Arbeitnehmerhaftung: Wofür haften Mitarbeiter?

Haben Sie mit den Dienstwagen einen Unfall verursacht? Dann haben Sie nun vielleicht Angst vor einer Abmahnung. Die muss jedoch nicht die einzige Konsequenz sein, die Ihnen nun droht. Denn aufgrund der Arbeitnehmerhaftung könnten auch Schadenersatzansprüche denkbar sein. Allerdings müssen dafür ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Fehler auf der Arbeit haben teils schwerwiegende Folgen. Wann greift die Arbeitnehmerhaftung?

Definition Arbeitnehmerhaftung: Was versteht man darunter?

Die Arbeitnehmerhaftung (auch Mitarbeiterhaftung) besagt, dass Mitarbeiter, die während ihrer Arbeitszeit einen Schaden verursacht haben, unter bestimmten Umständen dafür geradestehen müssen.

3 wesentliche Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein:

  1. Sie haben gegen rechtliche Pflichten verstoßen.
  2. Zwischen der Pflichtverletzung und dem resultierenden Schaden besteht ein Zusammenhang. Aufgrund des Verstoßes gegen die Pflichten ist also ein Schaden entstanden.
  3. Sie haben grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt.

Die gute Nachricht für Arbeitnehmer: In Bezug auf die Arbeitnehmerhaftung gilt die sogenannte Beweislastumkehr, geregelt in Paragraf § 619a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die besagt, dass zunächst der Arbeitgeber in der Pflicht ist und im ersten Schritt dem Arbeitnehmer nachweisen muss, dass er eine Pflichtverletzung begangen hat.

Arbeitnehmer sind damit aber nicht komplett aus dem Schneider. Denn sie müssen im Gegenzug beweisen, dass der Schaden während der Arbeit – bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit, wie Juristen es nennen – verursacht wurde. Nur dann gilt die Beweislastumkehr.

Arbeitnehmerhaftung und innerbetrieblicher Schadensausgleich: Beschränkte Haftung gegenüber Arbeitgeber

Wenn Unfälle oder Schäden am Arbeitsplatz entstehen, kann es schnell ziemlich teuer werden. Man denke nur an einige Maschinen in produzierenden Unternehmen, die recht wertvoll sind. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber Vorschriften erlassen, die die Arbeitnehmer vor ruinösen Schadenersatzansprüchen ihres Arbeitgebers schützen sollen.

Denn:

  1. Als Arbeitnehmer handelt man auf Anweisung seines Arbeitgebers.
  2. Als Arbeitnehmer hat man meist keinen Einfluss auf die Abläufe im Betrieb und damit auf die Gefahren, die sich daraus ergeben (könnten).
  3. Nur die wenigsten Arbeitnehmer verdienen so gut, dass sie teure Schäden im Betrieb mit ihrem Einkommen ausgleichen könnten.

Diese Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung nennt sich innerbetrieblicher Schadensausgleich. Er tritt dann in Kraft, wenn der Schaden während einer „betrieblichen Tätigkeit“ entsteht und dem Arbeitgeber oder einem Dritten (oder beiden Parteien) zugefügt wurde.

Der innerbetriebliche Schadensausgleich ist für Arbeitnehmer also durchaus erfreulich. Denn ohne ihn müssten Mitarbeiter für sämtliche Schäden haften, die dem Arbeitgeber oder einem Dritten entstehen.

Aufgrund des innerbetrieblichen Schadensausgleichs muss der Arbeitnehmer für Schäden, die aufgrund leichtester Fahrlässigkeit entstanden sind, nicht haften. Und auch bei den anderen Arten der Fahrlässigkeit wird die Arbeitnehmerhaftung dank dieser Vorschrift eingeschränkt.

Wann haftet der Arbeitnehmer bei Sach- und Vermögensschäden?

Durch den innerbetrieblichen Schadensausgleich wird die Haftung des Mitarbeiters zwar eingeschränkt, ganz vom Tisch ist sie damit aber noch lange nicht. Denn ganz ohne Arbeitnehmerhaftung würden einige Mitarbeiter vielleicht ziemlich sorglos mit dem Eigentum des Chefs umgehen. Um das zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter sorgfältig arbeiten, muss der Arbeitnehmer in einigen Fällen haften – und zwar:

  1. Bei Vorsatz: Kann dem Mitarbeiter nachgewiesen werden, dass er den Schaden vorsätzlich verursacht hat, muss er für die Kosten des gesamten Schadens geradestehen. Von Vorsatz sprechen Juristen, wenn sowohl ein Wissen über die Folgen als auch ein Wollen der Folgen angenommen werden kann.
  2. Bei grober Fahrlässigkeit: Auch grobe Fahrlässigkeit führt dazu, dass der Arbeitnehmer zur Kasse gebeten wird – in der Mehrzahl der Fälle auch für den gesamten Schaden. Jedoch gibt es Ausnahmen, bei denen die Arbeitnehmerhaftung eingeschränkt wird. Zur groben Fahrlässigkeit werden diejenigen Pflichtverletzungen gezählt, die besonders schwerwiegend und unentschuldbar sind. Als Daumenregel für grobe Fahrlässigkeit gilt: Einem anderen Mitarbeiter wäre sofort klar gewesen, dass das Verhalten zu einem Schaden des Arbeitgebers oder einem Dritten führen kann. Beispiel: Der Mitarbeiter ignoriert eine rote Ampel.
  3. Bei mittlerer Fahrlässigkeit: Entscheidet das Gericht auf mittlere Fahrlässigkeit, wird individuell festgesetzt, wie hoch die Arbeitnehmerhaftung ist.
  4. Bei leichtester Fahrlässigkeit: Wird leichteste Fahrlässigkeit festgestellt, entfällt die Arbeitnehmerhaftung. Dazu zählen Fälle, in denen der Arbeitnehmer nur geringfügig seine Pflichten verletzt. Genau definiert ist dieses Verhalten jedoch nicht und so kommt es immer auf den Einzelfall an, wie konkret entschieden wird.

Gut zu wissen: Auch wenn das Gericht auf grobe Fahrlässigkeit entscheidet und der Schaden, der verursacht wurde, erheblich ist, bedeutet das noch nicht zwingend den finanziellen Ruin des Arbeitnehmers. Denn auch in diesen Fällen kann die Arbeitnehmerhaftung eingeschränkt werden. Zum Beispiel dann, wenn der Arbeitnehmer gar nicht so viel verdient, um den entstanden Schaden in absehbarer Zeit begleichen zu können und durch die Zahlungen seine wirtschaftliche Existenz bedroht werden würde.

Wie hoch fällt die Haftung aus?

In einigen Fällen schränken die Gerichte die Arbeitnehmerhaftung ein. Es gibt auch Urteile, bei denen das sogar auch dann noch passiert ist, wenn dem Mitarbeiter Vorsatz nachgewiesen wurde. Verlassen sollten Sie sich darauf aber nicht, sondern eher davon ausgehen, dass ein vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln teuer für Sie werden kann .

Denn der Gesetzgeber spricht in keiner Vorschrift davon, dass die Höhe der Arbeitnehmerhaftung begrenzt werden sollte. Konkret bedeutet das: Kommt es ganz schlimm, müssen Sie für den gesamten Schaden aufkommen – zumindest besagt das die Theorie.

In der Praxis entscheiden jedoch viele Gerichte für den Arbeitnehmer und beschränken die Arbeitnehmerhaftung:

  • Bei mittlerer Fahrlässigkeit sollten Sie mit einer Arbeitnehmerhaftung von einem halben bis zu einem ganzen Monatsgehalt rechnen.
  • Bei grober Fahrlässigkeit müssen Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr als 3 Monatsgehälter aufwenden, um den Schaden zu begleichen.

Personenschäden und Arbeitnehmerhaftung: Was ist zu beachten?

Stellt sich die Frage, welche Vorschriften in Bezug auf die Arbeitnehmerhaftung gelten, wenn ein Mitarbeiter einem anderen einen Schaden zufügt. Denkbar wäre beispielsweise, dass beide Mitarbeiter im Dienstwagen unterwegs sind und der Mitarbeiter, der den Wagen fährt, einen Unfall verursacht. Was gilt dann im Hinblick auf die Arbeitnehmerhaftung, wenn der Beifahrer dabei ein Schleudertrauma erleidet?

Bei Personenschäden kann es zu einem kompletten Wegfall der Arbeitnehmerhaftung kommen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

• der Schaden ist aufgrund einer betrieblichen Tätigkeit entstanden

  • der Arbeitnehmer hat den Schaden nicht vorsätzlich verursacht
  • der Schaden ist aufgrund eines sogenannten Wegeunfalls entstanden

In diesen Fällen sind also sowohl Schadenersatzansprüche als auch Schmerzensgeld ausgeschlossen. Sollte dem Arbeitnehmer jedoch grob fahrlässiges Verhalten oder sogar Vorsatz nachgewiesen werden, können von anderer Seite Forderungen drohen: Die Berufsgenossenschaft, die für die Kosten des verletzten Arbeitnehmers einsteht, kann diese unter anderem von dem Mitarbeiter zurückfordern, der so gehandelt hat.

Bei Sach- und Vermögensschäden ist es schon anders um die Arbeitnehmerhaftung bestellt. Denn meist haftet der Arbeitnehmer in voller Höhe. Geht bei dem Unfall also beispielsweise das neue Smartphone des Beifahrers zu Bruch, muss es der Mitarbeiter, der den Unfall verursacht hat, ersetzen.

Je nach Regelung im Arbeitsvertrag kann das auch für Sach- und Vermögensschäden gelten, die einem Kunden des Arbeitgebers entstehen. Da es dabei auch schnell um beträchtliche Summen gehen kann, verlangen viele Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber eine sogenannte Freistellung von der Haftung.

Davon abgesehen urteilen auch bei diesen Schäden Arbeitsgerichte häufig im Sinne der Arbeitnehmer und begrenzen den zu ersetzenden Schaden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bedroht werden würde. Darauf verlassen sollten Sie sich jedoch nicht.

Freistellungsanspruch: Was bedeutet das?

Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber eine sogenannte Freistellung verlangen. Vereinfacht gesagt bedeutet die Freistellung, dass der Arbeitnehmer nicht für Schäden von Dritten haften muss, wenn er gegenüber seinem Arbeitgeber auch nicht haften müsste. Fälle von leichter Fahrlässigkeit sind dann von der Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen.

Vorsicht: Wenn der Arbeitgeber bereits Insolvenz angemeldet hat, bringt der Freistellungsanspruch allerdings nicht viel. Denn der Arbeitgeber kann den Schaden nicht begleichen, was dazu führt, dass der Arbeitnehmer in voller Höhe haften muss.

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