Rhetorische Fragen: Wofür sind sie nützlich?
„Ach echt?“, „Hältst du mich für blöd?“ oder „Wann verstehst du es endlich?“ – so kann eine rhetorische Frage klingen. Dabei geht es der Person, die sie äußert, nicht darum, eine Antwort zu bekommen. Sie will vielmehr einer bestimmten Aussage Nachdruck verleihen oder zum Nachdenken anregen. Hier erfahren Sie, welchen Zweck rhetorische Fragen haben, wie man sie einsetzt und wie Sie darauf reagieren können.
Was sind rhetorische Fragen?
Bei rhetorischen Fragen handelt es sich um ein Stilmittel der Rhetorik. Dabei stellt jemand scheinbar eine Frage, die jedoch gar nicht wirklich als Frage gemeint ist – die Antwort schwingt implizit schon in der Frage mit. Dadurch wäre eine Antwort überflüssig. Man spricht deshalb auch von unechten Fragen, wenn es um rhetorische Fragen geht.
Hier finden Sie für rhetorische Fragen einige Beispiele zur Verdeutlichung:
- „Wird’s bald?“
- „Drehst du jetzt komplett ab?“
- „Im Ernst?“
- „Wie oft muss ich es dir erklären?“
- „Warum geht das nicht in deinen Kopf rein?“
- „Hab ich’s dir nicht gleich gesagt?“
- „Was hab‘ ich gesagt?“
- „Siehst du?“
- „Warum mache ich das eigentlich immer noch mit?“
- „Willst du das wirklich so durchziehen?“
- „Wie konntest du es soweit kommen lassen?“
- „Willst du mich für dumm verkaufen?“
Was haben rhetorische Fragen für eine Wirkung?
Eine Antwort ist nicht das, worauf eine rhetorische Frage abzielt. Worum geht es jemandem, der eine rhetorische Frage äußert? Der Zweck, der mit einer rhetorischen Frage verbunden ist, kann sich je nach Situation unterscheiden. In manchen Fällen geht es darum, einer Aussage Nachdruck zu verleihen. Eine rhetorische Frage wie „Hältst du das wirklich für eine gute Idee?“ kann auch als Aussage verstanden werden: „Ich halte das für keine gute Idee, willst du das nicht anders machen?“. Es geht in dem Fall also sowohl darum, seine Meinung einzubringen, als auch, die andere Person zum Nachdenken anzuregen.
Rhetorische Fragen können auch eingesetzt werden, wenn es darum geht, andere von etwas zu überzeugen. So könnte zum Beispiel ein Redner eine rhetorische Frage als Stilmittel nutzen, wenn er sein Publikum in eine bestimmte Richtung lenken möchte. Dasselbe wäre bei einer Präsentation vor (potenziellen) Kunden denkbar, die der Redner überzeugen möchte. Die Person könnte beispielsweise zwei Vorgehensweisen gegenüberstellen – die herkömmliche und die innovative, die er vermarkten möchte. Dann zählt er die Nachteile der alten Methode und die Vorteile der neuen auf – und fragt seine Zuhörer, welche Variante ihnen sinnvoller erscheint. Die Antwort schwingt ganz klar mit: natürlich die neuartige Vorgehensweise, die er anzubieten hat.
Rhetorische Fragen als Provokation
Eine rhetorische Frage kann auch ironisch gemeint sein, etwa, um eine andere Person mit etwas aufzuziehen oder sie zu necken. Sie kann auch für Lacher oder Schmunzeln sorgen oder auch Interesse wecken. Abhängig davon, wie eine rhetorische Frage eingesetzt wird, kann sie einen Vortrag auflockern, Spannung erzeugen oder gar für Dramatik sorgen. Nicht immer wird sie wohlwollend geäußert, sondern sie kann auch provozierend wirken.
Welche Wirkung eine rhetorische Frage hat, hängt neben der Frage selbst auch vom Kontext und den beteiligten Personen ab. Ein im Streit geäußertes „Wirst du dich jemals bessern?“ wird womöglich nicht gerade für Freude bei der anderen Person sorgen, sondern kann den Streit noch anheizen. Sagt jemand hingegen mit Blick auf ein Foto von einem Katzenbaby im Internet „Ist die nicht süß?“, kann die Freude über das Katzenbaby die andere Person anstecken.
Rhetorische Fragen erkennen: Diese Merkmale deuten auf rhetorische Fragen hin
In den meisten Fällen ist es einfach, rhetorische Fragen als solche zu erkennen. Viele rhetorische Fragen sind so gängig, dass klar ist, dass sie keine Antwort erfordern. Was aber, wenn man nicht so sicher ist, ob es sich um eine rhetorische Frage handelt? Woran kann man rhetorische Fragen erkennen?
Rhetorische Fragen haben verschiedene Merkmale, auf die Sie im Zweifelsfall achten können. Die Person, die sie äußert, könnte zum Beispiel belustigt klingen oder aber genervt die Augen verdrehen. Vielleicht trieft die Frage auch vor Ironie. Auch die Wortwahl kann Aufschluss darüber geben, ob es sich um eine rhetorische Frage handelt. Häufig werden Wörter wie „wirklich“ oder „nicht“ verwendet, oder es handelt sich um eine Entweder-oder-Frage.
Wenn Sie nicht sicher sind, ob es sich tatsächlich um eine rhetorische Frage handelt, gibt es eine simple Möglichkeit, das zu testen: Warten Sie einfach einen Augenblick ab. Im Fall einer rhetorischen Frage wird die sprechende Person nach einer kurzen Kunstpause einfach weiterreden. Hat sie hingegen eine ernsthafte Frage gestellt und bekommt darauf keine Antwort, werden Sie das merken – zum Beispiel anhand eines erwartungsvollen Blickes.
Rhetorische Fragen einsetzen: Diese Dinge sollten Sie beachten
Sie möchten rhetorische Fragen als Stilmittel nutzen – wie setzt man sie am besten ein? Es kommt auf die Situation an, und darauf, was Sie mit der rhetorischen Frage erreichen wollen. Vielleicht planen Sie einen Vortrag, in dessen Rahmen Sie die ein oder andere rhetorische Frage stellen möchten. Dann überlegen Sie sich ruhig vorher, an welchen Stellen das sinnvoll ist und wie Sie Ihre Fragen formulieren können, damit sie die beabsichtigte Wirkung haben.
Vielleicht geht es Ihnen auch darum, rhetorische Fragen zu nutzen, um andere von etwas zu überzeugen – zum Beispiel bei einem wichtigen Kundengespräch. In vielen Fällen ergeben sich rhetorische Fragen ganz von selbst, aber bei wichtigen Gesprächen können Sie sich auch vorher über Ihre Formulierung Gedanken machen.
Damit die andere Person Ihre rhetorische Frage als solche erkennt, ist es wichtig, dass Sie anschließend eine kurze Pause machen, in der die rhetorische Frage ihre Wirkung entfalten kann. Reden Sie also nicht sofort weiter, damit der Effekt nicht verpufft. Es kann je nach Situation sinnvoll sein, sich selbst auf Ihre Frage eine Antwort zu geben, damit kein Zweifel daran bleibt, worauf Sie hinauswollten. In den meisten Fällen ist das jedoch überflüssig.
Negative Auswirkungen von rhetorischen Fragen vermeiden
Wie Ihre rhetorische Frage auf andere wirkt, hängt davon ab, was genau Sie sagen, aber auch, wie Sie das tun. Ihr Tonfall, Ihre Mimik und Gestik entscheiden maßgeblich über den Effekt einer rhetorischen Frage. Ein und dieselbe rhetorische Frage könnte in der einen Situation provozierend wirken und einen Konflikt erzeugen oder aber für einen Lacher sorgen.
Wenn Sie die andere Person nicht vor den Kopf stoßen wollen, achten Sie darauf, dass man Sie nicht missverstehen kann – vor allem, wenn Ihre Äußerung ironisch ist. Generell sollten Sie aufpassen, dass andere sich über Ihre rhetorische Frage nicht ärgern oder sich davon provoziert fühlen. Manchmal ist das womöglich genau Ihre Absicht, weil Sie sich zum Beispiel gerade mit Ihrem Partner streiten. Oft ist eine solche Wirkung allerdings ungewollt und das Resultat einer rhetorischen Frage, deren Wortwahl unbedacht war.
Wie reagiert man richtig auf rhetorische Fragen?
Nehmen wir an, Sie sehen sich mit einer rhetorischen Frage konfrontiert – wie geht man am besten damit um? Sollte man darauf eine Antwort geben oder die rhetorische Frage in irgendeiner Form kommentieren? Das hängt von der Situation ab. Normalerweise brauchen Sie zu einer rhetorischen Frage gar nichts zu sagen, weil es sich ja gar nicht um eine Frage handelt.
Trotzdem können Sie den Drang haben, das Ganze nicht unkommentiert stehen zu lassen – zum Beispiel, weil die andere Person Sie offensichtlich blöd dastehen lassen möchte. Stellen wir uns vor, ein Kollege stellt Ihnen im Meeting vor den Kollegen und dem Chef eine rhetorische Frage mit süffisantem Unterton. Sie wissen, dass dieser Kollege nichts für Sie übrig hat, und es scheint klar, dass die Frage nicht gerade nett gemeint ist. In diesem Fall könnte es hilfreich sein, schlagfertig zu reagieren, indem Sie die rhetorische Frage kommentieren.
Reaktionen auf rhetorische Fragen können grundsätzlich sinnvoll sein, wenn Sie das Gefühl haben, dass man Sie in die Enge treiben möchte. Reagieren Sie nicht darauf, könnten Sie vor möglichen Zuhörern als schwach dastehen. Bei umstehenden Personen könnte das Gefühl aufkommen, die andere Person haben Ihnen „einen mitgegeben“ oder Sie in Ihre Schranken verwiesen. Wenn Sie das nicht auf sich sitzen lassen möchten, gehen Sie ruhig auf die rhetorische Frage ein oder stellen Sie eine rhetorische Gegenfrage. Sie können die Situation auch entschärfen, indem Sie mit Ironie reagieren, wenn eine rhetorische Frage kritisch gemeint ist. Das bietet sich vor allem dann an, wenn die andere Person jemand ist, mit dem Sie sich grundsätzlich gut verstehen.
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