Job-Speed-Dating: Der neue Recruiting-Trend
In einer Bewerbung kann man viel schreiben. Wie vielversprechend ein Bewerber wirklich ist, lässt sich nicht nur an seinem Lebenslauf ablesen, sondern auch daran, welchen Eindruck er persönlich macht. Es muss schließlich auch menschlich passen. Ein Bewerbungstrend, bei dem der persönliche Eindruck in den Vordergrund gerückt wird, ist Job-Speed-Dating. Was genau dahintersteckt, was es Arbeitgebern und Bewerbern bringt und wie Sie sich auf ein Speed-Dating-Bewerbungsgespräch richtig vorbereiten – hier finden Sie alle wichtigen Infos und Tipps.
Job-Speed-Dating: Was ist das?
Den richtigen Kandidaten für eine freie Stelle zu finden kostet Unternehmen Zeit. Viel Zeit. Oft muss zunächst ein Berg an Bewerbungen gesichtet werden, es muss eine Vorauswahl getroffen werden, schließlich trifft man die vielversprechendsten Bewerber persönlich bei einem Vorstellungsgespräch. Oft finden gleich mehrere Runden an Gesprächen statt. Bis man sich für einen Bewerber entschieden hat, kann viel Zeit ins Land gehen.
Ein derartiger Aufwand im Recruiting bindet Personal und Ressourcen. Unkomplizierter soll die Bewerbersuche mit Job-Speed-Dating gehen – ein Ansatz, der ursprünglich aus Großbritannien stammt und auch hierzulande beliebter wird. Dabei wird die Idee des Speed-Datings auf die Personalsuche übertragen: Eine Reihe an Bewerbern trifft eine Reihe an potenziellen Arbeitgebern. Bewerber und Recruiter tauschen sich jeweils für einige Minuten aus und führen eine Art Bewerbungsgespräch light, denn viel Zeit bleibt nicht, um dabei in die Tiefe zu gehen.
Die Idee hinter Job-Speed-Dating ist simpel: Man lernt eine größere Zahl an potenziellen Mitarbeitern (oder umgekehrt: Arbeitgebern) kennen und merkt schnell, ob es passen könnte oder nicht. Wenn ein Speed-Dating-Bewerbungsgespräch positiv verläuft, heißt das aber nicht, dass man Ihnen sofort einen Arbeitsvertrag vorlegen würde. In der Regel werden Sie in diesem Fall zu einem „richtigen“ Vorstellungsgespräch beim Unternehmen eingeladen.
Was versprechen sich Firmen von Speed-Dating-Vorstellungsgesprächen?
Für Arbeitgeber kann Job-Speed-Dating Vorteile haben. Das wohl wichtigste Argument: Man spart Zeit bei der Suche nach neuen Mitarbeitern, kann aber zugleich mehr Kandidaten persönlich kennenlernen. Wenn es darum geht, welcher Bewerber am besten zum Unternehmen passt, zählen nicht nur formelle Qualifikationen, sondern auch die persönliche Eignung. Die lässt sich an einer Bewerbung kaum ablesen – im Gegenteil: Vor allem viele Anschreiben versprechen mehr, als der Bewerber tatsächlich halten kann.
Erst in einem persönlichen Gespräch bekommen Unternehmen wirklich ein Gefühl dafür, ob sich die Zusammenarbeit mit einem bestimmten Kandidaten langfristig lohnen könnte. Beim Job-Speed-Dating umgeht man die aufwendige Vorauswahl und trifft gleich mögliche neue Mitarbeiter. Viel verloren hat man nicht, wenn es nicht passt – ein Gespräch dauert meist nicht länger als zehn Minuten. Diese Zeit reicht aber aus, um die grundsätzliche Kompatibilität zu testen.
Mit Angeboten wie Speed-Dating-Vorstellungsgesprächen sprechen Unternehmen darüber hinaus auch Bewerber an, die ansonsten womöglich schlechtere Chancen hätten oder sich gar nicht erst bewerben würden. Man kann Kandidaten kennenlernen, mit denen man erst durch den Anlass des Job-Speed-Datings überhaupt ins Gespräch kommt, und auch solche, deren Bewerbung vielleicht nicht makellos wäre und deshalb aussortiert würde.
Besonders praktisch ist Job-Speed-Dating, wenn gleich mehrere Stellen zu besetzen sind, für die keine besonderen Qualifikationen gefragt sind. Wenn Unternehmen geringe Anforderungen haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, bei Speed-Dating-Bewerbungsgesprächen passende Kandidaten zu finden. Nicht zuletzt kann man solche Gelegenheiten auch nutzen, um einen Bewerberpool für spätere Stellen anzulegen.
Vorteile und Nachteile von Job-Speed-Dating aus Bewerbersicht
Wie sieht es auf Bewerberseite aus – bringt Job-Speed-Dating mehr Vorteile oder Nachteile mit sich? Welche Argumente aus Sicht von Bewerbern für und gegen diese Form von Vorstellungsgesprächen sprechen, erfahren Sie hier.
Vorteile von Job-Speed-Dating für Bewerber
- Der Zugang zu Jobs kann durch Job-Speed-Dating erleichtert sein: Vorherige Bewerbungsunterlagen sind meist nicht nötig, so dass Bewerber nicht nur Zeit sparen, sondern auch eine wichtige Hürde für Bewerbungen genommen ist.
- Besonders vorteilhaft ist das für Jobsuchende, denen Bewerbungen schwerfallen oder die durch Lücken in ihrem Lebenslauf schlechtere Chancen bei einer Vorauswahl anhand der Bewerbungsunterlagen haben könnten. Sie haben beim Job-Speed-Dating die Chance, persönlich zu überzeugen.
- Auch Bewerber sparen beim Job-Speed-Dating Zeit – sie treffen in kurzer Zeit gleich mehrere Arbeitgeber und können durch diesen persönlichen Eindruck ein besseres Gefühl dafür bekommen, wo sie gerne arbeiten würden und wo nicht.
- Weil mehrere Bewerbungsgespräche stattfinden, sind die Chancen höher, am Ende einen Job zu haben.
- Durch Job-Speed-Dating kann man mit Arbeitgebern in Kontakt kommen, die man ansonsten gar nicht auf dem Schirm gehabt hätte.
- Die Nervosität ist bei Bewerbern womöglich geringer, wenn es sich nur um kurze Gespräche mit Arbeitgebern handelt, die in einem weniger formellen Rahmen stattfinden.
- Klappt es nicht, ist das oft nicht so schlimm – man hat sich schließlich nicht nur bei einem Arbeitgeber beworben.
- Bewerber können durch Job-Speed-Dating mehr Routine im Führen von Bewerbungsgesprächen gewinnen, was bei späteren Gesprächen mit anderen Arbeitgebern nützlich sein kann.
- Job-Speed-Dating ist nicht zuletzt eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Ein Speed-Dating-Vorstellungsgespräch mag nicht zu einem Job führen, aber man kann sich trotzdem mit den neuen Kontakten vernetzen. Das kann sich später noch als nützlich erweisen.
Nachteile von Job-Speed-Dating für Bewerber
- Der Aufwand beim Job-Speed-Dating ist zwar geringer, aber um ein „richtiges“ Bewerbungsgespräch kommen Bewerber meist trotzdem nicht herum. Ist ein Speed-Dating-Bewerbungsgespräch positiv verlaufen, steht meist als Nächstes ein Vorstellungsgespräch im Unternehmen auf dem Plan. Eine direkte Jobzusage gibt es in der Regel nicht.
- Für die Bewerbungen an sich sparen Bewerber beim Job-Speed-Dating zwar Arbeit, dafür müssen sie sich über mehr Arbeitgeber informieren. Das ist aufwendiger als bei einzelnen Bewerbungsgesprächen, außerdem kann es schwieriger sein, im Kopf zu behalten, welches Unternehmen wofür steht.
- Job-Speed-Dating kann Zeitverschwendung sein, wenn man mehrere Gespräche mit Arbeitgebern führt, die für einen selbst gar nicht infrage kommen.
- Dass Speed-Dating-Bewerbungsgespräche kurz sind, heißt, dass man dabei nicht in die Tiefe gehen kann. Womöglich können wegen der Zeitbegrenzung nicht alle Fragen geklärt werden.
- Für nervöse Bewerber kann Job-Speed-Dating ein Problem sein: Manche sind zwar weniger nervös, weil der Gesprächsrahmen des kurzen Kennenlernens informeller ist als bei „richtigen“ Bewerbungsgesprächen. Bei anderen Bewerbern ist es hingegen so, dass sich ihre Nervosität bei längeren Gesprächen nach einigen Minuten verflüchtigen würde. Bis es bei Speed-Dating-Vorstellungsgesprächen soweit ist, ist das Gespräch aber womöglich auch schon wieder beendet.
Job-Speed-Dating: Wie läuft es ab?
Job-Speed-Dating wird besonders häufig vom Jobcenter oder dem Arbeitsamt oder aber an Universitäten und auf Jobmessen angeboten. Manche Firmen laden aber auch direkt zum Job-Speed-Dating, was unter anderem die Deutsche Bahn, Lidl und der TÜV Nord bereits getan haben.
Häufig ist es nicht nötig, vor einem solchen Gespräch eine schriftliche Bewerbung einzureichen. Die Veranstaltungen sind entweder für alle Interessenten offen oder es findet eine Vorauswahl statt, zum Beispiel bei Speed-Dating-Bewerbungsgesprächen, die von der Arbeitsagentur durchgeführt werden. Das Angebot kann sich auch speziell an bestimmte Gruppen von Bewerbern richten, etwa an Hochschulabsolventen, die gerade mit dem Studium fertig sind, an ältere Arbeitnehmer oder Langzeitarbeitslose.
Typisch für Job-Speed-Dating ist der rasche Wechsel der Gesprächspartner. Die verschiedenen Bewerber und Personalverantwortlichen der teilnehmenden Unternehmen sprechen meist nur bis zu zehn Minuten miteinander, bevor das nächste Gespräch ansteht. Dabei können die üblichen Fragen erörtert werden – was zeichnet den Bewerber aus? Was sind seine Ziele? Warum möchte er zu diesem Unternehmen? Auch eine kurze Selbstvorstellung beider Seiten gehört dazu.
Läuft es gut, bedeutet das in der Regel keine sofortige Jobzusage. Stattdessen werden interessante Kandidaten meist zu einem längeren Vorstellungsgespräch beim Arbeitgeber eingeladen. Erst danach wird eine endgültige Entscheidung getroffen.
So überzeugen Sie Arbeitgeber bei Speed-Dating-Bewerbungsgesprächen
Speed-Dating-Vorstellungsgespräche mögen kürzer sein als reguläre Bewerbungsgespräche. Das heißt aber nicht, dass man sich darauf nicht gründlich vorbereiten sollte – auch beim Job-Speed-Dating können Sie schließlich dem ersehnten Job einen entscheidenden Schritt näherkommen. Gute Vorbereitung heißt einerseits, dass Sie sich so gut es geht über die Arbeitgeber informieren, die Sie beim Job-Speed-Dating treffen werden – sofern Sie vorher wissen, wer dabei ist. Lesen Sie sich deren Selbstbeschreibung auf der Webseite durch und bringen Sie in Erfahrung, was das Unternehmen macht und was es auszeichnet.
Andererseits heißt gute Vorbereitung für das Job-Speed-Dating, dass Sie sich überlegen, wie Sie sich in aller Kürze vorstellen und wie Sie auf typische Fragen antworten können. Stellen Sie sich darauf ein, dass man Sie nach Ihren Stärken, Schwächen und beruflichen Zielen fragt. Überlegen Sie sich auch selbst Fragen, die auf individuelle Arbeitgeber zugeschnitten oder allgemeiner gehalten sein können.
Es kann sinnvoll sein, vorab ein Speed-Dating-Vorstellungsgespräch mit Freunden zu simulieren. So bekommen Sie schon etwas Übung darin, wodurch Sie routinierter und gelassener in die eigentlichen Bewerbungsgesprächen gehen können. Es ist eine gute Idee, eine Kurzbewerbung beim Job-Speed-Dating dabei zu haben, die sie an interessierte Arbeitgeber aushändigen können. So wirken Sie vorbereitet und bleiben eher positiv in Erinnerung.
Achten Sie auf eine selbstbewusste Körpersprache
Wenn Sie mögliche Arbeitgeber kennenlernen, ist ein souveränes, selbstbewusstes Auftreten wichtig. Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung, halten Sie Blickkontakt und lächeln Sie häufig – das weckt Vertrauen und Sympathie. Ihre Antworten sollten, gerade weil wenig Zeit ist, möglich prägnant sein. Seien Sie im Gespräch mit Arbeitgebern jederzeit höflich und respektvoll. Zu einem professionellen Auftritt gehört auch ein gepflegtes Äußeres, das zum Anlass passen sollte. Sie sollten weder zu casual gekleidet sein noch zu konservativ.
Nachdem Sie mögliche Arbeitgeber beim Job-Speed-Dating kennengelernt haben, können Sie sich mit Ihren neuen Kontakten auf Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn vernetzen. Um Ihre Chancen auf eine positive Rückmeldung zu steigern, können Sie auch eine Dankes-E-Mail schreiben, in der Sie Ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekräftigen. So bleiben Sie in Erinnerung.
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