Frugalismus: Auch für Sie erstrebenswert?

Als junger Erwachsener möglichst viel Geld ansparen und schon in den Vierzigern in Rente gehen: So lässt sich das Konzept, das hinter dem Schlagwort Frugalismus steckt, stark verkürzt beschreiben. Für wen es sich lohnen kann, frugal zu leben, und welche Strategien bei der erfolgreichen Umsetzung helfen können, lesen Sie jetzt.

Ein Mann wirft Geld in ein Sparschwein, was ist Frugalismus?

Definition: Was bedeutet Frugalismus?

Das Konzept des Frugalismus stammt aus den USA. Dort nennt man es jedoch nicht Frugalismus, sondern verwendet das Akronym FIRE, das sich aus folgenden Begriffen zusammensetzt:

  • Financial
  • Independence
  • Retire
  • Early

In diesen vier Wörtern steckt die Kernidee des Frugalismus. Übersetzt bedeuten sie: Finanzielle Unabhängigkeit, früher Ruhestand.

Im deutschsprachigen Raum ist jedoch ein anderer Begriff verbreitet, der sich von dem lateinischen Wort frugalis (nutzbar, sparsam) ableitet. Und auch damit lässt sich das Konzept, das sich hinter dem Frugalismus verbirgt, gut beschreiben.

Personen, die frugal leben, möchten auf Dinge verzichten, die sie nicht unbedingt zum Leben brauchen. Sie tun das, weil sie ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen: Sie möchten so schnell wie möglich finanziell unabhängig werden und im Idealfall schon weit vor dem eigentlichen Rentenalter nicht mehr arbeiten müssen.

Meist lautet das erklärte Ziel von Frugalisten, dass sie schon mit 40 oder 45 Jahren in Rente gehen möchten. Wer ein so ambitioniertes Ziel erreichen will, der muss allerdings früh anfangen zu sparen, gut verdienen und einen beträchtlichen Anteil seines monatlichen Einkommens sparen. Das dürfte gerade in der aktuell etwas angespannten wirtschaftlichen Lage nicht ganz einfach sein. Diese Herausforderung hält Frugalisten jedoch nicht davon ab, es zumindest zu versuchen. Um ihr Ziel zu erreichen, verfolgen sie erprobte Tipps und Strategien, die wir uns später genauer ansehen.

Frugalismus oder Minimalismus?

Möglichst wenig kaufen, bescheiden leben und im besten Fall jene Dinge lange nutzen, die man bereits besitzt. Dabei mag man sich an ein Lebenskonzept erinnert fühlen, das unter dem Namen Minimalismus kennt.

Und tatsächlich: Die Art und Weise, wie Minimalisten und Frugalisten ihren Alltag bestreiten, ähnelt sich. Beide Gruppen tun es in der Regel jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Bei den Minimalisten stehen eher Nachhaltigkeit und der Schutz der Umwelt im Mittelpunkt. Sie üben sich ganz bewusst im Konsumverzicht, um die Umwelt möglichst wenig zu belasten und die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu schonen.

Frugalisten dagegen kaufen möglichst wenig und leben so sparsam, wie es nur geht, um möglichst viel Geld zur Seite legen zu können. Zwar kann auch bei ihnen der Umweltschutz eine Rolle spielen und eine Motivation für ihr Handeln sein. Der Hauptgrund für ihren Verzicht ist jedoch die Aussicht auf einen frühen Ruhestand – oder zumindest möglichst frühe finanzielle Unabhängigkeit.

Denn nicht jeder Frugalist möchte schon mit Mitte 40 in Rente gehen. Viele träumen stattdessen davon, sich bis zu diesem Alter ein finanzielles Polster aufgebaut zu haben, welches es ihnen ermöglicht, das zu tun, worauf sie Lust haben. Frugalisten können daher auch bis zur Regelaltersgrenze im Erwerbsleben stehen. Es kann jedoch sein, dass sie das nur noch halbtags tun oder sie sich selbstständig machen und nur noch diejenigen Aufträge annehmen, die ihnen wirklich Freude bereiten.

Frugalistisch leben: Wie kann es funktionieren?

Möglichst sparsam leben, dabei die Umwelt schonen und gleichzeitig genügend Geld zur Seite legen, um mit 40 oder Mitte 40 in Rente zu gehen – das klingt ein wenig nach Utopie. Dennoch kann der Frugalismus dank folgender Praktiken funktionieren:

  1. Sparen: Das wichtigste Prinzip beim Frugalismus lautet sparen. Vertreter der Idee raten dazu, mindestens 30 Prozent des monatlichen Einkommens zur Seite zu legen. Noch besser sind natürlich 50 oder gar 70 Prozent. Je größer der Sparanteil, desto schwieriger ist es natürlich, die laufenden Ausgaben zu bestreiten. Das zeigt auch, dass die Idee des Frugalismus für Personen mit höheren Einkommen leichter zu verfolgen ist.
  2. Optimieren: Damit sie möglichst viel Geld sparen können, optimieren Frugalisten ihre monatlichen Ausgaben. Dazu führen sie zum Beispiel ein Haushaltsbuch oder notieren sich sehr genau, wo ihr Geld jeden Monat hinfließt. Durch die minutiöse Auflistung der anfallenden Kosten gelingt es besser, Sparpotenziale aufzudecken.
  3. Reduzieren: Wenn klar ist, welche Aktivitäten oder Einkäufe das meiste Geld kosten, geht es daran, die Ausgaben zu überdenken. Frugalisten verkneifen sich in vielen Fällen kostspielige Freizeitaktivitäten wie Kinobesuche oder gar Theaterabende. Auch Mitgliedschaften in einem Fitnessstudio findet man unter Frugalisten eher selten. Stattdessen versuchen sie sich auf diejenigen Aktivitäten zu beschränken, die weniger Fixkosten verursachen. Statt ins Fitnessstudio zu gehen, kann man beispielsweise joggen oder Rad fahren.

Früher in Rente: Wie viel Geld benötige ich?

Es ist natürlich nicht damit getan, ein Haushaltsbuch zu führen oder kostenintensive Freizeitaktivitäten zu vermeiden. Wer einige Jahre früher in Rente gehen möchte als der große Rest, muss genau rechnen und sich eine optimale Strategie zurechtlegen.

Eine probate Strategie, die Frugalisten verfolgen, ist die sogenannte 4-Prozent-Regel. Nach dieser Formel nehmen Sie Ihre aktuellen jährlichen Ausgaben und multiplizieren diese mit 25. Das Ergebnis ist die Summe, die Sie benötigen, um auch ohne Erwerbseinkommen Ihren Lebensstandard halten zu können.

Beispiel: Nehmen wir an, Sie kommen im Jahr mit 35.000 Euro aus. Gemäß der 4-Prozent-Regel brauchen Sie also 875.000 Euro (35.000 x 25), um früher in Rente gehen zu können.

Aber warum nennt sich diese Strategie 4-Prozent-Regel? Bisher war nur die Rede davon, dass man das 25-Fache ansparen muss. Ganz einfach: Wer 25-mal so viel angespart hat, wie er jährlich benötigt, kann von der Rendite seines Sparbetrags leben.

Frugalisten lassen ihr Geld nämlich nicht auf dem Girokonto liegen, sondern investieren ihr Erspartes, zum Beispiel in langfristige Aktiensparpläne, Immobilien oder andere Werte, die regelmäßig Zinserträge oder Dividenden abwerfen.

Bei einem breit gestreuten Investment geht man davon aus, dass eine jährliche Rendite von vier Prozent realistisch zu erreichen ist. Und jetzt kommt der Clou: Vier Prozent von beispielsweise 875.000 Euro sind 35.000 Euro – und damit genau der Betrag, der für die Bestreitung der jährlichen Ausgaben benötigt wird.

Vor- und Nachteile des Frugalismus

Die meisten Menschen dürften sich wünschen, finanziell unabhängig zu sein. Das ist gleichzeitig der größte Vorteil des Frugalismus. Denn nur noch dann zu arbeiten, wann man möchte, und nur noch diejenigen Dinge zu tun, die einem Spaß machen, klingt für viele Beschäftigte verlockend.

Auf der anderen Seite ist der Frugalismus jedoch auch mit zahlreichen Entbehrungen verbunden. Viele Frugalisten fahren nicht in den Urlaub und wohnen auf kleinstem Raum, um sich ihren Traum von der finanziellen Unabhängigkeit möglichst früh erfüllen zu können. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass frugalistisch zu leben nicht für jeden der richtige Lebensentwurf ist. Gerade für Familien mit kleineren Kindern kann dieser Lebensstil zu einer kaum zu bewältigenden Aufgabe werden. Denn kleinere Kinder brauchen Platz und wünschen sich häufig ähnliche Dinge wie ihre Altersgenossen. Wer dann im Kindergarten oder der Schule nicht mithalten kann, weil die Eltern Frugalisten sind, hat häufig einen schweren Stand.

Hinzu kommt, dass auch die späteren Rentenzahlungen betroffen sind. Wenn Frugalisten beispielsweise schon mit Mitte 40 keinen Vollzeitjob mehr ausüben, sondern nur noch sporadisch arbeiten, fließen auch weniger Beiträge in die Rentenkasse. Die Ansprüche, die Frugalisten haben, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, also ohne Abschläge in Rente gehen können, sind entsprechend gering. Jedoch planen Frugalisten häufig so, dass sie auch komplett ohne gesetzliche Rente auskommen könnten. Die Rechnung, die der 4-Prozent-Regel zugrunde liegt, lässt etwaige Rentenbezüge bewusst außer Acht.

Doch auch die geringen Rentenansprüche sind noch nicht der größte Kritikpunkt, den es in Bezug auf den Frugalismus gibt. Tatsächlich muss man sich den frugalistischen Lebensstil auch leisten können. Wohl nur die wenigsten Beschäftigten können 30 oder gar 50 Prozent ihres monatlichen Einkommens sparen. Stattdessen ist es so, dass es nicht wenige Familien gibt, in denen zwar beide Elternteile arbeiten, die aber trotzdem Probleme haben, die monatlichen Ausgaben zu decken. Frugalismus ist daher oft nur für Besserverdiener zu realisieren.

Bildnachweis: Rostislav_Sedlacek / Shutterstock.com

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