes Denken basiert weniger auf vorgefertigten Schemata, sondern bezieht sich auf kreatives, freies Denken. Für die Kreativität spielen beide Formen des Denkens eine Rolle.
Damit Kreativität entstehen kann, ist ein Wechsel aus Konzentration und Pausen wichtig. Die besten Lösungen findet man oft nicht, indem man angestrengt überlegt, sondern, indem man den eigenen Gedanken auch mal Raum lässt. Im nächsten Abschnitt erfahren Sie, wie Sie sich diesen Umstand zunutze machen können, um Ihre Kreativität anzuregen.
So können Sie Kreativität fördern
Kinder sind oft sehr kreativ. Sie lieben es, zu malen, denken sich Geschichten aus oder erfinden mit anderen Kindern ganz neue Spiele. Dass Kinder kreativer sind als Erwachsene, ist jedoch ein Mythos. Lediglich die Umstände sind anders: Kinder haben oft mehr Freiräume, probieren mehr aus und gehen unvoreingenommener an viele Situationen heran. Das erlaubt es ihnen, kreative Lösungen zu entwickeln. Zur Förderung der Kreativität bei Kindern ist es deshalb wichtig, ihnen nicht alles vorzugeben, sondern sie Dinge ausprobieren zu lassen. Wenn ein Kind vor einer Herausforderung steht, sollten Eltern und andere Bezugspersonen nicht sofort fertige Lösungen anbieten, sondern das Kind machen lassen. So lernt es, selbst nachzudenken, was seine Kreativität fördert.
Auch Erwachsene brauchen diese Freiräume, um kreativ sein zu können. Daran mangelt es oft: Der Alltag vieler Menschen ist durchgetaktet, es bleibt oft kaum Luft für Pausen. Genau diese Pausen sind aber essenziell, damit Kreativität entstehen kann. Verplanen Sie also nicht jede Minute, sondern machen Sie auch mal absolut gar nichts. Schauen Sie aus dem Fenster, setzen Sie sich ohne Handy oder Fernsehen aufs Sofa, legen Sie sich ins hohe Gras. Machen Sie einen Spaziergang durch den Park oder den Wald oder gehen Sie schwimmen. Bei solchen Aktivitäten lassen Sie Ihre Gedanken automatisch schweifen, was Ihrem Gehirn Freiräume gibt.
Dass vielen Menschen bei einem Spaziergang, beim Sport oder unter der Dusche die besten Ideen kommen, ist kein Zufall. In solchen Momenten ist das sogenannte Default Mode Network – auf Deutsch auch Ruhezustandsnetzwerk – aktiv. In diesem Zustand ist unter anderem der Hippocampus beteiligt, eine Hirnregion, in der sich Erinnerungen bilden und in der Erinnerungen abgerufen werden. Zusammen mit Erfahrungen und Wissen können daraus neue Ideen entstehen. Wenn die Gedanken schweifen können, werden Hirnregionen aktiviert, mit denen wir kreative Lösungen entwickeln können.
Es braucht Mut, neue Ideen zu entwickeln
Um Kreativität zu fördern bei Erwachsenen ist es ebenso wichtig, Mut zu neuen Ideen zu haben. Viele Menschen verlassen die ausgetretenen Pfade nicht, die ihnen die Gesellschaft vorgibt. Sie haben Angst, anzuecken, für ihre Ideen vielleicht sogar ausgelacht zu werden. deshalb trauen sich viele Menschen nicht, innovative Konzepte auszuprobieren – aus Angst vor den Reaktionen anderer, aber auch aus Angst, ihre Zeit zu verschwenden. Wer kreative Ansätze entwickeln möchte, muss dazu jedoch bereit sein, und darf nicht erwarten, sofort die optimale Lösung zu finden. Viele Ideen sind vielleicht letztlich nicht tragfähig, bringen Sie aber nichtsdestotrotz weiter. Oft muss man viele Ansätze entwickeln, um eine wirklich gute Lösung zu finden.
Was nicht funktioniert: auf Knopfdruck kreativ sein. Sie können sich nicht hinsetzen und sich sagen: Jetzt bin ich kreativ. Jetzt muss ich eine gute Idee haben. Im Gegenteil: Unter solchen Umständen werden Sie wahrscheinlich nicht sonderlich kreativ sein, denn Sie stehen unter Druck. Was hingegen eine gute Strategie sein kann: Sie befassen sich zunächst intensiv mit einem Problem, ohne die Absicht, sofort eine Lösung zu finden. Anschließend machen Sie etwas ganz anderes. Dadurch kann sich Ihr Gehirn im Hintergrund weiter mit dem Problem beschäftigen, mit dem Ergebnis, das Ihnen die Lösung irgendwann wahrscheinlich wie von selbst kommt.
Welche Rolle Schlaf für die Kreativität spielt
Ungelöste Aufgaben löst das Gehirn bevorzugt im Schlaf, der für die Förderung der Kreativität eine essenzielle Rolle spielt. Amerikanische Forscher haben gezeigt, dass im REM-Schlaf kreatives Denken besonders stark angeregt wird. Die Probanden erhielten bei einem Versuch Aufgaben, anschließend durften sie sich ausruhen oder schlafen. Das Ergebnis: Wer in REM-Schlaf fiel, erzielte anschließend deutlich bessere Ergebnisse. Die Gruppe Probanden, die schlafen konnte, war also im Vorteil.
Künstler und andere kreative Menschen haben immer wieder berichtet, dass ihnen gute Ideen im Schlaf gekommen sind. So manche Idee war Erzählungen zufolge beim Aufwachen einfach da. Otto Loewi zum Beispiel, ein Nobelpreisträger im Bereich Medizin für seine Erforschung der Übertragung von Nervenimpulsen, hatte die Idee für den entscheidenden Versuch nach eigenen Angaben im Schlaf. Ebenso ging es John Lennon beim Song „Nowhere Man“.
Der Musiker hatte lange versucht, Songs für das nächste Album zu schreiben, kam aber nicht so recht weiter. Dann legte er sich hin – und hatte eine Eingebung. Um es in Lennons eigenen Worten zu sagen: „Ich hatte an diesem Morgen fünf Stunden versucht, einen guten Song zu schreiben, der etwas bedeutet, bis ich schließlich aufgegeben und mich hingelegt habe. Als ich mich hingelegt habe, kam „Nowhere Man“ – die Worte, die Musik, das ganze verdammte Ding.“
Was Ihre Kreativität hemmen kann
Kreativität braucht die richtigen Bedingungen, damit sie sich entfalten kann. Das bedeutet, dass bestimmte Bedingungen kontraproduktiv sein können, wenn es darum geht, die eigene Kreativität zu fördern. So ist es zum Beispiel hinderlich für kreative Gedanken, wenn Abläufe sehr starr geregelt sind, so dass es keinen Raum für neue Ansätze gibt.
Das könnte zum Beispiel an der Arbeit der Fall sein, wenn der Arbeitgeber bis ins letzte Detail vorgibt, wie bestimmte Aufgaben erledigt werden sollen. Oder im Privatleben, wenn Sie genaue Vorstellungen davon haben, wie etwas ablaufen soll. Ebenso hinderlich sind Einschränkungen oder Verbote. Unter diesen Umständen blicken Sie wahrscheinlich nicht nach rechts oder links, sondern halten sich genau an die Vorgaben. Das lässt Kreativität keinen Raum.
Wer im Stress ist oder unter Druck steht, der hat es schwer, kreative Ideen zu entwickeln, weil seine Denkfähigkeiten eingeschränkt sind. Deshalb ist auch Perfektionismus nicht selten ein Kreativitäts-Killer, zumal dann, wenn Betroffene aufgrund ihrer hohen Anforderungen an sich selbst keine Risiken eingehen. Das schließt neuartige Ansätze aus, wenn man nicht weiß, ob sie wirklich zielführend sind.
Es ist überaus hinderlich für Kreativität, wenn Sie keine Freiräume haben. Der Alltag vieler Menschen ist vollgepackt und bis ins letzte Detail durchgeplant. Raum für Pausen gibt es oft nicht. Das betrifft nicht nur den Job. Viele Menschen planen auch in ihrer Freizeit genau, was sie wann machen werden, egal, ob Hobby oder Haushalt. Oft geht das mit dem Gedanken einher, dass man stets produktiv sein muss – in der Freizeit zum Beispiel, indem man an sich arbeitet. Wenn Sie Ihre Kreativität fördern möchten, ist es jedoch wichtig, dass es ausreichend Leerlauf gibt.
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