Bildungsurlaub: Wer hat Anspruch darauf und welche Angebote gibt es?
Viele Arbeitnehmer wissen gar nicht, dass es ihn gibt: die Rede ist vom Bildungsurlaub. Dabei haben sie in vielen Fällen einen Anspruch auf die bezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber, die für die Teilnahme an bestimmten Kursen genutzt werden kann. Hier erfahren Sie, wann ein Anspruch auf Bildungsurlaub besteht, welche Angebote dafür infrage kommen und wie Sie den Bildungsurlaub beantragen können.
Was ist Bildungsurlaub?
Bildungsurlaub – davon hat längst nicht jeder Arbeitnehmer überhaupt schon einmal gehört. Viele Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihn zu nehmen. Beim Bildungsurlaub handelt es sich um eine Freistellung durch den Arbeitgeber. Während des Bildungsurlaubs können sich Beschäftigte beruflich oder politisch weiterbilden. Das Gehalt wird während dieser Zeit weitergezahlt. Für die unmittelbaren Kosten des Kurses müssen Sie selbst aufkommen. Manche Arbeitgeber gewähren allerdings einen Zuschuss.
Bildungsurlaub gibt es in Deutschland seit Mitte der 1970er Jahre. Die Bundesrepublik hatte sich in einem Übereinkommen mit der Internationalen Arbeitsorganisation ILO im Juni 1974 dazu verpflichtet, das Angebot zur beruflichen, politischen und gewerkschaftlichen Bildung einzuführen. Weil Bildung jedoch in Deutschland Ländersache ist, lag es an den Bundesländern, den Bildungsurlaub in ihrem Land zu regeln. Deshalb gibt es in den Bundesländern, mit Ausnahme von Bayern und Sachsen, jeweils eigene Gesetze zum Bildungsurlaub.
Wer kann Bildungsurlaub beantragen und wie lang ist er?
Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist in Deutschland gesetzlich verankert. In fast jedem Bundesland haben Sie als Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Bildungsurlaub zu beantragen. Das gilt nicht für Bayern und Sachsen, die kein Gesetz zum Bildungsurlaub erlassen haben. Entscheidend für den Anspruch ist der Arbeitsort, nicht der Wohnort.
Auch Auszubildende haben unter Umständen einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Hier sind die Regelungen wiederrum je nach Bundesland unterschiedlich. So stehen Auszubildenden oft nur wenige Tage Bildungsurlaub in ihrer gesamten Ausbildung zur Verfügung. Mitunter darf der Bildungsurlaub zudem nur für bestimmte Arten von Kursen genutzt werden – etwa solche, die der politischen Bildung dienen. Bei Beamten gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen.
Häufig beträgt die Zeit, die für einen Bildungsurlaub genutzt werden kann, fünf Tage pro Jahr. In manchen Bundesländern können zehn Tage Bildungsurlaub innerhalb von zwei Jahren genommen werden. In diesem Fall können Sie die zehn Tage prinzipiell auch am Stück nehmen, sofern der Arbeitgeber zustimmt. Der Bildungsurlaub kommt zu den regulären Urlaubstagen hinzu und schmälert somit Ihren eigentlichen Urlaubsanspruch nicht.
In Kleinbetrieben können je nach Bundesland andere Regelungen gelten. Mitunter haben Sie einen geringeren Anspruch auf Bildungsurlaub, wenn Ihr Arbeitgeber nur wenige Mitarbeiter beschäftigt.
Angebote: Welche Kurse kommen für einen Bildungsurlaub infrage?
Die Kurse, die im Rahmen eines Bildungsurlaubs anerkannt sind, sind ganz unterschiedlicher Natur. Grundsätzlich bewegen sie sich in den Bereichen Politik, Beruf, Gewerkschaft und allgemeine Weiterbildung. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten werden in manchen Bundesländern als Bildungsurlaub anerkannt.
Anerkannte Kurse vermitteln Fähigkeiten und Kenntnisse, die Sie im Beruf nutzen können oder die Ihnen bei der Stressbewältigung helfen. Auch kulturelle Kurse werden häufig im Rahmen eines Bildungsurlaubs anerkannt. Sie können sich bei Ihrem Bildungsurlaub beispielsweise zum Theaterpädagogen ausbilden lassen, Ihre Charisma-Fähigkeiten verbessern oder etwas über bestimmte Regionen erfahren. Sie können lernen, wie Sie im Berufsalltag gelassen bleiben oder wie es Ihnen gelingt, Beruf und Privatleben besser zu managen. Auch Studienreisen werden teilweise als Bildungsurlaub anerkannt. Dazu zählen kulturelle Reisen ebenso wie Sprachreisen.
Einen Überblick über anerkannte Angebote finden Sie auf dem Portal bildungsurlaub.de. Dort können Sie nach bestimmten Bereichen suchen – etwa Gesellschaft und Politik, Ökologie oder Sprachen. Sie sehen bei den jeweiligen Kursen, in welchen Bundesländern sie anerkannt sind. Falls Sie unsicher sind, fragen Sie direkt beim Veranstalter nach, ob es für den Kurs eine Anerkennung gibt. Die Bundesländer führen zudem häufig eigene Datenbanken, in denen anerkannte Seminare verzeichnet sind.
Antrag auf Bildungsurlaub stellen: Tipps zum Vorgehen
Nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer nutzt die Möglichkeit, Bildungsurlaub für eine Weiterbildung zu nehmen. Das liegt nicht nur daran, dass viele gar nicht wissen, dass es das Angebot gibt. Andere trauen sich nicht, den Chef nach dem Bildungsurlaub zu fragen. Das gilt besonders, wenn keiner der Kollegen einen Bildungsurlaub macht. Halten Sie sich jedoch vor Augen, dass Sie – je nach Bundesland – ein Recht auf Bildungsurlaub haben. Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie es nutzen möchten.
Um Bildungsurlaub nehmen zu können, müssen Sie zunächst wissen, wie die Regelung in Ihrem Bundesland ist. Informieren Sie sich darüber, bevor Sie im nächsten Schritt einen Antrag auf Bildungsurlaub bei Ihrem Arbeitgeber stellen. Hierfür gibt es Muster-Anträge, die Sie im Internet herunterladen können, es reicht aber auch ein formloses Anschreiben, in dem Sie sich auf Ihr Recht berufen. Den Antrag auf Bildungsurlaub sollten Sie frühzeitig stellen. Es ist sinnvoll, mindestens sechs Wochen, besser noch zwei Monate vor dem anvisierten Zeitraum den Bildungsurlaub zu beantragen. Halten Sie sich unbedingt an die gesetzlichen Fristen, die für Ihr Bundesland gelten.
Reichen Sie bei Ihrem Chef nicht nur den eigentlichen Antrag auf Bildungsurlaub ein. Ergänzen Sie den Antrag um Nachweise über das Angebot, das Sie ausgewählt haben. Drucken Sie etwa das Programm aus und weisen Sie die Anerkennung des Bildungsträgers durch das Bundesland im Sinne des jeweiligen Bundesurlaubsgesetzes nach. So kann Ihr Chef ohne große Mühe prüfen, ob der Kurs als Bildungsurlaub infrage kommt.
Darf der Arbeitgeber den Antrag auf Bildungsurlaub ablehnen?
Was, wenn der Chef sich nach der Antragstellung nicht zurückmeldet? In manchen Bundesländern gilt die Zustimmung als erteilt, wenn nach einer gewissen Zeit keine Reaktion des Arbeitgebers kommt. Auch hierfür lohnt sich ein Blick ins Landesgesetz. Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie direkt bei Ihrem Vorgesetzten nachfragen. So vermeiden Sie Ärger und Missverständnisse.
Darf der Arbeitgeber den Antrag auf Bildungsurlaub auch ablehnen? Es kommt darauf an. Sofern grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht, ist ein negativer Bescheid nur mit einer guten Begründung möglich. Das kann den Zeitraum des Bildungsurlaubs, aber auch das Angebot an sich betreffen. Wenn es Zweifel gibt, ob der ausgesuchte Kurs als Bildungsurlaub geeignet ist, kann der Arbeitgeber seine Zustimmung verweigern. Das gilt auch in Fällen, in denen dringende betriebliche Belange dem Urlaubswunsch entgegenstehen oder wenn ein Kollege bereits Urlaub hat. Falls Ihr Bildungsurlaub abgelehnt wird und Sie glauben, dass die Ablehnung nicht rechtens war, können Sie sich an den Betriebsrat oder einen Anwalt wenden.
Bildungsurlaub zu nehmen, ihn aber gar nicht tatsächlich für einen Kurs zu nutzen, empfiehlt sich nicht. Nach dem Kurs müssen Sie Ihre Teilnahme nachweisen, damit Ihr Lohnanspruch nicht gefährdet ist. Stellt sich heraus, dass Sie gar keine Weiterbildung gemacht haben, droht Ihnen sogar die Kündigung.
Kosten für den Bildungsurlaub steuerlich geltend machen
Die Kosten für eine Weiterbildung im Rahmen eines Bildungsurlaubs müssen Arbeitnehmer in aller Regel selbst zahlen. Allerdings können Sie die Kosten in vielen Fällen von der Steuer absetzen. Das setzt voraus, dass ein objektiv erkennbarer Zusammenhang zwischen dem Kurs und Ihrer Arbeitstätigkeit bestand.
In der Einkommenssteuererklärung können Sie die Kosten für den Bildungsurlaub als Werbungskosten geltend machen. Das betrifft nicht nur die eigentliche Kursgebühr, sondern auch die Kosten, die mit der Anfahrt, Unterkunft und Verpflegung verbunden waren. Falls Ihnen Ihr Arbeitgeber einen Zuschuss gewährt hat, müssen Sie diesen von den Gesamtkosten abziehen.
Ungenutzten Bildungsurlaub übertragen: Geht das?
Für viele Arbeitnehmer ist das Angebot eines Bildungsurlaubs prinzipiell interessant. Allerdings findet nicht jeder sofort einen passenden Kurs. Zudem muss das nötige Geld vorhanden sein, um die Kursgebühr zu zahlen. Wie verhält es sich mit ungenutztem Bildungsurlaub – kann er auf das nächste Jahr übertragen werden?
Das ist prinzipiell in vielen Bundesländern möglich. Sie können Ihren Arbeitgeber bis Ende des Jahres mit einem Antrag darum bitten, die ungenutzten Tage zu übertragen. Das geht nicht nur, wenn Sie gar keinen Bildungsurlaub im betreffenden Jahr genommen haben. Auch Rest-Urlaubstage können Sie noch im Folgejahr nutzen – etwa, wenn Ihnen fünf Tage Bildungsurlaub zustanden, Sie aber nur zwei genutzt haben.
Die Übertragung von ungenutztem Bildungsurlaub ist in aller Regel jedoch nur von einem Jahr auf ein anderes möglich. Sie können also nicht über viele Jahre Bildungsurlaubstage ansammeln.
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