Ausbildung verlängern: Voraussetzungen & Bedingungen für die Verlängerung

Eine Berufsausbildung dauert zwischen zwei und drei Jahren – im Normalfall. In manchen Fällen kann es sinnvoll oder notwendig sein, die Ausbildung zu verlängern. Wann das infrage kommt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie man einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildungszeit stellt – hier erfahren Sie mehr.

Ein junger Mann beim Lernen, wie lässt sich die Ausbildung verlängern?

Ausbildung verlängern: Warum das manchmal sinnvoll sein kann

Die meisten Auszubildenden freuen sich, wenn sie in der vorgesehenen Zeitspanne mit ihrer Ausbildung fertig sind. Anschließend können sie mit dem ersten „richtigen“ Job ins Berufsleben einsteigen – und nicht zuletzt deutlich mehr Geld verdienen als während der Ausbildung. Nicht jeder Azubi wird jedoch in der eigentlich anvisierten Zeit fertig mit der Lehre. In manchen Fällen kann es notwendig oder sinnvoll sein, die Ausbildung zu verlängern.

Dabei ist es unter bestimmten Umständen erlaubt, eine Ausbildung zu verlängern – allerdings in gewissen Grenzen, die durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorgegeben sind. Dort heißt es in § 8 Satz 2 BBiG: „In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle auf Antrag Auszubildender die Ausbildungsdauer verlängern, wenn die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen“.

Das heißt: Es ist erlaubt, eine Ausbildung zu verlängern, wenn das Ausbildungsziel ansonsten nicht erreicht werden kann. Wenn es also wahrscheinlich ist, dass ein Auszubildender seine Prüfung nicht besteht, kann eine Verlängerung der Ausbildung die beste Lösung sein. Der Azubi hat dann mehr Zeit, sich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten, und dadurch bessere Erfolgsaussichten.

Voraussetzungen: Wann ist es möglich, die Ausbildung zu verlängern?

Azubis können nicht nach Belieben entscheiden, dass sie ihre Ausbildung verlängern möchten. Wer seine Ausbildung verlängern möchte, muss das bei der zuständigen Kammer beantragen. Diese entscheidet darüber in Rücksprache mit dem Ausbildungsbetrieb. Praktisch kommt eine Ausbildungsverlängerung nur dann in Betracht, wenn es unwahrscheinlich ist, dass der Azubi seine Abschlussprüfung besteht. Das kann etwa bei längeren Ausfallzeiten der Fall sein.

Ein klassisches Beispiel dafür, wann eine Verlängerung der Ausbildung aufgrund von Fehlzeiten sinnvoll sein kann, ist eine längere Krankheit des Azubis. Dadurch hat der Lehrling womöglich zu wenig Stoff vermittelt bekommen, weil er in Ausbildungsbetrieb und Berufsschule gefehlt hat. Der Azubi könnte auch wegen einer Schwangerschaft ausgefallen sein oder wegen der Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen. In manchen Fällen ist es der Ausbilder im Betrieb, der länger krank war und dem Azubi deshalb nicht das nötige Wissen vermitteln konnte.

Ein anderer typischer Grund für die Verlängerung einer Ausbildung ist eine nicht bestandene Prüfung. Manchmal zeichnet sich schon durch die schlechte Note in einer Zwischenprüfung ab, dass die Abschlussprüfung womöglich nicht bestanden wird. Das kann ein Argument dafür sein, die Ausbildung zu verlängern, um mehr Zeit für die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung zu haben. Ebenso kann eine Ausbildung verlängert werden, wenn der Azubi durch die Abschlussprüfung gefallen ist.

So stellen Sie einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildungszeit

Sie möchten Ihre Ausbildung verlängern wegen Krankheit oder einer nicht bestandenen Abschlussprüfung, der Betrieb gibt sein Okay – ist die Sache damit geregelt? So einfach und unbürokratisch ist es leider nicht möglich, eine Ausbildung zu verlängern. Stattdessen ist ein formeller Antrag auf Verlängerung der Ausbildungszeit nötig. Er muss vom Auszubildenden selbst gestellt werden, und zwar bei der zuständigen Kammer. Das ist in der Regel die Industrie- und Handelskammer oder die Handwerkskammer. Minderjährige brauchen dabei die Zustimmung ihrer Eltern oder Erziehungsberechtigten.

Vordrucke für einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildungszeit können Sie sich in der Regel online auf der Webseite der zuständigen Stelle herunterladen. Entscheidend ist, dass Sie darin hinreichend begründen, warum Sie die Verlängerung Ihrer Ausbildung beantragen. Sie füllen den Antrag sorgfältig aus, lassen Ihren Ausbilder unterschreiben und schicken das Dokument ab.

Nun wird der Antrag von der jeweiligen Kammer geprüft. In diesem Rahmen hören die Entscheidungsträger auch die Verantwortlichen im Ausbildungsbetrieb an. Auch die Berufsschule kann gehört werden. Dann entscheiden die Verantwortlichen in der Kammer, ob die Ausbildung verlängert werden kann oder nicht. Es gibt im Normalfall keinen Anspruch darauf, dass der Bitte nach einer Ausbildungsverlängerung auch tatsächlich entsprochen wird. Anders sieht es aus, wenn Sie Ihre Abschlussprüfung nicht bestanden haben. In diesem Fall können Sie verlangen, dass Ihre Ausbildung bis zur nächsten Prüfung verlängert wird. Das gilt auch, wenn Sie wegen Krankheit nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen konnten. 

Ausbildung mehrfach verlängern: Geht das?

Manchmal reicht es nicht, die Ausbildung einmal zu verlängern. Wer zum Beispiel seine Abschlussprüfung nicht besteht, könnte auch beim zweiten Anlauf scheitern. In diesem Fall ist es möglich, die Abschlussprüfung ein drittes – und letztes – Mal zu wiederholen. Dafür ist es jeweils nötig, einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildungszeit zu stellen. Im Maximalfall kann die Ausbildung dadurch insgesamt ein Jahr länger dauern.

Wie verhält es sich, wenn eine nicht bestandene Abschlussprüfung nicht der Grund für die Verlängerung der Ausbildung ist, sondern vielleicht häufige Erkrankungen oder eine Schwangerschaft? Ist in so einem Fall eine mehrfache Verlängerung ebenfalls denkbar? Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Die zuständige Kammer prüft jeweils im Einzelfall, ob es einen hinreichend guten Grund für eine erneute Verlängerung der Ausbildung gibt. Somit es bei der Antragstellung wichtig, den Wunsch nach einer Verlängerung möglichst detailliert zu begründen. Dadurch steigen die Chancen, dass die zuständige Stelle die Verlängerung erlaubt.

Ausbildung verlängern? Diese Pro- und Contra-Argumente sollten Sie kennen

Soll ich meine Ausbildung verlängern oder nicht? Nicht immer ist die Antwort darauf von Anfang an eindeutig – nur in manchen Fällen scheint eine Verlängerung die einzig sinnvolle Lösung zu sein. Wenn Sie nicht sicher sind, ob es eine gute Idee ist, Ihre Ausbildung zu verlängern, können Ihnen die folgenden Pro- und Contra-Argumente bei Ihrer Entscheidung helfen.

Pro: Diese Vorteile kann es haben, die Ausbildung zu verlängern

  • Wenn Sie Ihre Ausbildung verlängern, haben Sie mehr Zeit. Sie können sich in Ruhe auf Ihre Abschlussprüfung vorbereiten, wodurch Sie womöglich ein besseres Ergebnis erzielen.
  • Ein guter Ausbildungsabschluss ist ein Vorteil bei späteren Bewerbungen. Im Zweifelsfall kann er darüber entscheiden, ob Sie eine Zusage bei einer Bewerbung bekommen oder nicht – gerade, wenn es um den Berufseinstieg geht.
  • Außerdem haben Sie weniger Stress, wenn Sie weniger Zeitdruck haben.
  • Sie lernen womöglich auch mehr, wenn Sie mehr Zeit haben, sich mit dem Stoff auseinanderzusetzen. Das kann auch für das spätere Berufsleben nützlich sein.

Contra: Mögliche Nachteile einer Ausbildungsverlängerung

  • Wenn Sie Ihre Ausbildung verlängern, nimmt die Berufsausbildung mehr Zeit in Anspruch. Das heißt im Umkehrschluss, dass Sie erst später in den Beruf einsteigen können.
  • Sie müssen somit länger mit der meist eher niedrigen Ausbildungsvergütung leben, statt mit dem ersten Job mehr Geld zur Verfügung zu haben.
  • In manchen Fällen sorgt eine Verlängerung der Ausbildung für ein Finanzierungsproblem. Zwar erhalten Sie in der zusätzlichen Ausbildungszeit das höchste Ausbildungsgehalt. Manche Azubis bekommen aber Berufsausbildungsbeihilfe, und die wird nur für die Dauer der regulären Ausbildungszeit gezahlt.
  • Eine längere Ausbildung ist zwar alles andere als ein Karrierekiller. Sie müssen sich dennoch darauf gefasst machen, dass interessierte Firmen bei Bewerbungen nachfragen könnten, warum Sie nicht schneller mit Ihrer Ausbildung fertig geworden sind. Das ist zwar kein Problem, könnte aber manchen Bewerbern unangenehm sein.

Bildnachweis: Krakenimages.com / Shutterstock.com

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