Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Das müssen Sie wissen

Arbeitet ein Beschäftigter mehr, als gesetzlich zulässig ist? Macht er regelmäßig Überstunden? Um das im Blick zu behalten, ist eine gewissenhafte Arbeitszeiterfassung sinnvoll. Für viele Unternehmen ist die Arbeitszeiterfassung ohnehin Pflicht. Wie ist die Arbeitszeiterfassung gesetzlich geregelt? Welche Vorteile bietet sie auch abseits einer entsprechenden Verpflichtung? Welche Möglichkeiten gibt es, die Arbeitszeit zu erfassen? Hier erfahren Sie mehr.

Ein Kasten mit verschiedenen Zetteln, was ist die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung?

Was bedeutet Arbeitszeiterfassung und wofür ist sie wichtig?

Wer in Vollzeit beschäftigt ist, arbeitet meist 40 Stunden in der Woche. In Teilzeit sind es vielleicht 30, 20 oder 15 Wochenstunden. Doch wie viel jemand tatsächlich gearbeitet hat, ist damit noch lange nicht klar. Um herauszufinden, ob das Tages-, Wochen- oder Monatspensum über oder unter der vereinbarten Arbeitszeit lag, ist die Arbeitszeiterfassung wichtig. Dabei wird genau erfasst, wann jemand mit der Arbeit begonnen und aufgehört hat. Auch Pausen werden dokumentiert.

Arbeitszeiterfassung ist wichtig, um zu prüfen, ob die arbeitsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Hierbei sind insbesondere die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) relevant. Die Erfassung der Arbeitszeit ist außerdem die Grundlage der Lohnabrechnung und kann einen statistischen Nutzen haben.

Wo ist die Arbeitszeiterfassung Pflicht?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im September 2022 entschieden, dass Unternehmen zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet sind. Das BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung gilt für alle Firmen, unabhängig davon, wie groß sie sind. Es macht auch keinen Unterschied, ob es einen Betriebsrat gibt oder nicht.

Bei der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung spielt auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Mai 2019 eine wichtige Rolle. Das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet die EU-Staaten dazu, ein verlässliches, objektives und zugängliches System umzusetzen, um die Arbeitszeit von Beschäftigten zu erfassen. Auf dieser Vorgabe baute das BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung auf.

In Deutschland soll die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in einer überarbeiteten Fassung des Arbeitszeitgesetzes gesetzlich verankert werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat hierzu im April 2023 einen Referentenentwurf vorgelegt. Arbeitgeber sollen nach § 16 des Entwurfs für das neue Arbeitszeitgesetz (ArbZG-E) dazu verpflichtet werden, Arbeitsstunden festzuhalten, die über die täglich erlaubten acht Stunden Normalarbeitszeit pro Tag hinausgehen.

Was der Entwurf des neuen Arbeitszeitgesetzes vorsieht

Nach § 16 ArbZG-E sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnung muss an dem Tag erfolgen, um den es geht, und zwar auf elektronischem Weg. Durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sollen Ausnahmen zulässig sein dürfen.

Diese Regelung macht auch deutlich: Es ist der Arbeitgeber, der für die ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich ist. Er kann die Dokumentation an Beschäftigte übertragen, muss aber dafür Sorge tragen, dass er von möglichen Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz erfahren würde.

Bislang gibt es somit keine allgemeingültige gesetzliche Regelung zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland. Indirekt besteht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung jedoch schon jetzt: Überstunden können nur erfasst werden, wenn klar ist, wie lange jemand gearbeitet hat.

Verschiedene Möglichkeiten, die Arbeitszeit zu erfassen

Noch können Unternehmen selbst entscheiden, wie sie die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen möchten. Dabei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Sie sind unterschiedlich aufwendig und unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit.

Nach dem Entwurf für das neue Arbeitszeit-Gesetz sollen Firmen künftig den Weg der elektronischen Zeiterfassung gehen. Dabei sind von der elektronischen Arbeitszeiterfassungs-Pflicht Ausnahmen für kleine Betriebe vorgesehen. Das betrifft Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitern. Abweichungen sollen darüber hinaus zulässig sein, wenn diese durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen vorgesehen sind.

Manuelle Formen der Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeiterfassung muss nicht kompliziert sein. Die simpelste Form besteht darin, den Beginn und das Ende der Arbeitszeit auf einem Blatt Papier zu notieren. Auch Listen können für diesen Zweck genutzt werden.

Manuelle Formen der Arbeitszeiterfassung punkten mit ihrer leichten Umsetzbarkeit. Die Arbeitszeit kann überall ohne großen Aufwand notiert werden. Diese Form der Arbeitszeiterfassung würde jedoch bei vielen Mitarbeitern einen hohen Aufwand bedeuten. Sie ist auch nicht besonders übersichtlich und kann leicht manipuliert werden. Zettel können zudem verloren gehen.

Elektronische Arbeitszeiterfassung

Eine andere Option sind Stempeluhren. Dabei werden Stempelkarten in den Schlitz einer Stechuhr gesteckt. Diese Form der Arbeitszeiterfassung ist besonders bei kleinen Firmen beliebt. Es gibt aber auch wesentlich komplexere Zeiterfassungssysteme. Unternehmen können Softwarelösungen für die Zeiterfassung einführen oder Apps nutzen. Möglich sind auch elektronisch geführte Tabellen, etwa über ein Programm wie Excel. Eine weitere Variante ist die Arbeitszeiterfassung über Fingerabdruck-Sensoren.

Formen der elektronischen Arbeitszeiterfassung sind weniger leicht zu manipulieren und damit verlässlicher als manuelle Varianten. Der Aufwand bei der Einführung und Umsetzung solcher Systeme ist jedoch wesentlich höher. Es muss zudem sichergestellt sein, dass die Arbeitszeit auch mobil oder im Homeoffice exakt dokumentiert werden kann. Der Nachteil von einer Arbeitszeiterfassung mithilfe von Kartenlesegeräten besteht darin, dass die Lesegeräte fest verbaut sind. An anderen Orten können sie zur Zeiterfassung nicht genutzt werden. 

Vorteile der Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber geht die Arbeitszeiterfassung mit verschiedenen Vorteilen einher. Hier finden Sie die wichtigsten Aspekte im Überblick.

Vorteile der Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer

  • Wenn die Arbeitszeit lückenlos erfasst wird, fällt eher auf, wenn Beschäftigte Überstunden machen. Das gilt besonders bei flexiblen Arbeitszeiten und der Arbeit im Homeoffice, wo oft nicht auf den ersten Blick klar ist, ob die Arbeitszeit eingehalten wurde.
  • Wenn Überstunden bekannt sind, können sie auch bezahlt werden (sofern ein entsprechender Anspruch besteht).
  • Falls es mit dem Arbeitgeber Diskussionen über die Arbeitszeit gibt, kann die erfasste Arbeitszeit ein wichtiger Nachweis sein.

Vorteile der Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber

  • Eine Erfassung der Arbeitszeit ist die Grundlage für die Abrechnung des Lohns.
  • Mit der Arbeitszeiterfassung ist es leichter, sicherzustellen, dass gesetzliche Vorgaben zur Arbeitszeit eingehalten wurden.
  • Die erfasste Arbeitszeit kann für Arbeitgeber außerdem eine wichtige Planungsgrundlage sein. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass die Mitarbeiter häufig Überstunden machen müssen, kann das ein Zeichen sein, dass es an Personal mangelt. Es wird einfacher, realistisch zu planen.

Arbeitszeiterfassung: Herausforderungen und mögliche Nachteile

Es ist nicht immer leicht, die Arbeitszeit von Beschäftigten so sorgfältig zu erfassen, wie es gewünscht oder verpflichtend ist. Die Flexibilität, durch die viele Jobs heute gekennzeichnet sind, kann die Arbeitszeiterfassung erschweren. Wenn jemand zum Beispiel im Homeoffice arbeitet, kann der Arbeitgeber oft nicht selbst mit letzter Sicherheit wissen, wann diese Person gearbeitet hat. Es kann sein, dass Pausen und Unterbrechungen, aber auch Überstunden nicht erfasst werden. Das gilt auch bei anderen Formen der mobilen Arbeit, zum Beispiel bei der Arbeit in Cafés oder während einer Bahnfahrt.

Gleitzeit und andere Formen der flexiblen Arbeitszeitgestaltung machen es ebenfalls schwieriger, einen Überblick über das Arbeitspensum von Mitarbeitern zu behalten. Dasselbe gilt bei Teilzeitbeschäftigten, deren Arbeitszeiten von den üblichen Arbeitszeiten in der Firma abweichen.

Schwierig ist die Arbeitszeiterfassung auch dann, wenn jemand zu Hause oder unterwegs arbeitet, aber nicht immer stundenlang am Stück. Soll man die fünf Minuten erfassen, die man braucht, um eine E-Mail zu bearbeiten? Oder die zehn Minuten, in denen man nach Feierabend noch mit dem Chef telefoniert hat? Gerade bei flexiblen Arbeitszeiten in Verbindung mit mobiler Arbeit gehen solche Arbeitseinsätze leicht unter. Dadurch kann es passieren, dass jemand mehr arbeitet, als es laut Arbeitszeiterfassung der Fall ist.

Datenschutz bei der Erfassung von Arbeitszeit

Bei der Arbeitszeiterfassung werden sensible personenbezogene Daten erhoben. Deshalb ist es wichtig, dass bei einer manuellen oder elektronischen Arbeitszeiterfassung der Datenschutz berücksichtigt wird.

Bei der Erfassung von Arbeitszeiten müssen die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beachtet werden. Das heißt praktisch, dass es für die Erhebung der Daten einen guten Grund geben muss. Die Aufzeichnung der Arbeitszeiten muss zweckgebunden und transparent erfolgen. Die betroffenen Beschäftigten müssen sich darüber informieren können, was mit ihren Daten geschieht.

Die DSGVO schreibt außerdem vor, dass nur so viele personenbezogene Daten erhoben werden dürfen, wie es für den entsprechenden Zweck erforderlich ist. Die Daten müssen sicher aufbewahrt werden: Unbefugte dürfen keinen Zugriff darauf haben. Es darf nicht möglich sein, dass die Aufzeichnungen manipuliert werden.

Personenbezogene Daten dürfen nur so lange gespeichert werden, wie es für ihren Zweck nötig ist. In § 21a ArbZG ist vorgeschrieben, dass Firmen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiter mindestens zwei Jahre aufbewahren müssen.

Die Einwilligung der Beschäftigten kann bei manchen Formen der Arbeitszeiterfassung erforderlich sein. Das gilt zum Beispiel, wenn es dabei um biometrische Daten oder GPS-Daten geht. Der Betriebsrat hat grundsätzlich ein Mitspracherecht bei der Arbeitszeiterfassung.

Arbeitszeiterfassung: Trends und künftige Entwicklungen

Große Trends wie Digitalisierung machen vor der Arbeitszeiterfassung nicht Halt. Während es noch vor einiger Zeit gemeinhin üblich war, dass Arbeitszeiten auf Zetteln oder mithilfe von Stechuhren erfasst wurden, gibt es heute modernere Lösungen. Moderne Software bietet umfangreiche Funktionen und lässt sich an viele Arbeitszeitmodelle anpassen. Zugleich sind Schnittstellen möglich, über die Systeme zur Arbeitszeiterfassung mit anderen Prozessen verknüpft werden können.

Wenn das überarbeitete Arbeitszeitgesetz neue Regelungen zur Arbeitszeiterfassung als Gesetz verankert, haben Betriebe nicht mehr die Möglichkeit, auf manuelle Formen der Zeiterfassung zu setzen. Die elektronische Arbeitszeiterfassung soll verpflichtend werden. Diese Vorgabe zeigt, dass digitale Lösungen bei der Arbeitszeiterfassung in den vergangenen Jahren immer wichtiger wurden.

Personenbezogene Daten, die im Rahmen der Arbeitszeiterfassung erfasst werden, werden immer häufiger in Clouds gespeichert. Das ist praktisch, weil die Daten dann ortsunabhängig abgerufen werden können. Es birgt aber auch gewisse Datenschutzrisiken. Hier ist es wichtig, dass Firmen sehr genau schauen, welchem Anbieter sie vertrauen.

Trends wie künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen können einen Einfluss darauf haben, welche Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung es gibt. Eine innovative Lösung sind KI-Zeiterfassungssysteme. Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter werden dabei mithilfe von künstlicher Intelligenz erfasst, analysiert und verwaltet.

Fazit: Gewissenhafte Dokumentation der Arbeitszeit

  • Die Arbeitszeit der Beschäftigten minutiös zu erfassen, ist in vielen Branchen verpflichtend geworden.
  • Es gibt verschiedene Wege und Ansätze, um die Arbeitszeiten zu notieren. Eine manuelle Arbeitszeiterfassung ist ebenso denkbar wie die elektronische Arbeitszeiterfassung.
  • Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat die Erfassung der Arbeitszeit viele Vorteile. Es fällt beispielsweise eher auf, wenn Beschäftigte Überstunden machen. Arbeitgeber stellen damit sicher, dass die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden.
  • Bei der Arbeitszeiterfassung muss der Datenschutz gewahrt werden.
  • Künftig werden sich die Modalitäten der Arbeitszeiterfassung durch die fortschreitende Digitalisierung weiterentwickeln.

Bildnachweis: Asmus Koefoed / Shutterstock.com

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