Chronisches Erschöpfungssyndrom: Symptome, Behandlung & Bewältigungsstrategien
Ständig müde und kaputt, keine Energie für den Alltag – so geht es vielen Menschen, die am Chronischen Erschöpfungssyndrom leiden. Hier erfahren Sie, was das Erschöpfungssyndrom für Symptome hat, welche Faktoren sein Auftreten begünstigen können und welche Therapie-Möglichkeiten es gibt.
Was ist das Chronische Erschöpfungssyndrom?
Das Chronische Erschöpfungssyndrom ist auch als Chronisches Fatigue-Syndrom oder Chronisches Müdigkeitssyndrom bekannt. Geläufig ist außerdem die Abkürzung CFS (Chronisches Fatigue-Syndrom). Dahinter verbirgt sich eine neuroimmunologische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen typischerweise stark einschränkt.
Das Chronische Erschöpfungssyndrom ist eine Multisystemerkrankung. Das bedeutet, dass verschiedene körperliche Systeme und Funktionen davon betroffen sind. Vor allem das Immunsystem, das Nervensystem und der Hormonhaushalt werden beim Chronischen Fatigue-Syndrom beeinträchtigt. Eines der charakteristischsten Symptome des CFS ist eine bleierne Erschöpfung. Das Spektrum an möglichen Symptomen ist jedoch vielfältig und kann sich zwischen den Betroffenen stark unterscheiden.
Schätzungsweise leiden in Deutschland bis zu 400.000 Menschen am Chronischen Erschöpfungssyndrom. Frauen sind häufiger davon betroffen als Männer, außerdem trifft es besonders häufig Menschen in einem jüngeren bis mittleren Alter. Die Beschwerden bestehen oft über einen langen Zeitraum fort. Eine spontane Besserung kann nach Monaten oder Jahren eintreten, muss das aber nicht. Bis heute gibt es keine ursächliche Therapie des Chronischen Erschöpfungssyndroms; die Erkrankung wird symptomatisch behandelt.
Am Begriff Chronisches Erschöpfungssyndrom gibt es immer wieder Kritik. Das hängt auch damit zusammen, dass Erschöpfung zwar charakteristisch für die Erkrankung ist, aber eben nur eines von vielen möglichen Symptomen, die die Betroffenen begleiten.
Anzeichen dafür, dass ein Erschöpfungssyndrom besteht
Bis ein Chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert wird, vergeht oft viel Zeit. Das hängt auch mit den häufig unspezifischen Symptomen der Erkrankung zusammen. Typisch ist die starke Erschöpfung, unter der die Betroffenen leiden. Sie ist so stark, dass ein normaler Alltag in der Regel nicht aufrechterhalten werden kann. Knapp jeder zehnte Erkrankte ist so erschöpft, dass er kaum das Bett verlassen kann. Hinzu kommt meist eine bleierne Müdigkeit, und das nicht nur körperlich, sondern oft auch geistig. Die Belastungsgrenze der Betroffenen ist gering: Was sie vor ihrer Erkrankung mühelos geschafft haben, kann zu viel für sie sein.
Wer unter einem Chronischen Fatigue-Syndrom leidet, hat in vielen Fällen starke kognitive Beeinträchtigungen. Schmerzen sind ebenfalls charakteristisch für die Erkrankung, etwa Kopf- oder Muskelschmerzen. Weitere Symptome, die das CFS begleiten können, sind:
- Fieber
- Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme
- Schlafstörungen
- geschwächtes Immunsystem
- geschwollene Lymphknoten
- Schwäche
- Übelkeit
- Magenschmerzen
- Verdauungsprobleme
- Schwindel
- Kurzatmigkeit
- Schwellungen der Mandeln
- Stimmungsschwankungen
- Verspannungen
Der Beginn eines Chronischen Erschöpfungssyndroms kann schleichend sein. Erste Symptome sind dann oft diffus und werden keiner Erkrankung zugeordnet, sondern etwa dem Stress des Alltags zugeschrieben. Mit der Zeit nehmen die Symptome in Umfang und Schwere zu. Ebenso kann ein CFS sehr plötzlich auftreten. Die Betroffenen leiden dann von Anfang an unter vielfältigen schwerwiegenden Beschwerden.
Wie wird die chronische Erschöpfung diagnostiziert?
Bevor ein Chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert werden kann, müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Behandelnde Ärzte nehmen dann zum Beispiel Blut ab, untersuchen die Betroffenen eingehend körperlich oder setzen bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Ultraschall ein. Wird keine andere Ursache für die Beschwerden gefunden, wird die Diagnose CFS häufig als Ausschlussdiagnose gestellt.
Zur Diagnostik gibt es verschiedene Kriterien. Häufig herangezogen werden die Kanadischen Konsenskriterien, die die folgenden Symptome seit mindestens sechs Monaten voraussetzen:
- eine regelmäßig auftretende starke körperliche und/oder geistige Erschöpfung
- unter Belastung verstärken sich die Symptome; es kann lange dauern, bis sich die Betroffenen von einer Belastung erholt haben
- Schlafstörungen
- Schmerzen
Zudem müssen mindestens zwei neurologische oder kognitive Symptome vorhanden sein, zum Beispiel Bewegungsstörungen oder Probleme mit der Konzentration. Damit die Diagnose Chronisches Erschöpfungssyndrom gestellt werden kann, müssen darüber hinaus in mindestens zwei der folgenden Kategorien Beschwerden vorhanden sein:
- immunologische Manifestationen (mögliche Symptome: zum Beispiel Halsschmerzen, grippeähnliche Beschwerden)
- autonome Manifestationen (mögliche Symptome: zum Beispiel Schwindel, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen)
- neuroendokrine Manifestationen (mögliche Symptome: zum Beispiel Gewichtsschwankungen, verringerter oder verstärkter Appetit, niedrige Temperatur)
Ursachen für das Chronische Erschöpfungssyndrom
Es ist nicht abschließend geklärt, welche Ursachen das Chronische Erschöpfungssyndrom hat. Vermutet wird jedoch, dass vorhergehende Virusinfektionen ein Chronisches Fatigue-Syndrom auslösen können. Das kann zum Beispiel Epstein-Barr-Viren, Lyme-Borreliose, Dengue-Fieber, Covid-19 oder grippale Infekte betreffen. Die Erkrankung tritt nicht selten erstmalig auf, wenn es gravierende körperliche Veränderungen gibt. Das kann zum Beispiel durch eine Schwangerschaft, eine schwere Verletzung oder in Folge einer Operation der Fall sein.
Es wird angenommen, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom eine Autoimmunerkrankung ist. Das bedeutet, dass sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet, bedingt durch einen gestörten Energiestoffwechsel. Wissenschaftler vermuten, dass genetische Aspekte dabei eine Rolle spielen. Es könnte eine genetische Prädisposition für das Auftreten einer CFS geben, wobei nicht klar ist, welche Gene für die Entstehung der Erkrankung maßgeblich sind.
Tritt ein Chronisches Müdigkeitssyndrom auf, kommen womöglich verschiedene Faktoren zusammen. Die Betroffenen haben womöglich eine genetische Prädisposition, durch die sie besonders anfällig für CFS sind. Ebenso haben sie vermutlich in der Vergangenheit eine Virus-Erkrankung durchgemacht. Das akute Auftreten eines Chronischen Fatigue-Syndroms hängt dann häufig mit der aktuellen Lebenssituation zusammen. Die Betroffenen haben etwa viel Stress, sind durch eine andere Erkrankung geschwächt, psychisch beeinträchtigt oder sind durch einen akuten Infekt geschwächt.
Wenn sich ein Chronisches Erschöpfungssyndrom manifestiert, liegt das nicht so sehr an dem ursächlichen Virus. Die Symptome hängen vielmehr mit einer Überreaktion des Immunsystems zusammen, das auf das Virus in einer nicht angemessenen Art und Weise reagiert.
Chronisches Fatigue-Syndrom: Behandlung & Therapie
Das Chronische Erschöpfungssyndrom kann die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Die schlechte Nachricht für Betroffene: Eine ursächliche Behandlung des Chronischen Fatigue-Syndroms ist bislang nicht möglich; eine allgemein anerkannte Therapie gibt es zum jetzigen Stand nicht. Das liegt daran, dass über die Ursachen der Erkrankung zu wenig bekannt ist – man weiß schlicht nicht genau, wo man ansetzen kann. Was bleibt, ist eine symptomatische Behandlung des CFS. Sie mag nicht dazu in der Lage sein, die Erkrankung zu heilen, kann aber dennoch das Allgemeinbefinden der Betroffenen stark verbessern.
Meist werden bei der Behandlung des Chronischen Erschöpfungssyndroms mehrere Therapie-Ansätze miteinander kombiniert. Entscheidend ist, welche Beschwerden die Betroffenen vorwiegend haben. In der Regel werden Medikamente gegeben, zum Beispiel Schmerzmittel bei Schmerzen, Antibiotika bei chronischen bakteriellen Infektionen oder Antidepressiva bei Depressionen und depressiven Verstimmungen.
Warum Bewegung nicht Teil der Therapie bei CFS ist
Die Medikamentengabe kann durch geeignete Therapien ergänzt werden, etwa eine Verhaltenstherapie bei einem Psychotherapeuten. Es kann für die Betroffenen auch sehr hilfreich sein, Entspannungstechniken zu erlernen, die sie im Alltag anwenden können. Auch eine Reha kommt beim Chronischen Erschöpfungssyndrom infrage. Bestandteile hiervon können etwa Einzel- und Gruppentherapie und ergotherapeutische Maßnahmen sein.
Was bei einem Chronischen Fatigue-Syndrom anders als bei vielen anderen Erkrankungen nicht hilfreich ist, ist Bewegung. Jegliche Anstrengung kann die Beschwerden verschlimmern. Das gilt nicht nur für körperliche, sondern auch für geistige Anstrengung. Stattdessen hilft es den Betroffenen, zu lernen, wie sie sich ihre Kräfte im Alltag besser einteilen können, um etwas weniger erschöpft zu sein.
Den Alltag mit einem Chronischen Fatigue-Syndrom sinnvoll gestalten
Neben medikamentösen und therapeutischen Ansätzen gibt es einiges, was die Betroffenen selbst im Alltag tun können, um die Belastung durch ein CFS zu verringern. Eine gesunde Lebensführung spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle: Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Entspannung und soziale Kontakte können die Lebensqualität erhöhen.
Besonders wichtig ist es, Strategien zu entwickeln, um den eigenen Alltag besser bewältigen zu können. Dabei gibt es vielseitige Möglichkeiten. Was sich eignet, hängt davon ab, womit die Betroffenen am meisten Probleme haben. Es kann zum Beispiel helfen, Aufgaben in Partnerschaft und Familie anders zu verteilen, um den Betroffenen eine Last zu nehmen. Wenn die Betroffenen wissen, dass jemand anders auffängt, was sie wegen ihrer Krankheit nicht erledigen können, kann das sehr beruhigend sein und Stress verringern. Auch professionelle Unterstützung – etwa in Form einer Reinigungskraft oder eines Babysitters – kann unterstützend hilfreich sein.
Im Alltag ist es wichtig, auf ausreichend Pausen zu achten und Stress so gering wie möglich zu halten. Entspannung ist kein Luxus, der im Zweifel verzichtbar ist, sondern essenziell für das Wohlergehen von CFS-Patienten. Techniken und Ansätze wie Meditation oder Yoga Nidra können helfen, ebenso wichtig sind aber schöne, entspannende Momente – zum Beispiel ein heißes Bad, eine spannende Lektüre oder ein lustiger Abend mit Freunden.
Es kann für Betroffene sinnvoll sein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Dort erfahren sie nicht nur mehr darüber, was sie für eine höhere Lebensqualität tun können. Sie können sich auch mit Menschen austauschen, die in derselben Situation sind wie sie. Das kann sehr guttun.
Prävention: Lässt sich ein Chronisches Erschöpfungssyndrom verhindern?
Kann man verhindern, dass ein Chronisches Fatigue-Syndrom auftritt? Das ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Es wird aber angenommen, dass die aktuellen Lebensumstände eines Menschen Einfluss darauf haben, ob ein CFS entsteht oder nicht. Ein gesunder Lebensstil, genügend Schlaf, Stressmanagement und gesunde Ernährung können einem Chronischen Erschöpfungssyndrom vorbeugen. Tritt es dennoch auf – etwa getriggert durch eine akute Infektion –, können solche Faktoren dafür sorgen, dass die Symptome geringer ausgeprägt sind.
Es ist wichtig, ein Chronisches Erschöpfungssyndrom möglichst frühzeitig zu erkennen. Da die Erkrankung jedoch vergleichsweise selten ist, kann es dauern, bis ein Arzt die Diagnose CFS stellt. Es kann hilfreich sein, den eigenen Arzt proaktiv auf das Chronische Erschöpfungssyndrom anzusprechen oder einen Spezialisten aufzusuchen. Je schneller klar ist, dass es sich um chronische Erschöpfung handelt, desto schneller können passende Therapiemaßnahmen begonnen werden.
Abgrenzung zu anderen Erkrankungen
Nicht immer wird ein Chronisches Erschöpfungssyndrom als solches erkannt. Das hängt auch damit zusammen, dass es in der Symptomatik Überschneidungen mit anderen Erkrankungen geben kann. Das betrifft besonders Burnout. Auch hierbei leiden die Betroffenen an einer chronischen Erschöpfung, die ihren Alltag stark verändert. Sie sind wesentlich weniger belastbar als zuvor, was auch bei CFS der Fall ist. Weitere Gemeinsamkeiten können etwa Stimmungsschwankungen, Depressionen, ein gestörter Schlaf oder eine verminderte Konzentrationsfähigkeit sein.
Burnout und das Chronische Erschöpfungssyndrom unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Ursachen. Burnout entsteht als Folge einer zu starken Alltagsbelastung, etwa durch einen einnehmenden Job und viele Verpflichtungen im Privatleben. Auch die Behandlung ist bei Burnout eine andere. Nach einer Auszeit und einer Änderung der eigenen Lebensumstände sind die Betroffenen oft wieder dazu in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen. Beim Chronischen Fatigue-Syndrom reicht das nicht, denn die körperlichen Ursachen der Erkrankung lassen sich dadurch nicht beseitigen.
Begrifflich zu unterscheiden ist das Chronische Fatigue-Syndrom außerdem vom Fatigue-Syndrom. Auch hierbei ist eine starke Erschöpfung charakteristisch, sie wird aber durch eine zugrundeliegende schwere Erkrankung wie zum Beispiel Krebs ausgelöst. Ist die ursächliche Krankheit geheilt, verschwinden auch die Symptome des Fatigue-Syndroms.
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