Außergewöhnliche Studiengänge: Welche Orchideenfächer gibt es?

Sie möchten studieren, aber was? BWL, Jura, Maschinenbau – das ist Ihnen viel zu überlaufen? Dann könnte ein Orchideenfach genau das Richtige für Sie sein. Orchideenfächer sind exotische Studiengänge, die jedes Jahr nur wenige Studenten wählen. Welche Angebote es gibt und ob es eine gute Idee ist, sich für ein Orchideenfach zu entscheiden – in diesem Beitrag erfahren Sie mehr.

Eine kleine Gruppe Studenten, was sind Orchideenfächer?

Orchideenfächer: Außergewöhnliche Studiengänge

Wer studieren will, hat die Qual der Wahl. Jährlich werden mehr als 20.000 Studiengänge in Deutschland angeboten. Entsprechend vielseitig ist das Angebot. Nicht nur inhaltlich gibt es zwischen den vielen verschiedenen Studienrichtungen zahlreiche Unterschiede. Auch die Zahl der Studenten je Studiengang kann sehr unterschiedlich sein.

An einem Ende des Spektrums befinden sich Studiengänge wie BWL, Rechtswissenschaften, Psychologie, Maschinenbau, Informatik, Medizin oder Wirtschaftsingenieurwesen. Diese Studiengänge gehören zu den beliebtesten in Deutschland mit einer entsprechend hohen Zahl an eingeschriebenen Studenten. Viele Studienanfänger entscheiden sich für einen der beliebten Studiengänge. Andere wiederum interessieren sich mehr für das andere Ende des Spektrums: die Fächer, die kaum jemand kennt und studiert – auch bekannt als Orchideenfächer.

Ein Orchideenfach ist ein Exot unter den Studiengängen. Es wird nicht in der Breite angeboten, sondern oft nur an einzelnen Universitäten und Hochschulen. Auch dort sind Orchideenfächer in aller Regel nicht überlaufen: Jedes Jahr entscheidet sich meist nur eine geringe Zahl an Studienanfängern für das entsprechende Angebot. In der Hochschulpolitik spricht man auch von sogenannten Kleinen Fächern. Das sind Lehrfächer, die nur an wenigen Standorten angeboten werden und für die es nur wenige Professuren gibt. Nicht jedes Fach ist dabei allerdings ein eigenständiger Studiengang. Im nächsten Abschnitt stellen wir Ihnen einige seltene Studiengänge näher vor.

Orchideenfächer: Studiengänge, die Ihnen zur Auswahl stehen

Wenn Sie über ein Orchideenfächer-Studium nachdenken, steht Ihnen eine ganze Reihe an Studiengängen zur Auswahl. Sie zu finden, erfordert oft einiges an Recherche, weil sie ja gerade nicht in der Breite bekannt sind. Hier stellen wir Ihnen exemplarisch einige außergewöhnliche Studiengänge vor.

Angewandte Freizeitwissenschaft (Bachelor)

Zu den exotischen Studiengängen gehört der internationale Studiengang Angewandte Freizeitwissenschaft (B.A.), den die Hochschule Bremen anbietet. Hier sind Sie richtig, wenn Sie sich für alles interessieren, was mit Freizeit zu tun hat – und zwar in wirtschaftlicher, ökologischer, gesellschaftlicher und pädagogischer Hinsicht. Wer dieses Orchideenfach wählt, kann später zum Beispiel in Theatern, Museen oder Freizeitparks arbeiten.

Sorabistik (Bachelor und Master)

Sie interessieren sich für europäische Sprachen und Kulturen? Dann könnten Sie an der Universität Leipzig Sorabistik (B.A.) studieren – ein weltweit einzigartiges Angebot. Dabei entwickeln und festigen Sie Kompetenzen in der sorbischen Sprache und Kultur. Während des Studiums erlernen Sie die beiden gefährdeten Sprachen Ober- und Niedersorbisch, außerdem lernen Sie sorbische Kultur, Geschichte und Literatur kennen.

Musikjournalismus (Bachelor und Master)

In den Bachelor- und Master-Studiengängen „Musikjournalismus und Musikvermittlung“ beziehungsweise „Musikjournalismus“ an der TU Dortmund geht es um musikalischen Sachverstand und einen professionellen Umgang mit Medien. In Form und Intensität ist diese Ausbildung in Dortmund einzigartig; wer seinen Bachelor hat, kann sein Wissen mit dem Master noch vertiefen. Der Studiengang ist eine Kooperation des Instituts für Journalistik und des Instituts für Musik und Musikwissenschaft und dreht sich besonders um „anspruchsvolle Musik“ wie Jazz, Klassik, Filmmusik und Pop. 

Languages and Cultures of Southeast-Asia (Master)

Wenn Sie sich für südostasiatische Kulturen und Sprachen interessieren, könnte der Master-Studiengang „Languages and Cultures of Southeast-Asia“ an der Universität Hamburg etwas für Sie sein. Dabei geht es um Sprachen, Geschichte, Kultur und Gesellschaften bestimmter asiatischer Regionen. Studenten entscheiden sich für einen von drei Schwerpunkten: Austronesistik (Indonesien/Malaysia), Thaiistik (Thailand) oder Vietnamistik (Vietnam). Ein Auslandssemester in Südostasien oder Europa ist Bestandteil des Studiums. Wer diesen Studiengang abschließt, kann in die Forschung gehen oder etwa bei internationalen Organisationen arbeiten.

Digital Humanities (Bachelor und Master)

Auch die Bachelor- und Masterstudiengänge „Digital Humanities“ sind vergleichsweise exotische Studiengänge, die nur an ausgewählten Universitäten in Deutschland angeboten werden. Man spricht auf Deutsch auch von digitalen Geisteswissenschaften. Es geht dabei unter anderem um die quantitative Erschließung von Texten oder das Erstellen von digitalen Ausgaben. Absolventen können im akademischen Bereich arbeiten, im kulturellen Sektor oder in Redaktionen.

Sprechwissenschaft (Bachelor und Master)

Zu den seltenen Studiengängen zählt der Studiengang Sprechwissenschaft, der etwa an der Uni Halle und der Universität Jena angeboten wird. In diesem Studium geht es um verschiedene Aspekte von Sprechen, Hören und Verstehen. Die gesprochene Sprache wird unter anderem in Teildisziplinen wie Phonetik, Sprechbildung, rhetorische Kommunikation und therapeutische Kommunikation erforscht. Anschließend können Sie zum Beispiel in Reha-Kliniken und Praxen arbeiten, aber auch bei öffentlich-rechtlichen und freien Bildungsträgern.

Tanzwissenschaft (Bachelor und Master)

In Deutschland und Österreich gibt es nur wenige Studiengänge, die sich mit Tanzwissenschaft befassen – zum Beispiel der Master Tanzwissenschaft an der FU Berlin, der Master-Studiengang „Tanz – Vermittlung, Forschung, künstlerische Praxis“ an der Deutschen Sporthochschule Köln oder der Master Zeitgenössischer Bühnentanz an der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz. In solchen Studiengängen geht es um die künstlerischen, historischen und sozialen Aspekte von Tanz. Nach dem Studium können Sie sich zum Beispiel auf Tanz in Theatern oder anderen kulturellen Einrichtungen spezialisieren, im Kulturmanagement oder der Produktion arbeiten. 

Ur- und Frühgeschichte (Bachelor und Master)

Wer sich für Geschichte interessiert, könnte mit dem Orchideenfach Ur- und Frühgeschichte Freude haben, das etwa an der Universität Heidelberg angeboten wird. Anhand materieller Funde geht es bei der Ur- und Frühgeschichte um Umwelt, Siedlungsweisen, soziale Strukturen und Wirtschaft früher Völker, aber auch um Brauchtum, Kunst und Religion. Absolventen können zum Beispiel in der archäologischen Denkmalpflege und der kommerziellen Archäologie arbeiten, bei Museen, Universitäten oder Forschungseinrichtungen.

Keltologie (Bachelor und Master)

Ein weiterer seltener Studiengang ist der der Keltologie, der nur an wenigen Universitäten als Bachelor oder Master angeboten wird. Hierbei lernen Sie die Geschichte, Kultur und Sprache der Kelten von der Antike bis zur Gegenwart kennen, erfahren mehr über ihre Siedlungsbewegungen und typische Merkmale. Dabei befassen Sie sich intensiv mit den keltischen Sprachen. Später können Sie in Bereichen wie Bildung, Kultur, Verlagswesen, Journalismus oder Wissenschaft arbeiten.

Zukunftsforschung (Master)

An der FU Berlin können Sie Zukunftsforschung studieren und dabei Zukunftsbilder wissenschaftlich analysieren. Im Studium geht es um potenzielle, wahrscheinliche oder wünschenswerte künftige Entwicklungen in Feldern wie Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Technik. Auch ein Praktikum ist vorgesehen. Absolventen können in Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft arbeiten – zum Beispiel in Organisationen, der Verwaltung oder in Unternehmen, aber auch Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Orchideenfach studieren: Ja oder Nein? Diese Vor- und Nachteile sollten Sie kennen

Ist es eine gute Idee, einen seltenen Studiengang zu wählen? Oder hat es vielmehr einen guten Grund, dass sich so wenige Studenten für Orchideenfächer entscheiden? Die folgenden Vor- und Nachteile von Orchideenfächern sollten Sie kennen, bevor Sie Ihre Entscheidung treffen.

Vorteile von Orchideenfächern

  • Zugangsvoraussetzungen zu Orchideenfächern gibt es meist nicht, die Nachfrage ist schließlich gering. Entsprechend niedrig sind die Hürden, ein Orchideenfach zu studieren, was Studenten zugutekommt, die nicht den besten Abi-Schnitt haben.
  • Bei einem Orchideenfach haben Sie nur wenige Kommilitonen. Dadurch ist das Betreuungsverhältnis besser. Sie dürfen sich also auf eine besonders persönliche Betreuung freuen, was Ihren Lernerfolg verbessern kann.
  • Außerdem ist es bei kleinen Jahrgängen leichter, die Kommilitonen kennenzulernen. Das Kennenlernen ergibt sich meist ganz automatisch durch Einführungsveranstaltungen und gemeinsame Vorlesungen und Kurse.
  • Mit dem Studium eines Orchideenfachs werden Sie zu einem Experten in einem eng gefassten Gebiet. Wenn Sie in diesem Bereich einen Job suchen, stehen Ihre Chancen entsprechend gut.
  • Dass Sie schon so früh genau wussten, was Sie beruflich machen möchten, kann Sie außerdem zielstrebig wirken lassen – ein weiterer Pluspunkt bei späteren Bewerbungen.

Nachteile von Orchideenfächern

  • Mit einem exotischen Studiengang legen Sie sich früh auf eine bestimmte Nische fest. Falls Sie während des Studiums feststellen, dass Sie beruflich lieber doch in eine etwas andere Richtung gehen würden, haben Sie dafür kaum Spielraum. Schlimmstenfalls heißt das, dass Sie Ihre Studienrichtung wechseln oder noch etwas anderes studieren müssen.
  • Das Nischenwissen, das Sie sich mit einem Orchideenfach erwerben, ist zwar für manche Jobs genau richtig. Die muss man aber auch erstmal finden. Oft gibt es wenige Jobangebote, so dass nach dem Studium Arbeitslosigkeit droht.
  • Nach dem Bachelor-Studium noch einen Master machen? Das ist oft nicht so leicht, wenn der Bachelor ein außergewöhnlicher Studiengang war – zumal dann, wenn Sie nun eine andere Richtung einschlagen möchten.
  • Bei vielen Orchideenfächern sind Sie auf einige wenige Universitäten, manchmal auch eine einzige Hochschule, beschränkt. Dadurch sind Sie wenig flexibel und örtlich stark gebunden.
  • Träumen Sie vom „typischen“ Studentenleben mit vielen Partys und langem Ausschlafen? Bei Lehrveranstaltungen zu fehlen fällt in kleinen Jahrgängen wesentlich stärker auf.

Lohnt es sich, exotische Studiengänge zu studieren?

Orchideenfach – Ja oder Nein? Das ist eine Entscheidung, die Sie für sich selbst treffen müssen. Es kommt auf die Umstände an, zum Beispiel darauf, welche berufliche Richtung Sie anstreben. Wenn Sie sehr genau wissen, dass Sie in eine bestimmte Nische möchten, kann ein Orchideenfach der Weg dahin sein. Am wenigsten riskant ist die Entscheidung für einen außergewöhnlichen Studiengang, wenn Ihr Interesse sehr gefestigt ist und Sie eine realistische Vorstellung davon haben, was Sie im Studium und dem möglichen künftigen Beruf erwartet.

Das heißt, dass Sie sich mit Ihren Überlegungen möglichst Zeit lassen sollten. Informieren Sie sich gründlich über die Angebote, zwischen denen Sie wählen können. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung auch Ihre Talente und Schulnoten. Entscheidend ist darüber hinaus, dass Sie nicht mit falschen Vorstellungen an ein bestimmtes Fach herangehen. Auch hier gilt: Eine gründliche Recherche schützt Sie vor Fehlentscheidungen, die Sie später bereuen.

Wie ist die Lage am Arbeitsmarkt?

Wie auch bei anderen, weniger seltenen Studiengängen stellt sich bei Orchideenfächern die Frage, was man stärker berücksichtigen sollte: die eigenen Interessen oder die Nachfrage nach Fachkräften, also die Aussichten am Arbeitsmarkt. Auch diese Frage müssen Sie für sich selbst klären. Es ist aber immer eine gute Idee, die Situation am Arbeitsmarkt im jeweiligen Bereich zu kennen.

Je enger das Orchideenfach gefasst ist, desto stärker sind Sie auf bestimmte Jobs festgelegt. Wenn diese Stellen rar sind, kann die Jobsuche sehr frustrierend sein. Nach dem Studium sind Sie dann womöglich erstmal arbeitslos, und wenn Sie doch einen Job gefunden haben, kann es schwieriger sein, den Arbeitgeber zu wechseln. Das kann bedeuten, dass Sie an einen Job gebunden sind, mit dem Sie nicht zufrieden sind.

Nutzen Sie ruhig die Gelegenheit, sich bei der Studienberatung der jeweiligen Hochschule individuell beraten zu lassen. Dort können Sie offene Fragen klären und nachhaken, in welchen Bereich Sie mit einem bestimmten Orchideenfach später einsteigen könnten. Es ist auch immer eine gute Idee, mit Studenten oder Absolventen aus dem entsprechenden Bereich zu sprechen.

Bildnachweis: Iryna Inshyna / Shutterstock.com

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