Barrierefreiheit im Job: Handelt Ihr Unternehmen vorbildlich?
Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen haben es bei der Jobsuche oft schwer. Das liegt nicht nur an Vorbehalten bei Arbeitgebern, sondern auch daran, dass viele Unternehmen noch immer nicht behindertengerecht und barrierefrei sind. Aber was bedeutet Barrierefreiheit im Job eigentlich genau? Wie kann sie praktisch aussehen? Und wozu sind Arbeitgeber verpflichtet? Hier erfahren Sie mehr darüber.
Was bedeutet barrierefrei im Job?
Was bedeutet Barrierefreiheit im Job? Dazu müssen wir zuerst klären, wodurch sich Einschränkungen bei der Zugänglichkeit von verschiedenen Bereichen ergeben können. Beim Stichwort Barrierefreiheit denken viele zuerst an Menschen im Rollstuhl. Menschen können aber auch anderweitig körperlich beeinträchtigt sein: Sie können bestimmte Handicaps haben, in ihren Bewegungen eingeschränkt sein, blind sein. Eine Behinderung ist immer gegeben, wenn es Abweichungen bei körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder der psychischen Gesundheit gibt, und das über einen längeren Zeitraum hinweg.
Menschen mit einer wie auch immer gearteten körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung sind auf Barrierefreiheit im Job angewiesen, damit sie am Arbeitsleben teilhaben können. Was bedeutet das konkret? Damit können verschiedene Aspekte gemeint sein. Grundsätzlich heißt Barrierefreiheit, dass Gebäude und bestimmte Bereiche öffentlich beziehungsweise für alle berechtigten Personen ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Vielleicht denken Sie jetzt an Rampen, Aufzüge und ebenerdige Zugänge zu Räumen. Das ist aber nicht alles.
Barrierefreiheit kann im Job auch bestimmte bauliche Maßnahmen betreffen, die Außen- und Innenausstattung, Arbeitsmittel, Transport, Informationsverarbeitungssysteme, Kommunikationsmöglichkeiten und Möglichkeiten der akustischen, visuellen und taktilen Information. Damit ist Barrierefreiheit im Job weit mehr als „nur“ ein Arbeitsplatz, der für Menschen im Rollstuhl geeignet ist. Auch digitale Barrierefreiheit gehört dazu: Für Inklusion muss ein barrierefreier Zugang zu Informationen und Teilhabe gegeben sein.
Barrierefreiheit am Arbeitsplatz: Rechtliche Regelungen
Wie sieht es rechtlich aus – welche Gesetze und Richtlinien wirken sich auf das Thema Barrierefreiheit am Arbeitsplatz aus? Relevant sind zum Beispiel das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie alle sehen eine Gleichbehandlung vor.
Hinzu kommen weitere rechtliche Vorgaben, etwa die Arbeitsstättenverordnung und die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten – ASR V3a.2“ zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten. Eine Rolle spielt auch die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung BITV. Hierbei geht es um eine uneingeschränkte barrierefreie Gestaltung und Nutzung von modernen Informations- und Kommunikationstechniken.
Im März 2021 hat die Bundesregierung das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) beschlossen, das Anforderungen an die Barrierefreiheit bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen konkretisiert. Es soll zudem Barrieren beim Zugang zu Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten beseitigen. Damit setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit um. Das Gesetz muss ab Juni 2025 umgesetzt werden. Ergänzende Bestimmungen für einen barrierefreien Arbeitsplatz ergeben sich aus Unfallverhütungsvorschriften und Inklusionsvereinbarungen.
Sind Arbeitgeber zur Bereitstellung eines barrierefreien Arbeitsplatzes per Gesetz verpflichtet? Nein, nicht grundsätzlich. Laut Arbeitsstättenverordnung § 3a Abs. 2 müssen Arbeitgeber lediglich auf die Belange von Arbeitnehmern mit einer Behinderung Rücksicht nehmen, die schon in ihrer Firma arbeiten. Dabei geht es insbesondere um Sicherheitsfragen und den Gesundheitsschutz. Das heißt im Umkehrschluss, dass Arbeitsplätze nicht allgemein barrierefrei sein müssen, unabhängig davon, ob es im Unternehmen Beschäftigte mit Behinderung gibt oder nicht.
Darum liegen barrierefreie Arbeitsplätze im Interesse von Firmen
Grundsätzlich sind Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, Arbeitsplätze behindertengerecht und barrierefrei zu gestalten – jedenfalls nicht über die Bedürfnisse von möglichen Mitarbeitern mit Behinderung hinaus. Dennoch spricht für Arbeitgeber viel dafür, auf Barrierefreiheit im Unternehmen zu achten. Ein Argument dafür ist, dass auch Mitarbeiter ohne Behinderung von einer ergonomischen und menschenfreundlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes profitieren. Ihnen gegenüber drücken entsprechende bauliche und weitere Maßnahmen Wertschätzung aus. Das kann die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, was wiederum eine höhere Mitarbeiterbindung zur Folge hat.
Ebenso ermöglichen Unternehmen, die barrierefrei und behindertengerecht sind, Menschen mit Behinderung Teilhabe. Damit leisten sie einen Beitrag zur Inklusion und stärken die Chancen von Menschen, die körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigt sind. Das kann auf gesellschaftlicher Ebene dabei helfen, Vorbehalte abzubauen. Ein barrierefreier Arbeitsplatz ist ein Zeichen für Toleranz und Respekt für alle Menschen, egal, ob sie körperlich beeinträchtigt sind oder nicht. Entsprechende Bemühungen kommen nicht zuletzt dem Ruf einer Firma als Arbeitgeber zugute und können das Unternehmen attraktiver für Bewerber machen – mit und ohne Behinderung.
So kann Barrierefreiheit im Job praktisch aussehen
Barrierefreiheit im Job kann vieles bedeuten. Für welche Maßnahmen sich ein Arbeitgeber entscheidet, hängt in erster Linie von den Bedürfnissen seiner Mitarbeiter ab. Oder Firmen entschließen sich dazu, auch unabhängig von individuellen Bedürfnissen sicherzustellen, dass es im Unternehmen Barrierefreiheit gibt. Wie kann diese Barrierefreiheit praktisch aussehen?
Es fängt schon beim Außenbereich an, nämlich bei den Parkplätzen. Ausreichend Behindertenparkplätze sind ein Anfang, außerdem sollte genug Platz für ein bequemes Ein- und Aussteigen vorhanden sein. Auf dem Weg in die Betriebsräume ist es wichtig, dass es Rampen gibt, damit Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen keine Treppen steigen müssen. Rampen dürfen maximal eine Steigung von sechs Prozent aufweisen. Handläufe und Radabweiser bieten zusätzliche Sicherheit.
Im Innenbereich sind Aufzüge oder Treppenlifte wichtig, damit körperlich beeinträchtigte Menschen alle Bereiche begehen können. Besonders für Mitarbeiter im Rollstuhl ist außerdem wichtig, dass Flure und Türen ausreichend breit sind. Türen sollten eine Mindestbreite von 90 Zentimetern aufweisen. Automatische Türöffner sind ebenso hilfreich wie niedrigere Türgriffe, die auch vom Rollstuhl aus problemlos zu erreichen sind.
Inklusion dank digitaler Barrierefreiheit
Für Beschäftigte im Rollstuhl spielt auch der Bodenbelag eine wichtige Rolle: Er sollte antistatisch und rutschhemmend sein, damit er sicher befahrbar ist. Rollstuhlfahrer brauchen außerdem ausreichend Platz, um gut manövrieren zu können. Der Arbeitsplatz selbst muss im Sinne der Barrierefreiheit voll nutzbar sein. Das kann höhenverstellbare Tische bedeuten, die für Rollstuhlfahrer zudem unterfahrbar sein müssen.
Auch Sanitäranlagen und Pausenräume müssen behindertengerecht geplant und ausgestattet sein, zum Beispiel mit gut erreichbaren Elementen wie Seifenspendern oder Abfallbehältern. Auch die Kantine sollte barrierefrei sein. Zur guten Orientierung von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen sollte das Zwei-Sinne-Prinzip berücksichtigt werden: Signale müssen mit mindestens zwei von drei Sinnen übermittelt werden beziehungsweise wahrnehmbar sein (auditiv, visuell, taktil). Das kann zum Beispiel in Form von tastbaren Lageplänen, Bodenmarkierungen und hörbaren Warnhinweisen geschehen. In Notfällen müssen Fluchtwege und Notausgänge den speziellen Anforderungen von Menschen mit einer Behinderung entsprechen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Türen auch von außen entriegelt werden können.
Barrierefreiheit muss auch digitale Barrierefreiheit bedeuten: Alle Arbeitnehmer, ob mit Behinderung oder ohne, müssen das Internet und sämtliche technischen Möglichkeiten gleichermaßen nutzen können. Dazu kann es notwendig sein, bestimmte Hilfsmittel zu verwenden, zum Beispiel Hilfsprogramme, vergrößerte Texte und Anzeigen, Untertitel bei Videos und Bildern, leicht lesbare Schriftarten, spezielle Tastaturen oder Sprachsteuerung bei Geräten.
Förderung Barrierefreiheit: Zuschüsse für behindertengerechten Umbau von Arbeitsplätzen
Firmen sind nicht auf sich allein gestellt, wenn es darum geht, behindertengerechte und barrierefreie Räumlichkeiten zu schaffen. Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten für Unternehmen, die Veränderungen für mehr Barrierefreiheit anstreben. So kann zum Beispiel die Anschaffung von Arbeitsmitteln gefördert werden, die für die Ausstattung von behindertengerechten Arbeitsplätzen nötig ist – etwa spezielle Büromöbel oder Computersysteme.
Ebenso können in vielen Fällen Ausgaben gefördert werden, die nötig sind, um einen barrierefreien Zugang zum Arbeitsplatz zu schaffen. Das gilt zum Beispiel für die Einrichtung, für Technik und Hilfsmittel. Je nach Förderung können bis zu 100 Prozent der Kosten erstattet werden. Selbst Schulungen für die Mitarbeiter, bei denen diese darin unterwiesen werden, wie sie Hilfsmittel richtig nutzen, können in vielen Fällen gefördert werden.
Welche Optionen Arbeitgeber bei der Förderung von Barrierefreiheit haben, hängt von den geplanten Maßnahmen und den Umständen im Einzelfall ab. Wichtig zu wissen: Wenn Arbeitshilfen im Sinne der Barrierefreiheit sich stark auf eine bestimmte Person beziehen, kann es vorgesehen sein, dass diese Person die Förderung selbst beantragt. In anderen Fällen liegt es am Arbeitgeber, sich um die Beantragung von Zuschüssen zu kümmern.
Für Zuschüsse für einen behindertengerechten Umbau von Arbeitsplätzen und Arbeitsstätten im weiteren Sinn können Sie sich je nach Förderung an Integrationsämter, Rehabilitationsträger, Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Agentur für Arbeit und zum Teil auch an die Krankenversicherungen wenden. Bei diesen Stellen können Sie in Erfahrung bringen, welche Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sein müssen und wie Sie diese beantragen können.
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