Bewerben mit Behinderung: Wie Sie mit Ihrer Bewerbung überzeugen

Bewerber mit Handicap haben es häufig schwer, eine Stelle zu finden. Einerseits dürfen Arbeitgeber sie nicht offen diskriminieren, weil sie damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen würden. Andererseits finden Menschen mit Behinderung oft erst nach längerer Suche einen Job. In diesem Beitrag erfahren Sie, ob Sie Ihre Behinderung in der Bewerbung offen ansprechen sollten, was Sie bei Ihrer Bewerbung beachten und welche Fehler Sie bei der Jobsuche vermeiden sollten.

Bewerben mit Behinderung

Die theoretische Pflicht für Arbeitgeber, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen

Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, zu prüfen, ob sie freie Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Außerdem müssen Arbeitgeber, sofern sie mindestens 20 Angestellte haben, mindestens auf fünf Prozent der Stellen Menschen mit schwerer Behinderung beschäftigen. Soweit die Theorie. Denn in der Praxis hält sich daran längst nicht jeder Arbeitgeber. Als Alternative zahlen viele Unternehmen lieber die Ausgleichsabgabe, die für nicht besetzte Schwerbehindertenpflichtplätze anfällt.

Menschen mit mittlerer und schwerer Behinderung empfinden ihr Handicap häufig als großen Nachteil bei der Suche nach einer Stelle. Das ist nicht nur Einbildung, denn viele Arbeitgeber stellen tatsächlich lieber andere Kandidaten ein. Menschen mit Schwerbehinderung sind abhängig von ihrer konkreten Behinderung aus Sicht des Arbeitgebers vermeintlich nicht zu jeder Tätigkeit in der Lage.

Sie sind außerdem arbeitsrechtlich besonders geschützt. Schwerbehinderte genießen nicht nur einen Sonderkündigungsschutz, sie haben auch das Recht auf gesetzlichen Zusatzurlaub. Außerdem können sie nicht dazu verpflichtet werden, Überstunden zu machen. All diese Punkte sind aus Sicht von Arbeitgebern nicht unbedingt etwas Positives.

Wenn Sie eine Schwerbehinderung haben, stellt sich deshalb für Sie die Frage, ob Sie offen mit Ihrem Handicap in der Bewerbung umgehen wollen oder nicht. Im nächsten Abschnitt erfahren Sie, was dafür- und was dagegenspricht.

Die Behinderung offen thematisieren oder lieber nicht?

Für Menschen mit Behinderung ist die Frage häufig schwierig zu beantworten: Soll ich mein Handicap in der Bewerbung angeben? Oder verschweige ich es lieber? Viele entscheiden sich dagegen, die Behinderung offen zu thematisieren – aus Furcht vor negativen Konsequenzen. Es gibt jedoch auch Aspekte, die dafürsprechen, in der Bewerbung offen mit dem Handicap umzugehen.

Das spricht dafür, das Handicap offen darzulegen

Eines vorweg: Ein Muss ist es nicht, die Behinderung zu thematisieren. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn die Behinderung für die angestrebte Tätigkeit Auswirkungen hat. Doch auch abseits einer solchen Verpflichtung kann es gute Gründe geben, die Behinderung schon vor dem Vorstellungsgespräch anzusprechen. In bestimmten Bereichen kann das Ihre Chancen nämlich sogar steigern, zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Das gilt besonders im öffentlichen Dienst. Behörden sind dazu verpflichtet, Bewerber mit Behinderung zum Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn diese fachlich geeignet für die ausgeschriebene Stelle sind. Bei gleichwertigen Qualifikationen bevorzugen viele Ämter darüber hinaus den Bewerber mit Behinderung.

Bei anderen Unternehmen wissen Sie jedoch im Vorfeld häufig nicht, wie diese gegenüber Bewerbern mit Behinderung eingestellt sind. Falls Sie dennoch schon in der Bewerbung auf Ihre Behinderung hinweisen, ist das fair dem möglichen Arbeitgeber gegenüber. Er weiß, was ihn erwartet und fühlt sich später nicht getäuscht.

Das spricht dagegen, das Handicap offen darzulegen

Wer das Handicap in der Bewerbung nennt, kann sich nichts vorwerfen: Er hat schließlich mit offenen Karten gespielt. Nur: Kommt es dann überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch? Es gibt bei vielen Unternehmen nach wie vor Vorurteile gegenüber Bewerbern mit einer Behinderung. Das resultiert oft aus Unwissenheit. Viele befürchten, Mitarbeiter mit einer Behinderung könnten häufig ausfallen oder wären weniger leistungsfähig als ihre Kollegen.

Wenn Sie das Risiko nicht eingehen möchten, dass die Nennung Ihrer Behinderung Ihre Chancen, überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, schmälert, dann verzichten Sie darauf. Im Vorstellungsgespräch haben Sie dann die Chance, auf fachlicher Ebene und mit Ihrer Persönlichkeit zu überzeugen. Sie können diese Gelegenheit auch nutzen, um mögliche Vorbehalte des potenziellen Arbeitgebers aus dem Weg zu räumen.

Bei Ihrer Entscheidung kommt es letztlich auch darauf an, wie schwerwiegend Ihre Behinderung ist. Wenn diese offensichtlich ist, spricht einiges dafür, sie lieber schon im Vorfeld anzugeben. Der mögliche Arbeitgeber könnte sonst denken, Sie würden ihm noch andere Dinge verheimlichen. Außerdem geben Sie dem Unternehmen damit die Möglichkeit, sicherzustellen, dass ein mögliches Vorstellungsgespräch in einem Raum stattfindet, der barrierefrei erreicht werden kann, falls das nötig ist.

Tipps für eine überzeugende Bewerbung

Ob Ihre Bewerbung Erfolg hat oder nicht, hängt nicht nur davon ab, wie ein möglicher Arbeitgeber zu Mitarbeitern mit Behinderung steht. Auch Sie selbst haben in der Hand, ob Ihre Bewerbung überzeugt. Das beginnt schon bei der Jobsuche. Es sollte selbstverständlich sein, dass Sie nur in Bereichen nach Stellen Ausschau halten sollten, in denen Ihr Handicap Sie nicht bei der Ausführung der entsprechenden Tätigkeiten beeinträchtigt.

Darüber hinaus macht es oft einen Unterschied, bei welcher Art von Arbeitgeber Sie sich bewerben. Es kann sich aus den schon genannten Gründen lohnen, sich bei einer Behörde zu bewerben. Dort haben Sie häufig sogar bessere Chancen als Kandidaten ohne Behinderung. Auch große Unternehmen eignen sich grundsätzlich als Arbeitgeber. Sie stellen im Vergleich mit kleineren und mittleren Firmen häufig eher Mitarbeiter mit einer Behinderung ein.

Rücken Sie Ihre Qualifikationen in den Fokus

Wenn Sie Ihre Bewerbung verfassen, stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Stärken in den Mittelpunkt rücken. Ein möglicher Arbeitgeber möchte wissen, was Sie für den angestrebten Job qualifiziert. Beachten Sie darüber hinaus, was für Bewerbungen sonst auch gilt. Die Bewerbung sollte alle relevanten Bestandteile enthalten, aber keinen unnötigen Füllstoff. Legen Sie im Anschreiben überzeugend dar, warum Sie sich für geeignet für die Stelle halten, und erklären Sie, weshalb Sie für den betreffenden Arbeitgeber arbeiten möchten.

Ihr Lebenslauf sollte übersichtlich sein und alle wichtigen Hard Facts über Sie enthalten. Überlegen Sie bei der Auswahl immer, welche Angaben wirklich interessant für ein bestimmtes Unternehmen sind. Lassen Sie weg, was nichts mit dem Job zu tun hat, für den Sie sich bewerben.

Hängen Sie alle wichtigen Anlagen an Ihre Bewerbung an. Dazu gehören unbedingt die neusten Arbeitszeugnisse und das Zeugnis Ihres höchsten Bildungsabschlusses. Wählen Sie darüber hinaus nur solche Anhänge aus, die wiederum relevant genug sind – und zwar aus Sicht des Unternehmens, bei dem Sie sich bewerben. Außerdem sollte Ihre Bewerbung keine Fehler enthalten. Schreiben Sie auch alle Namen richtig.

Bringen Sie Ihre Behinderung im Vorstellungsgespräch zur Sprache

Falls Sie sich dazu entscheiden, Ihre Behinderung in der Bewerbung zu erwähnen, können Sie in diesem Zuge in aller Kürze mögliche Vorurteile ausräumen. Zeigen Sie sich als leistungsfähiger, motivierter Bewerber, der die nötigen Qualifikationen für die betreffende Stelle mitbringt. Es kann sich darüber hinaus lohnen, bei größeren Unternehmen mit dem Gleichstellungsbeauftragen zu sprechen, bevor Sie Ihre Bewerbungsunterlagen abschicken. Sie können dann nachfragen, ob Sie bei Ihrer Bewerbung etwas Bestimmtes beachten sollten und wie gut die Aussichten sind, als Bewerber mit einer Behinderung zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

Falls Sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, sprechen Sie Ihre Behinderung ruhig von sich aus an, wenn der potenzielle Arbeitgeber diesbezüglich zurückhaltend ist. Das gibt Ihnen die Gelegenheit, zu zeigen, dass das Handicap Sie nicht bei Ihrer Arbeit einschränkt und das Unternehmen deshalb auch nichts zu befürchten hat, wenn es sich für Sie entscheidet.

Falls Sie nicht über Ihre Behinderung sprechen möchten und Ihre Gesprächspartner Sie zu etwaigen Behinderungen befragen, müssen Sie diese Fragen nicht beantworten. Selbst Notlügen sind in bestimmten Fällen erlaubt, weil solche Fragen Ihr Persönlichkeitsrecht berühren. Überlegen Sie aber immer, ob das wirklich so schlau wäre – wenn Sie blockieren, vergeben Sie die Chance, darzulegen, warum Ihre Behinderung nicht hinderlich im Job ist. Außerdem kann Ihre Weigerung, eine solche Frage zu beantworten, negativ aufgefasst werden. Das kann es wahrscheinlicher machen, dass ein anderer Kandidat bevorzugt wird.

Diese Fehler sollten Sie bei Ihrer Bewerbung vermeiden

Bei der (berechtigten) Frage, ob und wie Sie Ihre Behinderung in einer Bewerbung thematisieren können oder sollten, sollten Sie nicht den Blick auf das Wesentliche verlieren. Sie bewerben sich mit all Ihren Fähigkeiten, Kompetenzen und Ihrer Persönlichkeit. Sie bewerben sich als jemand, der der Herausforderung gewachsen ist – und nicht in erster Linie als Person mit Behinderung. Räumen Sie deshalb Ihrer Behinderung nicht zu viel Raum ein, wenn Sie diese in der Bewerbung erwähnen.

Begeben Sie sich nicht in eine Bittsteller-Haltung und entschuldigen Sie Ihr Handicap auch nicht. Auch das würde den Fokus von den Dingen weglenken, die wirklich wichtig sind. Falls Sie die Behinderung im Anschreiben ansprechen, achten Sie auf eine positive Wortwahl. Viele Formulierungen klingen ungewollt negativ. Beginnen Sie einen Satz etwa nicht mit „Obwohl ich eine Behinderung habe, …“. Benennen Sie einfach direkt, was anschließend folgen würde – und zwar ohne das Wörtchen „obwohl“ und ohne die Nennung Ihrer Behinderung. Verwenden Sie nur Wörter, die positiv konnotiert sind.

Als Bewerber mit einer Behinderung sollten Sie außerdem nicht den Fehler machen, ins andere Extrem zu verfallen – indem Sie bei bestimmten Stellen glauben, Sie hätten den Job schon in der Tasche. Das wäre etwa denkbar, wenn Sie sich bei einer Behörde bewerben, von der Sie wissen, dass sie Bewerber mit Handicap bevorzugt. Bemühen Sie sich immer, mit Ihren Qualitäten zu überzeugen. Wer im Vorstellungsgespräch auftritt, als sei ihm der Job schon sicher, der katapultiert sich damit leicht ins Aus.

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